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Welche Zukunft wollen wir ?


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465 Antworten in diesem Thema

#151 Oliver

Oliver

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 11:44

Deine Einwaende sind in der Sache so zutreffend, aber ich wehre mich auch hier wieder gegen Pauschalurteile. Wieso ist die Welt, die Woody Allen in Matchpoint zeigt "verrottet" ? Da ist eine einzelne Person, die mit ihren Gefuehlen und Ambitionen nicht klarkommt.

Nein, nein, exakt umgekehrt wird ein Schuh draus. Allen macht doch ganz deutlich, zumindest kann ich mir keine andere Leseart vorstellen, dass die Hauptfigur so monströs agiert, um in dieser Gesellschaft aufzusteigen, die darüber nichts wissen will und, so nicht die Kriminalistik, aber die Ethik des Films, das billigend in Kauf nimmt. Er ist ein Produkt dieser Gesellschaft, dieses schönen Scheins, nicht ein abgrenzbares Monster. Er ist keine einzelne Person.

Aber die Gesellschaft selbst kann man dafuer nicht beschuldigen. Du wirst ja wohl nicht behaupten, dass es egal ist, ob wir in der Welt von "1984" oder in der von "Matchpoint" leben, nur weil es auch in der letzteren ein paar Leute gibt, die mit dieser Welt nicht klarkommen.

Nein, nein, exakt umgekehrt wird ein Schuh draus. Der Zynismus in "Matchpoint" ist doch, dass er in dieser Welt hervorragend klar kommt! Er "gewinnt" doch am Ende und ist aufgestiegen. Nach außen hin. Innen, in ihm mag es anders aussehen. Mit der Welt dort kommt er aber prima klar. Trotz Scheidung durch Schrotflinte.

Ich kenne mehrere Faelle, in denen Maenner, die dank Tuechtigkeit und Intelligenz aufgestiegen sind, sich dann ihrer zwar attraktiven, aber duemmlichen oder spiessigen Frauen entledigt haben (durch Scheidung oder 'Trennung', nicht durch Mord), um "passend" heiraten zu koennen. Das gibt es oft, weil die meisten ja schon in einer Zeit, wo ueber ihre Karriere noch nichts entschieden ist, wo sie sich selbst noch nicht kennen, einfach "was fuer's Bett und so" brauchen. Das sind ganz normale Vorkommnisse und Konflikte, das hat nichts mit "verrotteter Gesellschaft" zu tun.

Aber den Unterschied, den Du ja schon machst, ist doch der ganz Entscheidende. Es ändert halt alles, ob man eine Ehe durch Anhängigmachung eines Scheidungsantrages oder durch eine Schrotflinte beendet. (Da muss ich jetzt an einen große Ehe-Beendigungsszene in einem anderen Film denken, die mit dem unsterblichen Dialog begleitet wurde: "Konsida dät a divoaß!" Ein Bonuspunkt, wer weiß, was ich meine. ;) )
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#152 Ulrich

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 11:50

Godzilla (Gojira, 1954, von Inoshiro Honda) hat zum Schluss eine sehr "friedliche" Szene. Sie spielt im Wasser, als der Oxygenzerstörer eingesetzt wird, um das Monster zu vernichten. Es geschieht eher leise und ohne gewaltige Action. Eigentlich eine traurige Szene, so wie sie gestaltet ist.Wie ist es mit dem Film The Fountain? Diesen habe ich nicht gesehen, es soll sich auch um eine Liebesgeschichte in der Zukunft (neben Vergangenheit und Gegenwart) handeln. Trifft das auf fremowolfs Frage zu?

#153 simifilm

simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 11:55

Godzilla (Gojira, 1954, von Inoshiro Honda) hat zum Schluss eine sehr "friedliche" Szene. Sie spielt im Wasser, als der Oxygenzerstörer eingesetzt wird, um das Monster zu vernichten. Es geschieht eher leise und ohne gewaltige Action. Eigentlich eine traurige Szene, so wie sie gestaltet ist.

Wie gerade vorhin geschrieben: Es gibt natürlich viele positive (und auch leise) Enden im SF-Film. Für mich ist das Starchild am Ende von 2001 das schönste und hoffnunsgvollste Ende der Filmgeschichte. Da habe ich jedes Mal Tränen in den Augen vor Glück. Aber das alles wird der Forderung nach der Darstellung einer besseren Gesellschaft natürlich nicht gerecht.

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#154 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 11:56

Wie ist es mit dem Film The Fountain? Diesen habe ich nicht gesehen, es soll sich auch um eine Liebesgeschichte in der Zukunft (neben Vergangenheit und Gegenwart) handeln. Trifft das auf fremowolfs Frage zu?

Nö, da geht es nur ums Sterben(Was sich im Bewußtsein in den letzten Momenten abspielt).

#155 simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 11:59

(Da muss ich jetzt an einen große Ehe-Beendigungsszene in einem anderen Film denken, die mit dem unsterblichen Dialog begleitet wurde: "Konsida dät a divoaß!"
Ein Bonuspunkt, wer weiß, was ich meine. ;) )

Total Recall, den ich übrigens für einen der intelligensten Action-SF-Filme halte.

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#156 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 11:59

"Konsida dät a divoaß!"
Ein Bonuspunkt, wer weiß, was ich meine. ;) )

Die totale Erinnerung(Total Recall)

Ist doch eigentlich das, was gesucht wird: Technischer Fortschritt(Kolonien auf anderen Planeten), eine Liebesgeschichte mit Happyend... ;) .

#157 simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 12:00

Die totale Erinnerung(Total Recall)

Ist doch eigentlich das, was gesucht wird: Technischer Fortschritt(Kolonien auf anderen Planeten), eine Liebesgeschichte mit Happyend... ;) .

Und Frauen mit drei Brüsten!

Blöderweise spielt sich alles nur im Kopf des Protagonisten ab ...

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#158 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 12:04

Blöderweise spielt sich alles nur im Kopf des Protagonisten ab ...

Genau wie The Fountain.

#159 Lucardus

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 12:56

Ja. Stilistisch und formal top, inhaltlich gleich Null. Was schade ist, der Typ hat echt 'ne geniale Schreibe. Kennst Du andere Werke von ihm ? By the way : Simon, hast Du den gelesen ? Wenn nicht, könntest Du als Schweizer dies mal machen ? Ich glaube nämlich, daß mir als Flachlandtiroler diverse Anspielungen entgangen sind. ;)

Noch nie gelesen. Aber ich überlege noch, ob ich deine Definition von inhaltlich gleich Null übernehmen kann. Ich habe so im Hinterkopf, dass wir Geschmacklich nicht sehr kompatibel sind. ;)

Bearbeitet von Lucardus, 18 Dezember 2008 - 12:56.

Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#160 fremowolf

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 20:00

Nein, nein, exakt umgekehrt wird ein Schuh draus. Allen macht doch ganz deutlich, zumindest kann ich mir keine andere Leseart vorstellen, dass die Hauptfigur so monströs agiert, um in dieser Gesellschaft aufzusteigen, die darüber nichts wissen will und, so nicht die Kriminalistik, aber die Ethik des Films, das billigend in Kauf nimmt. Er ist ein Produkt dieser Gesellschaft, dieses schönen Scheins, nicht ein abgrenzbares Monster. Er ist keine einzelne Person.

Deine Beurteilung ist die eines Fundamentalisten. Vor Jahren las ich einen Bericht ueber die Ansichten indischer Gurus ueber unsere Freudianischen und anderen Psychotherapieformen. Die Gurus meinten natuerlich, dass es nicht sinnvoll sein koenne, jemanden zum besseren Funktionieren in einer grundsaetzlich falsch denkenden Gesellschaft zu ertuechtigen. Auch christliche und islamische Fundamentalisten koennen so argumentieren. Es ist das Argument tief religioeser Leute oder auch das von H-E Richter ua., oder das von Heidegger, Adorno und Marcuse, dass diese Gesellschaft fundamental verrottet sei. Aber keiner von ihnen hatte je einen guten Vorschlag, wie man das grundsaetzlich aendern koennte. Und WENN man es aendern koennte, dann wuerde wieder gelten, was schon der Welt-Controller Mustafa Mond zum "Wilden" in Brave New World sagte : In einer Welt, in der es keine Eifersucht und Gewalt und andere Leidenschaften mehr gibt, da wird Shakespeare nicht nur ueberfluessig, sondern auch unverstaendlich. Wenn die "advanced mechas" Shakespeare lesen, dann schuetteln die ratlos den Kopf "Wovon schreibt der da ? Was ist Eifersucht ? Was ist Hass ? Was ist Mord ?" Also : Logisch ist Dein Argument ok, aber zugleich ist es weltfremder Unsinn und wirft GROHSSE Probleme auf ! Das ist eine ganz andere Herausforderung fuer die SF ! Hast Du irgendeine Idee, wo Du ansetzen wolltest mit Deiner Transformation der Gesellschaft in eine in Deinem Sinne "vernuenftige" Form ? Ich wuerde jedenfalls jemanden wie Dich nicht zum Kanzler waehlen, weil ich mir grohsse Sorgen machen wuerde, dass Du versuchst, im Namen einer "nicht verrotteten Gesellschaft" die fuerchterlichsten Dinge zu tun. Das klingt ja nach Baader-Meinhof-Ensslin. Oder sehe ich da was falsch ? Mich interessiert erst einmal eine "menschenwuerdige Gesellschaft fuer Menschen" und nicht eine fuer Heilige. Und ansonsten denke ich, dass Du immer noch lieber im London von "Matchpoint" als im London von "1984" leben wuerdest, und dass insofern Deine Antwort auch nicht ganz ehrlich sein kann.

