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Neues aus der Gehirnforschung


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#1 Lt Lisa Marineris

Lt Lisa Marineris

    Giganaut

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Geschrieben 30 Juli 2002 - 16:05

Ich weiß nicht, ob das so ganz hier reinpaßt, aber ich finde diese Erkenntnisse wichtig:Misshandlung eines Kindes kann sein Gehirn dauerhaft schädigenHamburg (dpa) - Misshandelte oder sexuell missbrauchte Kinder könnenbleibende Schäden in der Struktur und Funktion ihres Gehirnsdavontragen. Das zeigen Untersuchungen verschiedener Forschergruppen,über die der Psychiater Martin H. Teicher (Belmont/Massachusetts) in derJuli-Ausgabe der Zeitschrift «Spektrum der Wissenschaft» (Heidelberg)berichtet.Bis vor kurzem glaubten Fachleute, dass emotionale und sozialeSchwierigkeiten im Gefolge von Misshandlungen im Kindesalterhauptsächlich psychologische Ursachen hätten. Forscher hielten dieSchädigung im Grunde für ein «Software»-Problem.Doch in den vergangenen Jahren haben Experimente und bildgebendeVerfahren derHirnforschung gezeigt, dass wiederholte extreme Furcht- undSchmerzerlebnisse in einer Lebensphase, in der das Gehirn durch neueErfahrungen entscheidend physisch geprägt wird, auch die Entwicklung deslimbischen Systems stören können. Das limbische System ist eineAnsammlung miteinander verbundener Hirnkerne oder neuronaler Zentren,die eine entscheidende Rolle bei der Steuerung von Emotionen undGedächtnis spielen. Zwei Strukturen im Schläfenlappen haben dabei einewichtige Funktion: der Hippocampus und die Amygdala. Folgen vonMisshandlungen zeigten sich besonders in der linken Hirnhälfte.Bei Verhaltensstörungen infolge von traumatischen Kindheitserfahrungenspielt offenbar eine Überregbarkeit des limbischen Systems eineentscheidende Rolle. Sie kann Symptome von Aggression, Verbitterung undAngst erzeugen. Ungewöhnliche EEG (Elektroenzephalogramm)-Aktivität imSchläfenlappen zeigt sich häufig auch beiPsychiatrie-Patienten mit stark erhöhtem Suizidrisiko undselbstzerstörerischem Verhalten.Ein mit früher Misshandlung eng verbundenes Erscheinungsbild ist die«Borderline-Persönlichkeitsstörung». Solche Patienten haben eininstabiles Verhältnis zu ihren Mitmenschen. Insgesamt legen die Befundewie Teicher schreibt ein Modell dafür nahe, wie eine solche Störungentstehen kann: Die Integration der Hirnhälften ist unzureichend, undder so genannte Balken, die wichtigste Verbindung zwischen denHemisphären, ist verkleinert. «... einseitige Hemisphärendominanz könnteeinen Menschen veranlassen, Freunde, Familie und Mitarbeiter abwechselndübertrieben positiv und überwiegend negativ zu sehen - ein typischesKennzeichen dieser Störung», bemerkt der Psychiater.Untersuchungen mit der so genannten EEG-Kohärenztechnik brachtenbesondersaufschlussreiche Ergebnisse. Diese Methode gibt ein detailliertes Bildvon der Verdrahtung und Verschaltung des Gehirns. Es zeigte sich, dassbei stark misshandelten oder sexuell missbrauchten Patienten die rechteHirnhälfte genau so entwickelt war wie bei den gesundenKontrollpersonen, aber ihre linke Hälfte deutlich schlechter.Mittels Kernspintomographie konnten Untersuchungen einen Zusammenhangzwischen Misshandlung als Kind und einer Verkleinerung des Hippocampusnachweisen. Auch die Amygdala war manchmal kleiner als normal. EineUntersuchung mit missbrauchten Menschen, die an einer so genanntenposttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) litten, zeigte, dass derlinke Hippocampus im Mittel zwölf Prozent kleiner als bei den gesundenKontrollpersonen war, aber der rechte normale Größe hatte. Angesichtsder Bedeutung des Hippocampus für das Gedächtnis überraschte es dieForscher nicht, dass diese Patienten auch bei verbalen Gedächtnistestsschlechter abschnitten als nicht missbrauchte Kontrollpersonen.Nach dem Befund mancher Forscher tritt bei Frauen, die in der Kindheitmissbraucht wurden, auch häufig eine so genannte multiplePersönlichkeitsstörung auf. Eine Untersuchung fand eine klareEntsprechung zwischen dem Grad der Verkleinerung des linken Hippocampusund der Stärke der Symptome.Ernst Pfeiffer von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- undJugendpsychiatrie (Berlin) und Martin Driessen vom Zentrum fürPsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in den KrankenanstaltenGilead in Bielefeld verwiesen darauf, dass Symptome solcher bleibenderSchäden im Gehirn durchaus behandelbar sind mit Aussicht auf Besserung -so etwa mit einer traumaspezifischen Verhaltenstherapie. In schwererenFällen kann eine umfassende, langfristige heilpädagogische Betreuung derPatienten nützlich sein.Von Rudolf Grimm, dpa, 24.07.2002 08:21


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