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Space Hotel 2054


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23 Antworten in diesem Thema

#1 HawaiiRoyal

HawaiiRoyal

    Limonaut

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Geschrieben 27 Juli 2009 - 14:00

Hallo, das hier ist im ein längerer Auszug aus meinem in Eigenregie verlegten Science-Fiction Roman "Space Hotel 2054". Es sind evt. noch ein paar kleine Rechtschreibfehler drin, aber das Ganze ist inzwischen durch ein Lektorat gegangen. Schaut doch mal rein und sagt mir was ihr davon haltet. Eingefügtes Bild Eingefügtes Bild



3 Mexico City

Der Flughafen wurde von einer gigantischen halbtransparenten Kuppel überspannt. Sie sorgte für natürliches, ungebrochenes Licht und eine gleichmäßige Temperatur. Außerdem schönte sie den trüben Ausblick in den versmogten Himmel. Während der Rest der Welt fleißig an den neuen Klimaschutzzielen arbeitete, ging die Entwicklung hierzulande deutlich langsamer voran. Die dritte Welle der internationalen Vernetzung, der Rush der Anlegerkombinate und die weltweiten Auswirkungen des panasiatischen Krieges waren über Mexiko gekommen wie eine Urgewalt. Die zahlenmäßig ohnehin nicht sehr große Mittelschicht hatte sich so gut wie aufgelöst. Ihre kläglichen Überreste waren nach oben gespült oder nach unten gedrückt worden. Eingekeilt zwischen der stark angeschlagenen Hegemonialmacht der Vereinigten Staaten von Amerika und dem roten Block im Süden, drohte das Land in eine dauerhafte Krise zu taumeln. In den angrenzenden Staaten sah es nicht viel besser aus. Inzwischen war Mexikos Präsident Morales schon gezwungen, die Grenzbefestigungen massiv auszubauen, um die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Venezuela und Kolumbien fern zu halten. Alek senkte den kreditkartengrossen, elektronischen Reiseführer, der die desolate Situation in blumigen Worten umschrieb. Im glitzernden Herzen der Hauptstadt wollte man von Problemen nichts wissen. Inmitten des gigantischen Flughafenbaus war ein Einkaufsstadt auf fünf Ebenen entstanden. Drei davon waren unterirdisch und verfügten über eine eigene Metrobahnstation. Die Ausmaße dieses Teils des Komplexes erstreckten sich sogar noch weit über das oberirdische Flughafengelände hinaus. In der obersten Ebene, knapp unterhalb des Spanndachs und der Kuppel, saß er mit seiner Tochter Elena hinter der kugelsicheren Plexiglasscheibe eines Burger-King-Restaurants. Weit unter ihnen wimmelte die Menge, strebten tausende Menschen ihren jeweiligen Zielen entgegen. Elena war in einer anderen Welt versunken. Sie beugte sich über eine fußballgroße, mit einer bunten Hartplastikschale und zwei stabilen Gummigriffen versehene Monitorfolie. Ihre langen, dunkelblonden Haare umflossen zwei rosa Kopfhörer, die jegliche störende Interaktion mit ihrer Umwelt ausschalteten. Alek sah ihr über die Schulter. Wenn man in den Monitor hineinschaute, war es, als ob jemand ein Loch in die echte Welt geschlagen hatte. Die dreidimensionale, plastische Darstellung der altmodischen Stadtkulisse wirkte fast schärfer und echter als die Realität um sie herum. "Geh ins Plaza und schau dich nach Gegnern um." sagte Elena und berührte mehrmals schnell den Touchscreen. Alek ließ seinen Blick weiter schweifen, kaute am letzten Bissen seines Burgers und spülte den standardisierten Geschmack mit eiskalter Cola weg. Das Gerät war ein billiges Spielzeug aus Taipeh und Elena mit elf Jahren eigentlich schon fast zu groß um damit zu spielen. Trotzdem ließ er sie gewähren - in ihrem Alter war er schließlich kaum anders gewesen. Mit dreizehn hatte er allerdings nur eine gebrauchte Playstation zum Spielen gehabt. Ein kaum drei Millimeter großer Chip in seiner Ohrmuschel begann leicht zu vibrieren. "Hallo, Alek." flüsterte eine charmante weibliche Stimme. "Entschuldige die Störung. Ich sollte dich daran erinnern, dass euer Bus um acht Uhr losfährt. Das sind noch neunundzwanzig Minuten und zehn Sekunden."
"Alles klar." sagte er und begann sein Tablett aufzuräumen. "Außerdem möchte ich dich darauf hinweisen, dass dieses Fastfood, trotz der gegenteiligen PR des Herstellers, nicht gut für dich ist. Deine Ernährung weicht in dieser Woche stark vom Idealprogramm ab."
"Danke!" sagte er nachdrücklich und die Stimme in seinem Ohr verstummte. Er tippte seiner Tochter auf die Schulter. Elena pausierte das Spiel und schaute genervt hoch. "Nimm die Kopfhörer ab!" sagte er und untermalte es mit einer entsprechenden Geste. "Wir müssen los."
"Ist doch noch genug Zeit!" protestierte sie.
"Du kannst im Bus weiterspielen." sagte er in seinem besten Hier-wird-nicht-verhandelt-Tonfall. Elena seufzte und knickte ihr Gerät in der Mitte durch. Sie schob es gegenläufig in sich zusammen und die so entstandene kleine Plastikkugel verschwand in ihrem Jack Wolfskin-Reiserucksack.

"Wir kommen schon nicht zu spät." sagte sie, als sie auf der Passage in die Menge eintauchten. "Immer machst du dir Sorgen."
"Das stimmt doch gar nicht." antwortete Alek und wollte sie instinktiv an der Hand nehmen. Elena entzog sich und funkelte ihn böse an. Ihre Stimme wurde zu einem beleidigten, präpubertären Fauchquicken.
"Ich kann alleine gehen!" sagte sie. "Okay?!"
"Na gut." antwortete er. "Aber bleib dicht bei mir. Ich hab keinen Bock dich zu suchen." Sie erreichten die dreispurige Laufbandstrecke und ließe sich durch die riesige Halle transportieren. Während sie dahinglitten und Elena von den allgegenwärtigen holographischen Werbetafeln und deren verführerischen Klimpern und Flüstern gebannt war, konnte er einen ausgiebigen Blick auf die Konstruktion des gewaltigen Kuppelbaus über ihnen werfen. Die Streben waren aus ultrahochfestem Beton. Wegen seiner fast porenfreien Konsistenz war er fast zehnmal so stabil wie gewöhnlicher Beton und ermöglichte filigranste Architektur. Es war eine gute Arbeit, meilenweit weg vom Baukastenprinzip der vollautomatisierten Baustellen, die in allen Städten der Welt mit beängstigender Lautlosigkeit in den Himmel wuchsen. Sie passierten die Abfertigungsbereiche, die Schlafwaben für die Kurzentschlossenen und jene Unglücklichen, die sich trotz Arbeit kein Zuhause leisten konnten. Die Infozellen, die anachronistischen kleinen Zeitungskioske, in denen man noch unter dem Ladentisch Tabakwaren und Pornographie erwerben konnte. Die Fillialen internationaler Ketten: Douglas, Starbucks, Grey`s und viele andere. Und natürlich die Duty-Free-Shops mit den Unmassen glänzender Luxusartikel in den Schaufenstern. "Dad?" fragte Elena. Sie deutete auf eine gut zehn Meter große eurasische Holoschönheit, die in einem blauweißen Farbenregen über die Hallenwand rechts von ihnen tanzte. "Haben die da oben jetzt Pepsi?" Er war einen Moment lang verwirrt als er seinen Blick von den gewaltigen Dimensionen der Kuppel löste und auf den kleinen Menschen neben sich herunterschaute. "Nein, Schatz." sagte er sanft. "Die Coca-Cola-Company hat einen Exklusivertrag mit dem Hilton. Schau mal. Siehst du die schillernden Stücke da oben? Das ist Chromiume...."
"Das hast du mir schon erzählt!" Ihr Blick heftete sich wieder auf das
Hologramm. Alek zuckte mit den Schultern und sah auf eine der digitalen Anzeigen, die knapp unter der Kuppel schwebten. Sie lagen gut in der Zeit. In wenigen Stunden würden sie am Raumhafen sein. Es machte keinen Sinn gegen den leichten Jetlag anzuschlafen, also nahm er einen auf seinen Metabolismus angepassten Upper ein. Er schloss die Augen als die Wirkung einsetzte und Adrenalin durch seinen Körper pumpte. Der Busfahrt sah er mit leichtem Unbehagen entgegen. Er hatte diese altmodische Art der Fortbewegung nie gemocht. Aber er war weit davon entfernt sich über die Strapazen zu beschweren. Wieviele Menschen konnten sich diesen ganzen organisierten Wahnsinn schon so oft wie er von oben anschauen? Von ganz, ganz oben? "Das Rollband ist gleich zu Ende." informierte sie das Rollband. "Bitte passen Sie auf."

