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Christian Kracht: Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten


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56 Antworten in diesem Thema

#31 raps

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Geschrieben 30 Januar 2009 - 13:00

Aiaiai, es könnte sehr gut sein, dass ich mich in Sachen Scheck vergaloppiert habe. Ich weiß zwar noch genau, dass er einst in der von mir erwähnten Radiodiskussion Dath gelobt hat, ob er aber wirklich meine zweite 'Hass'-Quelle für Kracht war, kann - und sollte ich wohl - nicht beschwören. Leider habe ich bei dradio.de auch nicht das Protokoll der damaligen Sendung gefunden (ich hatte ja noch die stille Hoffnung, meine 'Verachtung' einem seiner Mitdiskutanten - also Hubert Winkels oder Hajo Steinert - anhängen zu können; das klappt leider auch nicht). Tja, es scheint so, als bekäme ich nicht mehr zusammen, welcher andere Kritiker Kracht noch in die Pfanne gehauen hat.Als Entschuldigungsversuch vielleicht das Folgende:1) Einbildung ist auch 'ne Bildung;2) Wenn ich jedesmal meinen Fingern Einhalt gebiete, wenn ich mir meiner Sache nur zu 90 % sicher bin, tippe ich hier wohl gar nichts mehr ein (und ich vermute mal, Euch Lesern dieser Zeilen ginge es auch nicht anders :-) );3) Vielleicht ist einigen hier ja mit den unten stehenden DLF-Links zu Besprechungen der letzten 2 Dath-Romane geholfen.Viele Grüße (einige davon zerknirscht), Rainerwww.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/704571/www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/887994/

#32 Armin

Armin

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Geschrieben 30 Januar 2009 - 13:10

Leider habe ich bei dradio.de auch nicht das Protokoll der damaligen Sendung gefunden

Meinst du die Sendung hier? http://ondemand-mp3....32_6d5d65a9.mp3

#33 Oliver

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    Temponaut

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Geschrieben 30 Januar 2009 - 17:11

Lediglich bei der Sprache kann Kracht mithalten, aber in allen anderen Gesichtspunkten hat Dick die Nase vorne: Die Handlung ist interessanter, das Ende wird vorbereitet. Die Welt wird besser beschrieben und die Protagonisten sind viel lebendiger. Diesen Roman kann nur jemand als Meisterwerk bezeichnen, der keine Ahnung von Phantastik hat

Puh, eine gewagte These.

*zu mir selbst heimlich murmel: gut und ein Glück , dass ich den Roman nicht als Meisterwerk bezeichnet habe* :smokin:

Du stellst jetzt genauso wie Alfred die steile These auf, dass es ein festes Regelwerk gibt, wie man einen Phantastik-Roman zu schreiben hat und das Kracht diese Regeln nicht beherrscht. Ich würde das schon etwas kompexer sehen wollen:
Kennt er die Genre-Konventionen nicht (das hat Anne Rice am Anfang ihrer Karriere eher genützt als geschadet, weil sich das 'frisch' las?!) oder kennt er sie und setzt sich bewusst darüber hinweg - und "darf" er das?
Und: Welches Publikum wollte er ansprechen? Offensichtlich nicht das Feuilleton, Attribute wie "kriegslüsterne Schmonzette" zeugen da wirklich von Hilflosigkeit.
  • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
  • (Buch) als nächstes geplant:"Tales of the Shadowmen 2", J.-M. Lofficier (ed.)
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#34 kah299887

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    Illuminaut

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Geschrieben 30 Januar 2009 - 18:42

Denis Scheck hat in der Sendung Druckfrisch ein Gespräch mit Kracht über das Buch gehabt. Denis Scheck hat das Buch wohl gefallen. Warum auch immer. Außer der nahezu perfekten Sprache gibt es eigentlich nicht viel was mir an dem Roman gefällt. Aber ich spreche da auch immer nur von mir. Ich glaube weder das es irgendwelche "Gesetzte" bzgl. Phantastik gibt die es unbedingt einzuhalten gibt, noch denke ich das Kracht keine Ahnung hat. Er hat nur einfach meinen Geschmack nicht getroffen. Das Buch hat es einfach nicht geschafft mich zu berühren. Nachfolgend noch der Link zu dem Interview mit Kracht http://mediathek.das...v...goto=1 Gruß

#35 †  a3kHH

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Geschrieben 30 Januar 2009 - 22:19

Die Meinung einzelner kann übermäßig vergrößert werden & alle, ob sie das Buch nun gelesen haben, oder nicht dreschen drauf ein... :huh:

Bullshit. Als ich das Buch kaufte, war ich sicher, den diesjährigen DSFP-Preisträger in der Hand zu haben. Also erzähl' mir nix von Voreingenommenheit durch die Massenmedien, das Buch ist einfach nicht gut genug. Insbesondere ist es nicht so, wie Deine Überinterpretation es darstellt.

