68 Seiten DIN A 4, Mittelheftung, Auflage: unbekannt, 0600, 2er-Abonnement 1200, 4er-Abonnement 2200. Kontakt: René Moreau, Schillingsstr. 259, 52355 Düren, E-Mail: kontakt@sfflohmarkt.de. Internet: www.sfflohmarkt.de.
»Stillstand bedeutet Rückschritt« - diesen Leitsatz vieler Fortschrittsideologen und Marketingexperten haben anscheinend auch die EXODUS-Macher mit der Muttermilch aufgesogen.
Mit jeder neuen Ausgabe ihres Magazins bringen sie Neuerungen und Verbesserungen, die das Werk noch kompletter und lesenswerter machen. Ob es jemals einen Endpunkt geben wird? Gibt es so etwas wie ein ideales Fanzine? Einen idealen Endzustand? Wahrscheinlich nicht! Und Übertreibungen helfen auch nicht weiter. Wie heißt es so schön im Talmud: »Es ist uns aufgetragen am Werke zu arbeiten, aber nicht, es zu vollenden!«
Mit dieser Ausgabe ist Heinz Wipperfürth nicht mehr nur Lektor, sondern auch Mitherausgeber. René Moreau und er bilden nun ein Team, das ständig bemüht ist, »an der Weiterentwicklung von EXODUS zu arbeiten.«
Weitere Details sind nachzulesen unter http://www.geocities...K135.html#zine4
(Holger Marks, Marburg)
Eine weitere Rezi liegt aus den Reihen des DSFP-Komitees vor:
René Moreau und Heinz Wipperfürth haben mit EXODUS 21 einmal mehr ein Magazin veröffentlicht, welches seines Gleichen innerhalb der deutschsprachigen SF-Szene sucht. Wie gewohnt bieten sie eine Mischung aus Kurzgeschichten und Grafiken, die dank des A4-Formats und eines sehr sauberen Drucks gut zur Geltung kommen.
Daneben finden die Abonnenten des Magazins »Das EXODUS Hörbuch« vor. Darauf enthalten sind vier Kurzgeschichten von Markus Kastenholz, Michael Tillmann, Uwe Voehl und Jürgen Müller, die von Thomas Franke gelesen werden. Eingebettet in einer musikalischen Untermalung umfasst das Hörbuch eine Laufzeit von 73:30 Minuten.
Weiterhin nimmt der angekündigte Themenband konkrete Formen an. Gesucht werden Stories unter dem Obertitel »Die neuen Menschen«. Wer mehr über diese Story-Ausschreibung erfahren möchte, kann sich unter www.exodusmagazin.de informieren.
Im Vordergrund der aktuellen Ausgabe stehen natürlich einmal mehr die Kurzgeschichten. Insgesamt 12 mehr oder weniger bekannte Autoren/innen sind mit ihren Werken vertreten.
Frank Hebben entführt seine Leser mit »Nostradamus« in die Zukunft des Jahres 2102. Die Computertechnologie hat sich nicht mehr ganz so rasend weiterentwickelt wie dies in den letzten Jahrezehnten der Fall gewesen ist. Ein jugendlicher Computerfreak entdeckt bei den Hinterlassenschaften seines Großvaters ein altes Programm namens »Nostradamus« und spielt dies aus reiner Neugier auf seinen Rechner auf. Vielleicht hilft es ihm ja bei der Formulierung einer SF-Kurzgeschichte, die er im Rahmen eines Kurses für kreatives Schreiben verfassen soll. Ihm selbst fehlt es nämlich an den nötigen Ideen hierfür. Leider handelt es sich um ein Programm, welches ihm in mehr als nur arge Schwierigkeiten bringt. Bevor er sich versieht, befindet er sich in den größten Schlammassel überhaupt und der letzte Satz der Geschichte gibt die Intention dieser wohl am besten wieder: »Das Leben schrieb die besten Stories!«
Solch eine Idee mag einem sicherlich kommen, wenn man vor dem leeren Bildschirm sitzt und einem rein gar nichts Vernünftiges einfallen will. Warum also nicht seine momentane schriftstellerische Unpässlichkeit in eine Story bringen? Mit »Nostradamus« knüpft Frank Hebben nicht an Werke wie »Memories« oder »Das Fest des Hammers ist der Schlag« an, sondern bietet seinen Lesern eher eines seiner durchschnittlicheren Werke. Dies betrifft neben der Idee auch die sprachliche Umsetzung.