4 Der Weg zu den Sternen I

Als der Konvoi den Bahnhof verließ, verschwand der Schriftzug an den Seiten und wurde wie von Geisterhand durch ein neutrales Blau ersetzt. Es galt, keine neidischen Reaktionen zu provozieren. Tatsächlich fanden die Jugendlichen in den verarmten Vororten Gefallen daran, den Unmut über die herrschenden Verhältnisse offen zu zeigen. Oft bewarfen sie die Fahrzeuge der Hilton-Company mit Steinen, Flaschen und Straßenmüll. Langsam rollte der Buskonvoi auf die Straße und fädelte sich in den zäh dahinfließenden Berufsverkehr ein. Alek arbeitete weiter an seinen Plänen.
Nachdem sie das Zentrum der drittgrößten Stadt der Welt, und auch die weitauslaufenden Vororte hinter sich gelassen hatten, kamen sie stetig schneller voran. Elena kehrte gerade von der Bordtoilette zurück und drängelte sich auf ihren Fensterplatz.
"Da vorne sitzt Chow Weng gesehen!" verkündete sie aufgeregt.
"Der Skyracer?" fragte Alek.
"Yep!" bestätigte sie. Obwohl ihn das Celebrityfieber eigentlich kalt ließ, stand Alek kurz auf. Er nahm er sich Zeit beim Ausstrecken und Gähnen, spähte die Sitzreihen ab. Tatsächlich sah er das breite Gesicht Wengs in der zweiten Sitzreihe. Er trug eine Baseballkappe und las die Financial Times. Sah entspannt und vollkommen normal aus. "Neunmal war er Weltmeister." sagte Elena, als er sich wieder setzte. "Das letzte Mal 2050." Sie erforschten die Datenbanken des World Wide Web über ihr Handy. "2048 egalisierte Chow Weng bei den Off-Limits-Rennen um die ganze Erde den Rekord von Jason Chaser." las sie vor. "Dieser Mann hat Nerven aus Stahl und von Natur aus Reflexe wie ein Digit." Alek grunzte anerkennend und sah nach draußen. Er war nicht besonders an körperlosem Sport interessiert. Außerdem hatte der Konvoi gerade angehalten. Die Motoren verstummten. Mitten im Nichts der Wüste flimmerten Zugschienen in der Sonne. Ein brandroter Betonblock, eine Ampelanlage und eine Weiche waren die einzigen Markierungen für den Einstiegspunkt. Sie warteten einige Minuten, bis in der Ferne ein Zug erschien. Langsam verringerte die Elektrolok ihre Geschwindigkeit, bis sie schließlich in schnellem Schritttempo bei ihnen ankam. Waggon um Waggon schob sich vorbei, bis langsam alles zum Stehen kam. Daraufhin setzte sich ihr Bus in Bewegung. Er fuhr auf die Gleise und korrigierte seine Position so lange, bis seine Räder parallel zu ihnen standen. Dann ging ein Vibrieren durch den ganzen Rumpf und das Gefährt begann mit einem lauten Zischen abzusinken, als die Reifen sich langsam in das Innere zurückzogen. Die zwischen den Gummirädern montierten Stahlräder setzten auf den Gleisen auf. Ein Warnton erklang. Die Busse vor und hinter ihnen durchliefen die gleiche Prozedur. Die akustischen Rückmeldung über die erfolgreiche Ankopplung der Magnetscharniere erfolgte und Elena hielt sich maulend die Ohren zu. Der alte Latino mit dem schweren Koffer blickte beunruhigt zu ihm herüber. Es war ein wenig seltsam, dass der Mann so unsicher in Bezug auf die Hybridtechnik war. Und das in einer Zeit, in der selbst die letzten Hinterwäldler einen elektronischen Assistenten hatten. Und wie hatte er eigentlich den Gesundheitscheck überstanden? Der Motor sprang wieder an und der Konvoi bewegte sich auf Schienen weiter. Alek fiel sein eigener Assistent ein. "Laura?" murmelte er. "Stell eine Verbindung zu Rivers her." Eine kurze Pause, dann antwortete Laura: "Die Nummer ist belegt. Soll ich die Verbindung herstellen sobald es möglich ist?" Alek überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. "Nicht so wichtig." sagte er. Aber Laura hatte noch was auf dem digitalen Herzen. "Ich möchte dich darauf hinweisen, dass die UV-Strahlung in diesen Gebiet schädlich für deine Haut ist. Ich empfehle verstärkten Sonnenschutz, wenn du dich im Freien aufhältst."
"Ist gebongt. Und jetzt hör auf zu nerven!"

Kaum dass sich die Passagiere an die neue Form der Fortbewegung gewöhnt hatten, erschien auf den Monitoren aller Rückenlehnen eine junge Frau. Sie war eine attraktive brünette Erscheinung, hatte große rehbraune Augen. Alek kannte sie bereits von den früheren Reisen. Die "Super-Durchschnittsfrau" hatte Thursby sie einmal genannt. Eine computergenerierte Schönheit mit perfekter Symmetrie und genau den Gesichtszügen von denen die Neurobiologen und Evolutionspsychologen behaupteten, dass sie den neugierigen Typus Mensch maximal ansprach. Jenen, den es zu den Sternen zog. "Willkommen an Bord." flötete sie mit ihrer sexy Stimme. "Auch wenn Sie es beim Blick aus dem Fenster vielleicht noch nicht glauben, befinden Sie sich bereits auf der schönsten Reise Ihres Lebens. Unser Team freut sich schon darauf, Sie in weniger als zwei Stunden in unserem Raumhafen begrüßen zu dürfen. Dort haben Sie die Gelegenheit sich zu erfrischen und letzte Besorgungen zu machen, bevor Sie die Erde in Richtung der Hilton-Raumstation verlassen." Sie verstummte kurz. Eine kalkulierte Pause, um das eben Gesagte beim reizüberfluteten Durschnittskonsumenten sacken zu lassen. Alek seufzte leise. Er konnte den Text inzwischen fast mitsingen. Seine Mitreisenden starrten gebannt auf ihre Monitore.

"Vor dem Start haben Sie außerdem die Möglichkeit, die Piloten persönlich kennen zu lernen und ihnen alle Fragen zu stellen, die Sie rund um Ihren ersten Überorbitalflug haben." Er drehte die Lautstärke herunter und lehnte sich zurück. Versuchte, den Monitor ganz auszuschalten, aber diese Funktion war für die Dauer der kleinen Ansprache anscheinend deaktiviert. "Freuen Sie sich auf ein Erlebnis, von dem Sie noch Ihren Enkeln erzählen werden. Erfüllen Sie sich einen uralten Menschheitstraum und reisen Sie zu den Sternen. Im Gegensatz zur Erde, auf der Sie überall permanent überwacht und gescannt werden, ist das Space Hilton ein Hort der Privatsphäre." Oder auch nicht, dachte Alek und trank einen Schluck Sprite. "An Bord der luxuriös ausgestatteten Hotelstation werden Sie eine ganz neue Perspektive auf unseren Planeten genießen. Vielleicht wird sich auch Ihre ganz persönliche Perspektive für immer verändern." Alek lächelte grimmig. Ja, es war durchaus ein magischer Anblick. Aber alle, die insgeheim auf den göttlichen Fingerzeig warteten, der den Weg aus ihrem verkorksten Leben wies, würden bitter enttäuscht sein. Die Sensation, seine Schritte auf einen von Menschen geschaffenen Boden zu setzen, der mehr als dreihundertfünfzig Kilometer über der Erde schwebte, war, um genau zu sein, eher gedanklicher Natur. Natürlich gab es die edel designte Aussichtsplattform, auf der sich zu jeder Zeit Passagiere aus aller Welt befanden und wie hypnotisiert auf den blauen Erdball starrten. Es gab ein Fitness-Studio, einen Schweberaum und den Kristallgarten. Die dreifach gesicherten Fenster, überall in den Zimmern, Kabinen und Gängen. Aber das war nichts, was sich nicht in einer 3D-Simulation in besserer Qualität ins eigene Wohnzimmer holen ließ. Trotzdem ging auch im neunten Jahr, in dem es für den Massenmarkt geöffnet war, eine ungebrochene Anziehungskraft von Hiltons am besten ausgelasteten Hotel aus. Das alltägliche Leben in den unzähligen Hochburgen der Zivilisation glich sich mit großer Geschwindigkeit immer weiter an. Gleichzeitig war es der Gesellschaft, aus Gründen, über die heftig gestritten wurde, nicht gelungen, das Gerechtigkeitsloch zu stopfen - Im Gegenteil. Das frei verfügbare Eigentum in der westlichen Hemisphäre stagnierte. Siebzig Prozent aller Löhne und Gehälter wurden von etwa zehn Prozent der Bevölkerung verdient. Der Rest war nicht begeistert, hielt aber zumeist still - aus den verschiedensten Gründen. Die meisten dieser Menschen im arbeitsfähigen Alter waren gar nichts anderes gewohnt. Das Utopia der Vollbeschäftigung und des flachen Lohngefälles für die unterschiedlichen Tätigkeiten, die eine Gesellschaft definierten, hatte lange vor ihrer Zeit existiert. Und all das würde niemals zurückkommen. Aufgrund der Vollautomatisierung gab es inzwischen einfach nicht mal mehr annähernd genug Arbeitsplätze für alle. Die Zerstreuungsmöglichkeiten für die arbeitslosen Massen waren jedoch schier endlos. Die virtuellen Parallelwelten näherten sich der absoluten Perfektion: Ein gut gefüllter Geschenkkorb, nur das er jetzt für alle im Prinzip gleich gepackt war. Es gab sie, die sagenumwobene Kaste der Reichen und Superreichen, die eine Ausnahme bildete und eigenen Regeln folgte. Ihre zahlenmäßige Größe wuchs stetig, war aber geringer, als man es anhand der Medienberichterstattung hätte vermuten können. Die Fluktuation innerhalb dieser Gruppe war sehr gering, ihre bevorzugten Spielfelder waren die Politik und der internationale Finanzmarkt. Die öffentlichkeitswirksame Ausübung exklusiver und dekadenter Hobbies wurde inzwischen fast ausschließlich von Showgrößen, Sportlern und gewöhnlichen Millionären besorgt. Nein, diese Männer und Frauen setzten schon lange keine wichtigen Trends mehr; Genau wie die klassischen Medien waren sie zumindest auf dieser Ebene nahezu irrelevant geworden. Jeder Normalbürger war heute in der Lage, mit den einfachsten Mitteln in ein eigenes Multiversum voller unbegrenzter Möglichkeiten abzutauchen. In der nicht so kreischbunten realen Welt waren die möglichen Karrierewege durch die Einschränkungen des Milieus, in das man geboren wurde, wieder schmaler geworden. Trotzdem: Die Überwindung der gesellschaftlichen Zersplitterung durch die zwangsläufige Uniformität maximaler Effizenz war ein Fakt. Doch der Preis dafür war hoch. Viele sehnten sich mehr denn je nach einer Auszeit von diesem ganzen Stress. Einer totalen Auszeit. Zwanzig Meilen über dem Meer. Das Ticket buchen, solange ein Trip ins All noch den Hauch von Einzigartigkeit hatte. Insofern war es eine glückliche Fügung, dass die aktuellen Hiltoneigner nicht das Geringste von Last-Minute-Tickets und Billigaktionen hielten.

