Sorry, das wird laaaaang.
Hier liegst du falsch.
In
diesem Falle gilt natürlich das, was
hier steht auch für Dich.
Damit sollte auch Deine "Ziel-Frage" beantwortet sein. Aber der Crashlander hat's auch noch einmal sehr,
sehr schön formuliert:
[W]enn hier z.B. der repitive Aufbau der Zyklen seit Band 2000 kritisiert wird, dann kann man von Seiten der Macher entweder damit leben, auch wenn die Zuweisungen nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, oder aber man nimmt Stellung zu den angesprochenen Punkten. Soll heißen (wenn dem so sein sollte), man sagt deutlich, daß das etablierte Zyklenschema nicht geändert werde, weil es so gut ankommt, weil das Team es so haben will, oder weil es vom Verlag vorgegeben ist. Wenn man befürchtet, mit einer solchen Aussage Leser zu verlieren, dann bleibt eben nur übrig, die Kritik so hinzunehmen und einfach so weitermachen. Aber ich denke, in einem solchen Fall würde man auch, über kurz oder lang, Leser verlieren. Z.B. mich.
[Herv. von mir]
Das "Na, aber ihr wißt ja gar nicht, wie's ist -
ohne zu sagen, wie es
ist - ohne also Stellung zu nehmen! -; das ist nicht Fisch, noch Fleisch, oder so...
Der Roman wird vom Autor geschrieben, nicht vom Expokraten. Der Anteil eines Expokraten ist der unmittelbare Handlungsverlauf: Die Storyline, der rote Faden des Romans. Also: Perry geht von Punkt X nach Punkt Y und findet dabei Geheimnis Z heraus.
Das Abenteuer, wie er dahingelangt, ist Aufgabe des Autors. Der Autor erweckt alles, was gemeinsam vorher erarbeitet wurde, im Roman zu Leben, Atmosphäre, Spannung und so weiter. Er macht aus nüchternden Daten und Fakten (PR geht von A nach B ) eine Geschichte, eine Erzählung.
Dabei unterscheidet sich das Ergebnis von Autor zu Autor erheblich. Der eine Autor übernimmt das vorgeschlagene Handlulngsszenario (also wie etwas geschieht) und füllt es mit Fleisch, der andere Autor erstellt ein komplett neues Szenario. (Ich habe gerade so ein Déjà -vu, habe ich das nicht weiter oben schon geschrieben? Egal) Es gibt hier keine allgemeingültige Regel, denn wir schreiben keine Mathematikarbeiten, sondern erzählen fiktive Geschichten, das ist kreative Kunst, die nunmal keine feste Definition haben kann.
Na... aber... aber...
Genau das habe ich doch
hier geschrieben.
Team hin oder her. Bestimmte Sachen (Stil, Charakterzeichnung, die Darbietungsform der Exposition im Roman usw., s.o.) sind dem Autor anzulasten, vielleicht noch dem Lektor, der sowas durchwinkt. Bestimmte Dinge wiederum (die Rahmenhandlung, der "große Cliffhanger" - Atlans "Tod" im SO-Zyklus z.B. stand auf jeden Fall im Exposé! - und dergl.) sind dem Expokraten (oder meinetwegen dem Expo-Team oder meinetwegen dem Team) anzulasten. So ist's nunmal.
Einem Autor etwas anzulasten - na, das ist doch sehr heftig. Ich bin auch Leser, nicht nur Autor, und ich laste einem Autor nichts an, sondern ich stelle fest, ob mir die Geschichte gefallen oder nicht hat, und aus welchen Gründen. Aber ich fange nicht akribisch an, einen Schuldigen zu suchen, der es gewagt hat, mir mein Lesevergnügen zu stehlen.
Tja, nenn' es anlasten, nenn' es kritisieren, nenn' es wie Du willst.
Und nein, man stellt nicht nur fest, ob einem die Geschichte gefallen hat, oder nicht.
Ich wähle mal ein seeehr drastisches Beispiel.
Wenn Du z.B. Stahlfront zutiefst ablehnst - ich gehe davon aus und
hoffe mal, das Du dies tust -; dann liegt das ja wohl nicht bloß daran, daß Dir das "nicht so gefällt".
Bestimmte Sachen haben nicht mehr allzu viel mit simplem Toll- oder Miesfinden zu tun.
Wenn man über das Ausmaß der Gewalt in einer Geschichte redet, dann ist das zumeist Geschmackssache; wenn über die Äußerlichkeiten von Aliens diskutiert wird, dann ist das zumeist Geschmackssache*; absolut abgefahrenes Herumfabulieren im Stile eines Wim Vandemaan - Geschmackssache. Ebenso wie der Lukas'sche Humor.
Es gibt aber so ein paar Sachen, die "transzendieren" gewissermaßen den Bereich der Geschmacksfragen - und da zählt nun mitnichten bloß die Rechtschreibung zu! c&p-Dialoge, deus-ex-machina-Wendungen, Charakterisierungen, die den Namen nicht verdienen - das ist einfach schlechter Stil, da kann man von
Fehlern bzw.
Minderleistungen sprechen; denn dort werden
Erwartungshaltungen verletzt, die man als Leser
jedweden fiktionalen Textes
rationalerweise haben kann. Da werden keine verschiedenen Geschmäcker bedient; da kommt man sich als Leser veräppelt vor. Und ja, ab und zu passiert sowas in einem PR-Roman - und dann wird das entsprechend...
angelastet.
Ein simples Beispiel aus dem SO-Zyklus.
Leos Zirkus-Doppelroman; albern? Sicherlich! Geschmackssache? Aber Hallo! Ein schlechter Doppelband? Bedingt. Unter aller Kanone mies war lediglich die Norman-im-Schacht-Episode, weil aufgesetzt und ungeschickt komponiert. Der Rest war gut gemacht, nur eben:
Geschmackssache!
Nagulas Mafia-Roman; albern? Sicherlich! Geschmackssache? Aber Hallo! Ein schlechter Roman? Allerdings! Holzschnitthafte Charakterchen, eine lachhafte nicht-Handlung und die peinlichsten Dialoge und Introspektiven seit Menschengedenken (ein bißchen übertrieben

