He, mein Lieblingsthema.
Vielleicht mal kurz eine Begriffsklärung: Wenn man Utopie als utopischen Staatsroman im Sinne von Thomas Morus versteht, dann ist diese Form sicher nicht mehr modern, und dies aus primär zwei Gründen:
- Inhaltlich: Ausser einigen Fanatikern glaubt heute wohl niemand mehr, dass es
die perfekte, rationale Staatsform gibt, die den Menschen glückseelig macht. Dem ganzen Konzept, dass es überhaupt Aufgabe des Staates ist, seine Einwohner auf Teufel komm raus zu beglücken, haftet heute etwas Totalitäres an. Der bedingungslose Glaube an Vernunft und Rationalität ist heute nicht mehr vorhanden (wobei man sich durchaus darüber streiten kann, ob es den bei Morus je gab. Ich selbst würde das verneinen).
- Formal: Die klassische Utopie ist langweilig, da sie keinen Konflikt hat, der die Handlung voranbringt. Ein "Reiseführer" zeigt einem Aussenstehenden die perfekte Gesellschaft und doziert ausführlich, warum diese Welt besser ist als alle anderen. Das gibt erzählerisch leider wenig her.
Natürlich kann man von diesem Muster abweichen, es wird aber sehr schwierig, eine perfekte Welt in einem Roman darzustellen und dabei ganz auf den dozierenden Fremdenführer zu verzichten. Mir fällt da spontan kein Roman ein, der das tut.
Kommen wir zu den Dystopien: Hier ist wohl eher das Problem, dass das Thema mittlerweile schon in alle Richtungen und auch auf höchstem Niveau bearbeitet wurde. Wenn man schon Werke wie
1984, Brave New World, Fahrenheit 451 et al. hat, wird es schwer, dem noch etwas hinzuzufügen. Die gängigen Dystopiemuster sind bekannt, wurden x-fach durchgespielt, sind schon zu Klischees geworden. Es ist schwierig, hier noch mit etwas wirklich Neuem aufzuwarten.
So viel mal von mir, mehr zu ausgeschlafener Stunde.