Der Bot kam zu einem Ende und ein Werbespot der US-Army wurde eingespielt. "Sie haben immer gehofft, das Ihr Kind die richtigen Freunde findet." sagte ein unsichtbarer Sprecher während Jungen und Mädchen in Elenas Alter in einem Park Touchfootball spielten. "Aber haben Sie je daran gedacht, dass es diese Freunde auch anführen könnte?" Der Mann redete immer weiter, aber Alek hörte nicht mehr hin und sah stattdessen aus dem Fenster. Eine karge, Landschaft, weitauslaufende Ebenen, in denen nur wenige Lebensformen heimisch waren. Der Raumhafen lag sehr nahe am Äquator, was früher den Raketen und heute den Raumfähren einen beträchtlichen Vorteil beim Start verschaffte. Die Luft da draußen war heiß und trocken, die Sonnenstrahlung mörderisch - Im Grunde lebensfeindliche Bedingungen. Wie sie auch an dem Ort herrschten, der auf sie wartete. Er klappte sein Notebook auf und vertiefte sich wieder in seine Arbeit. Obwohl er mit dem Konstrukt vertraut war, schüchterte ihn der Umfang des geplanten Ausbaus immer noch ein. Die Station war weit mehr als nur eine immense Manifestation der Möglichkeiten und der Hybris menschlichen Fortschrittsdenkens. Es gab nichts Vergleichbares in dieser Größenordnung auf der Erde oder an einen anderen Ort. Das Space Hilton war wie ein gigantisches Artefakt aus der Zukunft, das aus unerklärlichen Gründen im Jahr 2054 aufgetaucht war. Es gab den Menschen die Möglichkeit am eigenen Leib zu erfahren, was für ihre Kinder (vielleicht auch erst für ihre Kindeskinder) bereits zur unspektakulären Normalität gehören würde. Schon die schiere Größe des Weltraumhotels hatte ihn beim ersten Studium der Pläne in Erstaunen versetzt. Man konnte sich, einen mäßigen Orientierungssinn vorausgesetzt, tatsächlich auf der Station verlaufen; Die dazugehörigen I was lost in Space (Hilton) - Shirts verkauften sich wie geschnitten Brot. Aber von Anfang an hatte sich eine harte Konkurrenz im All entwickelt: Zu den zahlreichen kleineren Anbietern von Orbitalflügen auf der ganzen Welt war 2025 ein Konzernkonglomerat rund um Virgin Galactic gestoßen. Die Gruppe hatte ihre Jahrzehntealten Pläne in die Tat umgesetzt und ihr Weltraumprojekt zum Jahreswechsel 2031 gelauncht. Dieses Hotel und seine beiden Nachfolger waren aber wenig mehr als eine Ansammlung von teuren, aufblasbaren Schläuchen im tiefen Erdorbit. Lange nicht so stabil und komfortabel wie der gigantische Hiltonpalast. Aber dessen Eignerclan hielt nichts davon sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Noch größer und noch exklusiver sollte es werden, Geld spielte dabei keine Rolle. Und sein Konstrukteursbüro ließ sich die Arbeit fürstlich bezahlen. Hatten sie doch beim Bau der Station einen guten Job gemacht. Dazu polierten sie das ohnehin gute Image der Hotelkette weiter auf. Ihr stetiger Support, sorgte dafür dass es keine kritischen Störfälle gab. Zumindest keine, die öffentlich bekannt wurden.


Wer noch ein wenig tiefer in die Welt des Jahres 2054 eintauchen möchte, kann dies unter

www.space-hotel-2054.de tun. Möge die Macht mit euch sein. :o

#2 Ulrich

Ulrich

    Temponaut

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Geschrieben 27 Juli 2009 - 14:31

Ich habe das Thema in die Autorenwerkstatt verschoben, weil der offene Lesezirkel für bereits erschienene Bücher gedacht ist. siehe hier: http://www.scifinet....?showtopic=5038

#3 HawaiiRoyal

HawaiiRoyal

    Limonaut

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Geschrieben 29 Juli 2009 - 11:12

Ich habe das Thema in die Autorenwerkstatt verschoben, weil der offene Lesezirkel für bereits erschienene Bücher gedacht ist. siehe hier: http://www.scifinet....?showtopic=5038

Es ist tatsächlich schon erschienen (vor 1 Woche). Ich würde es gerne hier vorstellen und mir auch etwas konstruktive Kritik einholen, da ich das Skript bei Books On Demand, jederzeit für wenig Geld noch einmal überarbeiten kann. http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/cool.png

#4 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 29 Juli 2009 - 16:34

Okay, hier ein paar konstruktive Kritikpunkte:

Der Flughafen wurde von einer gigantischen halbtransparenten Kuppel überspannt

Der ganze Flughafen? Inklusive Start- und Landebahnen? Oder redest Du nur vom Terminal? Ungenau ausgedrückt.

Außerdem schönte sie den trüben Ausblick in den versmogten Himmel.

Wenn sie halbtransparent ist, schönt sie den Ausblick nicht, sondern verhindert ihn. Es folgt ein wenig spannender Infodump.

Alek senkte den kreditkartengrossen, elektronischen Reiseführer, der die desolate Situation in blumigen Worten umschrieb

Show, don't tell! Du übergehst, wie der Reiseführer das konkret tut! Das wäre eine Gelegenheit für schwarzen Humor oder bösartigen Sarkasmus, die Du hier sträflich auslässt.

In der obersten Ebene, knapp unterhalb des Spanndachs und der Kuppel, saß er mit seiner Tochter Elena hinter der kugelsicheren Plexiglasscheibe eines Burger-King-Restaurants

"Er" hängt hier ohne Bezug im vorherigen Satz in der Luft. -- Ich stoppe mal an dieser Stelle, weil mich der Text nicht fesselt, außerdem bin ich nicht Dein Lektor. So ein Job wird für gewöhnlich bezahlt ;-) Nicht oberflächliche Infodumps über Kontinentalpolitik oder mutlose Extrapolationen aktueller Computerspieltechnik wecken mein Interesse, sondern sympathische Figuren, große Gefahren oder mystische Geheimnisse. Vielleicht ist das in Kapitel 1 ja besser. Das vorliegende Kapitel animiert mich jedenfalls nicht zum Weiterlesen.
Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#5 HawaiiRoyal

HawaiiRoyal

    Limonaut

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Geschrieben 30 Juli 2009 - 15:17

Nicht oberflächliche Infodumps über Kontinentalpolitik oder mutlose Extrapolationen aktueller Computerspieltechnik wecken mein Interesse, sondern sympathische Figuren, große Gefahren oder mystische Geheimnisse. Vielleicht ist das in Kapitel 1 ja besser. Das vorliegende Kapitel animiert mich jedenfalls nicht zum Weiterlesen.

Hey, ganz ruhig mit den jungen Pferden, lass es doch erst mal losgehen! :jump: Ich finde die beiden übrigens ziemlich symphatisch. Und den großen Gefahren müssen sie sich spätestens dann stellen, wenn die Hotelstation von fiesen Aggressoren :lol: übernommen wird. Ich habe mir mal die Leseprobe deines Erstlings zu Gemüte geführt. Ich muss sagen: Nicht übel, aber auf keinen Fall mein Stil. Eingen wir uns doch einfach darauf, dass wir beiden innerhalb des selben Genres sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen.

#6 Felix

Felix

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 10:10

Ich würde es gerne hier vorstellen und mir auch etwas konstruktive Kritik einholen, da ich das Skript bei Books On Demand, jederzeit für wenig Geld noch einmal überarbeiten kann. :)

Das klingt sehr nach der Marotte, PC-Spiele unfertig auf den Markt zu werfen, um den Kunden dann die Fehler finden zu lassen. Ob das aber mein (Kauf-)Interesse steigert? Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht verstehe ich dich aber auch nur falsch. Nichts für ungut. Gruß, Felix Edit: Tippfehler

Bearbeitet von Felix, 31 Juli 2009 - 13:49.


#7 Diboo

Diboo

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 12:23

Hey, ganz ruhig mit den jungen Pferden, lass es doch erst mal losgehen! :) Eingen wir uns doch einfach darauf, dass wir beiden innerhalb des selben Genres sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen.

1. Du hast den Textauszug ausgesucht, nicht Uwe. 2. Du hast um Kritik gebeten, nicht um Lob. 3. Kritik am eigenen Werk durch solche am Werk des Kritisierenden zu begegnen, ist mindestens schlechter Stil.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

"Anyone who doesn't fight for his own self-interest has volunteered to fight for someone else's."
(The Cynic's book of wisdom)

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#8 Pharo

Pharo

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 15:24

Hallo,ich persönlich finde deinen Text gut geschrieben. Stil und Rhythmus sagen mir sehr zu. Ich finde die harsche Kritik bisher unverhältnismäßig. Die transparente Kuppel verhindert den Ausblick auf den versmogten Himmel, das ist richtig. Warum nicht "schönt" schreiben? Das finde ich nun wirklich Ansichtssache. :) Dass die Kuppel Start- und Landebahnen nicht überspannt, nehme ich automatisch an. Könnte sich sonst etwas schwierig gestalten mit dem Flugverkehr. Wie auch immer: Ich finde diese Einwände kleinkariert. Das mit dem bezugfreien "Er" ist richtig, aber ein ganzer Absatz vor "In der obersten Ebene" würde das Problem schon lösen.Auch ich kann nicht wirklich mit den Figuren sympathisieren, aber wir haben sie auch noch nicht richtig kennengelernt, sondern nur in einer gemeinsamen Szene erlebt. Was sagt das aus? Nicht viel. Wie im wirklichen Leben. Da braucht es ein wenig mehr, um sich mit den Menschen anzufreunden. Das ist ganz normal. Was mich persönlich etwas stutzig machen würde, wäre diese typische Vater-Tochter-im-Teenager-Alter-Beziehung, die gern in US-Serien und Filmen ausgeschlachtet wird. Ich kann das nicht mehr sehen. Spannungsreiches Verhältnis, bis es irgendwann zu einer gefährlichen Situation kommt und die Tochter merkt, wie cool ihr Daddy doch ist. Aber, hey, das ist nur mein persönliches Empfinden. Andere spricht es sicher an. Der einzige Kritikpunkt, den ich habe, besteht darin, dass die Welt, die du beschreibst meines Erachtens eher ins Jahr 2024 denn 2054 gehört. Jack Wolfskin-Reiserucksäcke und Kopfhörer kann ich mir in 45 Jahren schwer vorstellen. Das liegt sicher daran, dass mein Roman im Jahr 2066 spielt und ich mir diesbezüglich schon sehr viele Gedanken gemacht habe. Andererseits: Niemand von uns kann die Zukunft voraussehen. Wer weiß, vielleicht erleben rosa Kopfhörer in einem halben Jahrhundert ein Comeback! :P Ich jedenfalls finde: Du hast das Talent zum Schreiben. Lass dir nichts anderes einreden!Lieben Gruß,Miriam

Bearbeitet von Pharo, 31 Juli 2009 - 16:09.