).
Natürlich kann man mit solchen Wertungen
danebenliegen. Nur hat das dann
Gründe; und die liegen
nicht beim persönlichen Geschmack des Kritikers. Traue doch bitte den Kritikern zu, daß sie Geschmacksfragen von Handwerksfragen trennen können - was
nicht heißen soll, daß sie alle diese Fragen
richtig beantworten könnten!
Schließlich zur Akribie.
Das ist ja auch so eine "düstere Legende", die gerne mal im Umlauf ist. Als ob man mit Lupe und was sonst noch "bewaffnet" das berühmte Haar in der Suppe suchte, bloß um was zu meckern zu haben. Ich für meinen Teil bin ja
glücklich, wenn das Lesen eines PR-Romans ein Vergnügen ist. Da fange ich
sicherlich nicht an, mein Unglück zu suchen, damit ich jemandem die Schuld geben kann...
Ich denke, ich spreche da nicht nur für mich: Wenn jemand eine mitunter harte Kritik eines PR-Romans abliefert; dann hat er den zumeist nicht fünfzigmal gelesen und verzweifelt gesucht, bis er irgendwas lachhaft Irrelevantes gefunden hat, über das er sich dann aufregen kann. Es ist ja nunmal eher so, daß einen bestimmte... Fehlleistungen seitens des Autors geradezu
anspringen... und ja, da kann man dann schon auch mal verstimmt sein, wenn bestimmte
basale Grundhaltungen und
-Erwartungen, die man (s.o.) als Leser fiktionaler Texte einfach mal
hat; wenn diese Grundhaltungen also unterlaufen werden. Manch einer mag drüberhinwegsehen, weil "Hey!", 's ist ja
nur PR,
nur Trivialliteratur,
nur leichte Unterhaltung. Manch einer ist
nicht bereit, die eigenen Ansprüche herunterzuschrauben,
nur deswegen.
Und da kann man sogar Deine Erwähnung der Mathematik aufgreifen.
Wie würdest
Du denn jemanden anschauen, der sagt: "Hajo, ist ja nur 'ne Fleischwarenfachverkäuferin - warum muß die wissen, daß sieben mal acht sechsundfünfzig ergibt?"
Außerdem hast Du doch am lautesten und empörstesten geschrien, als ich mit "Dienstleistermentalität" um die Ecke kam. Du schreibst selbst von "kreativer Kunst" - und es
freut mich, daß Du so ein Selbstverständnis hast. Und ja, ich gehe einfach mal davon aus, daß alle Autoren im PR-Team dieses Selbstverständnis haben. Nur - dann muß man eben damit leben,
daß Kritiker sie beim Wort nehmen. Dann wird man bzw. "das Werk" auch
behandelt wie ein "kreativer Künstler" bzw. wie "kreative Kunst". Das ist es aber nicht automatisch. Das kommt dann eben auf den "Prüfstand für kreative Kunst".
(Und
wieder: der Kritiker seinerseits kann
natürlich diesen Prüfstand "falsch bedienen"; Kritik ist ebensowenig automatisch richtig, wie etwas, das jemand, der sich "Autor" nennt "Roman" nennt, automatisch "kreative Kunst" ist! Dann ist es aber an der Autorschaft, ihm, dem Kritiker, dieses aufzuzeigen - genauso wie der Kritiker ja seinerseits aufzuzeigen versucht, inwiefern das Projekt "kreative Kunst" im jeweils besprochenen Fall gescheitert ist -, und eben
nicht mit Geschmacksfragen anzukommen.

)
Dann muß man, als kreativer Künstler, damit leben, daß der Kommentar kommt: "
Das soll kreative Kunst sein? Beim besten Willen, nein. Das ist höchstens solide Arbeit, das Bedienen eines zumal recht anspruchslosen Lesermarktes, das Bedienen niederster Instinkte." Schlimmstenfalls kann der Kritiker nämlich sogar
rechthaben. Und
so eine Kritik als
Geschmacksfrage abzutun, das ist ein bißchen gewagt. Da geht's nämlich "ans Eingemachte" und nicht um "blonde Bären", um einmal Herrn U. zu zitieren.
Anm.: Ich sollte vielleicht sicherhaltshalber darauf hinweisen, daß meine gesamte Antwort zu Uschis letztem Zitat natürlich bereits ein neues Thema ist...

Womit ich nicht sagen will, daß man das extra ausgliedern müßte, muß man nämlich nicht! Das ist quasi nur 'ne
clausula salvatoria, damit nicht kommt - von wem auch immer -: "Ja, und was hat
das jetzt mit dem Thema zu tun?"
*Gerade die Alien-Frage kann auch sehr schön und sehr schnell mehr als eine Geschmacksfrage werden. Wenn sich z.B. ein Autor "Hard-SF-Autor" nennt, und er sich damit brüstet, bei seinen Alienbeschreibungen auf dem neuesten Stand der modernen Evolutionsbiologie, der Chemie des Lebens usw. zu sein - und dann mit den Cantina-Aliens von Starwars ankommt... dann ist das Urteil "EPIC FAIL" (know your meme
) kein Geschmacksurteil.
Bearbeitet von Echophage, 01 August 2009 - 15:49.