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Welche Zukunft wollen wir ?


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465 Antworten in diesem Thema

#31 Beverly

Beverly

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Geschrieben 13 Dezember 2008 - 13:59

@remowolf,eine gute Frage, die man ruhig auch einmal mehr stellen kann. Zuerst einige Sätze zu der Art "Zukunft", die ich nicht mehr will: das geistlose Exekutieren von vermeintlichen "Sachzwängen" und das Leiden unter absurden Zwängen und künstlich geschaffener Not. Egal ob uns das die Tunten in den organisierten Religionen oder die Schlips-und-Krawatte-Typen der "Wirtschaft" präsentieren. Egal ob der Mahdi oder die Rezession kommt - das ist alles Unsinn und Geschwurbel, Aberglaube hie, Aberglaube da, Schindluder mit der Transzendenz oder Schindluder mit der Erzeugung und Verteilung von Waren.Welche Zukunft man will? Da gibt es verschiedene Wünsche, die oft so konträr sind, dass sie sich nicht in einer Gesellschaft, einer Lebensweise und einer Weltanschauung fassen lassen. Die "Utopie" etwa der "Kultur" bei Banks (mir durchaus sympathisch) dürften viele als die Hölle auffassen, die Jack Williamson in "Wing 4" beschrieben hat. Das führt zu einer Zukunft nach dem Prinzip "Eine Welt für jeden". Also mit verschiedenen Gesellschaftssystemen und Kulturen an verschiedenen Orten.Ein weiterer Erfahrungssatz ist für mich, dass die gegen Raumfahrt gewandte Forderung "die Probleme auf der Erde zu lösen" gescheitert ist. Wir machen uns hier alle nur fertig! Der Bezug nur auf die Erde tut der Erde selbst nicht gut, weil dann alle ihre "aggressiven" Neigungen nur auf ihr austoben. Dass es die Menschheit zu den Sternen zieht, sieht man schon daran, dass zeitgleich mit dem Aufkommen der Hochkulturen auch die Astronomie entstand. Die Moderne setzt nur fort, was lange vor ihr begonnen wurde. Das führt zu dem Schluss, dass zu einer lebenswerten Zukunft die Raumfahrt gehört. Jedes Land sollte sich daran beteiligen und je nach ökonomischer und sozialer Lagen zwischen 0,1 und 2-10 Prozent des BIP dafür investieren. Die reichen Länder anteilmäßíg mehr, die Armen weniger.Wobei Raumfahrt Teil des Strebens nach Erkenntnis ist. Das wird zwar wegen der oft katastrophalen Folgen der Technik gern von den Konservativen unter Beschuss genommen, doch so einfach ist es nicht. Vor der Erkenntnis war nicht das Glück, sondern die Unwissenheit. Und so ziemlich alle Reiche, Imperien, Staaten und Völker vergehen, doch ihr geistiges und kulturelles Erbe bleibt.Der letzte Erfahrungssatz ist: Zukunft muss in wirklich großen Dimensionan gedacht werden. Es sind nicht die nächsten 10, sondern die nächsten 10 Milliarden Jahre. 10 Jahre sind kurzfristig, 10 Milliarden Jahre (die Zeit bis zum Erlöschen der Sonne) sind mittelfristig und die Zeit bis zum Ende des Universums ist langfristig.Natürlich kann jeder sagen: was interessieren mich die nächsten 10 000 000 000 Jahre? Nichts, weil es mich dann nicht mehr gibt. Aber die lange Sicht dienst als Gerüst, Rahmen für die kurze Sicht. Verortet man sich mit zu 99,9999 Prozent auf die kurze Sicht (10 bis maximal 100 Jahre) bezogenen Interessen in einer langfristigen Perspektive, kann man die kurzfristigen Interessen in einem stabilen Rahmenwerk realisieren.Negiert man die lange Sicht völlig, brechen ohne Rahmenwerk vielleicht schon die kurzfristigen Interessen weg.Lanfristige Orientierung gehört zu etwas, was ich unter Universalismus verstehe. Das bedeutet nicht, dass Menschen ihr Leben, ihr Gemeinwesen oder ihre Kultur für alle Mitmenschen (oder gar Aliens) "kompatibel" zu machen haben und sich alle auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen sollen. Das halte ich auch für unmöglich und von kaum jemanden wirklich gewollt. Universalismus bedeutet, dass sich alle als Teil einer größeren Einheit - Menschheit - begreifen und mit dieser Einheit interagieren. Wie auch immer, es muss nicht EU oder Globalisierung sein.Die Geschichte hat auch immer gezeigt, dass sich Systeme, die sich abschotteten, damit langfristig ihr eigenes Grab schaufelten. Das chinesische Kaiserreich schottete sich jahrhundertelang ab und brach krachend zusammen, als die Europäer die Schilder "Betreten verboten" ignorierten. Die DDR schottete sich ab und brauchte für den Zusammenbruch nur wenige Jahrzehnte.Diese Grundsätze- verschiedene Gesellschaftsformen und Lebensweisen- Raumforschung und Raumfahrt- Streben nach Erkenntnis- langfristige Orientierung- Universalismusmögen nicht alles abdecken, aber sie sind als Merkmale einer lebenswerten Zukunft vielleicht wichtiger als ordnungspolitische Label - EU, Globalisierung, Globla - und ideologische Etiketten. Da haben es die Linken immer mit "Solidarität" und "alle Menschen werden Brüder" versucht und sind nicht weit gekommen. Die Rechten kontereten dann mit "Recht des Stärkeren" und "Menschen sind Vieh!" und sind noch schneller auf die Fresse gefallen. Der Wohlfahrtsstaat der Linken hat dann manchmal Wohlstandsnihilisten gezüchtet. So schrieb mal ein Autor verzweifelt, dass in der Reagan-Ära Politiker den Wohlfahrtsstaat abgebaut hätten, die zuvor selbst am meisten von ihm profitiert haben. Der Zynismus der Rechten züchtet nur kleingeistige Fieslinge und Brutalos und endet in der Antithese der von ihnen so gern beschworenen "Zucht und Ordnung".

Bearbeitet von Beverly, 13 Dezember 2008 - 14:07.


#32 simifilm

simifilm

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Geschrieben 13 Dezember 2008 - 14:48

Ein weiterer Erfahrungssatz ist für mich, dass die gegen Raumfahrt gewandte Forderung "die Probleme auf der Erde zu lösen" gescheitert ist. Wir machen uns hier alle nur fertig! Der Bezug nur auf die Erde tut der Erde selbst nicht gut, weil dann alle ihre "aggressiven" Neigungen nur auf ihr austoben. Dass es die Menschheit zu den Sternen zieht, sieht man schon daran, dass zeitgleich mit dem Aufkommen der Hochkulturen auch die Astronomie entstand. Die Moderne setzt nur fort, was lange vor ihr begonnen wurde. Das führt zu dem Schluss, dass zu einer lebenswerten Zukunft die Raumfahrt gehört. Jedes Land sollte sich daran beteiligen und je nach ökonomischer und sozialer Lagen zwischen 0,1 und 2-10 Prozent des BIP dafür investieren. Die reichen Länder anteilmäßíg mehr, die Armen weniger.

Ist ja lustig, dass Beverly nun mit Raumfahrt kommt, denn unter anderem dazu wollte ich gerade was schreiben ...

Bislang habe ich mich in dieser Diskussion auf die Utopie konzentriert, also mehr auf die politisch-soziologische Perspektive. Versuchen wir mal, eine eher SF-typische Sicht einzunehmen und den Utopie-Begriff ein bisschen weiter zu fassen.

Sehr vereinfacht gesagt, ist die einende Utopie der Golgen-Age-SF (also Ende 1920er Jahre bis ca. 1950) wohl die Raumfahrt. Diese Utopie kommt SF-typisch eben nicht als durchdachter Gesellschaftsentwurf daher, aber es gibt so etwas wie einen Hoffnungshorizont, einen Fluchtpunkt, und das ist die Raumfahrt. Die Sehnsüchte richten sich hierhin, der Traum ist, mit dem Raumschiff durchs All zu düsen.

Mit dieser Hoffnung ist nun etwas geschehen, was insgesamt wahrscheinlich typisch für die SF ist, sie wurde erfüllt und enttäuscht. Die Menschheit war auf dem Mond, aber der ist eine langweilige tote Kugel. Und alles, was jenseits ist, wird schnell unerreichbar, da setzt das All natürliche Grenzen, die wir so schnell nicht überwinden werden. Selbst wenn es in den nächsten Jahrzehnten eine Mars-Expedition geben sollte, dürfte die keine grundsätzliche Änderung bringen. Die Raumfahrt hat für die meisten Menschen als Hoffnungsträger wohl vorläufig ausgedient. Beverlys Meinung scheint mir hier klar in der Minderheit zu sein. Raumfahrt mag immer noch interessant und faszinierend sein, aber von ihr ist auf absehbare Zeit nichts zu erwarten, was die Menschheit verändert.

Schauen wir uns einen anderen Bereich an: Künstliche Intelligenz. Jeder von uns hat einen Computer, und der Computer hat tatsächlich dramatische Umwälzungen gebracht. So umfassend, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie in den Bereichen, in denen ich tätig bin - Journalismus und universitäre Forschung -, im Vor-Computer-Zeitalter überhaupt gearbeitet werden konnte. Aber auch hier: Die Umwälzung ist da, von künstlicher Intelligenz sind wir aber noch so weit weg, dass sich die Fachwelt noch nicht einmal einig ist, was Intelligenz überhaupt ist. Natürlich wird die Entwicklung hier weitergehen: Computer werden schneller, die Graphik hochauflösender, die Bedienung einfacher, Word wird weiterhin ein Schrottprogramm bleiben, aber auch hier gibt es keinen Fluchtpunkt mehr. Zumindest fällt mir spontan nicht ein, was hier der nächste umwälzende Durchbruch sein soll, den die SF herbeisehnt.

Nehmen wir das Netz: Dazu hat es einen schönen Text von Franz Borsch im SF-Jahr 08, in dem er die Frühphase des Netzes (vor dem Web) beschreibt: Auf einmal eröffnete sich hier ein jungfräulicher, gesetzloser Raum, in dem alles möglich war und der mit allerlei Phantasien gefüllt werden konnte. Auch hier: Die Utopie ist wahr geworden und doch auch nicht. Das Netz ist zum Alltag geworden, kaum mehr aus unserem Leben wegzudenken, und doch: auch diese digitale Welt ist keine grundlegende andere geworden, auch hier wird der Fortschritt weitergehen, aber Gibsons Cyberspace erscheint kaum als plausible Utopie.

Welche Nova gibt es denn, die heute am Horizont stehen, die tatsächlich eine gewisse Wahrscheinlichkeit besitzen? Spontan fallen mir "körperverändernde Techniken" ein, also Genmanipulation, Hightech-Prothesen, Interfaces zwischen Körper und Elektronik, Cloning. Das sind definitiv Bereiche, in denen momentan sehr viel geforscht und entdeckt wird, hier werden wahrscheinlich einige ziemlich dramatische Neuerungen auf uns zu kommen. Das Problem ist hier: Für viele Menschen eignen sich diese Dinge nur begrenzt als positive Fluchtpunkte. Ich möchte das nicht werten, aber unsere ganze westliche kulturelle Prägung lässt uns zögern, wenn es um derartige Eingriffe in den menschlichen Körper geht. Für viele ist hier wahrscheinlich eine Grenze erreicht, die nicht überschritten werden sollte. Wie gesagt: Ob diese Bedenken berechtigt sind, oder nicht, möchte ich gar nicht diskutieren, sondern nur feststellen, dass diese Nova für viele Menschen wahrscheinlich nicht das gleiche Hoffnungspotenzial besitzen, wie es früher die Raumfahrt tat.