  • (Buch) gerade am lesen:Dunkle Halunken (Terry Pratchett)
  • (Buch) als nächstes geplant:Der Tod kommt nach Pemberley (P.D. James)
  • • (Buch) Neuerwerbung: Dunkle Halunken
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#9 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 16:05

SF ist für mich mehr als eine Extrapolation aktueller Zustände in die nähere Zukunft. Für jemanden, der mit moderner SF selten in Berührung kommt mag es interessant sein, über mexikanische Grenzbefestigungen zu lesen. Mich langweilt es, weil ich auf so eine Idee auch selbst kommen würde. Das gilt auch für dreidimensionale Spielekonsolen und kuppelförmige Flughafenterminals mit U-Bahn-Anschluss. Man braucht keine seherischen Fähigkeiten und keine besondere Kreatität, um sowas zu erfinden und kurz zu beschreiben.Mich fasziniert SF, die mir Gedanken und Ideen präsentiert, die über das hinaus geht, was ich mir selbst ohne weiteres vorstellen kann. Dazu gehört insbesondere auch die Frage, wie Menschen sich in ihrer Umgebung verhalten. Deine Figuren sind in dieser Hinsicht nicht besonders aufschlussreich. Vielleicht ist der Ausschnitt unglücklich gewählt - aber das hast Du selbst getan, wie Dirk schon schrieb. Warum hast Du nicht einen Ausschnitt gepostet, der knackiger daherkommt? Das hätte mehr Interesse geweckt. Mit vibrierenden Chips in der Ohrmuschel wirst Du hier im SF-Netzwerk, wo die ganzen SF-Freaks rumhängen, die dergleichen schon längst eingebaut haben, niemanden ins Staunen versetzen.Insofern - da hast Du Recht - unterscheiden sich unsere Erwartungen an gute SF deutlich.Eine Frage: Wieviele aktuelle (deutsche) SF-Romane und -Kurzgeschichten hast Du in den letzten Jahren gelesen?

Bearbeitet von Uwe Post, 31 Juli 2009 - 16:07.

Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#10 Pharo

Pharo

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 16:20

Mich fasziniert SF, die mir Gedanken und Ideen präsentiert, die über das hinaus geht, was ich mir selbst ohne weiteres vorstellen kann. Dazu gehört insbesondere auch die Frage, wie Menschen sich in ihrer Umgebung verhalten. (...) Warum hast Du nicht einen Ausschnitt gepostet, der knackiger daherkommt? Das hätte mehr Interesse geweckt. Mit vibrierenden Chips in der Ohrmuschel wirst Du hier im SF-Netzwerk, wo die ganzen SF-Freaks rumhängen, die dergleichen schon längst eingebaut haben, niemanden ins Staunen versetzen.

Das wiederum kann ich sehr gut nachvollziehen.
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#11 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 16:21

Für jemanden, der mit moderner SF selten in Berührung kommt mag es interessant sein,

Hallo Uwe, dieser Satzbeginn hat mich einigermaßen gefesselt. Wenn ich als Fan der so durch den Dschungel stolpert mal zwischenfragen dürfte? Was ist moderne SF? Ist es Hamilton? Ist es Post? Ist es Banks oder Mieville? Sind es deutsche Kurzgeschichten? Ich kann mit dieser Klassifitzierung so herzlich wenig anfangen. Gruß

#12 Diboo

Diboo

    Kaisertentakel

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 16:27

Ich jedenfalls finde: Du hast das Talent zum Schreiben. Lass dir nichts anderes einreden!

Darum geht es doch gar nicht. Bei den meisten hoffnungsvollen Jungautoren, die sich hier melden, läuft es doch nach dem folgenden Schema ab: sie posten einen Text und bitten um "ehrliche" Kritik. Dann macht sich jemand Mühe - habe ich früher auch mal gemacht - und gibt diese Kritik. Fällt sie negativ aus, wird der hoffnungsvolle Nachwuchsautor schnell pampig, argumentiert absurd dagegen oder wird ad hominem. Aber es gehört nun einmal zum Handwerk, Kritik akzeptieren zu müssen. So lange man nur bei bod druckt, fein, die drucken alles, man zahlt ja dafür. Aber jeder seriöse Verlag haut einem Autor sein Manuskript gerne auch mal um die Ohren. Man muss sich nicht jeden Schuh anziehen. Aber wenn ich jedesmal so reagieren würde, wenn mir ein Lektor mächtig einen einschenkt, hätte ich entweder einen Herzinfarkt oder es mir schon lange mit meinen Verlagen verscherzt. Ich bestehe daher auf etwas Souveränität im Umgang mit Kritik. Nicht immer gleich dagegen halten. Wer weiß, vielleicht lernt man ja sogar etwas.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
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#13 Pharo

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 17:14

Darum geht es doch gar nicht. Bei den meisten hoffnungsvollen Jungautoren, die sich hier melden, läuft es doch nach dem folgenden Schema ab: sie posten einen Text und bitten um "ehrliche" Kritik. Dann macht sich jemand Mühe - habe ich früher auch mal gemacht - und gibt diese Kritik. Fällt sie negativ aus, wird der hoffnungsvolle Nachwuchsautor schnell pampig, argumentiert absurd dagegen oder wird ad hominem. Aber es gehört nun einmal zum Handwerk, Kritik akzeptieren zu müssen. So lange man nur bei bod druckt, fein, die drucken alles, man zahlt ja dafür. Aber jeder seriöse Verlag haut einem Autor sein Manuskript gerne auch mal um die Ohren. Man muss sich nicht jeden Schuh anziehen. Aber wenn ich jedesmal so reagieren würde, wenn mir ein Lektor mächtig einen einschenkt, hätte ich entweder einen Herzinfarkt oder es mir schon lange mit meinen Verlagen verscherzt. Ich bestehe daher auf etwas Souveränität im Umgang mit Kritik. Nicht immer gleich dagegen halten. Wer weiß, vielleicht lernt man ja sogar etwas.

Hallo Diboo, es geht hier nicht darum, DASS Kritik geübt wird, sondern WIE. Seit 15 Jahren arbeite ich als Werbetexterin, davon die Hälfte als Senior bzw. Head of. Mit anderen Worten: Ich habe viele junge Texter betreut oder ausgebildet und mich dabei immer bemüht, konstruktive Kritik zu üben, ohne persönlich zu werden. Bei Kritikpunkten habe ich sofort eine Alternative angeboten (die natürlich immer besser war), aber das musste der Texter selbst erkennen. Das nennt man Lernprozess. Alle "meine" Texter sind heute erfolgreich im Job. Leider ist es so, dass Sätze im Stil von "Das wäre eine Gelegenheit für schwarzen Humor oder bösartigen Sarkasmus, die Du hier sträflich auslässt" nicht sonderlich hilfreich sind. Sicher, es ist eine gute Anregung und so sollte sie auch formuliert werden. Warum muss immer alles so überheblich klingen? "sträflich auslässt"- als hätte der Autor gegen eine heilige Regel verstoßen! Vielleicht ist Sarkasmus nicht das Ding von HawaiiRoyal. Jedenfalls helfen solche Kritiken nicht weiter, sondern demotivieren nur. Was ich sehr schade finde. Du magst dich vielleicht erinnern, dass ich in diesem Forum diesbezüglich auch nicht gerade mit Samthandschuhen behandelt wurde. Ich bin einiges aus der Werbebranche gewohnt (Creative Director "das ist doch nur gequirlte Scheiße" oder seitens des Kunden "das Wort mag ich nicht"), trotzdem musste ich in diesem Forum lernen, mir eine noch dickere Haut zuzulegen. Schön ist es nicht, weil es gegen meine Natur ist, aber es hat sicher Vorteile. Wenn in der SZ die erste Rezension erscheint, bin ich vorbereitet ... haha! Gestandene Autoren wie ihr habt es doch nicht nötig, auf diese Weise zu schreiben. Warum kann das Ganze nicht professionell über die Bühne gehen? Warum muss es immer so klingen, als würde hier der allerletzte Schrott präsentiert? In manchen Fällen mag es so sein. In diesem Fall nicht. Daher meine Anmerkung "lass dir nichts anderes einreden." Wie alt ist der Autor? 29 Jahre? Meine Güte ... Gruß, Miriam

Bearbeitet von Pharo, 31 Juli 2009 - 17:17.

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#14 Diboo

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 17:30

Ich bin auch Deiner Meinung, dass manche etwas harsch formulieren. Andererseits werden auch so manche gemerkt haben, dass bei nett formulierter Kritik auch oft das gleiche Schema zu sehen ist. Kritik als solche wird zwar eingefordert, aber dann nicht akzeptiert, weil man es doch selbst am Besten weiß. Vielleicht ist das ja so - aber wenn es so ist, warum denn dann in ein Forum gehen und fragen?Ich bin grundsätzlich der Ansicht, dass man nicht in den Regen treten sollte, wenn man Angst hat, nass zu werden. Deutliche Worte sind akzeptabel, wenn sie nicht persönlich werden.

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#15 rockmysoul67

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 21:16

Ich habe den vierten Teil gelesen (um vom dritten Teil wegzukommen).

Der Schreibstil ist an sich flüssig, Beschreibungen sind eine Stärke von dir. Aber trotzdem langweilt der Text mich ... Du erläuterst eher, als dass du eine spannende Geschichte oder Momentaufnahme bringst.

Zwei Gedanken:

Chow Weng

An sich hast du hier eine Stelle eingebaut, wo Alek und Elena miteinander aufgeregt diskutieren und wo Charakterzüge der beiden gezeigt werden. Schon mal gut. Trotzdem geschieht nicht viel. Wäre es möglich diese eine Szene - sagen wir mal als Basis - dafür zu nutzen, um Fahrt in deiner Story zu bringen?

Kennst du den Roman "Nacht über den Wassern" von Ken Follett? Da geht es auch um eine Reise in einem Flugzeug. Bis alle Personen auf ihre Plätze sitzen, hat man schon ihre Vorgeschichten erfahren - und die Figuren agieren stark untereinander. Da gibt es zum Beispiel ein jüngeres Geschwisterpaar, dass auf dem Zug (zum Flughafen) einen anderen Passagier wegen seiner Berühmtheit auffällt; die Schwester entscheidet dann, ihn anzusprechen.

Jetzt Chow Weng - wird er noch eine Rolle spielen? Die Beschreibung von seiner Sport packt den Leser nicht sehr. Wäre er wenigstens nervös oder betrunken oder in Begleitung einer alten Schachtel (beispielsweise, gelle), und würden die beiden diese auffallende Tatsache besprechen (mit dazwischen drin dann die Beschreibung des Sports), würde so etwas viel erzählerischer wirken. Jedenfalls besser als eine weitere nichtssagende Beschreibung die vom Internet abgelesen wird ... Im Prinzip fehlt dieser Stelle (und fast der ganzen Geschichte) jene spannenden Ereignisse, die auf Reisen geschehen.

Das Space Hilton war wie ein gigantisches Artefakt aus der Zukunft, das aus unerklärlichen Gründen im Jahr 2054 aufgetaucht war.
Es gab den Menschen die Möglichkeit am eigenen Leib zu erfahren, was für ihre Kinder (vielleicht auch erst für ihre Kindeskinder) bereits zur unspektakulären Normalität gehören würde.