#161 fremowolf

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 20:03

Godzilla (Gojira, 1954, von Inoshiro Honda) hat zum Schluss eine sehr "friedliche" Szene. Sie spielt im Wasser, als der Oxygenzerstörer eingesetzt wird, um das Monster zu vernichten. Es geschieht eher leise und ohne gewaltige Action. Eigentlich eine traurige Szene, so wie sie gestaltet ist. Wie ist es mit dem Film The Fountain? Diesen habe ich nicht gesehen, es soll sich auch um eine Liebesgeschichte in der Zukunft (neben Vergangenheit und Gegenwart) handeln. Trifft das auf fremowolfs Frage zu?

Gemeint war hier natuerlich nicht Godzilla/Gojira von 1954 (http://www.imdb.com/title/tt0047034/), sondern der Godzilla-Film von Roland Emmerich (1998, http://www.imdb.com/title/tt0120685/), obwohl der aeltere Film 7.3/10 Punkte Zustimmung bekam, der juengere nur 4.7/10, was lausig schlecht ist - und fuer das Publikum spricht. Der Emmerich-Godzilla ist wohl einer der buchstaeblich trampeligsten Filme der Filmgeschichte. Trotzdem hat er einige tolle Bilder im Gedaechtnis gelassen. Emmerich liebte es ja immer "big".

#162 simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 20:09

Deine Beurteilung ist die eines Fundamentalisten. Vor Jahren las ich einen Bericht ueber die Ansichten indischer Gurus ueber unsere Freudianischen und anderen Psychotherapieformen. Die Gurus meinten natuerlich, dass es nicht sinnvoll sein koenne, jemanden zum besseren Funktionieren in einer grundsaetzlich falsch denkenden Gesellschaft zu ertuechtigen. Auch christliche und islamische Fundamentalisten koennen so argumentieren. Es ist das Argument tief religioeser Leute oder auch das von H-E Richter ua., oder das von Heidegger, Adorno und Marcuse, dass diese Gesellschaft fundamental verrottet sei. Aber keiner von ihnen hatte je einen guten Vorschlag, wie man das grundsaetzlich aendern koennte. Und WENN man es aendern koennte, dann wuerde wieder gelten, was schon der Welt-Controller Mustafa Mond zum "Wilden" in Brave New World sagte : In einer Welt, in der es keine Eifersucht und Gewalt und andere Leidenschaften mehr gibt, da wird Shakespeare nicht nur ueberfluessig, sondern auch unverstaendlich. Wenn die "advanced mechas" Shakespeare lesen, dann schuetteln die ratlos den Kopf "Wovon schreibt der da ? Was ist Eifersucht ? Was ist Hass ? Was ist Mord ?"

Also : Logisch ist Dein Argument ok, aber zugleich ist es weltfremder Unsinn und wirft GROHSSE Probleme auf ! Das ist eine ganz andere Herausforderung fuer die SF ! Hast Du irgendeine Idee, wo Du ansetzen wolltest mit Deiner Transformation der Gesellschaft in eine in Deinem Sinne "vernuenftige" Form ? Ich wuerde jedenfalls jemanden wie Dich nicht zum Kanzler waehlen, weil ich mir grohsse Sorgen machen wuerde, dass Du versuchst, im Namen einer "nicht verrotteten Gesellschaft" die fuerchterlichsten Dinge zu tun. Das klingt ja nach Baader-Meinhof-Ensslin. Oder sehe ich da was falsch ? Mich interessiert erst einmal eine "menschenwuerdige Gesellschaft fuer Menschen" und nicht eine fuer Heilige.

Und ansonsten denke ich, dass Du immer noch lieber im London von "Matchpoint" als im London von "1984" leben wuerdest, und dass insofern Deine Antwort auch nicht ganz ehrlich sein kann.

Entschuldige, aber was Du da schreibst, ist himmelschreiender Unsinn. Was Oliver geschrieben hat, ist nicht die Beurteilung eines Fundamentalisten, sondern eines Menschen, der in der Lage ist, die Aussage von Matchpoint zu verstehen. Der Film entwirft ganz offensichtlich ein sehr düsteres Bild der Gesellschaft. Das ist alles, was Oliver geschrieben hat. Und ich muss ihm da 100% Recht geben. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, ob Oliver ein Fundamentalist ist oder nicht, sondern damit, dass er in der Lage ist zu verstehen, was der Film aussagt.

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#163 Oliver

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 20:15

Hast Du irgendeine Idee, wo Du ansetzen wolltest mit Deiner Transformation der Gesellschaft in eine in Deinem Sinne "vernuenftige" Form ?

Du scheint ein fundamentales Wahrnehmungsproblem zu haben. Ich sprach über die Gesellschaft, die Woody Allen in seinem fiktionalen Spielfilm "Matchpoint" beschreibt, nicht über meine Beurteilung unserer Gesellschaft. Nur fürs Protokoll: Ich bin nicht Woody Allen. Allen ist mWn der deutschen Sprache nicht mächtig.

Deine Beurteilung ist die eines Fundamentalisten.(...) weltfremder Unsinn und wirft GROHSSE Probleme auf ! (..) Das klingt ja nach Baader-Meinhof-Ensslin.

Du wirst Verständnis dafür haben, dass ich aufgrund Deiner Entgleisungen in der Diktion jetzt die Diskussion mit Dir einstelle. Komm wieder, wenn Du halbwegs erwachsen geworden bist.

EDIT: Simi, überschnitten. <_<

Bearbeitet von Oliver, 18 Dezember 2008 - 20:16.

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#164 fremowolf

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 20:18

Total Recall, den ich übrigens für einen der intelligensten Action-SF-Filme halte.

Ja, das kann man so sehen. Den Biologen stoeren allenfalls drei Augen und drei Brueste, weil es in der Natur immer paarig geht, also nur zwei oder vier. Aber egal, der Film ist gut.

Ich moechte aber, damit die Diskussion nicht gleich wieder im Klein-Klein versackt, noch einmal auf das grundsaetzliche Problem der Weltbetrachtung in der SF eingehen.

Man hat ja die Uhr als das bemerkenswerteste Symbol der Moderne bezeichnet. Erst die Turmuhr seit dem 13ten Jh, dann die Taschenuhr seit der Lutherzeit, dann die Armbanduhr seit dem Ersten Weltkrieg. Die Uhr bringt Ordnung und Disziplin ins Leben, dafuer steht sie.

Ordnung und Disziplin ins Denken zu bringen, dafuer standen Descartes und die sich entwickelnde Mathematik seit seiner Zeit. Das ist der westliche Begriff der Rationalitaet, der den Aufstieg des Westens zur Weltherrschaft ermoeglicht hat. Das Cartesische Weltbild fuehrte zusammen mit den Einsichten von Kepler und Newton zum Deismus : Gott als der grohsse Uhrmacher ("The Blind watchmaker" von Dawkins 1986), die Warheit ueber die Welt "more geometrico demonstrata", auf geometrische Weise demonstriert bei Spinoza. Das war um 1700 eine weit verbreitete Idee.

