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c't Story 12/08: Im Garten eines Kraken


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6 Antworten in diesem Thema

#1 Naut

Naut

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Geschrieben 05 Juni 2008 - 21:03

Oh, ich weiß. Das Heft ist schon fast nicht mehr aktuell, aber das heißt ja auch, dass die Story demnächst im Heise Online-Kiosk verfügbar ist.Inhaltlich habe ich mich diesmal an der Unterwasser-SF versucht: Nachdem die Todesstrafe überall abgeschafft wurde, ist man auf einen modernen Ersatz bedacht. So dürfen die Sträflinge, in Mini-U-Booten verbaut, für die verbliebenen Industrienationen den Meeresgrund nach den letzten Rohstoffen absuchen, immer mit der Angst vor den Kontrollsatelliten im Nacken.Doch das Meer ist tiefer als sich ein Luftatmer vorstellen kann. Und auch über der Wasseroberfläche dreht sich bald der Wind ...Vielleicht gefällt es ja dem einen oder anderen.
Liest gerade: Zafón - Der dunkle Wächter

#2 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 06 Juni 2008 - 13:54

Eine unterhaltsame Story, ich habe sie gerne gelesen. Schöner Titel. Die leuchtenden Steinhütten von Atlantis sind von meiner Vorstellung sofort in ein beeindruckendes Bild umgesetzt worden. Ebenso die unheimliche Armee der langsam über den Meeresgrund ziehenden Kampftauchboote. Beeindruckend fand ich auch den Gedanken, daß Sexualität - als ein Bedürfnis der Liebe - sich in Sprache verwandeln muß: Es bleibt nichts anderes übrig, als sich erotische Geschichten zu erzählen.

Gewünscht hätte ich mir vielleicht, daß der neue Sinn des Echolots stärker beschrieben bzw. umschrieben worden wäre (What is it like to be a bat?) Daß das nicht einfach ist, liegt auf der Hand. Aber gerade das Setting der "lichtlosen Weiten des Atlantiks" verstärkt den Wunsch nach sinnlicher Repräsentation, der mit dem Echolot-Sinn neue Möglichkeiten eröffnet werden könnten.

Ein paar kleine Ungereimtheiten sowie eine doch eher große Ungereimtheit sind mir aufgefallen:

- Die Strafe umfasst eine Dauer von 10 Jahren (S. 211). S. 212 sind 2 Jahre vergangen, und auf derselben Seite heißt es, daß Gentrup noch weitere 9 Jahre nach Rohstoffen zu suchen habe.

- S. 212 erfahren wir, daß die Bestraften auf eine synthetische Stimme zurückgreifen müssen, da die Verdrahtung des "Sprachzentrums" als überflüssig angesehen wurde. Der Klang einer Stimme ist aber doch vorwiegend von individuellen physischen Merkmalen abhängig, also müßte es doch heißen, daß auf deren Simulation verzichtet wurde, meine ich. (Der story-technische Grund ist klar: Leeds darf später nicht anhand seiner Stimme erkannt werden).

- Die große Ungereimtheit: S. 216 erfahren wir, daß der wahre Mörder an dem Farmerehepaar 1 Jahr nach der Verurteilung Gentrups geschnappt wurde. Mindestens 2 Jahre lang (S.212) steht Gentrup aber noch via Satellit in Kontakt mit der Menschheit. Müßte da nicht die Erkenntnis seiner Unschuld zu seiner Rehabilitierung führen, zur Aufhebung seiner Strafe, zu seiner Entschädigung durch einen Plastikkörper (die es in der entworfenen Welt ja gibt)? Ist es nicht unbegründet, daß Gentrup am Ende der Story, bei seinem Auftauchen, denkt: "Sie würden ihn töten, würden dem Satelliten den Sprengbefehl übermitteln"?

Diese Ungereimtheit ist mir erst beim zweiten Lesen - anlässlich des jetzt eröffneten Threads - aufgefallen. Dem Genuss der Lektüre tut sie allerdings kaum Abbruch. Wie gesagt: gerne gelesen!

Gruß, Guido

Bearbeitet von Guido Seifert, 06 Juni 2008 - 13:59.