Moment! Ist das dein Ernst? Willst du wirklich den Kern, die Aussage deiner Geschichte, auf diesen kleinen Absatz einschränken?
Wie wäre es mit einem ganzen Kapitel, in der das erstmalige Erscheinen erzählt wird? Dann meinetwegen mit einem Zeitsprung von zehn Jahren, in der die beiden eine Reise dahin planen, gewinnen oder unternehmen?
Die Idee von einer zukünftigen Raumstation in der Jetztzeit (bzw. in nicht so ferner Zukunft) ist ganz toll! Aber bitte - arbeite sie (wieder wenigstens in einer ereignisvollen Szene) aus. Diese Schnell-rasch-Vorstellen klappt höchstens in einer Kurzgeschichte.

#16 rockmysoul67

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Geschrieben 31 Juli 2009 - 21:45

Es ist tatsächlich schon erschienen (vor 1 Woche). Ich würde es gerne hier vorstellen und mir auch etwas konstruktive Kritik einholen, da ich das Skript bei Books On Demand, jederzeit für wenig Geld noch einmal überarbeiten kann. :)

Dies ist keine gewöhnliche Buchbesprechung, sondern eine Bitte um Kritik eigener Arbeit. Der Thread gehört ganz klar in der Autorenwerkstatt.

Die Art Kritik ("hart aber fair"), die du hier kriegst, geht weit über die kleinen Punkte hinaus, die du noch schnell bei BOD abändern könntest. Es geht hier nicht mehr um z.B. eine kleine Änderung in einer fehlerhaften Distanzrechnung oder so, sondern der Rat geht eher Richtung von der Umschreibung ganzer Passagen.

Ich finde, du hast gut gehandelt. Du hast ein Buch fertig geschrieben, in einem durchgehend stabilen Stil vorgelegt, hast es lektorieren lassen und bringst es in Eigenregie heraus. Gratuliere! Ich wünsche dir Spass und Erfahrung bei diesem Projekt zu. Irgendwann kriegst du aber wieder Lust Neues zu schreiben. Für jene Zeit empfehle ich:

a ) zuerst eine oder mehrere Kurzgeschichten zu schreiben (um mit Stilen zu spielen, zu trainieren); die eine oder andere geliebte KG kannst du dann später immer noch zu einem Roman verarbeiten.

b ) mehr Ereignis, Erlebnisse, "Action" in den Szenen zu bringen. Ist jemand in der Küche, dann soll er nicht bloss ein Sandwich machen, sondern sich gefälligst in die Finger schneiden!

#17 Uwe Post

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Geschrieben 01 August 2009 - 09:35

Du hast ein Buch fertig geschrieben, in einem durchgehend stabilen Stil vorgelegt, hast es lektorieren lassen und bringst es in Eigenregie heraus.

(Hervorhebung von mir)

Mich interessiert, ob der Lektor auch inhaltliche und stilistische Kritik geübt hat und wenn nicht, warum nicht. Es herrscht ja hier offenbar Konsens im Hinblick darauf, dass einige Stellen besser hätten umgesetzt werden können. Vielleicht war es eher ein Korrektorat, das stattgefunden hat?

Es tut mir Leid, wenn meine Anmerkungen überheblich klangen. Aus meiner Sicht handelt es sich um freundlich gemeinte Hinweise eines etwas erfahreneren SF-Autors an einen weniger erfahrenen SF-Autor. Sie sind weder persönlich noch demotivierend gemeint. Ich hatte schon vor dieser Diskussion privat Kontakt mit dem Autor (als ich noch nicht wusste, dass das Buch schon draußen ist) und habe ihm meine Unterstützung angeboten.

Was ich bedauerlich finde, ist die falsche zeitliche Reihenfolge der Ereignisse. Textwerkstatt sollte vor dem Druck stattfinden. Hinterher ist es zu spät.
Man kann doch ohne weiteres hier im Forum in der Autorenwerkstatt sowas posten wie: "Hey, ich hätte da ne Idee für nen coolen SF-Roman, aber ich hab noch keine Schreiberfahrung. Würde jemand mit mir das Exposé und ein Probekapitel durchgehen?"
Auch ich bitte von Zeit zu Zeit andere Autoren um ihre Meinung zu einem Text. Bevor er veröffentlicht wird. Das ist extrem hilfreich, und ohne den intensiven Austausch mit anderen Autoren hätten meine Texte keinesfalls die Qualität, die sie haben.

Dass man sich einfach hinsetzen und einen Roman rausbringen kann, obwohl man keinerlei Schreiberfahrung hat, liegt an der leichten Verfügbarkeit von Textverarbeitungssoftware und Print on Demand. Wer aber glaubt, dass dabei automagisch etwas herauskommt, das besser ist als "okay", irrt. Schreiben ist Handwerk, das man lernen muss, wie jedes andere auch.
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#18 HawaiiRoyal

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Geschrieben 04 August 2009 - 14:31

Okay, erst mal danke für das bisherige Feedback. Ich werde mir das gut anschauen und vielleicht nochmal den ein oder anderen Gedanken formulieren. Vorerst pick ich mir mal ein paar Stellen raus um Mißverständnissen vorzubeugen:



Pharo: "Auch ich kann nicht wirklich mit den Figuren sympathisieren, aber wir haben sie auch noch nicht richtig kennengelernt, sondern nur in einer gemeinsamen Szene erlebt."

Richtig, hinzu kommt noch, dass es die erste Szene überhaupt ist, in der die beiden auftauchen. Von Anfang an war es mein Anspruch Hard-SF zu schreiben. Das schlägt sich für mich auch in den Dialogen nieder, die gerade in solchen Situation doch eher trivial und schematisch sind.


Pharo: "Was mich persönlich etwas stutzig machen würde, wäre diese typische Vater-Tochter-im-Teenager-Alter-Beziehung, die gern in US-Serien und Filmen ausgeschlachtet wird. Ich kann das nicht mehr sehen. Spannungsreiches Verhältnis, bis es irgendwann zu einer gefährlichen Situation kommt und die Tochter merkt, wie cool ihr Daddy doch ist. Aber, hey, das ist nur mein persönliches Empfinden. Andere spricht es sicher an."

Darauf baue ich. Wurde mir als Kritik schon von vielen Seiten nähergebracht. Ich muss sagen: Ich liebe Hollywood, ich stehe auf Michael Bay-Filme. Space Hotel 2054 war ursprünglich als reiner "Die Hard im Weltall"-Verschnitt gedacht und im Jahr 2019 angesiedelt. Erst nachdem ich Spaß an der Recherche gefunden hatte, verlagerte sich der Schwerpunkt des Ganzen auf Setting und Hard SF/Action mit gesellschaftskritischen Untertönen. Im Prinzip will ich mal schreiben wie eine Mischung aus Michael Crichton und Matthew Reillys älterem und talentierterem Bruder.

Pharo: Ich jedenfalls finde: Du hast das Talent zum Schreiben. Lass dir nichts anderes einreden!

:D
Danke. Werde ich nicht.


Uwe Post: SF ist für mich mehr als eine Extrapolation aktueller Zustände in die nähere Zukunft.

Für mich in diesem Fall aber absolut nicht. Die Aufgabenstellung an mich selber sah folgendermaßen aus: Entwirf eine glaubwürdige Welt von Übermorgen. Keine übertriebenen Uto- oder Dystopien um etwas zu verdeutlichen, keine esoterischen Einflüsse. Sehr vieles von dem was in meinen Roman vorkommt, basiert auf bereits fertigen Prototypen, bestehenden Plänen und den veröffentlichten Vorhersagen von aus Zukunftforschern bestehenden Think-Thanks.

Uwe Post: Warum hast Du nicht einen Ausschnitt gepostet, der knackiger daherkommt? Das hätte mehr Interesse geweckt. Mit vibrierenden Chips in der Ohrmuschel wirst Du hier im SF-Netzwerk, wo die ganzen SF-Freaks rumhängen, die dergleichen schon längst eingebaut haben, niemanden ins Staunen versetzen.

Weil ich mir die Szene wie mit einigen wenigen langgezogenen Kamerafahrten eingefangen vorgstellt habe. Die junge Frau die mein Korrektorat gemacht hat, hat auch eine ganz andere Szene als Leseprobe auf der Homepage herausgesucht: Schwerelosigkeit, Romantik, Blut. Um beiden Facetten gerecht zu werden, habe ich diesen Ausschnitt gewählt, den ich für ziemlich gelungen halte.

Uwe Post: Insofern - da hast Du Recht - unterscheiden sich unsere Erwartungen an gute SF deutlich. Eine Frage: Wieviele aktuelle (deutsche) SF-Romane und -Kurzgeschichten hast Du in den letzten Jahren gelesen?

In den letzten drei Jahren etwa 20. Dafür habe ich etwa 300 Filme aus denselbem Genre gesehen. Ich will dir nicht zu nahetreten, aber wenn ich nach Kritik frage, kann das natürlich auch teilweise wohlwollende Kritik sein, das nennt sich dann wohldosiertes Lob.
Hat was mit Respekt und Annerkennung zu tun. Ich bin so ein völlig vernichtendes Urteil, dass kein gute Haar an meinem Text läßt aber inzwischen gewohnt. Jeder hat seinen eigenen Kommunikationsstil. Das eher hierarchisch orientierte, elitäre Denken ist hierzulande eben verbreitet und schlägt sich dann auch gerne mal in recht abfälliger Ausdruckweise nieder, was dem Absender vielelicht oft gar nicht so richtig bewusst ist (dem Adressaten aber schon).


Diboo: Bei den meisten hoffnungsvollen Jungautoren, die sich hier melden, läuft es doch nach dem folgenden Schema ab: sie posten einen Text und bitten um "ehrliche" Kritik. Dann macht sich jemand Mühe - habe ich früher auch mal gemacht - und gibt diese Kritik. ...

Siehe oben. Ich bin aber wirklich an Anregungen für die Zukunft (haha) interessiert.


Pharo: es geht hier nicht darum, DASS Kritik geübt wird, sondern WIE.
...
Leider ist es so, dass Sätze im Stil von "Das wäre eine Gelegenheit für schwarzen Humor oder bösartigen Sarkasmus, die Du hier sträflich auslässt" nicht sonderlich hilfreich sind. Sicher, es ist eine gute Anregung und so sollte sie auch formuliert werden. Warum muss immer alles so überheblich klingen?

Dem füge ich, abgesehen von diesem Satz, nichts mehr hinzu.


Gestandene Autoren wie ihr habt es doch nicht nötig, auf diese Weise zu schreiben. Warum kann das Ganze nicht professionell über die Bühne gehen? Warum muss es immer so klingen, als würde hier der allerletzte Schrott präsentiert? In manchen Fällen mag es so sein. In diesem Fall nicht. Daher meine Anmerkung "lass dir nichts anderes einreden." Wie alt ist der Autor? 29 Jahre? Meine Güte ...