Provokativ zusammengefasst: Momentan bietet die SF kaum noch Nova, die für eine Mehrheit wirklich als positive Projektionsfläche dienen können. - Ich freue mich auf Gegenbeispiele. :)

EDIT: Zum Bereich künstliche Intelligenz/Computer könnte man noch "Singularität" anfügen, aber auch hier stellt sich die Frage, wie sehr sich das als Sehnsuchtsraum eignet, da weder recht klar ist, was damit gemeint ist, noch ob es wirklich erstrebenswert ist.

Bearbeitet von simifilm, 13 Dezember 2008 - 18:12.

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#33 Thomas Sebesta

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Geschrieben 13 Dezember 2008 - 16:28

Ein kleiner Einwurf für Utopieninterressierte Sammler. "Katalog einer merkwürdigen Sammlung von Werken utopischen Inhalts, ... Reprint aus 1980" ein interessantes Bändchen - vorgestellt im Sekundärbereich. Gruß Thomas

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Blog zur Sekundärliteratur: http://sebesta-seklit.net/

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#34 fremowolf

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Geschrieben 13 Dezember 2008 - 22:07

Noch einmal zur Idee einer "romantischen SF-Komödie": Man könnte schon einen leichtfüssigen, witzigen, romantischen Film in der Zukunft ansiedeln. Bloss stellt sich dann von der Seite der Produktion die Frage, wozu man das machen soll. SF bedeutet immer mehr Aufwand in Sachen Ausstattung, Kulisse etc. Für einen Produzenten stellt sich die Frage, warum er diesen Aufwand auf sich nehmen soll, nur um eine Geschichte zu erzählen, die man genau so gut in der Gegenwart ansiedeln könnte. Kommt noch hinzu, dass es wahrscheinlich schwierig wäre, ein Publikum für einen solchen Film zu finden. - Machbar wäre ein solcher Film schon, es spricht einfach nicht viel dafür. Damit der Aufwand gerechtfertigt wäre, musste es schon eine Komödie sein, die ihren Antrieb aus der SF-Welt bezieht, und das dürfte nicht ganz einfach sein. - Ein solcher Film wäre dann ja auch etwas ganz Anderes als eine Utopie. Das wäre Feel-Good-SF, die aber wohl wenig Konkretes zu einer besseren Zukunft zu sagen hätte.


Soweit es nur um eine SF-Komoedie geht, gibt es einige Beispiele, die extrem sind und die den Punkt nicht treffen, nach dem ich suche. Eines ist "Barbarella" (http://www.imdb.com/title/tt0062711/), ein anderes ist "Spaceballs". Es ist klar, warum die mit meinem Thema nicht zu tun haben. Es ging mir um eine Gesellschaftskomoedie, und die ist nicht so abwegig, wie Du meinst : Jane Austen oder Bernhard Shaw in das Jahr 2100 transponiert - so etwas waere das Gesuchte. Aber dazu muss man eben eine heutige Jane Austen oder einen Bernhard Shaw als Drehbuchschreiber finden, das ist das Problem. Die Provokation wuerde genau darin bestehen, die Welt im Jahre 2100 als weitaus menschlicher und lebensvoller und vernuenftiger erscheinen zu lassen, als die heutige. Aber eben nicht auf die puritanische Weise wie es Callenbach tut, sondern so frech und bunt wie "Barbarella" oder Swift ! Das Publikum muesste sich ge- und betroffen fuehlen und denken (wenn auch vielleicht nicht sagen) : "So sollte eine gute Zukunft intelligenter Wesen aussehen !" Ist das wirklich ein so schwer nachvollziehbarer Gedanke ?


Und noch ein Gedanke: Du schreibst immer, dass Blade Runner ein so düsterer Film voller Neurosen wäre. Aber was geschieht denn am Ende des Films? Replikanten entdecken die Liebe, den Wert des Lebens - das ist doch eigentlich ein sehr positives Ende.

Das stimmt schon, aber wieso muss "reflexartig" das L.A. im Blade-Runner ein krimineller Ort in duesterem Regenwetter sein ? Warum nicht die gleiche Story - "Replikant entdeckt die Liebe" - in einem hellen, lebensvollen, offenen L.A. ? Wobei mir doch noch eine - zumindest angedeutete - Version einer guten Zukunft einfaellt : "Appleseed" ! Aber auch da ueberwaeltigt gleichsam das Drama die Darstellung der Gesellschaft - ganz in Deinem Sinne. Am Ende siegt zwar - wie immer - mit knapper Not "das Gute", aber wie bei den Liebesfilmen ist damit die Story auch beendet. Auch in der schwaecheren Fortsetzung geht es nur noch einmal um eine Bedrohung des erreichten Gluecks, aber eine Gesellschaft im Sinne von "Austen und Shaw" wird nicht gezeigt, auch eine Darstellung garnicht versucht.

Ich erinnere wieder an Bogdanow und sein Argument, dass man die kommunistische Gesellschaft, fuer die der damals 1907 mit Lenin gekaempft hat, anschaulich machen muesse. An die kommunistische Gesellschaft glaube ich nicht, ich bin ein ueberzeugter Liberaler, daher mag ich auch die Modelle von Cabet und Bellamy nicht, auch nicht Morris und Callenbach, alles viel zu brav und zentralistisch-technokratisch. Aber warum nicht mal das Argument von Bogdanow auf den Liberalismus anwenden und eine liberale Gesellschaft anschaulich werden und attraktiv erscheinen lassen ? Gibt es da keine Autoren ? Ich entnehme dem Heyne Jahrband 2007 auf S. 1334, dass es einen "Prometheus Award" der "Libertarian Futurist Society" gibt. Vielleicht sollte ich da mal anfragen ?

Wenn ich hier von "liberal" rede, meine ich aber nicht "Wirtschaftsliberalismus", sondern Freiheit in jeder Form, Spieltrieb, "Colours of Benetton", "Olympiaden", "Strahssenfeste mit Luftballons", einfach nur mal was anderes als ewig dieses "doom & gloom", das mir wirklich langsam langweilig und unintelligent erscheint. "1984" mal nicht als Horror, sondern als verwirklichter Traum mit "Yellow Submarine" und Beatles und die "blue meanies" auf der Flucht ! John Lennon at the helm - und nicht "der grohsse Bruder".

Bearbeitet von fremowolf, 13 Dezember 2008 - 22:13.


#35 fremowolf

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Geschrieben 13 Dezember 2008 - 23:50

fremowolf, Welche Zukunft man will? Da gibt es verschiedene Wünsche, die oft so konträr sind, dass sie sich nicht in einer Gesellschaft, einer Lebensweise und einer Weltanschauung fassen lassen. Die "Utopie" etwa der "Kultur" bei Banks (mir durchaus sympathisch) dürften viele als die Hölle auffassen, die Jack Williamson in "Wing 4" beschrieben hat. Das führt zu einer Zukunft nach dem Prinzip "Eine Welt für jeden". Also mit verschiedenen Gesellschaftssystemen und Kulturen an verschiedenen Orten.

Vielen Dank Beverly fuer Deinen anregenden Beitrag ! Die Debatte wird ja ganz munter ! Zu "eine Welt fuer jeden" : Haben wir das nicht ? Ich finde es schoen, dass nicht nur in Europa so viele verschiedene Traditionen wirksam sind, sondern dass auch tuerkische, arabische, iranische, marokkanische, schwarzafrikanische, indische, indonesische, chinesische, koreanische, japanische, australische, mexikanische, brasilianische usw. Stimmen und Kulturen vernehmlich sind, je nach Zaehlunge 200 oder 2000 ! Ich bin zwar fuer "family of man", aber es soll eine bunte Familie sein, "ueber 6 Milliarden lustig streitende Geschwister" ! Keine Kirche, keine Aufseher, kein Einheitsbrei. Das hast Du aber unten selbst so aehnlich gesagt.

Ein weiterer Erfahrungssatz ist für mich, dass die gegen Raumfahrt gewandte Forderung "die Probleme auf der Erde zu lösen" gescheitert ist. Wir machen uns hier alle nur fertig! Der Bezug nur auf die Erde tut der Erde selbst nicht gut, weil dann alle ihre "aggressiven" Neigungen nur auf ihr austoben. Dass es die Menschheit zu den Sternen zieht, sieht man schon daran, dass zeitgleich mit dem Aufkommen der Hochkulturen auch die Astronomie entstand.

Ja, ich denke auch, dass man das Bild vom "Raumschiff Erde" ernst nehmen sollte, das 1969 aufkam, als die ersten Bilder, die die Erde vom Mond aus zeigten, ueber die Fernseher liefen. So hatte man die Erde vorher nicht gesehen - als blaue Oase im schwarzen Weltraum. Und "Raumschiff Erde" meint ja, dass wir Menschen jetzt nicht nur fuer unsere Oekosysteme, sondern auch fuer unsere Technosysteme und Expertensysteme verantwortlich sind, weil wir ohne Elektrizitaet und Elektronik und Computer - und ohne die Experten, die damit umgehen koennen, schon garnich mehr leben koennten. In weiten Teilen Afrikas und Lateinamerikas und Asiens verstehen die meisten Menschen immer noch etwas von Landwirtschaft, aber bei uns nicht. Wenn der Strom ausfaellt sind wir hier bald verhungert, weil auch die Landwirtschaft hier am Strom haengt. Deshalb ist das Bild vom Raumschiff Erde heute schon etwas ganz anderes als nur "Astronomie". Die alten Astronomen sahen ja keine Alternative zur Erde, fuer sie war der Himmel eine "Kaeseglocke". An Weltraumfahrt haben die noch nicht denken koennen, das begann erst in der Neuzeit des Abendlandes um 1600 (Galilei!) ein Gedanke zu werden, der sich dann durchsetzte.

Der letzte Erfahrungssatz ist: Zukunft muss in wirklich großen Dimensionan gedacht werden. Es sind nicht die nächsten 10, sondern die nächsten 10 Milliarden Jahre. 10 Jahre sind kurzfristig, 10 Milliarden Jahre (die Zeit bis zum Erlöschen der Sonne) sind mittelfristig und die Zeit bis zum Ende des Universums ist langfristig. Negiert man die lange Sicht völlig, brechen ohne Rahmenwerk vielleicht schon die kurzfristigen Interessen weg.