Bearbeitet von a3kHH, 30 Januar 2009 - 22:19.


#36 raps

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Geschrieben 31 Januar 2009 - 16:48

Meinst du die Sendung hier? http://ondemand-mp3....32_6d5d65a9.mp3

Herzlichen Dank für den Tipp, Armin, es scheint, dass die Mp3-Datei sich speziell mit Christian Kracht befasst, während ich an ein allgemeines Gespräch der 3 Literaturredakteure zum Thema "Deutscher Buchpreis" dachte. Leider kriege ich es auch nicht hin, mir die von Dir angegebene Datei anzuhören (sicher liegt's wieder an meiner technischen Unbedarftheit), da mein Internet-Computer keine Lautsprecher hat und ich nicht weiß, wie ich die heruntergeladene Datei abspeichern soll (habe meinen Windows Media Player bisher nur - auf einem anderen Rechner - zum Abspielen benutzt). Schade! Grüße, Rainer

#37 raps

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Geschrieben 31 Januar 2009 - 17:12

Ich habe soeben noch einmal ein paar Minuten bei perlentaucher.de investiert und bemerkt, dass offenbar die ganze überregionale Presse Krachts Roman rezensiert - und überwiegend für zu leicht befunden - hat. Ich erspare mir mal das Zitieren einiger derber Urteile. Am positivsten sah Dietmar Dath in der FAZ den Roman, wobei ich bei dieser Besprechung nicht ausblenden konnte, dass die FAZ sich bei Erscheinen der Rezi gerade anschickte, das Buch als Fortsetzungsroman abzudrucken. Hier der Link, von dem aus man zu den einzelnen Kritiken findet: http://www.perlentau...buch/30367.html Grüße, Rainer

#38 Electric Wizard

Electric Wizard

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Geschrieben 31 Januar 2009 - 21:18

@a3kHH:

Bullshit.

Solche Ausfälligkeiten verbitte ich mir. Man kann durchaus anderer Meinung sein, aber dennoch die Regeln einer jeden Diskussion beibehalten. Auch wenn man partout nicht auf einen Nenner kommt. Versuchs ruhig mal - das kannst du bestimmt auch... Oder zu deutsch: Äußerungen wie diese sind schon mehr als an der Grenze zur Beleidigung. Versuch doch bitte etwas Niveau zu halten...

#39 Martin Stricker

Martin Stricker

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 02:05

Jetzt aber mal im Ernst: Dass ein Buch auf so vehemente Ablehnung bei einigen stößt & andere es in den höchsten Tönen loben, heißt zumindest, dass es einen nicht so schnell kalt lässt.

Falsch. Es läßt mich kalt. Das ist ja gerade, was mich daran stört.

Das kann man von vielen anderen Büchern nicht gerade behaupten. Also irgendwas hat das Buch.

Ja, gute Sprache. Das reicht aber nicht.

Ob das 'große Geschichtenerzählen' jetzt beabsichtigt war, daran darf man wohl zurecht zweifeln. Aber ich finde einige Aspekte des Buches sprechen eindeutig dafür, dass der Autor eben bewusst diese und keine andere Form für sein Werk gebraucht hat:

Definitiv. Ein Parallelweltroman mit einer kommunistischen Großmacht Schweiz bietet Stoff für mindestens einen Ziegelstein - wenn man den Stoff zu nutzen versteht...

Es ist ein sehr starkes Stilmittel, den Verlust der Schrift, wie er in dem Buch beschrieben wird, durch eben dieses Zerfastern des Textes zu verdeutlichen. Das Fehlen von Aufzeichnungen wird quasi durch das Fehlen von Aufzeichnungen ausgedrückt. Die Sprache spricht eindeutig dafür, dass hier mit großer Sorgfalt an jeder Szene, jedem Satz gefeilt wurde. Das klingt für mich nicht gerade nach einem planlosen Autor. Dieser Rote Faden der ins Nichts führt kann auch als Weg der Menschheit verstanden werden. Ich habe weiter oben schonmal den Vergleich mit "Das Herz der Finsternis" gebraucht. Der scheint mir auch hier angemessen. Der Protagonist findet seine eigene Zukunft quasi in der Vorzivilistorischen Vergangenheit der Menschheit - Heimkehr nach Afrika - nachdem die westliche Welt im Bombenhagel untergeht. Afrika ist hier wohl auch Symbol für eine vermeintlich gezähmte Welt- aber das atavistische, ursprüngliche liegt den Menschen näher, als sie glauben & während sie in Europa im Krieg verrohen, holen sich die Afrikaner ihre Heimat zurück