28 Jahre. Das wird aber wohl ein Wunsch bleiben. Fachsimpelei und Abgrenzung gegenüber "Newbies" ist in jeder Szene und Subkultur dieser Welt verbreitet. In Maßen finde ich das auch erträglich und normal, schafft ja auch gemeinsame Werte, Normen und so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl.


rockmysoul67: An sich hast du hier eine Stelle eingebaut, wo Alek und Elena miteinander aufgeregt diskutieren und wo Charakterzüge der beiden gezeigt werden. Schon mal gut. Trotzdem geschieht nicht viel. Wäre es möglich diese eine Szene - sagen wir mal als Basis - dafür zu nutzen, um Fahrt in deiner Story zu bringen?

Es gibt an anderer Stelle noch mehrere Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Haustiere, Freizeitgestaltung, Frechheit allgemein. Richtig: Es beginnt langsam (finde ich persönlich sehr viel besser als gleich mit einem `Paukenschlag`zu beginnen.) und bleibt emotionalverhältnismäßig flach. Ersteres ist beabsichtigt um das Setting vor den Augen des nicht ganz so geschulten Lesers aufzubauen, letzeres hat mit dem Genre (Action/SF)
zu tun. Eine hochkomplexe, tief-innige Vater/Tochterbeziehung würde die Dynamik der Story abbremsen bzw. fast wirkungslos verpuffen lassen.

rockmysoul67: Jetzt Chow Weng - wird er noch eine Rolle spielen?

Ja. Eine Nebenrolle.

rockmysoul67:Im Prinzip fehlt dieser Stelle (und fast der ganzen Geschichte) jene spannenden Ereignisse, die auf Reisen geschehen.

Der Teil kommt direkt danach, ich habe ihn aus Platzgründen weggelassen. Außerdem wollte ich die Monotonie einer endlosen Busfahrt durch Mexiko darstellen. Da schweifen die Gedanken, wie in Aleks Fall, eben schon mal ab. Aber den Punkt werde ich mir trotzdem mal durch den Kopf gehen lassen. Sowas ist für mich übrigens konstruktive Kritik.

Ist jemand in der Küche, dann soll er nicht bloss ein Sandwich machen, sondern sich gefälligst in die Finger schneiden!

In der Leseprobe auf der HP wird jemanden im Kühlraum die Kehle durchgeschnitten :.)


Die Art Kritik ("hart aber fair"), die du hier kriegst, geht weit über die kleinen Punkte hinaus, die du noch schnell bei BOD abändern könntest. Es geht hier nicht mehr um z.B. eine kleine Änderung in einer fehlerhaften Distanzrechnung oder so, sondern der Rat geht eher Richtung von der Umschreibung ganzer Passagen.

Es geht für mich um ganz grobe Fehler (konnte ich noch keine entdecken) und auch grundsätzlich um Feedback zu meinem Roman. Es geht auch darum, wie ich mich in den nächsten Jahren schreibtechnisch ausrichte, was ich betone und was ich lieber weglasse. Wo ich Komprosmisse mache, zwischen dem was ich selber geren lesen würde und dem was die Mehrheit lesen will.


Uwe Post: Mich interessiert, ob der Lektor auch inhaltliche und stilistische Kritik geübt hat und wenn nicht, warum nicht. Es herrscht ja hier offenbar Konsens im Hinblick darauf, dass einige Stellen besser hätten umgesetzt werden können. Vielleicht war es eher ein Korrektorat, das stattgefunden hat?

Sie ist Studentin (Islamistik und Stuff), kennt sich aber auch gleichzeitig sehr gut mit der deutschen Sprache aus. Inhaltliche Ergänzungen gab es nur wenige. Insofern kann man hier wohl wirklich eher von einem Korrektorat sprechen.


Es tut mir Leid, wenn meine Anmerkungen überheblich klangen. Aus meiner Sicht handelt es sich um freundlich gemeinte Hinweise eines etwas erfahreneren SF-Autors an einen weniger erfahrenen SF-Autor. Sie sind weder persönlich noch demotivierend gemeint. Ich hatte schon vor dieser Diskussion privat Kontakt mit dem Autor (als ich noch nicht wusste, dass das Buch schon draußen ist) und habe ihm meine Unterstützung angeboten.

Ist richtig. Kein böses Blut.


Dass man sich einfach hinsetzen und einen Roman rausbringen kann, obwohl man keinerlei Schreiberfahrung hat, liegt an der leichten Verfügbarkeit von Textverarbeitungssoftware und Print on Demand. Wer aber glaubt, dass dabei automagisch etwas herauskommt, das besser ist als "okay", irrt. Schreiben ist Handwerk, das man lernen muss, wie jedes andere auch.

Grudsätzlich korrekt. Aber ich schreibe nicht erst seit gestern - und das merkt man meinem Stil an. Der Unterschied zu jenen On-Demand-Debütanten die sich gedacht haben
"Hach, heute schreib ich mal schnell ein Buch" ist offensichtlich. Es geht mir eher darum meine Qualität einzuordnen: Landesliga? Oberliga? Regionalliga? In Ansätzen erst- oder wenigstens zweitklassig? :lol:


Okay, wem noch was einfällt: Nur zu! Auch Replik ist herzlich willkommen, es sollte nur nicht in eine
Grundsatzdiskussion ausarten. Das würde diesen Thread zwar konstant oben halten, dass ist aber nicht der primäre Sinn dieser Übung. Und: Möge die Macht mit euch sein! :rolleyes:

Bearbeitet von HawaiiRoyal, 04 August 2009 - 14:48.


#19 Martin Stricker

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Geschrieben 07 August 2009 - 14:24

Uwe Post: SF ist für mich mehr als eine Extrapolation aktueller Zustände in die nähere Zukunft.

Für mich in diesem Fall aber absolut nicht. Die Aufgabenstellung an mich selber sah folgendermaßen aus: Entwirf eine glaubwürdige Welt von Übermorgen. Keine übertriebenen Uto- oder Dystopien um etwas zu verdeutlichen, keine esoterischen Einflüsse. Sehr vieles von dem was in meinen Roman vorkommt, basiert auf bereits fertigen Prototypen, bestehenden Plänen und den veröffentlichten Vorhersagen von aus Zukunftforschern bestehenden Think-Thanks.

Mein persönlicher Geschmack liegt irgendwo in der Mitte. Ich hab ein naturwissenschaftliches Studium hinter mir, wer also offensichtlich gegen die physikalischen Regeln verstößt, hat tendentiell schlechte Karten. :) Andererseits läßt sich die Zukunft eben *nicht* einfach extrapolieren. Wichtige Erfindungen sind oft *neu*, basieren auf neuen Entdeckungen oder aber sind eine *kreative* Kombination bereits existierender Technologien und/oder Ideen, die aufgrund der Kreativleistung nicht extrapolierbar waren. Als Beispiel möchte ich das World Wide Web nehmen: Das Internet, die dezentrale Verknüpfung von Computern, gab es seit Ende der 1960er Jahre. Noch älter ist die Idee des Hypertexts, der Verknüpfungen über Dokument- und Rechnergrenzen hinweg ermöglicht (Projekt Xanadu von Ted Nelson). Aber erst 1991 kam Tim Berners-Lee auf die Idee, wie dies praktisch umsetzbar sein könnte. Wer hätte selbst da gedacht, wohin das WWW bis heute gekommen ist? Daher mag auch ich neue Ideen, solange sie wissenschaftlich plausibel sind. Was mich dabei am meisten interessiert, sind die *Auswirkungen* der neuen Idee auf die Gesellschaft, dargestellt anhand der Hauptfiguren.

Das bringt mich zum zweiten für mich wichtigen Punkt an Geschichten: Gut ausgearbeitete Charaktere, die ohne Stereotypen, dafür aber mit Ecken und Kanten daherkommen. Diese müssen dann in eine Gesellschaft eingebettet sein und diese wiederspiegeln, die eine deutliche Reaktion auf die technischen und politischen Entwiklungen zeigt - schließlich ist hier eine wechselseitige Beziehung darzustellen. Das läßt sich auch sehr gut für Gesellschaftskritik nutzen (z. B. indem Du Alek die "offizielle" Version im Reiseführer hättest lesen lassen, während er gleichzeitig seine Kommentare dazu abgäbe und die Tatsachen richtigstellte). Ich gebe zu, daß ich gut gemachte Gesellschaftskritik sehr schätze, selbst wenn ich mit ihrem Inhalt nicht konformgehe.

Mir ist, wie schon einigen Vorrednern, am hier geposteten Ausschnitt aufgefallen, daß Du vor allem beschreibst und Tatsachen darstellst. In einer *Erzählung* wäre es aber sinnvoller und für die Leser viel interessanter, wenn Du diese Beschreibungen und Tatsachen *in* die Handlung einbinden würdest. Reiseführer kontra Gedanken von Alek hatte ich schon angeführt, eine andere Möglichkeit wäre ein Gespräch zwischen Alek und Elena - bei einem Dialog lassen sich gut Zusatzinformationen zu den Charakteren unterbringen, so kann Alek dozieren (und Elena verdreht dann die Augen), oder er erzählt ihr nur die halbe Wahrheit (die ganze bekommen wir dann durch seine Gedanken mit idealerweise zusammen mit dem Grund fürs Verschweigen). Schon wirken die Charaktere und die Gesellschaft, in der sie leben, viel lebensechter, obwohl genau die gleiche Information transportiert wird. Erzählungen leben von Konflikten *und* der Interaktion der Charaktere untereinander.

Weil ich mir die Szene wie mit einigen wenigen langgezogenen Kamerafahrten eingefangen vorgstellt habe. Die junge Frau die mein Korrektorat gemacht hat, hat auch eine ganz andere Szene als Leseprobe auf der Homepage herausgesucht: Schwerelosigkeit, Romantik, Blut. Um beiden Facetten gerecht zu werden, habe ich diesen Ausschnitt gewählt, den ich für ziemlich gelungen halte.

Uwe Post: Insofern - da hast Du Recht - unterscheiden sich unsere Erwartungen an gute SF deutlich. Eine Frage: Wieviele aktuelle (deutsche) SF-Romane und -Kurzgeschichten hast Du in den letzten Jahren gelesen?

In den letzten drei Jahren etwa 20. Dafür habe ich etwa 300 Filme aus denselbem Genre gesehen.