Zehn Milliarden Jahre finde ich wirklich etwas viel, aber der Grundgedanke ist richtig : Think big ! Ich amusiere mich immer, wenn Umweltschuetzer ueber "Folgen in tausend Jahren" reden. Wir wissen ueberhaupt erst seit Faraday und Maxwell um 1850 etwas Brauchbares ueber Elektrizitaet, und auch ueber Atomphysik wissen wir Brauchbares erst seit ca. 1930. Seither gibt es also Industrie, die auf solchen Kenntnissen aufbauen konnte. Die Computer drangen seit 1960 in die Universitaeten ein, die PCs verbreiteten sich seit ca. 1980, das Internet seit ca. 1995. Und dann von "tausend Jahren" zu reden ! Wir leben in einer wissenschaftlichen Explosion ! Vielleicht haben wir in 100 Jahren nur noch Genfood auf dem Teller und Autos fahren abgasfrei und die Regierungen werden von Computern ueber die zahlreichen Folgen ihrer Entscheidungen beraten ? Das ist das klassische Feld der SF, und es ist nur die Frage, wie intelligent ein SF-Autor davon Gebrauch macht. Neulich sah ich einen Bericht, der auch schon einige Jahre alt ist, ueber in vitro fertilization (IVF) in Kalifornien heute. Da wurde von Experten ernsthaft die Moeglichkeit in Betracht gezogen, dass bald menschliche Gene so kombiniert werden koennten, dass eine Art Supermensch ensteht, die mit "normalen" Menschen garkeine Kinder mehr haben koennte, also eine neue Spezies bilden wuerde. Aber diese Verfahren sind teuer, so dass es eine Art Kampf geben koennte zwischen einer ueberlegenen Menschen-Art, die es sich leisten kann, und den "Heloten", die es sich nicht leisten koennen. Das war nicht SF, das war die Idee eines praktizierenden Arztes und Forschers, der den Stand der Technik referierte. Wir werden also in den kommenden Jahrzehnten schon genug Probleme haben und sind auf zehn Milliarden Jahre nicht angewiesen. Oder anders : Wer haette denn vor 100 Jahren - in der Epoche von Wilhelm II und Zar Nikolaus II und Kaiser Franz Joseph und Edward VII usw. geahnt, wie die Welt heute aussieht ? Von Computernetzen und Atombomben war damals noch kein Gedanke. Alle Vorhersagen ueber mehr als 20 Jahre sind Unsinn und bestenfalls Trendanalysen. Auf singulaere Ereignisse sind die nicht eingestellt. Hahn, Meitner, Strassmann entdeckten die Kernspaltung 1938. Die ersten drei Atombomben wurden schon 1945 gezuendet, die H-Superbomben dann ab 1952. Der erste Mikrochip wurde 1975 vorgestellt, 20 Jahre vor dem Internet.

Die Geschichte hat auch immer gezeigt, dass sich Systeme, die sich abschotteten, damit langfristig ihr eigenes Grab schaufelten. Das chinesische Kaiserreich schottete sich jahrhundertelang ab und brach krachend zusammen, als die Europäer die Schilder "Betreten verboten" ignorierten. Die DDR schottete sich ab und brauchte für den Zusammenbruch nur wenige Jahrzehnte.

Richtig, wir muessen lernbereit und offen bleiben. Das ist der Vorteil des Liberalismus, das erklaert die Ueberlegenheit der USA heute. Das kann sich rasch aendern, wenn auch die Chinesen und Inder Lernbereitschaft zeigen. Das ist noch nicht geklaert, kann aber kommen.

Der Zynismus der Rechten züchtet nur kleingeistige Fieslinge und Brutalos und endet in der Antithese der von ihnen so gern beschworenen "Zucht und Ordnung".

Links und rechts sind heute ueberholte Kategorien. "Closed minded" gegen "open minded" scheint mir brauchbarer. Es gibt ungeheuer viel zu lernen ! Lern- und Spieltrieb gehoeren zusammen. Es ist sehr passend, dass die moderne Computerei von "verspielten Kindern" ("sneaker boys") in Kalifornien erfunden wurde. Schau Dir mal - falls Du es noch nicht kennst - den Link http://edge.org an, und speziell auch http://www.engineeri.../7124/7262.aspx !

Bearbeitet von fremowolf, 14 Dezember 2008 - 01:53.


#36 simifilm

simifilm

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 00:41

Soweit es nur um eine SF-Komoedie geht, gibt es einige Beispiele, die extrem sind und die den Punkt nicht treffen, nach dem ich suche. Eines ist "Barbarella" (http://www.imdb.com/title/tt0062711/), ein anderes ist "Spaceballs". Es ist klar, warum die mit meinem Thema nicht zu tun haben. Es ging mir um eine Gesellschaftskomoedie, und die ist nicht so abwegig, wie Du meinst : Jane Austen oder Bernhard Shaw in das Jahr 2100 transponiert - so etwas waere das Gesuchte. Aber dazu muss man eben eine heutige Jane Austen oder einen Bernhard Shaw als Drehbuchschreiber finden, das ist das Problem. Die Provokation wuerde genau darin bestehen, die Welt im Jahre 2100 als weitaus menschlicher und lebensvoller und vernuenftiger erscheinen zu lassen, als die heutige. Aber eben nicht auf die puritanische Weise wie es Callenbach tut, sondern so frech und bunt wie "Barbarella" oder Swift ! Das Publikum muesste sich ge- und betroffen fuehlen und denken (wenn auch vielleicht nicht sagen) : "So sollte eine gute Zukunft intelligenter Wesen aussehen !" Ist das wirklich ein so schwer nachvollziehbarer Gedanke ?

Vielleicht verstehe ich ja etwas Anderes unter "Gesellschaftskomödie", aber die beschreibt ja immer die aktuelle Gesellschaft. Insofern ist das ja etwas ganz Anderes als SF. Und ich seh in einer besseren Welt nur sehr begrenzt eine Provokation. Aber schau Dir mal den tschechischen Film Der Mann aus dem 1. Jahrhundert an an; das könnte in die Richtung gehen, die Du Dir vorstellst. Ein einfacher Handwerker aus dem 20. Jahrhundert landet in einer Zukunft, in der das sozialistische Paradies erfüllt ist, und kommt, da er eben noch alle Makel seiner Zeit hat, mit dieser wunderbaren Welt nicht zurecht. Der Film ist ganz nett, ist aber insgesamt doch eher harmlos. Und alles, was Du da so beschreibst, scheint mir im besten Fall auch in diese Kategorie zu gehören: Ganz nett, aber doch ein bisschen sehr zahm und zu gut gemeint.

Nenn mich phantasielos, aber die Tatsache, dass es kaum Beispiele gibt, die Deiner Vorstellung entsprechen, lässt mich vermuten, dass dieses Konzept einfach nicht sehr weit trägt.

Das stimmt schon, aber wieso muss "reflexartig" das L.A. im Blade-Runner ein krimineller Ort in duesterem Regenwetter sein ? Warum nicht die gleiche Story - "Replikant entdeckt die Liebe" - in einem hellen, lebensvollen, offenen L.A. ? Wobei mir doch noch eine - zumindest angedeutete - Version einer guten Zukunft einfaellt : "Appleseed" ! Aber auch da ueberwaeltigt gleichsam das Drama die Darstellung der Gesellschaft - ganz in Deinem Sinne. Am Ende siegt zwar - wie immer - mit knapper Not "das Gute", aber wie bei den Liebesfilmen ist damit die Story auch beendet.

Ja eben. Ohne Konflikt keine Handlung.

Ich erinnere wieder an Bogdanow und sein Argument, dass man die kommunistische Gesellschaft, fuer die der damals 1907 mit Lenin gekaempft hat, anschaulich machen muesse.

Habe das Buch nicht gelesen. Um zu beurteilen, ob Dein Argument taugt, müsste ich zuerst schauen, ob das Buch auch lesenswert ist. Wie schon gesagt: Ich kenne keine Utopie, die ich als Literatur als wirklich lesenswert erachte. In meiner Erfahrung bekommt es der Literatur nur sehr selten, wenn sie primär dazu dient, eine politische Idee zu illustrieren.

Bearbeitet von simifilm, 14 Dezember 2008 - 00:43.

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#37 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 01:52

Ein kleiner Einwurf für Utopieninterressierte Sammler. "Katalog einer merkwürdigen Sammlung von Werken utopischen Inhalts, ... Reprint aus 1980" ein interessantes Bändchen - vorgestellt im Sekundärbereich. Gruß Thomas

Vielen Dank sowohl fuer diesen Hinweis wie fuer die dann folgende Liste der Utopie-Literatur. Einige Titel scheinen fuer meine Frage interessant zu sein. Ansonsten bin ich noch im Orientierungslauf. Es ist hier ja wirklich ueber enorm viele Themen schon "geblogged" worden. Muss ich mich mal etwas durchgraben. Ich halte Utopie fuer ein Genre innerhalb der SF, und die SF fuer ein Genre innerhalb der Literatur. Da geht nichts in einem andern auf, alles hat seine eigene Berechtigung und Vielfalt. "Lord of the Rings" ist keine Utopie, aber Dantes "Commedia" ist keine SF. Und wozu auch ? Wird Goethes "Faust" zur Mystery-SF, nur weil dort ein Erdgeist und ein Homunculus und der Teufel und auch sonst allerlei Fabelwesen vorkommen ? Man kann sehr genaue Unterscheidungen haben ohne deswegen alles schoen einordnen zu muessen.

#38 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 03:05

Hier noch ein paar unsystematische Links zur aktuellen Szene der "in vitro fertilization" (IVF) und aehnlichen Verfahren : Die Botschaft ist : Wir werden bald alles koennen, die Frage wird sein, was wir wollen und was wir vor uns rechtfertigen koennen - und wie. Hier wird SF zur Philosophie, und hier neigt SF dazu, auszuweichen, weil die Autoren nur Moeglichkeiten zeigen wollen, nicht philosophische Fragen beantworten. Indem man die Moeglichkeiten verfremdet und sie auf einen fernen Planeten in fremde Kulturen versetzt, kann man sich der direkten Konfrontation mit den Problemen zumindest voruebergehend entziehen. Aber auf die laengere Sicht muessen wir selbst diese Fragen beantworten, weil wir selbst ueber diese Techniken verfuegen. http://www.thenewatl...and-natural-law http://books.google....umbnail#PPA2,M1 http://www.nytimes.c.../...70&emc=eta1 http://www.amazon.co...f=sip_rech_dp_5 http://www.amazon.co...e...6852&sr=8-1 http://www.amazon.co.../ref=pd_sim_b_2 http://www.amazon.co...6645071-6803915 http://www.wfs.org/2008main.htm The following two Forbes-links contain many other links relevant to the future : http://www.forbes.co...iteglove_google from which I take : "Raised on a steady diet of science fiction, overzealous politicians and corporate hype, Americans expected to be living in The Jetsons -- but instead find themselves stuck in a scarier version of The Waltons." http://www.forbes.co..._1015hardy.html http://www.californiaivf.com/ http://en.wikipedia....o_fertilization http://blogs.babieso...-next-30-years/

Bearbeitet von fremowolf, 14 Dezember 2008 - 10:55.


#39 simifilm

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 07:13

Ich halte Utopie fuer ein Genre innerhalb der SF, und die SF fuer ein Genre innerhalb der Literatur. Da geht nichts in einem andern auf, alles hat seine eigene Berechtigung und Vielfalt. "Lord of the Rings" ist keine Utopie, aber Dantes "Commedia" ist keine SF.

Lord of the Rings ist auch nicht SF, und die Divina Comedia ist keine Utopie ...

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#40 simifilm

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 08:44

Hier noch ein paar unsystematische Links zur aktuellen Szene der "in vitro fertilization" (IVF) und aehnlichen Verfahren : Die Botschaft ist : Wir werden bald alles koennen, die Frage wird sein, was wir wollen und was wir vor uns rechtfertigen koennen - und wie. Hier wird SF zur Philosophie, und hier neigt SF dazu, auszuweichen, weil die Autoren nur Moeglichkeiten zeigen wollen, nicht philosophische Fragen beantworten. Indem man die Moeglichkeiten verfremdet und sie auf einen fernen Planeten in fremde Kulturen versetzt, kann man sich der direkten Konfrontation mit den Problemen zumindest voruebergehend entziehen.

Irgendwie scheinen wir vom ursprünglichen Thema wegzukommen ... Aber Deine Einschätzung, die SF setze sich mit diesen Themen nicht auseinander, halte ich für ziemlich falsch, und es gibt genug Leute, die der Ansicht, dass die verfremdende Wirkung gerade die Qualität der SF ausmacht.

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#41 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 09:37

Irgendwie scheinen wir vom ursprünglichen Thema wegzukommen ... Aber Deine Einschätzung, die SF setze sich mit diesen Themen nicht auseinander, halte ich für ziemlich falsch, und es gibt genug Leute, die der Ansicht, dass die verfremdende Wirkung gerade die Qualität der SF ausmacht.