Disziplin und Mathematik und streng rationale Vernunft ermoeglichten also Macht ueber die Natur und ueber die Leiden der Menschheit. Nicht beten sondern rechnen und konstruieren war die Forderung der Moderne. Und so wurden Mathematik und Technik mit Fortschritt und mit der erhofften baldigen Befreiung von allen Uebeln verknuepft. Noch fuer Herbert Spencer (1820-1903) und die Mehrzahl seiner europaeischen Zeitgenossen unter den Intellektuellen war diese Idee des Fortschritts kaum zweifelhaft. Die Technik der Maschinen brachte Fortschritt zum Wohlstand fuer alle und zur Vernunft. Spencer war nicht der Einzige, der damals meinte, dass es keinen groehsseren Krieg mehr geben werde, weil die Menschen sich doch ausrechnen koennten, dass ein Krieg sich nicht mehr rechnet. Der letzte Krieg, den er noch kannte, war der Deutsch-Franzoesische Krieg von 1870/71, der kurz - und an spaeteren Kriegen gemessen auch fast schmerzlos war. Als 1914 der "Grohsse Krieg" ausbrach, dachte man allgemein, er werde aehnlich verlaufen. Zu Weihnachten wollte man wieder zu Hause sein, aber ein paar Monate Rauferei als reinigendes Gewitter nach dem schwuelen Fin de Siècle empfand man ueberall in Europa im August 1914 als gute Sache.

Die Frage ist also, warum die positiven Utopien ploetzlich kurz nach dem WK-I unglaubwuerdig wurden. Eine erste, vereinfachte Erklaerung besagt, dass erstmals vielen Menschen (vorher schon einigen) zum Bewusstsein kam, dass ja auch der Krieg mit seinen Verwuestungen als vollkommen rationales Geschaeft betrieben wurde. Da ging es um Normierung und Uniformierung, um Logistik und Effizienz. Aus Voelkern wurden Kriegsmaschinen, aus Menschen wurden Nummern, und aus Gruppen von Menschen wurden "zack-zack"-Marschkolonnen. Auf einmal begriff man, dass die Technik den Menschen und nicht mehr der Mensch die Technik erfasste und definierte. Auf einmal begriff man, dass Rationalitaet nicht nur als Vernuenftigkeit, sonern auch als Un-menschlichkeit uebersetzt werden kann. Rechteck und Quadrat, Wuerfel und Quader, Kreis und Zifferblatt wurden zu neuen Symbolen einer menschenverachtenden, einer natur- und lebensfeindlichen Denkweise.

Nur muss man wieder die Paradoxie sehen : Fuer den "analen Charakter", den "Fascho" und "Stalinisten", ist ja gerade diese Geometrie das, was ihn vor den Gefahren des wuchernden Lebens schuetzt ! Quadrate und Rechtecke, "Kader" (von cadre = Rechteck einer Truppenaufstellung auf dem Kasernenhof), Nummern, Kristalle, Kreise, Kugeln - das alles ist einfach und klar. Verwirrend, und daher zu bekaempfen, sind alle Dinge, die wuchern wie das Leben : Urwald, Unkraut, Schleim, Geburt, Tentakeln, Insekten. Daher standen bei den Nazis die geometrischen Symbole und die Marschkolonnen fuer die Reinheit und Klarheit und
Entschiedenheit des Deutschtums, wogegen die Juden, weil sie einen schnellen und boshaften Witz hatten wie alle intelligenten Menschen, mit Schleim und Ungeziefer assoziiert wurden. Sie waren unverstaendlich und unberechenbar fuer die treuherzigen und braven germanischen Hillbillies, die Dummheit fuer eine Tugend hielten und Schwerfaelligkeit im Denken fuer einen Audruck von Tiefe und Wesentlichkeit, die sie der angeblich juedischen Oberflaechlichkeit entgegen stellten. Dazu passte ja auch, dass Marx, Freud, und Einstein Juden waren, lauter Verderber des gesunden Volksempfindens ! (Das wirkt jetzt ironisch gesagt, ist aber
nachweislich so gesehen worden. Vgl. ua. das Buch von Klaus Vondung : "Apokalypse in Deutschland")

Die Denkweise der Stalinisten war kaum anders. Die Truppe um Ulbricht und Honecker war genauso kleinkariert und spiessig wie die um Hitler. Ueber Streuselkuchen auf Haekeldeckchen reichte ihr Menschheitsideal nicht hinaus. "Streuselkuchen fuer alle" - das war die Idee vom vollkommenen Glueck hier wie dort. Man kann das im Einzelnen belegen.

Rationalismus gelesen als Technokratie und Buerokratie, als Standardisierung und Austauschbarkeit normierter Teile und Menschen, ist so gesehen sehr zweideutig : Er ermoeglicht auf den ersten Blick Massenwohlstand, und ist insofern etwas Gutes. Aber er ermoeglicht zugleich die Ersetzung realer Menschen, wirklicher Personen (im Sinne von Bubers "Personalismus des ich und du"), durch gesichtslose, uni-formierte (= ein-foermig gemachte) Nummern - wie sie fuer alle Dystopien so typisch sind. In dieser Form ist also der Rationalismus etwas Schlechtes und Un-menschliches.

Das ist das Kerndilemma aller "tiefen" SF : Dass die Gewinne an Macht und Massenwohlstand durch Verluste an Menschlichkeit erkauft werden. Das war die Kernthese von Heidegger, Marcuse, Adorno und vielen anderen Kulturkritikern der Moderne.

Wenn man also ueber eine "positive" Darstellung der Zukunft nachdenkt - unser Thema hier - dann muss die gedankliche und gestaltende Bearbeitung dieses Dilemmas im Zentrum stehen. Hier entscheidet sich der Wert eines Modells "guter" Zukunft. Wenn ich mich nicht taeusche, dann haben die meisten SF Romane und -Filme sich dieser Herausforderung nie gestellt, sie wohl nicht einmal gesehen. Aber ich lasse mich gerne anders informieren. Vor allem bei den weiblichen Autoren der SF gibt es wohl ein waches Gespuer fuer diese Problematik. Geburt und Schleim und Chaos der Natur sind ihnen weniger fremd als den technikverliebten Maennern und Ingenieuren. Daher auch die Idee einer Erneuerung der Vernunft durch "das Weibliche" im Rahmen der New-Age Bewegung. Die Vernunft der Natur und der Frau folgt anderen Leitwerten als die der Technik und des Mannes.

Fuer die Frage nach der guten Zukunft hat dieser dialektische Konflikt natuerlich grohsse Bedeutung, zumal er den Begriff des Fortschritts problematisiert. Fortschritt kann auch ein Zurueck zur Komplexitaet des Natuerlichen meinen, und ist insoweit mit Post- und Popmoderne in Uebereinstimmung. Loesungen, die nur technisch effizient sind, wirken dann eher veraltet und dumm. "Kluge" Loesungen fragen, was das Leben und Zusammenleben foerdert. Das ist eine andere Fragestellung als die des Ingenieurs. Die Frage nach dem guten Zusammenleben (einschliesslich annehmbarer Formen der Scheidung <_< ) erfordert andere als nur technische Antworten. Statt Effizienz und Tempo eher Langsamkeit und Einfuehlung und ein Sinn fuer Komplexitaet, der den Schwierigkeiten des Lebens und Zusammenlebens gerecht wird.

Bearbeitet von fremowolf, 18 Dezember 2008 - 20:30.


#165 molosovsky

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 20:37

Nur kurz, weil wenig Zeit.Sympathisch finde ich die Leidenschaft und Intensität mit der fremowolf seine Frage nach einer positiven Utopie stellt (und auch die zuweilen ans rabiate Unfreundliche grenzende Hau-Ruck-Ungetsümheit seiner abdriftenden Thesen und Argumente †¦ oder sollte ich Assoziationen sagen??)Ich empfehle zwei Lektüren:Sachbuch -- »Der Wille zur Utopie« von Marvin Chlada, Alibri Verlag. Thematisch ein guter Einstieg und breit gefächert. Überhaupt lesenswert.Roman -- »Anathem« von Neal Stephenson. Erstaunlich, wie Stephenson Ideengeschichte in Erzählform bringt, dabei anhand seiner fiktiven Gesellschaft unsere Gegenwart (kritisch) reflektiert und utopische Ausblicke auf ein (vielleicht, womöglich) vernünftigeres Langzeitmanagement unterbreitet. Nebenbei ist dieser Roman einer tatsächlich existierenden Utopie-Bewegung kollegial verbunden: »The Long Now Movement«.GrüßeAlex / molo, der ansonsten dazu rät sich bei Bedarf nach positiven Utopien einen guten Disney- oder Pixar-Film reinzuziehen: z.B. »Monster Inc« (Lach-Lust statt Angst-Entsetzten als Energielieferant einer hochtechnisierten Zivilisation. Wenn das nicht super-dupi-utopisch ist!!!)

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

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#166 simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 20:44

Nur kurz, weil wenig Zeit. Sympathisch finde ich die Leidenschaft und Intensität mit der fremowolf seine Frage nach einer positiven Utopie stellt (und auch die zuweilen ans rabiate Unfreundliche grenzende Hau-Ruck-Ungetsümheit seiner abdriftenden Thesen und Argumente †¦ oder sollte ich Assoziationen sagen??)