Das erklärt möglicherweise Deinen Stil. Die Medien Film und Buch funktionieren sehr unterschiedlich: Im Film arbeitest Du sehr stark mit Bildern, die von Kameraführung und Musik (die Wirkung der Musik sollte nicht unterschätzt werden!) unterstützt werden. Gedanken und Gefühle der Protagonisten konnen aber nur eingeschränkt dargestellt werden. Im Buch hingegen kann man das komplette Innenleben einer Person darstellen (auch ohne die problematische Ich-Perspektive), die Beweggründe darlegen (und damit selbst einen Bösewicht menschlich darstellen) und vieles mehr, was im Film nahezu unmöglich ist. Dafür bietet das Buch keine unterstützende Musik, man muß die Stimmung ausschließlich mit Worten erzeugen und kann noch nicht einmal mittels Stimmfärbung Einfluß nehmen. Im Film kann ich eine Gefahrensituation einfach dadurch kenntlich machen, daß ich entsprechende Musik verwende und vielleicht das Licht noch etwas dunkler mache, während im Buch dies alles nur durch Worte erreicht werden muß. Ich hab die Leseprobe auf Deiner Homepage noch nicht gelesen, von der hier veröffentlichten Textstelle wage ich die Vermutung, daß Du Dich bemühst, die Filder des Mediums Film durch Beschreiben in Dein Buch zu übertragen. Das funktioniert nicht besonders gut, da der Leser diese Beschreibung nicht wie ein Filmbild in Sekundenbruchteilen in seiner Gesamtheit wahrnehmen kann, sondern sich Wort für Wort durch die Bleiwüste quälen muß. :) Daher der Rat meiner Vorschreiber, solche Beschreibungen durch Handlung aufzulockern oder in Dialoge zu packen. Uwes Frage ging in eine ähnliche Richtung: Lies mal ein paar Romene oder Kurzgeschichten, die Du *magst* (egal welches Genre), und merk Dir die Stellen, die Dir besonders gut und besonders wenig gefallen haben, dann lies sie noch einmal und achte *genau* darauf, wie der Autor vorgeht. Daraus kannst Du versuchen zu lernen, wie Du schreiben solltest und wie nicht. Es gibt natürlich kein Paqtentrezept, und Du mußt Deinen eigenen Stil finden, aber vom Filmeschauen lernt man schwieriger, ein gutes Buch zu schreiben als vom Bücherlesen. ;)


Ich will dir nicht zu nahetreten, aber wenn ich nach Kritik frage, kann das natürlich auch teilweise wohlwollende Kritik sein, das nennt sich dann wohldosiertes Lob.
Hat was mit Respekt und Annerkennung zu tun. Ich bin so ein völlig vernichtendes Urteil, dass kein gute Haar an meinem Text läßt aber inzwischen gewohnt. Jeder hat seinen eigenen Kommunikationsstil. Das eher hierarchisch orientierte, elitäre Denken ist hierzulande eben verbreitet und schlägt sich dann auch gerne mal in recht abfälliger Ausdruckweise nieder, was dem Absender vielelicht oft gar nicht so richtig bewusst ist (dem Adressaten aber schon).

Tja, das ist ein weiteres Problem beim Schreiben eines geschriebenen Werks: Dieselben Worte können bei einer Person als "normal" ankommen, bei einer anderen als "Angriff" und so weiter. Das geht so weit, daß ich an mir selbst schon beobachtet habe, dasselbe Buch je nach meiner eigenen Stimmung eher als gut oder eher als schlecht wahrzunehmen.

"Wohldosiertes Lob" ist immer schwieriger als ein "völlig vernichtendes Urteil". Fehler und unschöne Sachen fallen zumindest mir schneller auf als Dinge, die mir besonders gut gefallen. Sieh es nach dem Motto "Alles ist gut, wo keiner drüber meckert." Außerdem hast Du um Kritik gebeten. ;) Wie Miriam bereits ansprach, ist Deine Sprache gut. Der Stil ist an einem so kurzen Ausschnitt nicht wirklich beurteilbar, scheint aber im "grünen Bereich" zu sein. Der Textausschnitt ist gut lesbar (was beileibe nicht selbstverständlich ist!), die Präsentation (trockene Beschreibung statt interessanter Interaktion) macht das Ganze leider etwas langweilig (wie oben weiter ausgeführt).

Eine hochkomplexe, tief-innige Vater/Tochterbeziehung würde die Dynamik der Story abbremsen bzw. fast wirkungslos verpuffen lassen.

Möglich, doch um das beurteilen zu können, muß ich erst das Buch lesen.

rockmysoul67:Im Prinzip fehlt dieser Stelle (und fast der ganzen Geschichte) jene spannenden Ereignisse, die auf Reisen geschehen.

Der Teil kommt direkt danach, ich habe ihn aus Platzgründen weggelassen. Außerdem wollte ich die Monotonie einer endlosen Busfahrt durch Mexiko darstellen. Da schweifen die Gedanken, wie in Aleks Fall, eben schon mal ab.

Da ist was dran. Der Ausschnitt ist also vermutlich nicht repräsentativ für das Buch. Dann muß ich wohl erst mal die Leseprobe auf der Homepage lesen...

*Warteschleifenmusik* ;)

Dirk, die mußt Du lesen! Ein Spacebabe gleich im ersten Absatz! "Sie war eine Mischung aus Astronautenmodell und erotischer Kammerjägerin." :) Sehr schöner Humor! Wobei das auch ein Risiko ist - worüber der eine schallend lacht, findet ein anderer albern, überhaupt nicht witzig, vielleicht sogar chauvinistisch...

Die zweite Leseprobe kommt deutlich besser ruber als die erste, nun bin ich schon eher interessiert, das Buch zu lesen. Mehr Interaktion, mehr Handlung, auch wenn Beschreinungen nach wie vor viel Raum einnehmen.

Ein Lasermesser hat eine Klinge? *grübel* ;)

Ach ja: Ziemlich viel Schleichwerbung... Hilton, Jack Wolfskin, Coca-Cola, Pepsi, Davidoff...

Es geht für mich um ganz grobe Fehler (konnte ich noch keine entdecken) und auch grundsätzlich um Feedback zu meinem Roman. Es geht auch darum, wie ich mich in den nächsten Jahren schreibtechnisch ausrichte, was ich betone und was ich lieber weglasse. Wo ich Komprosmisse mache, zwischen dem was ich selber geren lesen würde und dem was die Mehrheit lesen will.

Ich habe versucht, anhand der beiden Leseproben etwas Freedback zu geben, ich hoffe, daß es hilfreich war. Eines noch: Wenn Du Deine Geschichte schreibst, hast Du alles im Kopf, wie Deine Charaktere sind, was Deine Welt ausmacht. Deine Leser haben diesen Vorteil nicht, Du mußt alles *hinschreiben*, was zum Verständnis nötig ist. In den Leseproben ist mir nichts aufgefallen, was mir fehlen würde, aber das ist eine fiese Falle. :P

Es geht mir eher darum meine Qualität einzuordnen: Landesliga? Oberliga? Regionalliga? In Ansätzen erst- oder wenigstens zweitklassig? :)

Soweit ich das aus den Leseproben erkennen kann, hast Du Deinen Roman ordentlich geschrieben. Ob Deine Protagonisten gut charakterisiert werden, kann ich so nicht beurteilen, ebensowenig die Schlüssigkeit Deines Universums. Dazu muß ich erst das Buch lesen. In meine Liste mit deutscher Science Fiction 2009 habe ich das Buch eingetragen.

Bearbeitet von shugal, 07 August 2009 - 14:51.


#20 HawaiiRoyal

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Geschrieben 10 August 2009 - 13:19

Mein persönlicher Geschmack liegt irgendwo in der Mitte. Ich hab ein naturwissenschaftliches Studium hinter mir, wer also offensichtlich gegen die physikalischen Regeln verstößt, hat tendentiell schlechte Karten. :P Andererseits läßt sich die Zukunft eben *nicht* einfach extrapolieren. Wichtige Erfindungen sind oft *neu*, basieren auf neuen Entdeckungen oder aber sind eine *kreative* Kombination bereits existierender Technologien und/oder Ideen, die aufgrund der Kreativleistung nicht extrapolierbar waren. Als Beispiel möchte ich das World Wide Web nehmen: (...) Wer hätte selbst da gedacht, wohin das WWW bis heute gekommen ist? Daher mag auch ich neue Ideen, solange sie wissenschaftlich plausibel sind.

Ja, das WWW ist wohl die wichtigste Erfindung seit dem Milkshake und verändert unsere Wahrnehmung der Welt und die gesellschaftliche Realität immens. Aber das vertrackte an solchen unverhofften Innovationen ist ja, das man sie kaum vorhersehen kann. Und allzuoft war ich beim Anschauen von ( größtenteils eher ernstgemeinten) Science-Fiction Filmen genervt, da dort 2020 oder 2040 immer schon Autos herumflogen oder gewaltige gesellschaftliche Umwälzungen stattgefunden hatten, die auf mich einfach völlig unglaubwürdig wirkten. Ich bin wie erwähnt ein großer Fan des viel zu früh verstorbenen Michael Crichton. Der schaffte es bekanntermaßen Faktenwissen in ein realistisches Setting einzubauen. Die trockene Sprache und die recht eindimensionalen Figuren will ich nicht verteidigen. Aber ich habe gerade wieder mal "Dino Park" fertiggelesen und die Stellen an denen er ausschweifend über wissenschaftliche Fortschritte und Theorien fabuliert (Chaostheorie, Systemtheorien, paläontologische Diskussionen etc.) sind hochgradig faszinierend. Ich habe festgestellt, das es sogar meine Lieblingsstellen sind (das und das blöde Gefrotzel zwischen den Hauptfiguren). Die Dinohatz auf der Insel vor Costa Rica ist ganz spannend, aber da schaue ich mir lieber einen Film an, denn dieses Medium ist meiner Meinung nach in den Bereichen Comedy und Action von Literatur nicht zu schlagen. Den bisherigen Reaktionen auf das Buch zufolge, empfindet aber die Mehrheit gerade solche Stellem als langweilig und trocken. Das ist ein echtes Problem für mich. Mal schauen...


Das bringt mich zum zweiten für mich wichtigen Punkt an Geschichten: Gut ausgearbeitete Charaktere, die ohne Stereotypen, dafür aber mit Ecken und Kanten daherkommen. Diese müssen dann in eine Gesellschaft eingebettet sein und diese wiederspiegeln, die eine deutliche Reaktion auf die technischen und politischen Entwiklungen zeigt - schließlich ist hier eine wechselseitige Beziehung darzustellen. Das läßt sich auch sehr gut für Gesellschaftskritik nutzen (z. B. indem Du Alek die "offizielle" Version im Reiseführer hättest lesen lassen, während er gleichzeitig seine Kommentare dazu abgäbe und die Tatsachen richtigstellte). Ich gebe zu, daß ich gut gemachte Gesellschaftskritik sehr schätze, selbst wenn ich mit ihrem Inhalt nicht konformgehe. (...)