Beide Einwaende zugestanden. Ich will mich hier jetzt nicht in die technischen Debatten werfen. Ich habe nur andeuten wollen, dass das Technische - IVF usw. - sich ab einem bestimmten Punkt von der Frage "welche Zukunft wollen wir?" nicht mehr abkoppeln laesst. Ob wir mit "antigrav-Taxis" herumsausen wie im Film "Das 5te Element" ist nicht wichtig. Aber ob wir eine neue ueberlegene Menschenart genetisch erzeugen, gegen die "normale" Menschen dann zu minderen Heloten werden, das kann schon wichtig sein. Mir ist bewusst, dass es (ich glaube von Ursula Le Guin, "The Dispossessed" ?) solche Modelle unvereinbarer Kulturen in "verfremdeter" Form gibt. Aber die Verfremdung schafft - bewusst - eine Distanz, die eine "distanzierte" Debatte moeglich macht. Wenn uns das aber direkt als eine Moeglichkeit eigener Zukunft betrifft, wird die Debatte schon sehr anders werden. Dann wird die Frage "welche Zukunft wollen WIR ?" eine ganz andere Schaerfe bekommen und nicht mehr blohss unterhaltsam sein. Das meinte ich mit Ausweichen der SF in Unbelangbarkeit. Um es einmal so zu sagen : Fuer die heutigen Islamisten ist der Westen ja nicht nur "eine andere Kultur", die man mehr oder weniger interessant finden kann, sondern er ist "der Gegner", der die eigene Kultur samt ihrer sozialen und moralischen Traditionen zerstoert. Da hoert dann der Spahss auf, da wird es dann zum Kampf um das Ueberleben und es kommt zu 9-11. Dieser Unterschied von Spiel und Ernst kann in meiner Frage also nicht ignoriert werden. Es war hier auf dem Forum schon die Rede davon, dass die SF im Mainstream aufgehen werde. Die Behauptung wird weitgehend (auch von mir) abgelehnt. Das haelt sich aber im Rahmen rein literarischer Konkurrenz. Ein anderer Aspekt ist die Konkurrenz von SF und Futurologie. Nicht nur die SF-Szene, auch die Szene der Futurologen hat ja ihre Jahreskongresse, ua. "wfs" ist sehr praesent (vgl. http://www.wfs.org). Die SF-Szene kann die der Futurologie nicht einfach ignorieren. Fuer die Frage "Welche Zukunft wollen wir?" sind beide Szenen wichtig ! Nur ist die Futurologie staerker auf das hier und jetzt und demnaechst Machbare bezogen, weniger "maerchen-haft", weniger "mytho-poetisch".

Bearbeitet von fremowolf, 14 Dezember 2008 - 10:03.


#42 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 09:48

Lord of the Rings ist auch nicht SF, und die Divina Comedia ist keine Utopie ...

Diesmal halte ich beide Behauptungen fuer diskutierbar, ist mir aber jetzt auch keinen Streit wert. Es fuehrt nur auf die Frage, wie man SF und Utopie definiert. Fuer den gleaubigen Christen (der ich nicht bin) ist das Reich Gottes keine Utopie, sondern ein (reales) Ziel bzw. ein "Parallel-Universum", das uns immer schon unsichthbar umgibt. In der Lesart koennte ich Dir zustimmen, dass Divina Comedia (und "Pilgrims Progress" und "Don Quijote" und "Faust" ua.) keine "Utopie" sind, sondern selbst wieder ein spezielles Genre, die Quest oder "der Weg". LotR ist wohl eher "Mystery", falls man das gegen "hard SF" stellt. Lohnt jetzt keine tiefergehende Debatte.

#43 Ogion

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 12:39

Naja, also ich denke für Lotr gibt es den Begriff Fantasy. Im Grunde sogar ist ja Lotr der erste Vertreter moderner Fantasy und ein Maßstab für diese.Mystery verstehe ich eher so als ein Subgenre zu Fantasy und Scifi wo es vornehmlich um eine normale Welt wie unsere jedoch mit seltsamen Kräften, psychischen/übernatürlichen Fähigkeiten, etc. Eine Art Fantasy in unserer Welt. Aber naja, man sieht daran schon, dass diese Genreunterteilungen eben keine einfache Sache sind und häufig gehen die Genres fließend ineinander über...Aber eigentlich geht es hier ja auch nicht wirklich um Genregrenzen, denn 'Utopie' als Merkmal eines Romans hat mit seinem Genre wenig zu tun, oder? Ich kann eine Utopie im Bereich Scifi schreiben, aber auch in der Fantasy, oder (Pseudo-)Historisch. Letztlich braucht der Autor ja bloß einen Rahmen innerhalb dessen er seine Utopieideen darstellen kann, sei das in der Zukunft, in einer gänzlich ausgedachten Welt, sei es in einer gewissen Epoche unserer eigenen Vergangeheit (man könnte z.B. einen Roman über vorkolumbianische Karibikindianerstämme schreiben; man muss es ja nicht ganz so genau nehmen mit geschichtlichen Fakten, ist ja Roman und kein Geschichtsbuch). Ogion
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#44 simifilm

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 13:34

Diesmal halte ich beide Behauptungen fuer diskutierbar, ist mir aber jetzt auch keinen Streit wert. Es fuehrt nur auf die Frage, wie man SF und Utopie definiert. Fuer den gleaubigen Christen (der ich nicht bin) ist das Reich Gottes keine Utopie, sondern ein (reales) Ziel bzw. ein "Parallel-Universum", das uns immer schon unsichthbar umgibt. In der Lesart koennte ich Dir zustimmen, dass Divina Comedia (und "Pilgrims Progress" und "Don Quijote" und "Faust" ua.) keine "Utopie" sind, sondern selbst wieder ein spezielles Genre, die Quest oder "der Weg". LotR ist wohl eher "Mystery", falls man das gegen "hard SF" stellt. Lohnt jetzt keine tiefergehende Debatte.

Man kann über vieles diskutieren, aber dass Lord of the Rings der paradetypische Vertreter für Fantasy ist und damit im krassen Gesetz zu dem steht, was normalerweise als SF bezeichnet, ist meiner Meinung nach nur schwer diskutierbar. Wenn Du LOTR nicht als prototypische Fantasy verstehst, hast Du einen Fantasy-Begriff, der definitiv nicht mehrheitsfähig ist.

Und auch wenn 'Utopie' ein Begriff ist, der je nach Kontext ziemlich Unterschiedliches bedeuten kann, würde ich auch hier sagen, dass die Divina Comedia zwar utopische Elemente enthält, aber kaum dem entspricht, was man landläufig unter Utopie versteht.

Aber eigentlich geht es hier ja auch nicht wirklich um Genregrenzen, denn 'Utopie' als Merkmal eines Romans hat mit seinem Genre wenig zu tun, oder? Ich kann eine Utopie im Bereich Scifi schreiben, aber auch in der Fantasy, oder (Pseudo-)Historisch. Letztlich braucht der Autor ja bloß einen Rahmen innerhalb dessen er seine Utopieideen darstellen kann, sei das in der Zukunft, in einer gänzlich ausgedachten Welt, sei es in einer gewissen Epoche unserer eigenen Vergangeheit (man könnte z.B. einen Roman über vorkolumbianische Karibikindianerstämme schreiben; man muss es ja nicht ganz so genau nehmen mit geschichtlichen Fakten, ist ja Roman und kein Geschichtsbuch).

Die Bedeutung von 'Utopie' kann je nach Kontext stark variieren. Wenn von einer literarischen Gattung die Rede ist, ist damit aber meist etwas im Sinne des Staatsromans in der Tradition von Morus' Utopia gemeint. Und es stimmt: Diese Gattung muss keineswegs zwingend SF sein. Utopia selbst hat kein Novum im Sinne der modernen SF, und Morris' News from Nowhere zeichnet sich eben gerade durch eine de-industrialisierte Welt aus. Ursprünglich sind Utopien ja auch nicht in der Zukunft sondern auf einer fernen Insel angesiedelt. Spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts verlagern sich die meisten Utopien allerdings in Zukunft, weisen auch Nova auf und werden so zur SF. Aber eben: Das ist keineswegs zwingend. Darko Suvin hat dafür mal diese schöne Formulierung gefunden: «This means that utopian fiction is [. . . ] both an independent aunt and a dependent daughter of sf».

Beide Einwaende zugestanden. Ich will mich hier jetzt nicht in die technischen Debatten werfen. Ich habe nur andeuten wollen, dass das Technische - IVF usw. - sich ab einem bestimmten Punkt von der Frage "welche Zukunft wollen wir?" nicht mehr abkoppeln laesst. Ob wir mit "antigrav-Taxis" herumsausen wie im Film "Das 5te Element" ist nicht wichtig. Aber ob wir eine neue ueberlegene Menschenart genetisch erzeugen, gegen die "normale" Menschen dann zu minderen Heloten werden, das kann schon wichtig sein. Mir ist bewusst, dass es (ich glaube von Ursula Le Guin, "The Dispossessed" ?) solche Modelle unvereinbarer Kulturen in "verfremdeter" Form gibt. Aber die Verfremdung schafft - bewusst - eine Distanz, die eine "distanzierte" Debatte moeglich macht. Wenn uns das aber direkt als eine Moeglichkeit eigener Zukunft betrifft, wird die Debatte schon sehr anders werden. Dann wird die Frage "welche Zukunft wollen WIR ?" eine ganz andere Schaerfe bekommen und nicht mehr blohss unterhaltsam sein. Das meinte ich mit Ausweichen der SF in Unbelangbarkeit.

Um es einmal so zu sagen : Fuer die heutigen Islamisten ist der Westen ja nicht nur "eine andere Kultur", die man mehr oder weniger interessant finden kann, sondern er ist "der Gegner", der die eigene Kultur samt ihrer sozialen und moralischen Traditionen zerstoert. Da hoert dann der Spahss auf, da wird es dann zum Kampf um das Ueberleben und es kommt zu 9-11. Dieser Unterschied von Spiel und Ernst kann in meiner Frage also nicht ignoriert werden.

So ganz versteh ich Dich nicht. Ja, SF ist immer bis zu einem gewissen Masse spielerisch. Das ist auch ok, denn sie ist Literatur. Ihr das vorzuwerfen, scheint mir ungefähr so stichhaltig, wie wenn Du Fiktion generell vorwirfst, dass sie "nicht wahr" ist.

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#45 WeepingElf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 14:02

Zum Thema Raumfahrt:

Ich bin nicht gegen Raumfahrt, aber abgesehen von Satelliten, die bessere Daten über den Zustand der Umwelt liefern, trägt sie nichts zu der Lösung unserer Probleme bei. In unserem Sonnensystem gibt es keinen bewohnbaren Planeten außer der Erde, da müsste man also erst mal terraformen - und wer das hinkriegt, der sollte auch in der Lage sein, die ökologischen Probleme hier auf der Erde in Griff zu bekommen, denn beides erfordert ganzheitliches ökologisches Denken. Und Planeten in anderen Sonnensystemen sind bis auf weiteres nicht zugänglich, wenn es denn dort überhaupt bewohnbare Welten gibt.

Und überhaupt: die Idee "Wenn wir die Erde zugrundegerichtet haben, suchen wir uns einen neuen Planeten und machen dort weiter" ist ja wohl so ziemlich der größte Schwachsinn, der einem zur Umweltproblematik einfallen kann. Darauf hätte auch Adolf Hitler kommen können. Eine Gesellschaft, die so mit Planeten umgeht, ist nicht würdig, "Zivilisation" genannt zu werden, das ist nichts anderes als eine interplanetare Heuschreckenplage. Wollen wir so werden wie die Aliens in Independence Day? Doch bitte nicht!