#3 Jan Gardemann

Jan Gardemann

    Infonaut

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Geschrieben 11 Juni 2008 - 16:53

Die "neue" c't lag im Garten eines Freundes herum. Ich hab sie mir geschnappt und die Story gelesen: Ein ulkiger Klamauk mit vielen originellen Ideen. Die inhaltlichen Fehler, die Guido aufgefallen sind, sind mir alle entgangen (hab die Geschichte ja auch nur einmal gelesen). Ist natürlich irgendwie ärgerlich, wenn es einen Zahlensalat gibt. Daß der Kuddelmuddel nicht sofort ins Auge fällt, spricht aber für die Story und die gekonnte Gewichtung zugunsten des Humors.Hingegen habe ich das Düstere, Abgründige in den Tiefseeschilderungen auch etwas vermißt. Solche Bilder hätten der Geschichte gutgetan und ihre Schrulligkeit mit etwas Unbehagen gewürzt.Dessen ungeachtet eine bemerkenswerte Geschichte, die ich gerne gelesen habe! :whistling:

#4 Naut

Naut

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Geschrieben 13 Juni 2008 - 19:11

Erstmal vielen Dank für die ausführlichen Rückmeldungen.Guido, ich hatte eigentlich angenommen, dass mir die Beschreibung des Echolot-Sinns gelungen ist. Aber -seufz- da habe ich wohl falsch gedacht. Das Zahlenkuddelmuddel geht wohl aufs Konto der letzten Überarbeitung, das habe ich übersehen.Zum Sprachzentrum: Die U-Boote nutzen zur Kommunikation ja eigentlich geschriebene Wörter, also die Hirnareale, die ich jetzt gerade benutze. Meines Wissens nach ist das Sprachzentrum dabei zwar beteiligt, jedoch nicht in derselben Weise wie beim Sprechen - das war es, was ich meinte. Vielleicht ist die Formulierung etwas unglücklich.Zur Aufhebung der Strafe: Das mag stimmen, aber ist das Ausbrechen aus einem Gefängnis, zumal aus einer "Todeszelle", nicht auch strafbar? Nichtsdestotrotz ist da wirklich mehr Erklärungsbedarf.Jan, Du hast die Story als wenig düster empfunden. Das ging nicht jedem Leser so. Ich halte es für möglich, dass Du hier auch durch die Illustration beeinflusst wurdest, oder?Danke nochmal, Ihr beiden!Naut
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#5 Andreas

Andreas

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Geschrieben 14 Juni 2008 - 13:22

... dass Du hier auch durch die Illustration beeinflusst wurdest, oder?

Hallo Naut, bei mir hat die Illustration, die man ja sieht, bevor man die Geschichte liest, zu einer falschen Grundstimmung geführt, die sich mit der tatsächlichen, weitaus dunkleren Stimmung der Story gerieben hat. Oder einfach gesagt, der Stil der Illu passt einfach nicht. Als ich mich davon frei gemacht habe und nur die Story für sich betrachtet habe, hat sie mir sehr gut gefallen. Gruß Andreas
Homepage/Blog: www.dr-dings.de

#6 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 16 Juni 2008 - 10:19

- S. 212 erfahren wir, daß die Bestraften auf eine synthetische Stimme zurückgreifen müssen, da die Verdrahtung des "Sprachzentrums" als überflüssig angesehen wurde. Der Klang einer Stimme ist aber doch vorwiegend von individuellen physischen Merkmalen abhängig, also müßte es doch heißen, daß auf deren Simulation verzichtet wurde, meine ich.

Zum Sprachzentrum: Die U-Boote nutzen zur Kommunikation ja eigentlich geschriebene Wörter, also die Hirnareale, die ich jetzt gerade benutze. Meines Wissens nach ist das Sprachzentrum dabei zwar beteiligt, jedoch nicht in derselben Weise wie beim Sprechen - das war es, was ich meinte.

Ist mir immer noch nicht klar, wie die Kommunikation gedacht werden soll. Verstehe ich das richtig, daß der Wortgedanke zu einem direkten Input des anderen Neokortex wird? Dann bräuchte man doch überhaupt keine Stimme, auch keine synthetische ... Gruß, Guido

#7 Naut

Naut

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Geschrieben 19 Juni 2008 - 21:34

Hallo Andreas, auch Dir vielen Dank für die Rückmeldung!Guido, ich habe mir in etwa folgendes gedacht: Es ist nicht schwer, eine Funkverbindung in das Gehirn einzurichten, dazu reicht es nämlich, einen Audiokanal an den Hörnerv zu koppeln (okay, "schwer" ist hier im Sinne von "Künstliche Intelligenz" oder "FTL" gemeint). Schwieriger ist das Senden: Gedanken kann man nicht hörbar machen. Allerdings liegt es bereits im Bereich des Möglichen, per Gedankenbefehl eine virtuelle Tastatur zu bedienen, etwa durch Koppeln irgendwelcher motorischen Nerven mit einer Eingabematrix (hihi, Matrix). Das ergibt dann zusammen mit einem Sprachsynthesizer den Sendekanal.Wortgedanken schien mir zu schwierig.Beste GrüßeNiklas
Liest gerade: Zafón - Der dunkle Wächter


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