Ach ja: Ziemlich viel Schleichwerbung... Hilton, Jack Wolfskin, Coca-Cola, Pepsi, Davidoff...

Hat Uwe ja auch schon beklagt. Und wieder dasselbe: Diese ewige Dauerironie ist für mich ein nicht in Würde ergrautes Cyberpunklischee, abgenutzt und langweilig ohne Ende. Ich habe früher viel mehr aus der Richtung gelesen und ich muss sagen: Ich bin satt was das betrifft. Ich habe versucht das gesellschaftliche Ungleichgewicht weniger aufdringlich durch konkrete Beispiele zu illustrieren: Die allgegenwärtigen Werbe-Hologramme, die Schlafwaben für die Working Poor, die Tatsache, dass man Tabak und Pornos nur noch unter dem Ladentisch kaufen kann - und nicht zuletzt die von dir bemerkte ständige Schleichwerbung.

Ich bin hierbei von 2 Ansätzen ausgegangen:

1) "Minority Report" und "Rennaisance 2054" . Spielen beide im selben Jahr wie mein Roman.
Jeweils ein pessimistisch-realistisches Setting, welches eine vollkommen durchkommerzialisierte Welt zeigt - das aber kaum zum Thema macht, keine Position bezieht. Es ist halt so. Die Protagonisten müssen damit leben. Wenn ich selber an einen Wochentag durch die Innenstadt laufe, komme ich mir persönlich auch wie von Drohnen umzingelt vor, das beschäftigt mich aber nicht längerfristig. Es ist einfach der (ziemlich nervige) Hintergrund, vor dem mein momentanes Leben abläuft.

2) Etwas was Douglas Coupland mal gesagt hat. Sinngemäß: "Viele Autoren wollen für die Ewigkeit schreiben und vermeiden Markennamen, damit ihr Buch auch in 50 Jahren noch zeitgenössisch rüberkommt. Das ist feiger Unsinn. Große Firmen geben Hunderte von Millionen aus, um bestimmte Bilder in den Köpfen der Konsumenten zu verankern. Warum soll meine Hauptfigur also nicht in einen Honda Civic steigen und dann eine Coca-Cola trinken?"

Ich habe also versucht, soviel Markennamen wie nur möglich unterzubringen. Alek rasiert sich z.B. mit einem Schallrasierer von Gilette, Elena hat einen Roboterhund von Sony, die Reisebusse sind von Mercedes und die verschiedenen Figuren verköstigen im Verlauf des Romans fast die ganze Softdrinkpalette der Coca-Cola-Company.



Tja, das ist ein weiteres Problem beim Schreiben eines geschriebenen Werks: Dieselben Worte können bei einer Person als "normal" ankommen, bei einer anderen als "Angriff" und so weiter. Das geht so weit, daß ich an mir selbst schon beobachtet habe, dasselbe Buch je nach meiner eigenen Stimmung eher als gut oder eher als schlecht wahrzunehmen.

"Wohldosiertes Lob" ist immer schwieriger als ein "völlig vernichtendes Urteil". Fehler und unschöne Sachen fallen zumindest mir schneller auf als Dinge, die mir besonders gut gefallen. Sieh es nach dem Motto "Alles ist gut, wo keiner drüber meckert." Außerdem hast Du um Kritik gebeten. ;)

Ich fordere nur ungerne Lob ein. Aber das man bei einem vorgstellten Erstling auch die positiven Seiten erwähnt, erachte ich für selbstverständlich. Beispiel: Ich treffe mich ab und an mit einem Typen der gerade erst zu Schreiben angefangen hat (ich habe ihn dazu ermutigt). Die ersten Seiten die er mir gegeben hat, waren ziemlich mäßigst. Anstatt aber so abzugehen wie es in Deutschland leider üblich ist (nicht umsonst ist dieses blasierte Ekel von Reich-Ranizky hierzulande eine Kultfigur) ist, habe ich ihm konkrete Hilfestellungen gegeben und auch ein wenig auf meine Formulierungen geachtet. Ich kritisiere ihn echt nur hart, wenn er einen totalen Bock schießt. Inzwischen schreibt er sehr viel besser und flüssiger, die Geschichte entwickelt sich gut, genauso sein Stil. Ich beziehe das jetzt nicht konkret auf Uwe, mir ist dieser grundsätzliche Mangel an Respekt einfach sehr oft aufgefallen. Überspitzt formuliert: Werke junger Autoren werden hierzulande nur gefördert, wenn sie eine sehr überschaubare Palette bestimmter Themenbereiche abdecken. Das macht es im ohnehin schon von teilweise "schwierigen" Personen bevölkerten Unterhaltungskunstbiz, für eine bestimmte Art von Autoren noch schwerer als nötig.

In dem Zusammenhang empfehle ich mal einen Nicht-SF-Roman:
"T.C. Boyle : Der Samurai von Savannah".


Wie Miriam bereits ansprach, ist Deine Sprache gut. Der Stil ist an einem so kurzen Ausschnitt nicht wirklich beurteilbar, scheint aber im "grünen Bereich" zu sein. Der Textausschnitt ist gut lesbar (was beileibe nicht selbstverständlich ist!), die Präsentation (trockene Beschreibung statt interessanter Interaktion) macht das Ganze leider etwas langweilig (wie oben weiter ausgeführt).

Danke. Vielleicht übernehme ich doch den Textausschnitt von der Homepage für die Buchvorstellung in den Foren.

Möglich, doch um das beurteilen zu können, muß ich erst das Buch lesen.).

Bestell es dir doch einfach! Für dich und alle deines Freunde. Ist auch ein ideales Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk. ;)


Ein Lasermesser hat eine Klinge? *grübel* ;) ).

Eine Laserklinge, natürlich. Noch nie Star Wars gesehen? ;)
Man kann damit zwar keine epischen Schwertkämpfe veranstalten, aber prima Gurken und Karotten schneiden, sowie Truthähne tranchieren.


Ich habe versucht, anhand der beiden Leseproben etwas Freedback zu geben, ich hoffe, daß es hilfreich war. Eines noch: Wenn Du Deine Geschichte schreibst, hast Du alles im Kopf, wie Deine Charaktere sind, was Deine Welt ausmacht. Deine Leser haben diesen Vorteil nicht, Du mußt alles *hinschreiben*, was zum Verständnis nötig ist. In den Leseproben ist mir nichts aufgefallen, was mir fehlen würde, aber das ist eine fiese Falle. :smokin:


Soweit ich das aus den Leseproben erkennen kann, hast Du Deinen Roman ordentlich geschrieben. Ob Deine Protagonisten gut charakterisiert werden, kann ich so nicht beurteilen, ebensowenig die Schlüssigkeit Deines Universums. Dazu muß ich erst das Buch lesen. In meine Liste mit deutscher Science Fiction 2009 habe ich das Buch eingetragen.


Danke, das war ziemlich hilfreich. Ich tröste mich einstweilen damit, das noch kein Meister vom Himmel gefalen ist (außer Superman). :blush:

Bearbeitet von HawaiiRoyal, 10 August 2009 - 13:48.


#21 Martin Stricker

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Geschrieben 17 August 2009 - 16:36

Eine Laserklinge, natürlich. Noch nie Star Wars gesehen? ;) Man kann damit zwar keine epischen Schwertkämpfe veranstalten, aber prima Gurken und Karotten schneiden, sowie Truthähne tranchieren.

Ja klar, und wie erklärst Du den Laserstrahlen, daß sie bloß 5 cm lang sein dürfen? :D So ich habe das Buch jetzt durchgelesen. Ordentlich geschrieben und ab dem Überfall der "Engel" flott und spannend. Es müßte allerdings nochmal korrekturgelesen werden, speziell bezüglich der Kommasetzung, und die erste Hälfte plätschert so dahin, mir fehlt da die Spannung (es hätte meine 100-Seiten-Schonfrist allerdings nicht überstanden). Der Vorteil ist natürlich, daß Du die Hauptpersonen in Ruhe einführen kannst, ich hätte es allerdings gern etwas flotter, vielleicht mit weniger detaillierter Beschreibungen eigentlich unwichtiger Details. Besonders gefallen haben mir die ungewöhnlichen Vergleiche ("hungrig wie eine Wüstenechse" - wobei, allzu oft fressen die ja nicht...). Ordentliche Unterhaltung mit ein paar (nicht leicht zu findenden) gesellschaftskritischen Seitenhieben. Für ein Erstlingswerk ohne Lektorat eine gute Leistung.

#22 HawaiiRoyal

HawaiiRoyal

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Geschrieben 19 August 2009 - 17:20

Ja klar, und wie erklärst Du den Laserstrahlen, daß sie bloß 5 cm lang sein dürfen? :D


Das gibt es ein... ähm ... Kraftfeld :blink: Und das sorgt dann für... ähm ... ja, okay.


Danke für die Kritik. Freut mich, dass dir wenigstens der zweite Teil gefallen hat. Ich habe immer gedacht, harte Science-Fiction muss technisch und verkopft sein. Allerdings meinten mehrere Leute, dass der Anfang zu lang und zu lame ist. Da ich nicht nur für mich selber schreibe, werde ich bei meinen nächsten Arbeiten von Anfang an ein höheres Tempo gehen.

Bearbeitet von HawaiiRoyal, 19 August 2009 - 17:21.


#23 Martin Stricker

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Geschrieben 20 August 2009 - 09:33

Ich habe immer gedacht, harte Science-Fiction muss technisch und verkopft sein.

Wie war das noch? Frag zwei Leute, und Du kriegst mindestens drei Meinungen... :unsure: Meine persönliche Meinung ist, daß ein guter SF-Roman zuallererst ein guter *Roman* sein muß - Sprache, Stil, Spannung, gut charakterisierte Personen, Aussage (damit es nicht "nur" Unterhaltung ist), glaubwürdiger Plot und Hintergrund... Plot und Hintergrund bestimmen dann das Genre der Erzählung. Dabei gibt es dann zwei Varianten: 1) Der Plot würde überall funktionieren und wurde nur vor einen SF-Hintergrund gesetzt (z. B. Star Wars). 2) Der Plot selbst is SF, würde in anderen Genres nicht funktionieren. Der Unterschied zwischen 1) und 2) ist für mich persönlich der Untershied zwischen einem guten Autor und einem guten SF-Autor. :unsure:

#24 Martin Stricker

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Geschrieben 21 August 2009 - 19:14

Rezensiert habe ich "Space Hotel 2054" nun auch.


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