Bearbeitet von WeepingElf, 14 Dezember 2008 - 14:04.

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#46 Diboo

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 14:47

Und überhaupt: die Idee "Wenn wir die Erde zugrundegerichtet haben, suchen wir uns einen neuen Planeten und machen dort weiter" ist ja wohl so ziemlich der größte Schwachsinn, der einem zur Umweltproblematik einfallen kann. Darauf hätte auch Adolf Hitler kommen können. Eine Gesellschaft, die so mit Planeten umgeht, ist nicht würdig, "Zivilisation" genannt zu werden, das ist nichts anderes als eine interplanetare Heuschreckenplage. Wollen wir so werden wie die Aliens in Independence Day? Doch bitte nicht!

Warum nicht? So lange es genug geeignete Planeten gibt und wir über die Technologie verfügen, diese zu erreichen und nutzbar zu machen, erkenne ich außer esoterischem Mutter-Gaia-Gespinne keinerlei Gegenargumente, die valide wären. Das Unmoralische an den Aliens in ID4 ist die Tatsache, dass sie auf andere intelligente Lebensformen keinerlei Rücksicht nehmen. Sobald man das aber tut, wäre der Heuschreckenvergleich an den Haaren herbei gezogen.

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#47 simifilm

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 15:17

Warum nicht? So lange es genug geeignete Planeten gibt und wir über die Technologie verfügen, diese zu erreichen und nutzbar zu machen, erkenne ich außer esoterischem Mutter-Gaia-Gespinne keinerlei Gegenargumente, die valide wären.

Da ich nicht damit rechne, dass sich das je lohnen wird, da der Aufwand für eine derartige Umsiedlung wohl immer höher sein wird als die Instandhaltung des bisherigen Planete, erübrigt sich diese Diskussion wohl ohnehin ...

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#48 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 15:23

Man kann über vieles diskutieren, aber dass Lord of the Rings der paradetypische Vertreter für Fantasy ist und damit im krassen Gesetz zu dem steht, was normalerweise als SF bezeichnet, ist meiner Meinung nach nur schwer diskutierbar. Wenn Du LOTR nicht als prototypische Fantasy verstehst, hast Du einen Fantasy-Begriff, der definitiv nicht mehrheitsfähig ist.


Das gestehe ich mal pauschal zu, weil ich in diesen Genre-Debatten nicht versiert bin, und weil es mir hier nicht so wichtig ist. Im Prinzip waere es fuer meine Fragestellung sogar egal, ob ein lohnendes Modell der Zukunft als Fantasy verkleidet daher kommt, aber LOTR hatte ja nie die Absicht, eine Zukunft zu entwerfen, das war ueberhaupt kein Thema dort. Es geht dort nur um die Ringe und die Abenteuer.

Und auch wenn 'Utopie' ein Begriff ist, der je nach Kontext ziemlich Unterschiedliches bedeuten kann, würde ich auch hier sagen, dass die Divina Comedia zwar utopische Elemente enthält, aber kaum dem entspricht, was man landläufig unter Utopie versteht.

Habe ich bereits akzeptiert, als ich die Commedia in ein eigenes Genre als "Quest" verschob. Dein Hinweis darauf, dass Utopien ueberhaupt keine Nova enthalten muessen, war gut. Mir sind diese genrespezifischen Debatten nicht vertraut, aber ich lerne.

Ansonsten bin ich, wie gesagt, mit meiner Frage "Welche Zukunft wollen wir ?" hier auf dem Forum, weil ich davon ausgehe, dass es im Grunde egal ist, wie sich eine gute Antwort verkleidet. Ich haette auch zu den Philosophen oder zu den Futurologen gehen koennen. Aber ich dachte einfach, dass auch die "SF-people" mit Zukunft vertraut sind, "also frage ich die mal, das gibt vielleicht ein paar frische Gedanken".

#49 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 15:25

Aber eigentlich geht es hier ja auch nicht wirklich um Genregrenzen, denn 'Utopie' als Merkmal eines Romans hat mit seinem Genre wenig zu tun, oder? Ich kann eine Utopie im Bereich Scifi schreiben, aber auch in der Fantasy, oder (Pseudo-)Historisch. Letztlich braucht der Autor ja bloß einen Rahmen innerhalb dessen er seine Utopieideen darstellen kann, sei das in der Zukunft, in einer gänzlich ausgedachten Welt, sei es in einer gewissen Epoche unserer eigenen Vergangeheit (man könnte z.B. einen Roman über vorkolumbianische Karibikindianerstämme schreiben; man muss es ja nicht ganz so genau nehmen mit geschichtlichen Fakten, ist ja Roman und kein Geschichtsbuch). Ogion

Ja, genau so habe ich das gesehen und auch fast genau so eben an simifilm geantwortet. Und noch etwas : Simifilm hat vor gut einem Jahr auf einem aehnlichen Thread geschrieben "Ich glaube, dass es durchaus die Aufgabe von Literatur sein kann, bestimmte Sachverhalte zu problematisieren, aber den wenigsten literarischen Texten tut es gut, wenn sie programmatisch werden." Dem kann ich mich anschliessen, aber das war nicht mein Punkt. Mein Punkt war : Wieso sollte nur die Darstellung des Boesen, Menschen- und Lebensfeindlichen und Morbiden - Tod, Mord, Regen, Ruinen, Nacht, Ratten, usw. - einer kuenstlerischen Darstellung wuerdig sein ? In der Kunst- und Literaturgeschichte gibt es ja die "schwarze Romantik" (Mario Praz) im ganzen 19ten Jh, besonders aber im "Fin de Siècle" ab 1890. Nur gab es von Anfang an auch immer eine "weisse Romantik", also den Traum einer besseren Welt. Ich wehre mich nur gegen das Monopol der "doom & gloom people". Ich finde dieses ewige Genoergele, das unsere Welt und unsere Zukunft nur als im Verfall und kurz vor dem Exitus befindlich darstellt, allmaehlich so langweilig und phantasielos. Das war mein Punkt. Vielleicht liegt es einfach an der Epoche, dass heute keiner mehr eine positive Idee von der Zukunft haben kann, ohne gleich ausgelacht zu werden. Dabei sollte man sich doch einmal erinnern, dass keine der "boesen" Vorhersagen der vergangenen 60 Jahre eingetreten ist : Weltweit gesehen sind diese 60 Jahre (trotz Korea, Vietnam und Irak) eine der laengsten Friedensepochen, die die Welt je gekannt hat. Es gab keinen Umweltkollaps, von dem wird bisher nur geredet. Es gab keinen Atom- und Ueberwachungsstaat, und wer behauptet, irgendwo auf der Welt sei eine Kultur auch nur in die Naehe von Orwell's "1984" oder von Huxley's "Brave New World" gekommen, der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wie Andreas Eschbach zutreffend schreibt : Die SF-Leute sollten sich mal weniger fuer SF und mehr fuer die Realitaet interessieren. Sie sollten mal wieder beobachten und nachdenken, statt Klischees auszuwalzen. Die Medien leben davon, dass nur boese Nachrichten gute Nachrichten sind. Ein paar Tote sind immer eine Fernsehnachricht wert, aber die Fortschritte der Medizin sind offenbar langweilig. Diese Art, die Wirklichkeit wahrzunehmen fuehrt zu einer "Verbloedung durch die Medien". Allerdings kann man den Mechanismus auch erklaeren : Wir sind ja Affen, die wie alle Lebewesen am Ueberleben interessiert sein muessen. Daher muss uns jede Gefahr interessieren, aber alles, was gut ist, koennen wir gut sein lassen, denn es bedroht uns ja nicht. Nur : Man kann auch aus dem Guten etwas lernen ! Es gab daher eine Zeit, als man andersherum fragte : Warum sind Spitzenteams und Spitzenfirmen und Spitzenverwaltungen eigentlich Spitze ? Das war das "Benchmarking" Programm : "Lernt von den Besten in jedem Fach, wie man es am besten macht !" Das ergibt einen voellig anderen Blick auf die Wirklichkeit. Schaut nicht immer auf die Armen und Gepruegelten, schaut auf die, die etwas gegen Armut und Pruegelei erreicht haben. Man sollte sich mal die Filme "Freedom Writers" und "Die Kinder des Msr. Matthieu" anschauen, um zu sehen, was gemeint ist.

Bearbeitet von fremowolf, 14 Dezember 2008 - 16:41.


#50 simifilm

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 15:27

Das gestehe ich mal pauschal zu, weil ich in diesen Genre-Debatten nicht versiert bin, und weil es mir hier nicht so wichtig ist. Im Prinzip waere es fuer meine Fragestellung sogar egal, ob ein lohnendes Modell der Zukunft als Fantasy verkleidet daher kommt, aber LOTR hatte ja nie die Absicht, eine Zukunft zu entwerfen, das war ueberhaupt kein Thema dort. Es geht dort nur um die Ringe und die Abenteuer. Habe ich bereits akzeptiert, als ich die Commedia in ein eigenes Genre als "Quest" verschob. Dein Hinweis darauf, dass Utopien ueberhaupt keine Nova enthalten muessen, war gut. Mir sind diese genrespezifischen Debatten nicht vertraut, aber ich lerne.

Falls Du Dich in Sachen Genrediskussion (und SF-Theorie generell) auf den aktuellen Stand bringen willst, möchte ich ganz unbescheiden auf das Buch eines Schweizer Filmwissenschaftlers hinweisen ...

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#51 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 15:33

Zum Thema Raumfahrt:

Ich bin nicht gegen Raumfahrt, aber abgesehen von Satelliten, die bessere Daten über den Zustand der Umwelt liefern, trägt sie nichts zu der Lösung unserer Probleme bei. In unserem Sonnensystem gibt es keinen bewohnbaren Planeten außer der Erde, da müsste man also erst mal terraformen - und wer das hinkriegt, der sollte auch in der Lage sein, die ökologischen Probleme hier auf der Erde in Griff zu bekommen, denn beides erfordert ganzheitliches ökologisches Denken. Und Planeten in anderen Sonnensystemen sind bis auf weiteres nicht zugänglich, wenn es denn dort überhaupt bewohnbare Welten gibt.

Und überhaupt: die Idee "Wenn wir die Erde zugrundegerichtet haben, suchen wir uns einen neuen Planeten und machen dort weiter" ist ja wohl so ziemlich der größte Schwachsinn, der einem zur Umweltproblematik einfallen kann. Darauf hätte auch Adolf Hitler kommen können. Eine Gesellschaft, die so mit Planeten umgeht, ist nicht würdig, "Zivilisation" genannt zu werden, das ist nichts anderes als eine interplanetare Heuschreckenplage. Wollen wir so werden wie die Aliens in Independence Day? Doch bitte nicht!


Das bezieht sich wohl auf einen Hinweis von Beverly ? Die teilt eine solche Sicht selbst nicht, sondern zitiert nur, und von mir wurde die These nie vertreten. Aber natuerlich kann es passieren - und das ist ein erlaubter Gedanke - dass die Menschen es doch irgendwie hinkriegen, diese Erde unbewohnbar zu machen, und dass die Ueberlebenden dann versuchen, im "Generationen-Schiff" auf einen anderen Planeten zu fliehen, wo sie neu anfangen koennen. Diese Modell ist meines Wissens schon mehrfach durchgespielt worden, wie auch das andere, dass eine nicht von uns Menschen verursachte Katastrophe (Meteorit usw.) eine solche Flucht erzwingt. Das waeren dann also legitime Gruende fuer das Auswandern. Kam alles schon vor in der SF.

Bearbeitet von fremowolf, 14 Dezember 2008 - 15:35.