Also zumindest zu seinem letzten Beitrag fällt mir nur der Ausdruck 'unkontrolliertes Gelaber' ein ...

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#167 fremowolf

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 22:39

Entschuldige, aber was Du da schreibst, ist himmelschreiender Unsinn. Was Oliver geschrieben hat, ist nicht die Beurteilung eines Fundamentalisten, sondern eines Menschen, der in der Lage ist, die Aussage von Matchpoint zu verstehen. Der Film entwirft ganz offensichtlich ein sehr düsteres Bild der Gesellschaft. Das ist alles, was Oliver geschrieben hat. Und ich muss ihm da 100% Recht geben. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, ob Oliver ein Fundamentalist ist oder nicht, sondern damit, dass er in der Lage ist zu verstehen, was der Film aussagt.

Was der Film aussagt, verstehe ich auch, ich erkenne nur nicht, worauf ihr - Du und Oliver - hinauswollt : Seit Tagen frage ich hier "Welche Zukunft wollen wir ?" Jetzt habt ihr mal etwas direkt vor Augen, was ihr mir als unannehmbar darzustellen versucht, eine Gesellschaft, die einen solche Mord verdraengt (bekanntlich hat man hier in Deutschland ja nach den Nazis und Kommunisten noch viel mehr verdraengt !), und dann seht ihr nicht - oder wollt nicht sehen - dass das eine ausgezeichnete Gelegenheit waere, einmal am Fall zu verdeutlichen, welche Zukunft IHR wollt. Es bleibt alles im blohss Aesthetischen haengen : "Woody Allen hat uns eine unmoegliche, eine moralisch verrottete Gesellschaft vorgefuehrt !" Aha, was folgt daraus ? "Wieso, nichts folgt daraus !"

Meine Reaktion ist eine voellig andere : "Nehmt die Menschen und die Gesellschaft erst einmal wie sie sind, und aendert das, was geaendert werden kann. Mit dem Begriff einer moralisch verrotteten Gesellschaft, die zugleich aber doch die ist, in der wir alle leben, kann ich nichts anfangen, wenn das dann zu keinerlei Folgerungen fuehrt ausser zu Heuchelei. Anders gesagt : Haettet ihr - Du und Oliver - in einer der des Tennislehrers vergleichbaren Situation so viel anders reagiert ? Oder haettet ihr als Schwiegereltern in spe anders reagiert ? Fragen dieser Art hatten wir hier im Rueckblick auf die Nazis und Kommunisten reichlich. Niemand hat eine Aenderung der Gesellschaft vorgeschlagen, weil es keinen Ansatzpunkt dafuer gab. Man hat sich damit begnuegt, die Entstehung von Diktaturen zu erschweren, weil es die Diktatur ist, die korrumpiert. Zu sagen - wie es Oliver offenbar tut - dass unsere Gesellschaft ueberhaupt moralisch korrupt ist, fuehrt so lange zu garnichts, wie niemand erklaeren kann, wo die Reform anzusetzen haette - und in welcher Richtung. Natuerlich steht alles schon in der Bibel : Liebe deinen Naechsten schliesst wohl auch ein "erschiesse ihn nicht mit einer Schrotflinte, um gesellschaftlich dein Glueck zu machen!" Nur "Der Pate" war da noch etwas rabiater. Davon, dass einige Leute andere Leute reihenweise umlegen, um an Geld, Macht, Drogen, Frauen zu kommen, handelt etwa die Haelfte aller Filme. Gemessen daran ist der Tennislehrer in Matchpoint ein kleiner Fisch.

Aber da sind wir wieder bei unserem alten Streitpunkt : Soll man eine Gesellschaft wuenschen, in der solche Mafia-Methoden im grohssen wie im kleinen nicht moeglich sind ? Ich wuerde sagen ja. Aber dann sagst du mir : "Das gibt aber keinen spannenden Roman oder Film her !" Oder in meiner Version : Heilige brauchen keinen Shakespeare.

"Es gibt kein richtiges Leben im falschen" meinte Adorno - und redete Unsinn. Denn auch er wusste ja keine Alternative. Ebenso Heidegger und Marcuse. Was mich an dieser Art der Argumentation aufbringt ist nur, dass damit zwar pauschal alle Menschen ins Unrecht gesetzt werden, dass aber gleichzeitig nichts daraus folgt, weil niemandem etwas Gescheites einfaellt. Es ist pure Noergelei. Diese Welt ist ein Erfahrungszusammenhang, in dem Menschen nach gangbaren Wegen suchen. Manchmal irren sie sich und sind einem Problem nicht gewachsen. Das passiert uns allen, und das war auch das Schicksal des Tennislehrers im "Matchpoint". Solche Irrtuemer sind nicht schoen, aber die Alternativen sind schrecklicher. Oder es sollte mal jemand diese Gedanken aufgreifen und den Film drehen bzw. den Roman schreiben, von dem ich dauernd rede : Einen SF-Roman oder -Film, der bei "Matchpoint" ansetzt, um eine alternative Gesellschaft im Jahre 2200 zu zeigen, die Dir und Oliver gefallen koennte. Das genau war doch meine Frage !

#168 simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 22:43

Was der Film aussagt, verstehe ich auch, ich erkenne nur nicht, worauf ihr - Du und Oliver - hinauswollt : Seit Tagen frage ich hier "Welche Zukunft wollen wir ?" Jetzt habt ihr mal etwas direkt vor Augen, was ihr mir als unannehmbar darzustellen versucht, eine Gesellschaft, die einen solche Mord verdraengt (bekanntlich hat man hier in Deutschland ja nach den Nazis und Kommunisten noch viel mehr verdraengt !), und dann seht ihr nicht - oder wollt nicht sehen - dass das eine ausgezeichnete Gelegenheit waere, einmal am Fall zu verdeutlichen, welche Zukunft IHR wollt. Es bleibt alles im blohss Aesthetischen haengen : "Woody Allen hat uns eine unmoegliche, eine moralisch verrottete Gesellschaft vorgefuehrt !" Aha, was folgt daraus ? "Wieso, nichts folgt daraus !"

Irgendwie scheinen wir nicht die gleiche Sprache zu sprechen. Oliver hat nicht gesagt, dass die Gesellschaft, in der wir leben, verrottet ist. Er hat gesagt, dass das in Matchpoint so dargestellt wird. Ob er diese Einschätzung teilt, hat er mit keinem Wort erwähnt. Und aus irgend einem Grund hat Dich das dazu gebracht, ihn als Fundamentalisten zu beschimpfen.

Bearbeitet von simifilm, 18 Dezember 2008 - 22:50.

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#169 fremowolf

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 22:52

Also zumindest zu seinem letzten Beitrag fällt mir nur der Ausdruck 'unkontrolliertes Gelaber' ein ...

Da habe ich aber laut lachen muessen. Na gut, wir sind hier alle zivilisierte Menschen. Wenn ich von Dir und anderen gezwungen werde, besser zu denken und zu argumentieren, kann mir das ja nur recht sein.

Mein Mantra als Philosoph ist : "Don't moralize - analyze !" Empoert zu sein ist nicht schwer. Zu begruenden, warum man empoert ist und was man aendern sollte, das ist die Herausforderung. Was moechtest Du : Jemanden, der wie Gottfried Benn schrecklich boese Gedichte ueber schrecklich boese koerperliche Zustaende schreibt - oder der wie Woody Allen schrecklich boese Filme ueber schrecklich boese Gesellschaften dreht - oder moechtest Du jemanden, der als Arzt oder als Soziologe oder als Philosoph oder als Streetworker oder als Politiker usw. versucht, das Moegliche zu tun ? Auch darueber koennte man ja dann Romane schreiben und Filme drehen. Mein Vorschlag war doch von Anfang an, dass die SF-People, zu denen ich Dich und Oliver doch hier zaehle, eine zukuenftige Gesellschaft zu zeigen versuchen, die besser ist als die, ueber die ihr euch so beschwert. Denn veraendern koennen wir immer nur das, was noch vor uns liegt. Aber wenn man das Gefuehl hat, es laesst sich nichts aendern, dann soll man das ehrlich sagen statt nur auf das Unvermeidliche zu schimpfen. Ich fuer mein Teil glaube, dass noch eine Menge verbessert werden kann, und ich suche nach ernsthafen Antworten.

#170 simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 23:00

Mein Vorschlag war doch von Anfang an, dass die SF-People, zu denen ich Dich und Oliver doch hier zaehle, eine zukuenftige Gesellschaft zu zeigen versuchen, die besser ist als die, ueber die ihr euch so beschwert. Denn veraendern koennen wir immer nur das, was noch vor uns liegt. Aber wenn man das Gefuehl hat, es laesst sich nichts aendern, dann soll man das ehrlich sagen statt nur auf das Unvermeidliche zu schimpfen. Ich fuer mein Teil glaube, dass noch eine Menge verbessert werden kann, und ich suche nach ernsthafen Antworten.