Im Vergleich zu vielen anderen Geschichten ist »Die Wand« von Bernd Karwath vom Stil her ein wenig ungewöhnlich. Fast durchweg wörtliche Rede mischt sich mit der Wiedergabe von e-mails. Es fehlen fast durchweg die beschreibenden Passagen, was den Lesefluss keinesfalls stört. Inhaltlich dreht es sich um die Kommunikation zwischen Menschen und Außerirdischen. Wenn man sich nicht über das gesprochene Wort miteinander verständigen kann, wäre dies vielleicht über andere Wege z. B. die Musik möglich. Hat man erst einmal den Schlüssel zur Verständigung gefunden, eröffnet sich eine neue Welt, die bisher vor einem verborgen war. Bis zum Schluss hin bietet der Autor seinen Lesern eine durchaus konventionelle SF-Idee, die dann aber in den letzten Passagen eine völlig andere Wendung nimmt und letztlich nicht mit einem klaren Ende aufwartet. Vielmehr erwartet die Hauptpersonen etwas vollkommen Neues. Was, darauf muss der Leser selbst die Antwort geben.
Armin Möhle lässt das Herz aller Dampflokomotivenfans höher schlagen. In seiner Parallelweltgeschichte »Transatlantik-Express« wurde eine Eisenbahnstrecke über den Atlantik gebaut. Ein Milliardenprojekt, welches nun eine zweite Schienenspur erhalten soll. Da sind neue Erfindungen wie der Zeppelin natürlich bei den Eisenbahnbetreibern gar nicht gern gesehen und entsprechend verfährt man mit aufstrebenden Wissenschaftlern. Das Beharrungsvermögen der Bahnbosse unterscheidet sich in Armins Welt nicht von der unsrigen. Vom Stil her ein wenig zu technokratisch, fasziniert einfach die Idee solch einer gigantischen technischen Leistung. Die schiere Größe dieser Bahnstrecke regt die eigene Phantasie an.
Die aus meiner Sicht emotionalste Geschichte hat Christian Weis verfasst. In »Kinosterben« läst er seine Figur noch einmal zurückschauen in die glücklichen Jahre und Jahrzehnte seiner Tätigkeit als Filmvorführer. Fast sein ganzes Berufsleben hat er im Casablanca verbracht und nun genießt er noch eine letzte Nacht, bevor das alte Gemäuer abgerissen wird. Als Leser konnte ich das Leiden des Vorführers ob des Abrisses seines geliebten Lichtspielhauses richtiggehend nachvollziehen. Kinogänger, die eher kleinere Programmkinos bevorzugen, werden durch diesen Text sicherlich angesprochen.
»Center« von Axel Kruse entführt uns in eine Zukunft, in der die Zivilisation zerstört wurde und einige Familienverbände in einem großen Einkaufszentrum überlebt haben. Bislang konnten sie sich noch von den Resten der Zivilisation ernähren. Was geschieht aber, wenn diese Versorgung irgendwann zusammenbricht? Zerbricht dann nicht auch der bisher eingehaltene Status Quo? Eine Geschichte, in der es keine Hoffnung zu geben scheint, in der die letzten zivilisatorischen Überreste vor dem Ende stehen. Die Sprache entspricht der hoffnungslosen Situation der letzten Überlebenden.
Frank Neugebauer wirft in »Wendels Bruder« aus meiner Sicht den Gedanken auf, ob Menschen bereit wären einen Teil ihrer Intelligenz mit einem geistig zurückgebliebenen Angehörigen zu teilen. In seiner Geschichte geschieht genau dieses. Aus einem normal klugen und einem geistig zurückgebliebenen Menschen werden zwei geistig etwas einfacher gestrickte Menschen kreiert. Zwar hatte man ihnen vorher etwas anderes versprochen, dennoch stellt sich am Ende nun die Frage, ob beide nicht klüglicher sind als vorher. Wer mag dies als Außenstehender beurteilen? Für den Autor selbst ist es schon schwierig die Gedanken eines geistig zurückgebliebenen so zu Papier zu bringen, dass diese noch handlungstragend sind. Rückblickend steht für mich weniger die Story an sich im Mittelpunkt, sondern vielmehr die obigen Punkte, die mich nachdenklich zurückgelassen haben.
Der humorvollste Beitrag stammt von Jürgen Müller, in dessen »Freitag, der 13.« seine Figur sich in eine Welt zurückzieht, in der Flora und Fauna mit den Eigenschaften versehen sind, die sie in ihrem Namen tragen. Dies liest sich größtenteils doch recht amüsant, zumal man sich ansonsten kaum Gedanken darüber macht, was z.B. Blindschleichen und Sichelwespen in ihrem Namen an Möglichkeiten beinhalten.
EXODUS 21 bietet wieder eine bunte Mischung von phantastischen Kurzgeschichten. Dabei wird nicht jedem alles gleich gut gefallen, dafür sind die Geschmäcker einfach zu verschieden. Mir persönlich haben drei, vier Geschichten gut gefallen, etwa die gleiche Anzahl fand ich unterhaltend und das restliche Drittel hat bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.
(Andreas Nordiek)
Bearbeitet von Beckinsale, 03 Januar 2008 - 13:44.