#52 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 15:47

Warum nicht? So lange es genug geeignete Planeten gibt und wir über die Technologie verfügen, diese zu erreichen und nutzbar zu machen, erkenne ich außer esoterischem Mutter-Gaia-Gespinne keinerlei Gegenargumente, die valide wären. Das Unmoralische an den Aliens in ID4 ist die Tatsache, dass sie auf andere intelligente Lebensformen keinerlei Rücksicht nehmen. Sobald man das aber tut, wäre der Heuschreckenvergleich an den Haaren herbei gezogen.

Das Lustige ist ja, dass vom Standpunkt der "native Americans" (vulgo Indianer) die Europaeer sich genauso verhalten haben wie diese "Heuschrecken", die im ID4 das Weisse Haus blastern. Die "Siedler" kamen aus einem Europa, das ihnen aus religioesen und anderen Gruenden verleidet wurde, und nahmen sich das Recht, die "Wilden" in der Neuen Welt platt zu machen, ohne viel zu fragen. Und noch etwas sollte man doch bedenken : Die Aliens in ID4 sind zwar als haessliche Tentakelmonster gezeichnet, aber eine so hoch entwickelte Kultur, die technisch der irdischen von 1976 weit ueberlegen ist, kann ohne eine breite kulturelle Basis garnicht entstehen. Was besagt, dass diese "Tentakelmonster" ihren Plato und Vergil und Dante und Shakespeare und Bach und Goethe usw. gehabt haben muessen. Oder anders : Die US-Truppen im Irak moegen auf manche Iraker auch wie "haessliche Tentakelmonster" wirken in ihren Kampfanzuegen, aber zumindest die Offiziere haben eine Menge Bildung und Kultiviertheit drauf, und viele Mannschaften auch. In ihrer Freizeit und nach dem Kriege lesen die gute Buecher und hoeren gute Musik usw.. Kein Mensch - und vermutlich auch kein Alien - ist "nur" Soldat !

#53 Debil

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 16:00

Warum nicht? So lange es genug geeignete Planeten gibt und wir über die Technologie verfügen, diese zu erreichen und nutzbar zu machen, erkenne ich außer esoterischem Mutter-Gaia-Gespinne keinerlei Gegenargumente, die valide wären. Das Unmoralische an den Aliens in ID4 ist die Tatsache, dass sie auf andere intelligente Lebensformen keinerlei Rücksicht nehmen. Sobald man das aber tut, wäre der Heuschreckenvergleich an den Haaren herbei gezogen.

Ok, dann versuche ich es auch mal: Aber was sollte uns Menschen denn davon abhalten, ein solches Verhalten an den Tag zu legen? Wenn man mal ehrlich ist, bevorzugen wir doch zumeist den einfachen Weg. Und die nativen Einwohner eines Landes oder eines Planeten zu systematisch auszurotten scheint sicherlich einfacher, als sich mit ihnen zu arrangieren. Ich halte das für einen ziemlich billigen versuch, sich aus der Tatsache herauszureden, dass wir nicht in der Lage sind, halbwegs ordentlich mit unserem Planeten umzugehen. Und eine wünschenswerte Zukunft stellt es für mich auch nicht dar, leide rhalte ich es trotzdem für möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich.
SPASS BEISEITE RECORDS
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No rest from the labor at the whip's end, when portraits of toil invade.
No rest from the stinging of the needles, when we covet their highs.

We can't run from the swarm when we live in the hive,
and the game is soon lost when we pray to the skies.
We can't run from the storm under black clouded skies.
We can't run from the swarm when live in the hive.

Are we deaf to the silence, or the roar of the machines,
or the hammering of the gavels, or the thunder of the crowds,
or the voices in our heads, or are we deaf from the silence?

From Ashes Rise - Silence


#54 Diboo

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 17:22

Ok, dann versuche ich es auch mal: Aber was sollte uns Menschen denn davon abhalten, ein solches Verhalten an den Tag zu legen? Wenn man mal ehrlich ist, bevorzugen wir doch zumeist den einfachen Weg. Und die nativen Einwohner eines Landes oder eines Planeten zu systematisch auszurotten scheint sicherlich einfacher, als sich mit ihnen zu arrangieren. Ich halte das für einen ziemlich billigen versuch, sich aus der Tatsache herauszureden, dass wir nicht in der Lage sind, halbwegs ordentlich mit unserem Planeten umzugehen. Und eine wünschenswerte Zukunft stellt es für mich auch nicht dar, leide rhalte ich es trotzdem für möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich.

Das ist leider kein Argument. Ich habe ein Verhalten unter eine Prämisse gestellt. Du hinterfragst die Prämisse, aber dann kann man die Diskussion gleich sein lassen. Also nochmal: Was ist schlecht daran, die Galaxis und ihre für uns verwertbaren Planeten auszuplündern so gut es geht, so lange wir dabei keine intelligenten Lebensformen in Gefahr bringen bzw. ihnen die Lebensgrundlage entziehen? Ob das nun eine Ausrede dafür ist, dass wir diesen unseren Planeten nicht optimal nutzen, sei dahingestellt: Wenn wir x Planeten zum freien Ausplündern hätten, bräuchten wir die Erde nur noch aus kulturhistorischen Gründen.

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(13. Erwerbsregel)

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#55 Ogion

Ogion

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 18:34

Auch wenn das hier eine Nebendiskussion ist, möchte ich zu dem Weltraumexpansionsthema was sagen:Ich studiere Geographie und interessiere mich für Klimawandel und co. Ich weiß also durchaus um die Probleme, die die Menschen mit ihrem Verhalten auf dem 'Raumschiff' Erde auslösen. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Menschheit mittelfristig, also sagen wir im nächsten Jahrtausend, 'zu den Sternen aufbrechen' sollten. Denn um das Überleben auf längere Zeit zuu sichern, braucht man mehr als bloß ein Standtbein, das sehr fragil ist (Man denke da nicht nur an Klimawandel und Saure ozeane, sndern auch an Meteoriteneinschläge, Pandemien und anderes). Es muss dabei übrigens nicht mal gleich ein und mehr weitere erdähnliche Planeten gefunden werden, es gibt durchaus stimmen, die sagen, dass Planeten gar nicht mal die besten Lebensplätze für Menschen wären. Sie sind Gravitationsfallen, es kostet also immer viel Energie von ihnen wegzukommen, Wetter, Tektonik und andere geophysikalische Prozesse sind häufig sehr schädlich (man denk einfach mal an Wirbelstürme und Erdbeben) und anderes. Man könnte, wenn man erstmal eine funktionierende Technologie und Industrie für Weltraumtechnologie hat, auch reihenweise Weltraumstationen bauen, die sich z.B. von kleinen Monden und Asteroiden ihre Rohstoffe holen, mit riesigen Sonnensegeln von der Sonne Energie bekommen, und Nahrung und alles weitere Nötige selber produzieren.Und noch eines: Selbst wenn wir es nicht hinbekommen werden, verantwortlich und nachhaltig mit diesem Planeten umzugehen, jedoch die Möglichkeit hätten weitere Planeten zu besiedeln, dann solten wir das natürlich tun, alles andere würde doch bloß zum Aussterben der Menschheit führen, wollen wir das? Also ich nicht, auch wenn die Menschheit fehler haben mag. Was ich damit natürlich nicht sagen mächte ist, dass die Menschheit in dem Zuge fremdes Leben auf potentiellen Kolonieplaneten auszurotten, aber ich meine, es wird ja wohl genug Planeten geben in der Milchstrasse...Ok, sorry wenn das hier zu weite vom Thema vorbei führen sollte...@Fremowolf: Ich verstehe was du meinst mit deiner Forderung nach 'positiven' Scifis. Also nach eine Darstellung von Zukunft, die nicht wieder 'nur' Konflikte und Negativität zeigen. Ich denke es wird auch einige geben in dieser Richtung. Ich sehe das auch ein bischen als Schizophrenie. Ich meine, in unserem Alltag wollen sicher die meisten Menschen kein Abenteuer, Entbehrungen, Konflikte und Leiden erleben. In unserer Unterhaltungswelt jedoch sind genau dies die roten Fäden von einem überwältigenden Anteil der Unterhaltungsmedien. Allerdings jedoch ist auch die heutige (ich rede jetzt über die "entwickelte" Welt) Welt ist nucht ohne Konflikt und Leiden, ist nicht utopisch. Mir liefern diese Gedanken häufig das Material das droht mir mein gutes Menschenbild zu nehmen. Nicht nur, dass sich Menschen Unsicherheit und Abenteuer zu wünschen scheinen (was ich im Grunde auch in mir spüre, zu eniem gewissen Grad), sondern auch sind sie oft sehr 'unmenschlich' anderen Menschen gegenüber. Wir haben zum Beispiel 2006 genug Nahrungsmittel produziert um damit etwa 12 Milliarden Menschen zu ernähren. Und haben wir den Hunger ausgerottet? Nein, er wächst in Zahl.Aber dann gibt es eben auch immer wieder positive Dinge zu berichten. Der Mensch scheint mir zwar nicht geeignet für utopische Verhältnisse (die ja fast immer darauf beruhen, dass die Menschen sich von sich aus zivilisiert verhalten) zu sein, aber er ist auch nicht hoffnungslos verloren in der Barbarei. Ich denke hieraus entwickelt sich die Tendenz dass Scifi (und die anderen phantastischen/fiktiven Geschichten) von Elementen aus beiden Welten geprägt ist, und generell das Leben des Menschen als ein Spannungsfeld zwischen Konflikt und kooperation, Zerströrung und Erschaffung ... darstellt.Hm, das waren jetzt relativ unzusammenhängende Gedanken, naja, vlt war ja was Interessantes dabei.Ogion
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#56 fremowolf

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Geschrieben 14 Dezember 2008 - 20:50

Ich weiß also durchaus um die Probleme, die die Menschen mit ihrem Verhalten auf dem 'Raumschiff' Erde auslösen. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Menschheit mittelfristig, also sagen wir im nächsten Jahrtausend, 'zu den Sternen aufbrechen' sollten. Denn um das Überleben auf längere Zeit zu sichern, braucht man mehr als bloß ein Standtbein, das sehr fragil ist (Man denke da nicht nur an Klimawandel und saure Ozeane, sndern auch an Meteoriteneinschläge, Pandemien und anderes).

Das waeren dann "Rettungsboote". Die wird es vermutlich bereits in weniger als 100 Jahren auf Mond und Mars geben. Und dass wir lernen, die Erde wieder oekologisch zu stablisieren, halte ich fuer moeglich. Immerhin gab es ja Zeiten, wo das Klima nach heutigen Vorstellungen viel schlechter war. Wir laufen doch mit der absurden Vorstellung herum, dass jedes Atoll ein absolutes Lebensrecht hat. Aber hier gab es in den 1930er Jahren den Hermann Soergel (http://de.wikipedia..../Hermann_Sörgel), der ernsthaft Buecher und Vortraege verbreitete zur Absenkung des Mittelmeerspiegels, um so Afrika mit Europa besser zu verbinden. Wenn der Meeresspiegel um 20-30 m steigt, und wenn die Polkappen verschwinden, ist das kein Weltuntergang, denn das wuerde lange genug dauern, um alle Menschen in Sicherheit zu bringen. Wir denken viel zu statisch. Die Eiszeiten gab es schliesslich auch einmal, da reichte das Eis bis tief nach Bayern hinein. Auch das dauerte aber Jahrtausende. Die aegyptischen Pyramiden sind erst vor knapp 5.000 Jahren gebaut worden. Ein Film wie "The Day after Tomorrow" ist also blanker Unsinn. Aber Meteoriten oder Seuchen sind natuerlich etwas anderes.