Wenn ich Dich richtig verstehe, stellt Du gut gearbeitete Stilmittel über eine gut erzählte Geschichte. Also Kunst um der Kunst willen, Stilmittel als Selbstzweck. Dem möchte ich *entschieden* widersprechen. Bei einem *Roman* muß die Erzählung und die Charakterisierung der Personen im Vordergrund stehen (sonst verdient das Werk die Bezeichnung Roman nicht). Ein Autor, der Stilmittel über die Erzählung stellt, hat meiner Meinung nach den Sinn der *erzählenden* Literatur nicht begriffen.

Natürlich kann ich verstehen, dass viele eine eher 'konventionelle' Literatur bevorzugen, aber "Ich werde hier sein..." ist durch seine Andersartigkeit auch schlicht - erfrischend anders.

Tja, das ist dann wohl Geschmackssache. Mein Eindruck ist eher "Thema verfehlt, Sechs, setzen!"

Kennt er die Genre-Konventionen nicht (das hat Anne Rice am Anfang ihrer Karriere eher genützt als geschadet, weil sich das 'frisch' las?!) oder kennt er sie und setzt sich bewusst darüber hinweg - und "darf" er das?

Natürlich darf er das - Eine Konvention ist eine Übereinkunft, da kann man sich dran halten, muß man aber nicht. Solche Übereinkünfte haben freilich meist einen Sinn, sonst wären sie nicht zustandegekommen. Wer sie verläßt, geht also ein Risiko ein. Dieses Risiko ist Kracht eingegangen (falls er sich dessen bewußt war) und hat es meiner Meinung nach nicht geschafft, ein gutes Werk zu schaffen.

#40 raps

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 09:50

@ shugal:

Ein kurzer pedantischer Einwurf meinerseits, mit dem ich nur darauf hinweisen will, dass Dein kategorisches Urteil (w e n n es denn so gemeint war - und nicht als reine Geschmacksäußerung) oben ...

"Bei einem *Roman* muß die Erzählung und die Charakterisierung der Personen im Vordergrund stehen (sonst verdient das Werk die Bezeichnung Roman nicht)."

... sicher von kaum einem (wenn überhaupt einem) Literaturwissenschaftler oder professionellen Literaturkritiker geteilt würde.

Grüße, Rainer

#41 †  a3kHH

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 18:22

@ shugal: Ein kurzer pedantischer Einwurf meinerseits, mit dem ich nur darauf hinweisen will, dass Dein kategorisches Urteil (w e n n es denn so gemeint war - und nicht als reine Geschmacksäußerung) oben ...
"Bei einem *Roman* muß die Erzählung und die Charakterisierung der Personen im Vordergrund stehen (sonst verdient das Werk die Bezeichnung Roman nicht)."
... sicher von kaum einem (wenn überhaupt einem) Literaturwissenschaftler oder professionellen Literaturkritiker geteilt würde.

Verstehe ich Dich richtig, daß diese Leute den Erstsemester-Stoff nicht mehr drauf haben ?
http://books.google....id=iJxSZ-_jscMC

#42 molosovsky

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 18:59

Ein Roman ist ein sprachliches Gewebe mit ausgedachtem Inhalt.Das Gewebe kann aus allen Möglichen bestehen. So soll es z.B. Romane geben, die keine wörtliche Rede (auch keine Beschreibungen) enthalten. Es soll Romane geben, die außer wörtlicher Rede nichts anderes enthalten.Erzählung kann das, was als Roman gelesen wird, allein schon dadurch werden, dass es gelesen wird. Man kann, muss aber nicht, dabei dem Leser entgegenkommen mit bewährten Kniffen der Erzählkunst.Alle Thesen, was im Vordergrund zu stehen hat, damit eine Fiktion ein Roman sei, halte ich für bescheuklappt. Da kann man ja z.B. gleich sagen: »Bei einem *Roman* muß das Mutmachen und die Liebe zum Vaterland im Vordergrund stehen (sonst verdient das Werk die Bezeichnung Roman nicht).«GrüßeAlex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

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#43 †  a3kHH

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 20:10

Alle Thesen, was im Vordergrund zu stehen hat, damit eine Fiktion ein Roman sei, halte ich für bescheuklappt.