Ich weiss nicht genau, woher Du hast, dass ich mich "so über die Gesellschaft beschwere". Aus meinen Beiträgen in diesem Thread sicher nicht. Und ich weiss eigentlich auch nicht, wer die SF-People sind. Und vielleicht liegt es nur daran, dass ich müde bin, aber ich habe den Eindruck, dass Deine Posts immer wirrer werden und dass Du alles, was Du in den letzten Jahren so gelesen hast, irgendwie durcheinander schmeisst. Verstehen tu ich's auf jeden Fall je länger je weniger.

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#171 fremowolf

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 23:02

Irgendwie scheinen wir nicht die gleiche Sprache zu sprechen. Oliver hat nicht gesagt, dass die Gesellschaft, in der wir leben, verrottet ist. Er hat gesagt, dass das in Matchpoint so dargestellt wird. Ob er diese Einschätzung teilt, hat er mit keinem Wort erwähnt. Und aus irgend einem Grund hat Dich das dazu gebracht, ihn als Fundamentalisten zu beschimpfen.

Gut, also Frage an Dich und Oliver : Ist es eure Meinung, dass die von Woody Allen als moralisch verrottet gezeigte Gesellschaft moralisch verrottet ist, oder liegt Woody da falsch ?"

Vielleicht habe ich wirklich einen direkteren Stil. Wenn ich jemanden am Boden liegen sehe, dann helfe ich doch, statt zu schimpfen, dass ich in einer Welt lebe, in der ich Leute am Boden liegen sehen muss. Oder ?

Zumindest war mein Eindruck, dass Oliver sich die Sicht von Woody Allen zu eigen machen konnte. Ich hatte doch gesagt, es handele sich um einen tragischen "moralischen" Ungluecksfall in einer ansonsten durchaus vernuenftigen Gesellschaft. Und Oliver schrieb fast empoert dagegen an, es handele sich um das Bild einer moralisch korrupten Gesellschaft, in der der Ungluecksfall gleichsam nur ein Symptom fuer den wahren Zustand dieser Gesellschaft sei. Da habe ich gesagt : So extrem sehen das nur Fundis.

Bearbeitet von fremowolf, 18 Dezember 2008 - 23:03.


#172 simifilm

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 23:20

Zumindest war mein Eindruck, dass Oliver sich die Sicht von Woody Allen zu eigen machen konnte. Ich hatte doch gesagt, es handele sich um einen tragischen "moralischen" Ungluecksfall in einer ansonsten durchaus vernuenftigen Gesellschaft. Und Oliver schrieb fast empoert dagegen an, es handele sich um das Bild einer moralisch korrupten Gesellschaft, in der der Ungluecksfall gleichsam nur ein Symptom fuer den wahren Zustand dieser Gesellschaft sei. Da habe ich gesagt : So extrem sehen das nur Fundis.

Also irgendwie drehen wir uns da im Kreis. Oliver tat seine Meinung kund, welches Gesellschaftsbild der Film entwirft und dass Deine Interpretation, dass es hier nur "einen tragischen 'moralischen' Ungluecksfall in einer ansonsten durchaus vernuenftigen Gesellschaft" falsch ist. Und da bin ich mit ihm einig. Wie ernst gemeint die Gesellschaftskritik des Films wirklich ist und ob dass tatsächlich Allens Meinung ist, darüber kann man streiten (ich sehe den Film, obwohl er eine miese Gesellschaft zeigt, nicht primär als Gesellschaftskritik, sondern vor allem als Tragödie). Auf jeden Fall scheint es mir offensichtlich, dass die Hauptfigur in diesem Film ein Produkt ihrer Umwelt ist, und zu Deiner Sichtweise kann ich eigentlich nur sagen, dass Du den Film anscheinend nicht verstanden hast.

Gut, also Frage an Dich und Oliver : Ist es eure Meinung, dass die von Woody Allen als moralisch verrottet gezeigte Gesellschaft moralisch verrottet ist, oder liegt Woody da falsch ?"

Die Gesellschaft im Film ist es auf jeden Fall, falls das die Frage war. Wenn Du aber fragst, ob ich glaube, dass dies tatsächlich ein realistisches Abbild der Gesellschaft ist, in der wir leben, dann muss man differenzieren. Dass es die Tendenzen, die Matchpoint zeigt, wirklich gibt, steht für mich ausser Frage. Dass das Leben oft zufällig, ungerecht und ohne Happyend verläuft, ist eine Tatsache. Dass Leute aus gesellschaftlichem Zwang heraus Dinge tun, die sie im Grunde nicht wollen, ebenfalls. Aber natürlich ist das in Matchpoint ganz gezielt und effektvoll zugespitzt. Dass jemand durch die äusseren Umstände so korrumpiert wird, dass er einen Mord an der Frau begeht, die er liebt, ist ein Extremstfall, der so in der Realität kaum oder nur sehr selten auftritt.

Und damit wären wir mal wieder an einem Punkt, der Dir anscheinend Mühe bereitet: Fiktion und Realität sind zwei verschiedene Dinge. Filme und Romane verdichten und überhöhen die Wirklichkeit. Matchpoint zeigt sicher etwas, was in in Wirklichkeit auch gibt, aber er zeigt nicht die Gesellschaft, "so wie sie ist" - das kann nämlich kein Film.

Vielleicht habe ich wirklich einen direkteren Stil. Wenn ich jemanden am Boden liegen sehe, dann helfe ich doch, statt zu schimpfen, dass ich in einer Welt lebe, in der ich Leute am Boden liegen sehen muss. Oder ?

Das ist sehr anständig von Dir, und?

Bearbeitet von simifilm, 18 Dezember 2008 - 23:47.

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#173 fremowolf

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Geschrieben 18 Dezember 2008 - 23:58

Du scheint ein fundamentales Wahrnehmungsproblem zu haben. Ich sprach über die Gesellschaft, die Woody Allen in seinem fiktionalen Spielfilm "Matchpoint" beschreibt, nicht über meine Beurteilung unserer Gesellschaft. Nur fürs Protokoll: Ich bin nicht Woody Allen. Allen ist mWn der deutschen Sprache nicht mächtig.
Du wirst Verständnis dafür haben, dass ich aufgrund Deiner Entgleisungen in der Diktion jetzt die Diskussion mit Dir einstelle. Komm wieder, wenn Du halbwegs erwachsen geworden bist.

EDIT: Simi, überschnitten. <_<

Sorry Oliver, es tut mit leid, wenn ich Dich falsch gelesen habe, aber ich hatte in der Tat den Eindruck, dass Du Dir die Sicht von Allen zueigen gemacht hast. Da war fuer mich keine Distanz erkennbar. Und ausserdem kenne ich aus anderen Blogs etliche Leute, die sich da voellig identifizieren wuerden, die unsere Gesellschaft fuer durch und durch moralisch korrupt halten. Dazu habe ich eben einiges an Simifilm geschrieben, was ich hier nicht wiederholen muss.

Mein Argument war doch gewesen, dass Woody Allen, um einen spannenden menschlichen Konflikt zu zeigen, keinen Buergerkrieg als Hintergrund benoetigt, und dass auch in "Vom Winde verweht" und in "Dr.Schiwago" der Buergerkrieg nur Hintergrund ist und nicht das, was uns wirklich beschaeftigt. Und dem hast Du - wenn ich es richtig sehe - praktisch entgegengehalten, dass Allen zwar keinen Buergerkrieg, aber eine moralisch korrupte Gesellschaft als Hintergrund benoetige, um seinen Film durchzubringen. Ich fand das gewaltig uebertrieben und habe gefragt, woran man eigentlich eine moralisch korrupte Gesellschaft von einer "normalen" Gesellschaft unterscheide, und dass wohl nur Fundamentalisten und Adorno da keinen Unterschied sehen. Jetzt bist Du also beleidigt, obwohl Dir klar sein muss, dass es eine ganze Menge Leute gibt, die diese Gesellschaft genauso sehen wie die RAF : Als durch und durch moralisch korrupt. Man kann das ja so sehen, man muss es nur auch gut begruenden. Aber wenn Du sagst, das sei garnicht Deine Position, dann habe ich an der falschen Tuer geklingelt. Sorry.

Bearbeitet von fremowolf, 19 Dezember 2008 - 01:15.