Und noch eines: Selbst wenn wir es nicht hinbekommen werden, verantwortlich und nachhaltig mit diesem Planeten umzugehen, jedoch die Möglichkeit hätten weitere Planeten zu besiedeln, dann sollten wir das natürlich tun, alles andere würde doch bloß zum Aussterben der Menschheit führen, wollen wir das? Also ich nicht, auch wenn die Menschheit fehler haben mag.

Am Ende des Filmes "A.I. - Artificial Intelligence" gelten die Menschen als ausgestorben. Sie sind durch "Advanced Mechas" ersetzt worden, fortgeschrittene Linien der von Menschen entwickelte Roboter, die sich selbst fortentwickelt haben. Im Verstaendnis von Stanley Kubrick (dem eigentlichen Schoepfer des Drehbuches) werden die Menschen dort nicht vermisst, die waren eben zu dumm und zu boese, sie haben das Ueberleben garnicht verdient. Die "Advanced Mechas" (KEINE Aliens!) sind viel netter und vernuenftiger - weiser eben.

Was ich damit natürlich nicht sagen mächte ist, dass die Menschheit in dem Zuge fremdes Leben auf potentiellen Kolonieplaneten auszurotten, aber ich meine, es wird ja wohl genug Planeten geben in der Milchstrasse...

Warum gleich die Milchstrahsse ? Die Idee, den Mars bewohnbar zu machen, der ja immerhin soviel Landflaeche hat wie die Erde ohne die Ozeane, wird schon im Film "Total Recall" vorgefuehrt. Fuer ein Rettungsboot wuerde das allemal reichen.

Fremowolf: Ich verstehe was du meinst mit deiner Forderung nach 'positiven' Scifis. Also nach eine Darstellung von Zukunft, die nicht wieder 'nur' Konflikte und Negativität zeigen. Ich denke es wird auch einige geben in dieser Richtung. Ich sehe das auch ein bischen als Schizophrenie. Ich meine, in unserem Alltag wollen sicher die meisten Menschen kein Abenteuer, Entbehrungen, Konflikte und Leiden erleben. In unserer Unterhaltungswelt jedoch sind genau dies die roten Fäden von einem überwältigenden Anteil der Unterhaltungsmedien. Allerdings jedoch ist auch die heutige (ich rede jetzt über die "entwickelte" Welt) Welt ist nucht ohne Konflikt und Leiden, ist nicht utopisch.

Erstens : Warum nur die entwickelte Welt ? Schau Dir doch Schwarzafrika an ! Und dass die Menschen "kompensieren" muessen, dass also oft gerade die lieben und korrekten Menschen gerne Horror und Splatter und Kriegsfilme sehen, beunruhigt mich kein bischen. Die richtig "boesen" Menschen brauchen sowas nicht, die haben das ja schon in sich. Was mich beunruhigt ist vielmehr eine Denkfaulheit, die ueber das, was unser Verhalten besser, menschlicher und intelligenter machen koennte, garnicht nachdenken will. Und nun kommt ein sehr wichtiger Gedanke : Jemand hat treffend bemerkt, dass die Idee einer heilen Welt der eigentliche Horror sein koennte, oder anders : Nicht, dass wir die Welt nicht gut machen koennten, erschreckt uns, sondern vielmehr gerade der Gedanke, DASS wir es koennten. Und da fragt man sich doch, was das ist. DAS ist die Schizophrenie, von der Du redest : Seit unserer Kindheit reden uns alle Erwachsenen ein, wie wichtig es ist, lieb und positiv zu sein, und stellen uns Gandhi und Jesus und Schweitzer und alle Friedensnobelpreistraeger und "Helfer der Menschheit" als Vorbilder hin - und jetzt hoeren wir ploetzlich, dass eine Welt, die so gut waere, dass es diese vielen Helden garnicht mehr braeuchte, eine schreckliche Welt sein muesste ! Und warum ist das so ? Weil wir als "neugierige Affen" genetisch so programmiert sind, dass wir Herausforderungen brauchen. Der weisse Ritter lebt davon, dass es den schwarzen Ritter als Gegner gibt, dass es Drachen und Riesen und andere Ungeheuer gibt, die man erschlagen muss, damit man die Koenigstochter bekommt. Wenn aber alles Boese einmal erschlagen waere, gibt es keine Aufgaben mehr fuer die Helden, und keine Koenigstochter wartet mehr. Was waere James Bond ohne die Schurken ? Was also heisst : Wir koennen die Schurken nicht abschaffen, ohne auch James Bond arbeitslos zu machen. Oder noch boeser gesagt : Auf "Schwerter zu Pflugscharen!" folgt "Helden zu Angestellten!" Einziger Ausweg : Das Heldentum muss andere Aufgaben finden. Aus "der Krieg ist der Ernstfall" wird dann "der Frieden ist der Ernstfall" - wie es Heinemann in seiner Antrittsrede als Bundespraesident sagte. Dazu eine historische Anmerkung : Als im August 1914 der Krieg in Europa ausbrach, wurde das von sehr vielen Menschen - vielleicht sogar von der Mehrheit - als "Erloesung vom Frieden" begruehsst, und zwar gerade auch von vielen Philosophen, Theologen, Kuenstlern und Schriftstellern ! Kann man alles nachlesen in den Veroeffentlichungen dieser Leute ! Das ist also keine Erfindung. Nur hat man das erhoffte Gewitter fuer eine Sache von ein paar Monaten gehalten. "Zu Weihnachten sind wir wieder daheim!" hiess es. Man war aber erst vier Jahre spaeter wieder daheim und sehr, sehr ernuechtert. Man hatte es sich ganz einfach nicht vorstellen koennen, es gab da keine Erfahrungen. Nach dem WK-II war das dann endlich anders. Nur Verrueckte glauben heute noch, dass Krieg "big fun" sein kann. Satirisch wurde dieser Gedanke auf die Spitze getrieben und verhoehnt in "Starship Troopers" (http://www.imdb.com/title/tt0120201/). Dort heisst es ironisch "Young people are fighting for the future!" Aehnlich boese ist "Catch 22" (http://www.imdb.com/title/tt0065528/). Auch Kubrick fing mit einem boesen Antikriegsfilm an, bevor er sich zu "Dr.Strangelove" steigerte (http://www.imdb.com/title/tt0057012/). Das erklaert seine Verachtung fuer die Menschen und ihre aeffischen Leidenschaften. Das ist alles nicht so absurd, wie es klingt : Ein Buddha hat keine Gegner, die er erschlagen muesste, nicht einmal Gandhi konnte sich vorstellen, jemanden zu erschlagen, und er brauchte auch keine Koenigstochter. Der Dalai Lama ist immer nett und ohne Sex. Es geht also. Aber nicht fuer Otto Normalverbraucher, der kann sich so etwas nicht vorstellen. Und wenn wir daher alle "wie der Buddha" oder "wie Jesus" wuerden, dann wuerden wir Menschen aussterben GENAU DESHALB. Das ist die Paradoxie des Guten. Im Affen kuemmert sich der Trieb darum, dass es Kinder gibt, aber ein Buddha hat ja den Trieb entmachtet. Kubrick hat das im A.I.-Film richtig gesehen : Die Advanced Mechas sind eben Roboter und keine Affen, daher brauchen sie auch keinen Sex, und auch nichts von dem, was damit zusammenhaengt wie Konkurrenz um Partner oder Eifersucht usw.. Sie brauchen auch keine Machtkaempfe - sowenig wie der Dalai Lama - weil sie keinen "territorial imperative" mehr in sich fuehlen, der uns Affen immer noch antreibt. Daher wirken diese Advanced Mechas "heiligmaehssig". Sie sind als Roboter schon geborene "Buddhas". Das alles hat sehr wohl mit meiner Frage zu tun "Welche Zukunft wollen wir ?" Nur siehst Du jetzt auch, wie sehr sich die ganze SF-Diskussion noch immer im Kreise vermeintlicher Selbstverstaendlichkeiten bewegt und sich nichts traut. Wer sagt denn, dass es uns Menschen "als hochgekaempfte Affen" (Gottfried Benn) in 100 Jahren noch gibt - oder so, wie wir uns jetzt kennen ? Ich finde es immer wieder lustig, dass fast alle SciFi-Autoren es fuer selbstverstaendlich zu halten scheinen, dass auch in 10.000 Jahren die Menschen und ihr heutiges Denken und Handeln unveraendert das Mahss aller Dinge sind. Es spricht nicht viel dafuer. Auch auf den entlegensten Raumpatrouillen in ferner Zukunft scheint nichts wichtiger als Liebe, Sex, Gewalt, und Eitelkeiten. Aber es ist auch klar, warum : Eine "realistischere" Welt der Zukunft, in der die Menschen alle diese wilden aeffischen Gefuehle nicht mehr haetten, erscheint Autoren und Lesern von SciFi gleichermahssen unannehmbar. SciFi-Buecher und -Filme werden "fuer normale Menschen" geschrieben und gedreht, nicht fuer Buddhas oder fuer "Advanced Mechas".

Bearbeitet von fremowolf, 14 Dezember 2008 - 21:41.


#57 Ogion

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Geschrieben 15 Dezember 2008 - 02:53

(Das wird jetzt nur ne kurze Antwort, weil es spät ist und ich morgen Uni hab).Zum Thema Klima: Natürlich, solche Dinge wie in The Day after tomorrow sind natürlich Unsinn. Klima ist langfristig. Dass Menschen auf diese Langfristigkeit des Klimas reinfallen und sie als' Statik' auffassen ist verständlich, aber falsch. Klima ist nicht statisch, aber es mag einem einelnen Menschen schon so scheinen. Aber dennoch heißt die Tatsache, dass das Klima dynamisch ist, nicht, dass es nicht schlecht wäre für uns, wenn es sich ändert. Soweit ich das jetzt richtig im Kopf habe leben 60% der Weltbevölkerung an Küsten. Insofern würde ein Meeresspiegel anstieg (der eine sehr langsame Sache ist) nach und nach immer mehr Lebensraum des Menschen unbewohnbar machen. Meeresspiegelanstieg ist natürlich bloß ein Aspekt einer sich dynamisch verändernden Erdoberfläche (unser Lebensraum).Zum Thema Expansion...: Ja, Rettungsboote ist schon der richtige Ausdruck, für den Beginn. Ich denke es wird mal eine Zeit geben wo der Großteil der Menschheit nicht mehr auf der Erde lebt, sondern woanders. Der Mars zum Beispiel hat so seine eigenen Probleme (geringe Schwerkraft, geringe Atmosphäre mit falscher Zusammensetzung, ebenfalls Meteoriten, und zwar mehr als hier, da näher am Asteroidengürtel, und so weiter...). Sicher, meine gedanken hier waren eher mittel- bis langfristig gedacht. Also im Bereich von 1000 bis vielen tausend Jahren. Dass sich Scifi mit Menschen beschäftigt (von wegen Menschen in 10000 und so) finde ich nur logisch, immerhin ist das Zielpublikum auch Menschen. Einen Scifi zu schreiben, wo nur 'buddhistisch' glückliche und 'gute' Roboter sind ist irgendwie ziemlich langweilig und uninteressant. Wo wäre da der Ansatz für etwas Interessantes für ein menschliches Publikum?Und Roboter (du sagtest in dem Artificial Intelligence Film sei das so, ich hab ihn nicht gesehen...) die die Menschen als brutale Barabaren sehen und froh über deren Aussterben sind, naja, aus deren Sicht mag das vlt sein, aber was ist aus der Menschen Sicht?Ich bin Mensch, mich kümmert das Überleben der Mennschheit. Natürlich wäre es schon etwas 'entschädigend' zu wissen, dass wenigsten 'Bewusstsein' überleben würde, aber nicht genug. Nicht für mich als Angehörigen derselben. Für mich stellen Leben und Bewusstsein sehr wichtige Werte dar, also wäre mir das Aussterben einer Form dieser Aspekte (zum Beeispiel die Menschen, oder diese Roboter, oder irgendwelche Aliens) überhaupt nicht recht. Aber wie gesagt, letztlich bin ich ein Mitglied dieses großen Affenstammes, natürlich bin ich da Vorurteilsbehaftet.OgionP.S.: Das mit der "entwickelten Welt" sollte bloß andeuten, dass auch bei uns, der 'entwickelten' Welt, die seit 60 Jahren keinen Krieg mehr hatte (zumindest im Innern) es auch Konflikte und Leid gibt. Dass es das außerhalb, also in der 'Dritten Welt' gibt ist ja gar keine Frage, das versteht sich von selbst.
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#58 fremowolf

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Geschrieben 15 Dezember 2008 - 06:48

Soweit ich das jetzt richtig im Kopf habe leben 60% der Weltbevölkerung an Küsten. Insofern würde ein Meeresspiegel anstieg (der eine sehr langsame Sache ist) nach und nach immer mehr Lebensraum des Menschen unbewohnbar machen. Meeresspiegelanstieg ist natürlich bloß ein Aspekt einer sich dynamisch verändernden Erdoberfläche (unser Lebensraum).