Im Prinzip stimme ich Dir zu. Ist aber bei Licht betrachtet Unsinn. War mir auch nicht klar, bis Martin es in groben Ansätzen (!) formuliert hat.

#44 Martin Stricker

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 20:49

Ein kurzer pedantischer Einwurf meinerseits, mit dem ich nur darauf hinweisen will, dass Dein kategorisches Urteil (w e n n es denn so gemeint war - und nicht als reine Geschmacksäußerung) oben ...

"Bei einem *Roman* muß die Erzählung und die Charakterisierung der Personen im Vordergrund stehen (sonst verdient das Werk die Bezeichnung Roman nicht)."

... sicher von kaum einem (wenn überhaupt einem) Literaturwissenschaftler oder professionellen Literaturkritiker geteilt würde.

Ein Roman ist ein sprachliches Gewebe mit ausgedachtem Inhalt.
Das Gewebe kann aus allen Möglichen bestehen. So soll es z.B. Romane geben, die keine wörtliche Rede (auch keine Beschreibungen) enthalten. Es soll Romane geben, die außer wörtlicher Rede nichts anderes enthalten.
Erzählung kann das, was als Roman gelesen wird, allein schon dadurch werden, dass es gelesen wird. Man kann, muss aber nicht, dabei dem Leser entgegenkommen mit bewährten Kniffen der Erzählkunst.

Alle Thesen, was im Vordergrund zu stehen hat, damit eine Fiktion ein Roman sei, halte ich für bescheuklappt. Da kann man ja z.B. gleich sagen: »Bei einem *Roman* muß das Mutmachen und die Liebe zum Vaterland im Vordergrund stehen (sonst verdient das Werk die Bezeichnung Roman nicht).«

Möglicherweise mißverstehe ich da ja was, aber für mich klingen Eure Aussagen so, als wäre alles, was zwischen zwei Buchdeckel paßt, irgendwie fiktional und ein ein bischen lang geraten ist, automatisch ein Roman. Dieser Meinung mag ich mich nicht anschließen. Ich weiß, daß diese Unterscheidung im deutschen Sprachraum nicht so gemacht wurde, aber für mich ist "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" kein Roman, sondern eine Romanze (englisch romance).

Um Deine Metapher vom "sprachlichen Gewebe" aufzugreifen, Alex: Die Gewebeart ist für die Klassifizierung eines literarischen Werks nicht ausschlaggebend, sondern die aus diesem Gewebe geschneiderte Form. Also eben ein Roman, eine Romazne, eine Novelle (gerade an die werden weitere Anforderungen gestellt als nur eine zu lang geratene Kurzgeschichte zu sein!), eine Kurzgeschichte... Du hälst eine Jeansjacke doch auch nicht für eine Hose, bloß weil sie aus Jeansstoff ist (wobei es praktisch keine Jeans mehr gibt, die bestehen inzwischen aus Denim).

Ich sehe mit großem Mißmut, daß Verleger (und möglicherweise auch Autoren) es sich einfach machen und überall das Etikett "Roman" draufpappen, ohne zu überprüfen, ob das nun Etikettenschwindel ist. Neu ist mir allerdings, daß die Literaturwissenschaft (in Deutschland oder auch anderswo?) diese Faulheit nun übernommen hat. Es widerspricht auf jeden Fall dem, was ich in der Schule über die Definition der Literaturformen gelernt habe, bei denen ging es hauptlichlich um Inhaltsschwerpunkte und Erzählarten bzw. -schwerpunkte, nicht einfach nur um die Länge. Ist zugegeben schon länger her, vielleicht habe ich auch einiges vergessen, aber ich glaube nicht, daß mein Erinnerungsvermögen *so* schlecht ist.

Bearbeitet von shugal, 01 Februar 2009 - 20:52.