#174 fremowolf

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Geschrieben 19 Dezember 2008 - 00:17

Ich weiss nicht genau, woher Du hast, dass ich mich "so über die Gesellschaft beschwere". Aus meinen Beiträgen in diesem Thread sicher nicht. Und ich weiss eigentlich auch nicht, wer die SF-People sind. Und vielleicht liegt es nur daran, dass ich müde bin, aber ich habe den Eindruck, dass Deine Posts immer wirrer werden und dass Du alles, was Du in den letzten Jahren so gelesen hast, irgendwie durcheinander schmeisst. Verstehen tu ich's auf jeden Fall je länger je weniger.

Ich gebe zu, dass ich selbst etwas erschoepft bin :

Ich bin hier mit einer - wie mir schien - sehr einfachen und direkten Frage angetreten : "Welche Zukunft wollen wir ?" Diese Frage war ernst gemeint, und sie war genau so gemeint, wie sie da steht. Alles uebrige, was ich gepostet habe, diente nur dazu, die vielen Aspekte dieser Frage zu beleuchten. Dass man sich ueber das Wuenschenswerte taeuschen kann, dass man in den 1920er Jahren ploetzlich erkannte, dass Rationalisierung nicht nur zur Vermehrung von Wohlstand, sondern auch zur Unterdrueckung von Menschen fuehren kann, usw.. Anders als Du meinst, habe ich mich nicht verwirrt. Ich wurde nur immer ratloser, weil ich zu meiner Verwunderung merkte, dass man meine einfache Frage offenbar nicht verstand. Es scheint paradoxerweise, dass SF-People sich unter Zukunft einfach nichts vorstellen koennen, was in irgendeinem Sinne real ist. Dabei gaebe es massenhaft Ansatzpunkte, und ich habe verschiedene benannt. Aber man ist ihnen ausgewichen. Ich mache mal zur Veranschaulichung eine Liste :

- Was ist falsch an Huxley's "Brave New World" ? Keine Antwort.
- Was ist falsch an Orwells "1984" ? Keine Antwort.
- Hat Will Smith gegen die Roboter in "I, Robot" Recht ? Keine Antwort.
- Sollen wir Kubrick in "Artificial Intelligence" Recht geben ? Keine Antwort.
- Welche Zukunft wollen wir ? Keine Antwort.
- Kennt jemand ein Buch oder einen Film, die ich uebersehen haben koennte, wo eine Zukunft gezeigt wird, in der zu leben wir uns als wuenschenswert vorstellen koennten - nicht als moeglich oder wahrscheinlich, sondern als wuenschenswert ? Keine Antwort.

Wir alle koennen mit Vergangenheit umgehen. Klar, denn die hat ja einmal stattgefunden, daher sind wir dafuer auch nicht mehr haftbar. Aber mit Zukunft koennen wir nicht umgehen, weil wir selbst es sind, die sie erst herstellen muessten, und das erlegt uns Verantwortung auf, und der weichen wir aus. Niemand will fuer die Zukunft verantwortlich sein. Ist das die Erklaerung ?

Ich werde in wachsendem Mahsse abgelenkt durch Probleme, die zu meiner Frage nichts beitragen. Was Oliver ueber "Matchpoint" geschrieben hat, ist interessant und richtig. Aber auf die Frage, ob Woody Allen die Gesellschaft richtig gesehen hat oder nicht, und was daraus fuer meine Frage "Welche Zukunft wollen wir ?" folgt, bekomme ich wieder keine Antwort. Ich wollte keine Interpretation eines Films, obwohl ich diese gut fand, sondern ich wollte einen Hinweis, was fuer die Zukunft daraus zu lernen sei.

Nicht ich verwirre mich. Ich bleibe bei der einen einfachen Ausgangsfrage : "Welche Zukunft wollen wir ?" Und genau auf diese Frage bekomme ich von Leuten, die mit dem Thema Zukunft dauernd beschaeftigt sind, ueberraschenderweise keine Antwort. Das gibt mir zu denken.

Vielleicht mache ich doch erst einmal Schluss, dann koennen beide Seiten darueber nachdenken, was auf diesem Thread eigentlich gelaufen ist. Ich bin jetzt bis Mitte Januar verreist, dann schaue ich mal, ob sich was getan hat. Ihr koennt ja den Thread auch ohne mich weiterfuehren, wenn es euch reizt.

Alles Gute und vielen Dank fuer alle Beitraege jedenfalls erst mal von Fremowolf allen, die hier teilgenommen haben.

Bearbeitet von fremowolf, 19 Dezember 2008 - 01:23.


#175 Ogion

Ogion

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Geschrieben 19 Dezember 2008 - 03:33

Ok, vlt. liest du das ja jetzt noch vor deinem Urlaub (wenn ja, dann Schönen Urlaub).

(Wenn die anderen damit zufrieden sind): Ich werde mal alles was bisher gesagt wurde aud dem kopf verdrängen, und diene Ausgangsfrage "Welche Zuklunft wollen wir?" beantworten, natürlich als, welche Zukunft will ich?

Ich möchte eine Zukunft, in der eine Reihe von Bedingungen erfüllt sind.

    [*]Es sollte uns gelungen sein, das weltweite Verteilungsproblem vor allem der Ernährung zu lösen. Im Welternährungsbricht '06 hieß es, dass die damals konkret produzierte Menge Nahrung für 12 Milliarden Menschen gereicht hätte, wenn sie richtig verteilt gewesen wäre. Das solltne wir besser hinkriegen.
    [*]Möglichst viele Menschen sollten in ihrer jeweiligen Gesellschaft möglichst viel Selbstbestimmung haben. Das ist natürlich meine persönlich politische Meinung.
    [*]Wir als Menschheit sollten erkannt haben, dass die Erde keine unendliche Lagerstätte für Ressourcen und Müll ist, sondern ein durchaus recht fragiles Lebenserhaltungssystem ist, welches wir mit Klugheit benutzen sollten. Wer in einem Raumshiff wahllos mit waffen rumschießt und Ressourcen verschleudert wird nicht lange überleben.
    [*]Schön wäre natürlich eine (beginnende, je nach Zeitspanne von der wir reden, ich denke ich rede hier von diesem Jahrhundert) Besiedelung "des Weltraums", also erste permantente Outposts im All, Resosurcenabbau auf Mond und anderen Himmelsobjekten, Produktion von gewissen dingen im Orbit...
    [/list]Das wären erst einmal die wichtigsten Punkte, die mir jetzt einfallen.
    War dies eine Antwort in deinem Sinne, fremowolf?

    Ogion
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#176 fremowolf

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Geschrieben 19 Dezember 2008 - 07:03

Ich empfehle zwei Lektüren: Sachbuch -- »Der Wille zur Utopie« von Marvin Chlada, Alibri Verlag. Thematisch ein guter Einstieg und breit gefächert. Überhaupt lesenswert. Roman -- »Anathem« von Neal Stephenson. Erstaunlich, wie Stephenson Ideengeschichte in Erzählform bringt, dabei anhand seiner fiktiven Gesellschaft unsere Gegenwart (kritisch) reflektiert und utopische Ausblicke auf ein (vielleicht, womöglich) vernünftigeres Langzeitmanagement unterbreitet.

Vielen Dank Molosovsky, sowohl fuer "moral support" wie fuer die Tipps. Ich finde mich manchmal als Hecht im Karpfenteich und provoziere auch gerne mal, bin auch locker im nehmen und amuesiere mich ueber Beleidigungen, weil ich im Grunde freundlich bin. Freundlich bedeutet aber nicht unernst. Meine Frage "Welche Zukunft wollen wir ?" war und bleibt ernst gemeint, wirkt aber doch anscheinend auf manche ein wenig shocking. Meine Vermutung ist, dass dies daran liegt, dass manche sich zu sehr daran gewoehnt haben, SF nur als Teil der Literatur ("sub-genre") zu sehen, und somit als Teil der "Unterhaltung" im weiteren Sinne. "Realitaet" scheint sich anderswo abzuspielen. Ein Philosoph sieht das nicht so. Fuer den ist "hier und jetzt" die Realitaet, fuer ihn gilt "the future begins NOW !" Er schiebt die Zukunft nicht auf ein Nebengleis ab, er spiesst sie nicht auf ein Loeschblatt wie es der Entomologe mit seinen Kaefern tut, sondern die Fliegen der Zukunft brummen um ihn herum und belaestigen ihn. Das ist gemeint mit der Aussage, dass die Frage "Welche Zukunft wollen wir ?" vollkommen ernst gemeint ist, auch wenn mein stark entwickelter Spieltrieb ("Monsters Inc." hat mir sehr gefallen !) das manchmal etwas verdeckt. So erklaert sich vielleicht auch das Missverstaendnis, dass meine Frage nach SF-Buechern und Filmen sich auf diese selbst richtet. Tut sie nicht. Mein Interesse als Philosoph gilt der Zukunft selbst, der realen, die hier und jetzt vor uns steht, die wir zu nehmen und zu besiegen haben - als Zukunft, nicht als Roman oder Film. Das wurde offenbar missverstanden. Nur war es doch naheliegend, die Experten fuer Buch und Film zu fragen, was man denn dort schon versucht hat, um sich die Zukunft vorzustellen. Ich bin jetzt erst mal fuer drei Wochen fort. Aber obwohl die Debatte schon teilweise ziemlich hitzig geworden ist - was mir natuerlich gefallen kann - sind wir eigentlich erst am Anfang der Diskussion meiner Ausgangsfrage. Man faengt langsam an, zu verstehen, dass es mir nicht um die Klassifizierung der "Fliegen der Zukunft" ging, sondern darum, mit ihnen fertig zu werden. Vielleicht - und hoffentlich - wird die Debatte (Schlagabtausch, von battre=schlagen) noch richtig spannend werden. Die Zukunft als Urwald, Wueste, und Feuchtbiotop mit Schnaken und Krokodilen und anderen Laestigkeiten - auch metaphysischer Art : Warum nicht ? Genau so ! Die Zukunft schiebt keinen Kinderwagen im Park, sie steht vor uns, sie ist ein Catcher.