Man muss da genauer sein : Was heisst "an der Kueste" ? Venedig ist ein Spezialfall, ebenso Amsterdam, aber ein Anstieg des Meeresspiegels um 10 m im Jahrhundert wuerde keine Menschen umbringen, die koennten sich langsam in hoeher gelegene Gebiete zurueckziehen oder Deiche bauen. Haben die Hollaender ja so gemacht. Ich wollte damit nur sagen, dass mir der Katastrophismus auf den Geist geht, der da durch die Zeitungen wabert. Die Erde ist immer in Bewegung. Die Steinzeitmenschen haben sich nicht beschwert, die mussten die Eiszeit nehmen wie sie kam. Wir sehen das heute anders, weil wir erstens weniger beweglich sind, und weil wir uns fuer die Umwelt verantwortlich fuehlen. Solche Sorgen hatte der Neanderthaler sicher nicht.

Der Mars zum Beispiel hat so seine eigenen Probleme (geringe Schwerkraft, geringe Atmosphäre mit falscher Zusammensetzung, ebenfalls Meteoriten, und zwar mehr als hier, da näher am Asteroidengürtel, und so weiter...).

Da gibt es viele Vorschlaege, auch fuer die Mondbesiedlung. Grundgedanke ist ueberall, dass man sich einbuddelt, um ein stabileres Klima zu haben. Ob man wie im Film "Total Recall" ein kuenstliches Klima auf dem Mars erzeugen kann, weiss ich nicht. Ich habe das nicht durchgerechnet, meine aber, dass ein aehnliches Klima wie auf der Erde trotz geringerer Gravitation moeglich sein sollte. Das wird im Film nicht thematisiert.

Dass sich Scifi mit Menschen beschäftigt (von wegen Menschen in 10000 und so) finde ich nur logisch, immerhin ist das Zielpublikum auch Menschen. Einen Scifi zu schreiben, wo nur 'buddhistisch' glückliche und 'gute' Roboter sind ist irgendwie ziemlich langweilig und uninteressant. Wo wäre da der Ansatz für etwas Interessantes für ein menschliches Publikum?

Richtig, aber in der Diskussion (hier) mit simifilm kam schon der Unterschied zur Sprache zwischen dem, was interessant zu beschreiben ist und den Realitaeten des Lebens. Als Drehbuch gibt das Leben eines Heiligen wenig her, aber die Frage ist, ob es wuenschenswert waere. Gandhi ist ja nicht durch seinen Charakter interessant, sondern durch seinen Konflikt mit der Gesellschaft. Aber fuer die Betroffenen zaehlte sein Charakter und nicht das Drehbuch fuer einen Gandhi-Film.

Und Roboter (du sagtest in dem Artificial Intelligence Film sei das so, ich hab ihn nicht gesehen...) die die Menschen als brutale Barabaren sehen und froh über deren Aussterben sind, ...

Den Film solltest Du jedenfalls mal sehen. Lohnt sich ! Aber ansonsten waren auch die Roboter dort nicht froh ueber das Aussterben der Menschen, die waren garnicht ihr Thema. Froh darueber war allenfalls Stanley Kubrick. Es wird im Film nicht gesagt, woran die Menschen zugrunde gingen, ob Atomkrieg oder Umweltkollaps oder Unfruchtbarkeit. Es wird nur angedeutet, dass die Roboter intelligent genug waren, sich selbst fortzuentwickeln, d.h., die Herstellung ihrer Nachfolger selbst zu regeln - natuerlich nicht sexuell, sondern durch Verbesserung der Konstruktionen und Fabrikationsverfahren. Die Roboter waren einfach irgendwann so schlau, dass sie die Menschen nicht mehr benoetigten. Ob sie wegen der Menschen einmal Gefuehle hatten, wird nicht gesagt. Nach dem, was im Film gezeigt wird, haetten die Roboter allerdings froh sein sollen, denn die Menschen haben sich gegen diese selbstgeschaffene Konkurrenz uebel benommen. Im Zentrum des Films steht eine Szene, wo nette und vernuenftige Roboter von johlenden christlichen Fundamentalisten zerstoert werden, mit dem Argument, die haetten ja keine Seele, und es sei ueberhaupt eine Unverschaemtheit, sie herzustellen und so zu tun, als seien sie mit von Gott beseelten Menschen gleichwertig. Purer Rassismus. Das ist typisch Kubrick : Die Menschen mit der goettlichen Seele sind als die Schweine dargestellt, die "seelenlosen" Roboter als freundliche und vernuenftige Wesen, die zeigen, "wie wir Menschen sein sollten." In gewissem Sinne ist Kubrick ja ein Optimist : Seine Aussage ist : Die Guten - also die Roboter - ueberleben, die Schlechten - also die Menschen - gehen an ihrer Dummheit und Schlechtigkeit zugrunde. Aber natuerlich hoeren wir eine solche Botschaft nicht gerne. Das erklaert wohl, warum viele Zuschauer in den Blogs den Film am liebsten vor dieser Szene beendet haetten : Sie haben die Provokation gespuert, wagen es aber nicht, den Grund ihres Aergers klar zu benennen. Wir sind hier durchaus bei meinem Thema "Welche Zukunft wollen wir ?" Koennte es sein, dass die welthistorische Mission des Menschen genau darin besteht, nur das Mittel zu sein, um die intelligenten Roboter auf den Weg zu bringen, und dann auszusterben, weil seine - des Menschen - Aufgabe dann erfuellt ist ? Ich halte das gut fuer moeglich - und zwar schon in wenigen Jahrhunderten. Jedenfalls hat Kubrick diesen Schluss konsequent gezogen.

Aber wie gesagt, letztlich bin ich ein Mitglied dieses großen Affenstammes, natürlich bin ich da vorurteilsbehaftet.

Genau ! Aber sehen das denn die Zeugen Jehovahs anders ? Die wollen in das Rettungsboot der wenigen Auserwaehlten, was aus dem grohssen Rest wird ist nicht ihre Sorge. Viele religioese Sekten sehen das so : "Sollen doch 99,99999% der Menschheit verrecken, was geht es uns an, wenn Gott in seiner Weisheit es so beschlossen hat ?" Fuer Kubrick waren eben die Roboter die Auserwaehlten, die es wert waren, zu ueberleben. Gott hat er da nicht bemueht. Daraus folgt aber noch etwas : Die Roboter sind gleichsam die neue Art von Intelligenzen, die sich ueber den Menschen erhebt wie wir uns ueber die Affen erheben. Wir ueberleben vielleicht in Reservaten, aber die Front der Evolution geht ohne uns weiter. Diese Advanced Mechas wuerden mit der Marsatmosphaere keine Probleme haben, mit ueberfluteten Kuestenstaedten sowieso nicht. Sie wuerden ihre eigenen Raumschiffe bauen, die besser waeren als das, was wir je hingekriegt haetten. Als Intelligenzen waeren wir zweite Wahl. Das muss nicht heissen, dass wir aussterben. Wir wuerden uns in einer Nische einrichten. Aber wir waeren eben eine Uebergangsform gewesen, die Geschichte ginge ohne uns weiter. Die Roboter haetten ihre eigenen Philosophen und Theologen, ihre eigenen Schriftsteller und Kuenstler und Musiker, ihre eigenen Wissenschaftler. Wir Menschen haetten unsere eigene Subkultur, unsere Spielwiese. Dabei muessen die neuen Roboter auch nicht aus Metall sein. Es koennten genetisch verbesserte Menschen sein, spaeter vielleicht Androiden wie im Blade-Runner aus metallischen, organischen und elektronischen Bestandteilen. Warum nicht ? Worauf es mir hier ankommt ist, dass diese Moeglichkeiten schon heute nicht mehr ausserhalb des technisch Denkbaren liegen. Wir implementieren bereits kuenstliche Ohren und Augen, wir koennten wohl auch bald komplette LAN-Chips in Menschenhirnen verdrahten, so dass ein solcher Androide jederzeit Zugang zum Internet hat, usw.. Verbunden mit "genetic engineering" kann es schon in hundert Jahren einen Menschen geben, dessen Faehigkeiten weit ueber alles hinausgehen, was wir gewohnt sind. Ein solches Wesen koennte wohl auch die "aeffischen Triebe" automatisch unterdruecken. Wir treten allmaehlich aus der SF-Aera in die Aera der Realisierbarkeit ein. Dem diente auch meine Liste von Links, die ich hier vorgestern geposted habe. Der Mensch als Uebergangsform intelligenten Lebens, der sich durch seine Forschungen selbst ueberfluessig macht bzw., der ein ihm weit ueberlegenes intelligentes Wesen herstellt oder ermoeglicht ? Warum denn nicht ! Wer sagt denn, dass wir das Ende von allem sind und dass die Geschichte nicht gerade erst beginnt ?

Bearbeitet von fremowolf, 15 Dezember 2008 - 07:16.


#59 fremowolf

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Geschrieben 15 Dezember 2008 - 07:02

Falls Du Dich in Sachen Genrediskussion (und SF-Theorie generell) auf den aktuellen Stand bringen willst, möchte ich ganz unbescheiden auf das Buch eines Schweizer Filmwissenschaftlers hinweisen ...

Gerne, ich hab's mir notiert, sieht gut aus !

#60 simifilm

simifilm

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Geschrieben 15 Dezember 2008 - 07:12

Da gibt es viele Vorschlaege, auch fuer die Mondbesiedlung. Grundgedanke ist ueberall, dass man sich einbuddelt, um ein stabileres Klima zu haben. Ob man wie im Film "Total Recall" ein kuenstliches Klima auf dem Mars erzeugen kann, weiss ich nicht. Ich habe das nicht durchgerechnet, meine aber, dass ein aehnliches Klima wie auf der Erde trotz geringerer Gravitation moeglich sein sollte. Das wird im Film nicht thematisiert.

Wie schon gesagt: Ich kann mir schlecht vorstellen, dass die Besiedlung eines anderen Himmelskörper je ökonomisch sinnvoll sein wird, dass man als mit einem geringeren Ressourcen-Einsatz zu einem brauchbaren Ergebnis kommt, als wenn man versuchen würde, die Missstände auf der Erde zu beheben. Zumindest müsste die Transporttechnik einige Sprünge machen, die sich momentan nicht abzeichnen ...

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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