#45 simifilm

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 21:19

Ich kann nichts zur Diskussion zu Kracht beitragen, aber die Diskussion darüber, was ein Roman denn nun tatsächlich ist, ist nicht sehr fruchtbar, denn Gattungen sind grundsätzlich nie so scharf definiert, wie wir uns das gerne wünschen. Gerade bei so breiten Begriffen wie "Roman" wird man nicht zu einer knackigen Definition kommen, denn spätestens seit Joyce mit Ulysses "the novel to end all novels" geschrieben hat, gibt es den "klassischen Roman" eigentlich nicht mehr. Der "klassische Roman" (wie er wahrscheinlich der Definition entspricht, die shugal und a3kHH im Sinne haben) ist eine Erscheinung des 19. Jahrhunderts. Bereits nach der Jahrhundertwende haben Autoren wie Döblin, Joyce oder Dos Passos Bücher geschrieben, die die vorangehenden Roman-Vorstellungen gründlich auf den Kopf gestellt haben. Jemand wie Thomas Mann - um ein beliebtes Hassobjekt dieses Forums zu bringen - sah sich beispielsweise als Vertreter einer eigentlichen überholten Form (und betrachtete seinen Doktor Faustus als etwas, was eigentlich nicht mehr ein Roman war).

Den Roman gibt es nicht. Natürlich versteht man darunter landläufig so etwas wie "ein dickeres Buch mit mehreren Handlungssträngen" und nach dem, was ich hier über Krachts Buch mitgekriegt habe, scheint das eher dem zu entsprechen, was man normalerweise als "Novelle" bezeichnet (wobei es dafür mit knapp 200 Seiten schon fast wieder zu lang ist), aber was genau ist nun gewonnen, wenn man das Buch in den einen oder anderen Raster zwängen kann. Ich sehe es eigentlich als grossen Fortschritt der Literaturwissenschaft an, dass man von solchen präskriptiven Definitionen - ein Roman muss so und so aussehen - weggekommen ist.

Bearbeitet von simifilm, 01 Februar 2009 - 21:23.

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#46 †  a3kHH

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 21:47

Der "klassische Roman" (wie er wahrscheinlich der Definition entspricht, die shugal und a3kHH im Sinne haben) ist eine Erscheinung des 19. Jahrhunderts. Bereits nach der Jahrhundertwende haben Autoren wie Döblin, Joyce oder Dos Passos Bücher geschrieben, die die vorangehenden Roman-Vorstellungen gründlich auf den Kopf gestellt haben.

Die drei von Dir genannten Autoren schreiben m.E. ebenfalls Romane. Und natürlich gibt es eine Form namens "Roman" oder "Drama", um nur zwei zu nennen.

#47 simifilm

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 21:52

Die drei von Dir genannten Autoren schreiben m.E. ebenfalls Romane. Und natürlich gibt es eine Form namens "Roman" oder "Drama", um nur zwei zu nennen.

Lies doch einfach noch einmal, was ich geschrieben habe, und versuch es zu verstehen, bevor mit einem Deiner üblichen flapsigen Einzeiler antwortest.

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#48 †  a3kHH

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 22:04

Lies doch einfach noch einmal, was ich geschrieben habe, und versuch es zu verstehen, bevor mit einem Deiner üblichen flapsigen Einzeiler antwortest.

Wie wäre es, wenn Du erst einmal das tust, was Du mir vorwirfst ? Und was den "flapsigen Einzeiler" angeht : Es ist nicht nötig, sich seitenweit auszubreiten, wenn man es auch kurz und präzise sagen kann. Auch wenn man das in den Geisteswissenschaften anders sieht.

#49 simifilm

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 22:31

Wie wäre es, wenn Du erst einmal das tust, was Du mir vorwirfst ? Und was den "flapsigen Einzeiler" angeht : Es ist nicht nötig, sich seitenweit auszubreiten, wenn man es auch kurz und präzise sagen kann. Auch wenn man das in den Geisteswissenschaften anders sieht.

Ich habe ein Argument entwickelt, auf das Du nicht einmal ansatzweise eingegangen bist. Kürze ist gut, aber apodiktisches Behaupten ohne irgendeine Argumentation ist eben nur das: Behaupten.

Du hast behauptet, dass es "Formen gibt"; was die sind und wer die definiert - nichts. Und dann noch, dass Döblin, Joyce etc. Deiner Meinung nach Romane geschrieben haben. Ich habe nie gesagt, dass sie etwas anderes geschrieben haben, sondern dass ihre Bücher bereits nicht mehr der klassischen Roman-Definition entsprechen (und das war zu Beginn des 20. Jhdts., seither ist noch viel mehr geschehen). Ohne den Kracht gelesen zu haben, bin ich nach allem, was in diesem Thread geschrieben wurde, davon überzeugt, dass Ulysses oder Der Mann ohne Eigenschaften in jedem Fall um ein Vielfaches experimenteller sind und weniger klassischen Vorstellungen von erzählender Literatur entsprechen.