Bearbeitet von fremowolf, 19 Dezember 2008 - 07:08.


#177 simifilm

simifilm

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Geschrieben 19 Dezember 2008 - 07:20

Ich gebe zu, dass ich selbst etwas erschoepft bin :

Ich bin hier mit einer - wie mir schien - sehr einfachen und direkten Frage angetreten : "Welche Zukunft wollen wir ?"

Nur mal fürs Protokoll: Das stimmt eben nicht. Du bist mit einem ganzen Strauss von Fragen angetreten, den Du fortlaufend erweiterst. Ursprünglich war's mal etwas in der Art von "Welche positiven und plausiblen Zukunftsentwürfe entwirft die SF". Zu diesem Thema habe ich mich ausführlichst geäussert und zwar in dem Sinne, dass ich glaube, dass das keine sinnvolle Frage ist, weil die SF eben gar nicht sonderlich dazu geeignet ist, positive und plausible Zukunftsszenarien zu entwerfen.

Aber all diese Ausführungen hast Du weitgehend ignoriert, stattdessen hast Du einen hypothetischen positiven SF-Film entworfen. Dabei hast Du die Tatsache, dass in über 100 Jahren Filmgeschichte nichts gemacht wurde, was dem auch nur annähernd nahe kommt, ebenso zur Seite geschoben wie meine theoretischen Einwände. Stattdessen hast Du von der Tatsache, dass es das, was Du suchst, in der SF nicht gibt, darauf geschlossen, dass SF-Leser grundsätzlich den Kopf in den Sand stecken und Du der einzige bist, der sich für die Zukunft interessiert.

- Was ist falsch an Huxley's "Brave New World" ? Keine Antwort.
- Was ist falsch an Orwells "1984" ? Keine Antwort.

Was falsch an denen ist? Dass sie Diktaturen sind, die die Menschen gezielt verdummen. Aber das ist ja gar keine Frage, um das geht's ja in den Büchern.

- Hat Will Smith gegen die Roboter in "I, Robot" Recht ? Keine Antwort.
- Sollen wir Kubrick in "Artificial Intelligence" Recht geben ? Keine Antwort.

Beides völlig irrelevante Fragen, da sie Szenarien entwerfen, die kein bisschen plausibel sind.

- Kennt jemand ein Buch oder einen Film, die ich uebersehen haben koennte, wo eine Zukunft gezeigt wird, in der zu leben wir uns als wuenschenswert vorstellen koennten - nicht als moeglich oder wahrscheinlich, sondern als wuenschenswert ? Keine Antwort.

Dazu gab es sehr wohl Antworten.

Es sollte uns gelungen sein, das weltweite Verteilungsproblem vor allem der Ernährung zu lösen. Im Welternährungsbricht '06 hieß es, dass die damals konkret produzierte Menge Nahrung für 12 Milliarden Menschen gereicht hätte, wenn sie richtig verteilt gewesen wäre. Das solltne wir besser hinkriegen.
Möglichst viele Menschen sollten in ihrer jeweiligen Gesellschaft möglichst viel Selbstbestimmung haben. Das ist natürlich meine persönlich politische Meinung.
Wir als Menschheit sollten erkannt haben, dass die Erde keine unendliche Lagerstätte für Ressourcen und Müll ist, sondern ein durchaus recht fragiles Lebenserhaltungssystem ist, welches wir mit Klugheit benutzen sollten. Wer in einem Raumshiff wahllos mit waffen rumschießt und Ressourcen verschleudert wird nicht lange überleben.
Schön wäre natürlich eine (beginnende, je nach Zeitspanne von der wir reden, ich denke ich rede hier von diesem Jahrhundert) Besiedelung "des Weltraums", also erste permantente Outposts im All, Resosurcenabbau auf Mond und anderen Himmelsobjekten, Produktion von gewissen dingen im Orbit...

Nur um zu zeigen, dass Du nicht ganz der einzige bist, der sich zu solchen Fragen den Kopf zerbricht: Im Grunde sind diese Antworten von Ogion Plattitüden. Und das ist nicht gegen Ogion gerichtet. Was ich damit sagen will, ist, dass es wohl kaum jemanden gibt, der Punkt 1 und 3 im Prinzip nicht unterstützen würde. Wahrscheinlich gilt das auch für den zweiten Punkt. Widerspruch sehe ich nur beim Letzten. Die allermeisten Menschen sind sich wohl darin einig, dass der Mensch möglichst viel Selbstbestimmung haben sollte, nur gibt es grosse Unterschiede, was das konkret heisst. Für den einen heisst das, Staat auf ein Minimum reduzieren, für den anderen genau nicht. Und das ist genau das, was ich auch schon eine Weile zu erklären versuche: Auf dieser abstrakten Ebene bringt diese Diskussion wenig. Und auch Filme oder Romane bringen Dir hier nicht viel, weil sie viel besser darin sind, grundsätzliche Fragen zuzuspitzen, als wirklich konkrete Lösungen anzubieten. Wenn Du aber fragst, wie die Zukunft tatsächlich aussehen soll, dann wird die konkrete Umsetzung zur wirklich interessanten Frage. Mehr Selbstbestimmung für jeden - Ja wunderbar. Bloss wie setzt man das um, dass dennoch Schutz für jeden gewährleistet ist? Und genau hier kann Fiktion eben sehr wenig leisten. Ja, ich möchte eine Welt ohne Umweltprobleme, in der alle genug zu essen haben. - Grossartig, was? Nur ist damit eben überhaupt nichts gesagt. Die Frage ist, wie man so etwas erreicht, und das ist etwas, was Dir kein Film bieten kann.

Bearbeitet von simifilm, 19 Dezember 2008 - 07:39.

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Geschrieben 19 Dezember 2008 - 07:25

Meine Vermutung ist, dass dies daran liegt, dass manche sich zu sehr daran gewoehnt haben, SF nur als Teil der Literatur ("sub-genre") zu sehen, und somit als Teil der "Unterhaltung" im weiteren Sinne. "Realitaet" scheint sich anderswo abzuspielen. Ein Philosoph sieht das nicht so. Fuer den ist "hier und jetzt" die Realitaet, fuer ihn gilt "the future begins NOW !" Er schiebt die Zukunft nicht auf ein Nebengleis ab, er spiesst sie nicht auf ein Loeschblatt wie es der Entomologe mit seinen Kaefern tut, sondern die Fliegen der Zukunft brummen um ihn herum und belaestigen ihn. Das ist gemeint mit der Aussage, dass die Frage "Welche Zukunft wollen wir ?" vollkommen ernst gemeint ist, auch wenn mein stark entwickelter Spieltrieb ("Monsters Inc." hat mir sehr gefallen !) das manchmal etwas verdeckt. So erklaert sich vielleicht auch das Missverstaendnis, dass meine Frage nach SF-Buechern und Filmen sich auf diese selbst richtet. Tut sie nicht. Mein Interesse als Philosoph gilt der Zukunft selbst, der realen, die hier und jetzt vor uns steht, die wir zu nehmen und zu besiegen haben - als Zukunft, nicht als Roman oder Film. Das wurde offenbar missverstanden. Nur war es doch naheliegend, die Experten fuer Buch und Film zu fragen, was man denn dort schon versucht hat, um sich die Zukunft vorzustellen.