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#50 molosovsky

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 22:43

@a3kHH:Martin? †” Nix verstehen, selbst bei Licht nicht.@shugal:Deutsch :: EnglischRoman = novelNovelle = novella{gibts nicht, außer in der Musik} = noveletteRomanze {ist aber heikel, da man im Deutschen viel weniger darunter versteht) = romanceAnsonsten: gehts nun um die Länge, oder um die Art, wie da was erzählt wird?GrüßeAlex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 01 Februar 2009 - 22:44.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#51 simifilm

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Geschrieben 01 Februar 2009 - 22:53

@a3kHH: Martin? †” Nix verstehen, selbst bei Licht nicht. @shugal: Deutsch :: Englisch Roman = novel Novelle = novella {gibts nicht, außer in der Musik} = novelette Romanze {ist aber heikel, da man im Deutschen viel weniger darunter versteht) = romance

'Romanze' ist ein Ausdruck, den man in der deutschsprachigen Literaturwissenschaft eher selten finden wird. Die im Englischen gebräuchliche Unterscheidung zwischen 'romance' und 'novel' (wobei 'novel' plus/minus mit 'realistischer Roman' übersetzt werden kann), gibt es im Deutschen so nicht.

Ansonsten: gehts nun um die Länge, oder um die Art, wie da was erzählt wird?

Gute Frage.

Bearbeitet von simifilm, 01 Februar 2009 - 22:55.

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#52 Felix

Felix

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Geschrieben 02 Februar 2009 - 11:15

Ich kann in der Roman-Frage Simifilm nur beipflichten (Ich könnte auch etwas dazu schreiben, das in dieselbe Richtung geht, möchte das Thema hier aber nicht weiter ausweiten).

Bei einem *Roman* muß die Erzählung und die Charakterisierung der Personen im Vordergrund stehen (sonst verdient das Werk die Bezeichnung Roman nicht).

Unabhängigkeit von der Sinnigkeit der zitierten Aussage: Wer sagt denn, dass dies nicht auch bei Krachts Roman der Fall ist? Und sollte das begründet werden? gruß, Felix

#53 Martin Stricker

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Geschrieben 25 Februar 2009 - 01:24

Ich kann nichts zur Diskussion zu Kracht beitragen, aber die Diskussion darüber, was ein Roman denn nun tatsächlich ist, ist nicht sehr fruchtbar, denn Gattungen sind grundsätzlich nie so scharf definiert, wie wir uns das gerne wünschen. Gerade bei so breiten Begriffen wie "Roman" wird man nicht zu einer knackigen Definition kommen, denn spätestens seit Joyce mit Ulysses "the novel to end all novels" geschrieben hat, gibt es den "klassischen Roman" eigentlich nicht mehr. Der "klassische Roman" (wie er wahrscheinlich der Definition entspricht, die shugal und a3kHH im Sinne haben) ist eine Erscheinung des 19. Jahrhunderts. Bereits nach der Jahrhundertwende haben Autoren wie Döblin, Joyce oder Dos Passos Bücher geschrieben, die die vorangehenden Roman-Vorstellungen gründlich auf den Kopf gestellt haben. Jemand wie Thomas Mann - um ein beliebtes Hassobjekt dieses Forums zu bringen - sah sich beispielsweise als Vertreter einer eigentlichen überholten Form (und betrachtete seinen Doktor Faustus als etwas, was eigentlich nicht mehr ein Roman war).

Eben, dann sollte er es auch nicht mehr Romman nennen. Mich stört, daß Werke als Roman bezeichnet werden, die keine Romane sind. Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich die Literatur über den Roman hinausentwickelt (was grundsätzlich etwas Gutes ist!), aber es wurde verabsäumt, der sich entwickelnden neuen Literaturgattung(en) Namen und Definitionen zu geben. Stattdessen wurde einfach die Definition für Roman aufgeweicht - meines Erachtens höchst unwissenschaftlich (aber da mag bei mir der Naturwissenschaftler durchkommen). Keine Ahnung warum - vielleicht Bequemlichkeit, vielleicht Marketinggründe, weil sich ein bekanntes Etikett einfacher verkaufen läßt, vielleicht ganz andere Gründe... Ich empfinde das jedenfalls als Etikettenschwindel.

@a3kHH:
Martin? †” Nix verstehen, selbst bei Licht nicht.

Ich heiße Martin (siehe meine Signatur). Alfred heißt Alfred. :)

Ansonsten: gehts nun um die Länge, oder um die Art, wie da was erzählt wird?

*Mir* geht es um die Erzählart, nicht die Länge. Auch wenn ich grundsätzlich in der SF den Hang zu länger werdenden Erzählungen zu erkennen glaube. :P Ich sag nur sechsbändiger Ziegelsteinzyklus... :rolleyes:
Ich hate eine rein längenbasierte Betrachtung, wie sie z. B. in den USA für die Hugo Awards verwendet wird, für falsch, da es dazu führt, daß man Äpfel mit Birnen vergleicht, nur weil sie etwa gleich groß sind. Ist natürlich eine Bequeme Lösung, aber meiner Meinung nach keine gute.

'Romanze' ist ein Ausdruck, den man in der deutschsprachigen Literaturwissenschaft eher selten finden wird. Die im Englischen gebräuchliche Unterscheidung zwischen 'romance' und 'novel' (wobei 'novel' plus/minus mit 'realistischer Roman' übersetzt werden kann), gibt es im Deutschen so nicht.

Ja, schade. Ich finde diese Unterscheidung sehr sinnvoll und hilfreich, gerade im Bereich der phantastischen Literatur.

Unabhängigkeit von der Sinnigkeit der zitierten Aussage: Wer sagt denn, dass dies nicht auch bei Krachts Roman der Fall ist? Und sollte das begründet werden?

Ich. Ja. ;) Ich versuche das mal zu begründen. Das Buch beginnt mehr oder weniger auf traditionelle Erzählweise (wenn auch meiner Meinung nach nicht besonders gelungen). Im weiteren Verlauf treten Handlung und vor allem die Charakterisierung der Protagonisten immer mejr in den Hintergrund. Ich vermute, daß Christian Kracht versucht, durch das Auflösen, das Zerfasern der Erzählstruktur seine Hypothese, die Zivilisation sei in der Auflösung begriffen, zu unterstreichen. Er stellt also die Erzählform in den Dienst seiner Aussage. Das könnte zu einem interessanten Ergebnis führen - wenn es denn funktionieren würde. Was tatsächlich passiert, ist, daß sich Kracht durch die Zerstörung der Erzählstruktur praktisch als Autor selbst den Bonden unter den Füßen wegzieht, denn ohne die Erzählstruktur kann er seine Geschichte, seine Idee nicht vernünftig zu Ende erzählen. So sehe und verstehe ich das Buch und bin mir bewußt, daß das (natürlich!) ein subjektives Urteil ist.

#54 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Februar 2009 - 07:31

Eben, dann sollte er es auch nicht mehr Romman nennen. Mich stört, daß Werke als Roman bezeichnet werden, die keine Romane sind. Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich die Literatur über den Roman hinausentwickelt (was grundsätzlich etwas Gutes ist!), aber es wurde verabsäumt, der sich entwickelnden neuen Literaturgattung(en) Namen und Definitionen zu geben. Stattdessen wurde einfach die Definition für Roman aufgeweicht - meines Erachtens höchst unwissenschaftlich (aber da mag bei mir der Naturwissenschaftler durchkommen). Keine Ahnung warum - vielleicht Bequemlichkeit, vielleicht Marketinggründe, weil sich ein bekanntes Etikett einfacher verkaufen läßt, vielleicht ganz andere Gründe... Ich empfinde das jedenfalls als Etikettenschwindel.

Unwissenschaftlich? Den Vorwurfe würde ich ja noch halbwegs verstehen, wenn wir hier von einem wissenschaftlichen Werk sprechen würden (obwohl ich ja eben gerade zu erklären versucht habe, dass es den Roman auch aus wissenschaftlicher Sicht nicht gibt), aber dass man einem Schriftsteller den Vorwurf macht, er sei unwissenschaftlich ...

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#55 klox

klox

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Geschrieben 22 Mrz 2009 - 13:06