Vielleicht bin ich momentan einfach ein bisschen gereizt, aber mir geht dieses ewige Betonen, das Du "von der philosophischen Seite herkommst", mittlerweile gewaltig auf den Wecker. Um es mal ganz plump und arrogant zu sagen: Ich behaupte, dass ich als jemand, der in Geisteswissenschaften promoviert hat und sich in diesem Rahmen intensiv mit Utopien auseinandergesetzt hat, auch zwei, drei Dinge über Philosophie weiss (beispielsweise weiss ich, dass die Aussage "Ein Philosoph sieht etwas so und so" Humbug ist).

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#179 fremowolf

fremowolf

    Yoginaut

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Geschrieben 19 Dezember 2008 - 07:34

Ok, vlt. liest du das ja jetzt noch vor deinem Urlaub (wenn ja, dann Schönen Urlaub).

(Wenn die anderen damit zufrieden sind): Ich werde mal alles was bisher gesagt wurde aud dem kopf verdrängen, und diene Ausgangsfrage "Welche Zuklunft wollen wir?" beantworten, natürlich als, welche Zukunft will ich?

Ich möchte eine Zukunft, in der eine Reihe von Bedingungen erfüllt sind.


    [*]Es sollte uns gelungen sein, das weltweite Verteilungsproblem vor allem der Ernährung zu lösen. Im Welternährungsbricht '06 hieß es, dass die damals konkret produzierte Menge Nahrung für 12 Milliarden Menschen gereicht hätte, wenn sie richtig verteilt gewesen wäre. Das solltne wir besser hinkriegen.
    [*]Möglichst viele Menschen sollten in ihrer jeweiligen Gesellschaft möglichst viel Selbstbestimmung haben. Das ist natürlich meine persönlich politische Meinung.
    [*]Wir als Menschheit sollten erkannt haben, dass die Erde keine unendliche Lagerstätte für Ressourcen und Müll ist, sondern ein durchaus recht fragiles Lebenserhaltungssystem ist, welches wir mit Klugheit benutzen sollten. Wer in einem Raumshiff wahllos mit waffen rumschießt und Ressourcen verschleudert wird nicht lange überleben.
    [*]Schön wäre natürlich eine (beginnende, je nach Zeitspanne von der wir reden, ich denke ich rede hier von diesem Jahrhundert) Besiedelung "des Weltraums", also erste permantente Outposts im All, Resosurcenabbau auf Mond und anderen Himmelsobjekten, Produktion von gewissen dingen im Orbit...
    [/list]Das wären erst einmal die wichtigsten Punkte, die mir jetzt einfallen.
    War dies eine Antwort in deinem Sinne, fremowolf?

    Ogion

Ich sags mal so : Immerhin nimmst Du die Frage jetzt ernst, so wie sie gemeint ist, und als Dosenoeffner fuer die Buechse der Pandora kann man Deine Liste schon mal brauchen. Aber da liegt noch ein langer Weg vor uns, um mit all den Monstern umzugehen, die da noch aus der Dose kriechen werden. Ich habe ja bisher nur weniges angedeutet. Es sind nicht nur die Oeko- und Technosysteme. Hinzu kommen soziale Systeme, Denksysteme, Wertsysteme, Orientierungssysteme geistiger Art - sozusagen das metaphysische GPS und manches andere. Vor allem - das war der Sinn meines laengeren Statements ueber das "Kippen" des Zukunfts-Optimismus nach dem WK-I : Es gibt einige sehr problematische Paradoxien. Wir haben Ziele, das gelobte Land. Und manchmal werden die Ziele immer fragwuerdiger, je mehr man sich ihnen naehert. Das war schon die Meinung mancher Philosophen vor dem WK-I in Russland, als dort der Kommunismus gedanklich vorbereitet wurde : "Das Schlimmste, was den Menschen passieren koennte, ist vielleicht, dass sie ihre Ziele erreichen." Was natuerlich nur besagen wuerde, dass es die falschen Ziele waren. Das gehoert zur Fundamentalkritik der Moderne und des Fortschritts. Was wissen wir ueberhaupt ueber unsere Ziele ?

Wir muessen dahin kommen - und das war auch der Sinn meiner Frage, sozusagen ihre Tiefendimension - uns selbst auf dem langen Marsch in die Zukunft zuzusehen : Wohin streben wir eigentlich ? Was lockt uns, was treibt uns an ? Wie gewinnen wir Abstand zu unseren falschen Traeumen ?

Ich habe nichts gegen Weltraummissionen und Reisen im Generationenschiff zu fernen Planeten. Aber das hat keine Prioritaet. Wie Simifilm richtig sagt, ist das vorlaeufig unbezahlbar, es gibt zu viel Wichtigeres. Auch bei der Mondlandung ging es den USA vor allem darum, die technische Ueberlegenheit gegenueber dem Rest der Welt wieder herzustellen, nachdem die zeitweilig durch den Sputnikschock in Frage gestellt worden war. Dass es der Mond sein musste war nur ein PR-Gag, damit die Waehler auch die Milliarden fuer diesen Technologieschub bewilligten. Kennedy wollte vor allem einen Anlass, dass viele grohsse Institute lernten, an einem grohssen Projekt gemeinsam zu arbeiten. Es ging also auch um einen Test der Fuehrungsfaehigkeit und des Managements von Grohssprojekten. Die Vision der Eroberung des Mondes hielt alle diese Bestrebungen im Bewusstsein der Oeffentlichkeit zusammen. Was man ueber den Mond erfuhr war die Muehe und das Geld nicht wert. Wettstreit zwischen den Grohssen - USA, EU, China, Indien, Russland - wird auch in Zukunft immer eine der Haupt-Schubkraefte der Erneuerung sein.

Aber die "tiefen" Probleme, was ich "die Buechse der Pandora" nannte, gehen dabei nicht fort. Die Frage, was wir hier eigentlich tun und warum, was unsere wahren Ziele und Werte sind - und ob sie das sein sollten, diese Frage bleibt immer die wichtigste. Mein oberflaechlicher Eindruck ist, dass die SF das noch garnicht so richtig zur Kenntnis genommen hat. Aber ich lerne da selbst erst, und halte mich daher besser zurueck. Wenn die Experten mir zustimmen - umso besser (oder auch umso schlechter fuer die SF).

Also dann bis in drei Wochen wieder. Alles Gute vom Fremowolf

Bearbeitet von fremowolf, 19 Dezember 2008 - 08:49.


#180 fremowolf

fremowolf

    Yoginaut

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Geschrieben 19 Dezember 2008 - 07:50

Vielleicht bin ich momentan einfach ein bisschen gereizt, aber mir geht dieses ewige Betonen, das Du "von der philosophischen Seite herkommst", mittlerweile gewaltig auf den Wecker. Um es mal ganz plump und arrogant zu sagen: Ich behaupte, dass ich als jemand, der in Geisteswissenschaften promoviert hat und sich in diesem Rahmen intensiv mit Utopien auseinandergesetzt hat, auch zwei, drei Dinge über Philosophie weiss (beispielsweise weiss ich, dass die Aussage "Ein Philosoph sieht etwas so und so" Humbug ist).

Ich glaube, eine der kaum zu vermeidenden Schwierigkeiten dieser Debatten ist, dass wir nicht die Zeit und Kraft haben, immer so sorgfaeltig zu differenzieren, wie es eine Fragestellung erfordert. Natuerlich gibt es "den" Philosophen nicht. Von zwei Dutzend Richtungen in der Gegenwart zu reden, waere noch zu wenig. Man muss nur mal im Kroenerband "Philosophie der Gegenwart" (KTA 423) blaettern, um sich das wieder bewusst zu machen. Und auch dessen Neuauflage ist unvollstaendig. Aber das Gleiche gilt fuer die SF-Szene. "Die" SF gibt es auch nicht. Wenn wir es also hinkriegen, alles Emotionale weitgehend flach zu halten, und uns gegenseitig ein paar gute Tipps zu geben und gute Fragen zu stellen, dann haben wir es doch gut gemacht ? Mehr ist garnicht zu haben. Ich habe eben in einem anderen Posting geschrieben, dass diese Debatte ueberhaupt erst anfaengt, spannend zu werden. Wenn alle Beteiligten nach Ostern sagen koennen, sie haetten etwas gelernt, dann war es die Muehe wert. Und dass man sich manchmal anschreit kann ja auch als ein gutes Zeichen gewertet werden. Also erst einmal alles Gute ueber die Feiertage, ab Mitte Januar dann wieder voll rein. Jedenfalls bin ich Dir dankbar, weil niemand hier sich so voll engagiert hat. Auch ich bin einfach nur sehr spontan und direkt, aber nicht empfindlich. Ein Raufbold, aber auch kein verbissener.

Bearbeitet von fremowolf, 19 Dezember 2008 - 07:52.



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