Hab das Buch jetzt in einem Tag durchgelesen (von Samstag 16 Uhr bis Sonntag 10 Uhr, unterbrochen durch zweimal Essen, Kinobesuch und Schlaf). Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Von Länge und Thematik (Alternative Historie) kann man Sie mit Hammerschmidts "Lokomotive" vergleichbar (Obwohl mir die Lokomotive da doch um einiges besser gefallen hat).Das von shugal bemängelte fragmentarische dieser alternative Welt stört mich nicht besonders. Auch kann ich den beschrieben Fragmenten keine Widersprüche erkennen. Die Einzelheiten die er erklärt/erwähnt sind mir aber ausreichend originell um mich zu unterhalten. Das der Autor hier vielleicht auch einfach faul war und das man aus dem Stoff sicherlich einen 'Zieglestein' hätte machen können stimmt zwar, ist aber keine Muss.Die Story an sich hat etwas leicht poetisches, obwohl die Sprache im großen und ganzen doch sehr konkret bleibt. Das die Hauptfiguren keine Tiefe haben und ihr Handeln mir bis zum Schluß unklar bleiben (z.B. der Zweig oder der jüdische Arzt) stört mich schon ein wenig. Das letzte Kapitel finde ich überflüssig, zumindest kann ich nicht nachvollziehen was das Verlassen der Städte mit der Geschichte zu tun hat.Ich bin nur froh das ich mir das Buch nicht gekauft hab, sondern das es (überraschend) unterm Weihnachtsbaum lag. Für eine solch kurze Geschichte 17 Euro zu verlangen ist schon dreist (auch wenn die Karte auf dem Umschlag sehr gut gemacht ist). Meiner Meinung nach hätte er Autor das Werk sicherlich gut bei Nova oder Wurdack unterbringen können (wobei ich mal vermute das der Autor diese Anthologie Reihen nicht kennt),

#56 simifilm

simifilm

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Geschrieben 14 April 2009 - 10:21

So, nun habe ich das Buch mittlerweile auch durch, einige Eindrücke: Insgesamt hat mich der Roman nicht umgehauen. Er hat "viel Material" drin, es wird also einiges angerissen, hat einige faszinierende Szenen, es gibt interessante Themen und Ideen, aber der Plot war mir insgesamt zu dünn. Besonders am Ende, als der Protagonist wieder aus dem Berg rauskommt, zerfällt mir das Ganze zu sehr, ohne dass recht klar wird wieso. Die Diskussion, die hier geführt wurde, ob das nun ein Roman ist oder nicht, verstehe ich nach der Lektüre nicht recht. Ich sehe nicht, was an dem Buch so ungewöhnlich sein soll, dass die Bezeichnung 'Roman' nicht mehr gerechtfertigt wäre. Das Ganze ist relativ offen gehalten, es gibt wenig Erklärungen das war's dann aber auch schon. Besonders interessant fand ich die teilweise erhobene Kritik (zB. hier), dass Kracht zu sehr auf schweiztypische Motive anspielt. Tatsächlich würde ich den Vorwurf genau umkehren: Nach meinem Empfinden schreibt Kracht (der meines Wissens dem Pass nach zwar Schweizer ist aber schon lange nicht mehr hier lebt) in dem Buch oft über Orte, die er nicht besonders gut kennt. Ich kann mir schon vorstellen, dass das zentrale Motiv des Reduits für Nicht-Schweizer zuerst mal was Neues ist; aber das ist dann auch so ziemlich das einzige typisch schweizerische Motive in dem Roman. Ansonsten beschränken sich die Schweizbezüge im Wesentlichen auf geographische Bezeichnungen; ich hatte fast nie das Gefühl, dass Kracht Orte beschreibt, die er tatsächlich kennt. Zum Beispiel der Beginn in Bern: Was da an Lokalkolorit rüberkommt, geht nicht über das Studieren eines Stadtplans hinaus; für mich kam da wenig Bernerisches durch, und das bleibt auch so, wenn sich die Handlung in die Berge verlagert. Das "Schweizerische" wirkte für mich vor allem behauptet. Falls also jemand vom Buch verwirrt ist: An mangelnder Kenntnis schweizerischer Folklore dürfte das kaum gelegen haben. Insgesamt ein etwas seltsamer Roman, der durchaus anregende Momente hat, den man aber nicht gelesen haben muss.

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#57 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 18 Juli 2009 - 21:53

Christian Kracht erhält für seinen Roman "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar 2009. Die Preisverleihung findet im Rahmen der Wetzlarer Tage der Phantastik statt:Freitag, 11. September 200920.00 UhrStadt- und Industriemuseum, Lottestraße 8-10Verleihung desPhantastik-Preises der Stadt Wetzlar 2009durch den Oberbürgermeister der Stadt WetzlarLaudatio: Mürvet ÖztürkMürvet Öztürk ist seit 2008 Abgeordnete des Hessischen Landtags in der Fraktion Bündnis †™90 / Die Grünen.Musikalische Umrahmung: Klaus Dölz (Gesang, Gitarre) und Michael Leiss (Cajon, Percussion).Außerdem eröffnet Museumsdirektorin Dr. Anja Eichler den im Stadtmuseum befindlichen Teil der Ausstellung »Die Welt umwälzen« zu Bettine von Arnim.

Bearbeitet von Ulrich, 18 Juli 2009 - 21:55.



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