lapismont schrieb am 24.08.2009, 15:01:
Ich glaube man muss zwischen Kunst und Kunstwerk unterscheiden. Es gibt durchaus Kunst, die nicht *für* etwas gemacht wird, sondern einfach raus will. Ob das entstandene Kunstwerk hinterher etwas *macht*, ist schnurzpiepegal.
[...]
Salut lapismont,
ja, dieses Prinzip gibt es auch, es heißt "l'art pour l'art", Kunst der Kunst wegen, und war eine Richtung, die - grob gesagt - keinen Zweck außer ästhestischen zu erfüllen suchte. In der Musik würde das z.B. heißen, dass z.B. *Tanz*musik nicht dazu gehörte, da sie primär dem Zweck des Tanzes dient.
In der Literatur hatte diese Strömung Ende des 19., Anfang des 20 Jhds ihre Blütezeit. Das kannst du vergleichen mit den Künstlern, die quasi im Elfenbeinturm ihres Künstlertums sitzen und ihr Kunstwerk nur nach der Literarizität, der künstlerisch-ästhetischen Qualität, formal und handwerklich (Metaphern, Bilder usw.) schufen. (Das diskutiert btw. Thomas Mann in seiner Erzählung "Tonio Kröger"...)
Trotzdem ist da auch noch ein Pferdefuß: Die Kunst kann ja aus sich selbst heraus nichts machen; Kunst *wird* gemacht; und auch bei den "l'art pour l'art"-Vertretern ist Kunst mit einem Effekt verbunden: Sie erfreut (d.h. "unterhält") zumindest...
Die Unterscheidung zwischen Kunst und Kunstwerk ist natürlich richtig. Das Kunstwerk ist das Objekt bzw. Medium; Kunst das entsprechende ..mh... "Prinzip". Und der aristotelische Satz "Literatur ist Nachahmung" ist natürlich erst mal eine ganz allgeime und grobe und letztendlich nicht wertende Annäherung an den Kunstbegriff. AUch ein solches "Kunstwerk" wäre da zunächst Kunst:
Sie ist nun fort, ich schrei Oh je!
Was tut mein Herz mir denn so weh?
Sie war die schönste Frau auf Erden!
Was soll aus mir nun werden?
(Tennessee, 2009)
Das ist die Nachahmung von Liebeskummer über das Kunstwerk der Literatur, durch die Kunst. Ob das aber nun gefällt oder ob nun das auch qualitativ gut ist - das ist erst mal ne gaaaanz andere Frage.
Und Kunst an sich wird immer *für* etwas gemacht. Wenn du dich an den SChreibtisch setzt und ein Gedicht schreibst, ein Bild malst oder einen Ausdruckstanz steppst, dann machst du das aus einem Grund, d.h. dein Tanz oder was auch immer weißt auf einen Zweck hin, entweder für dich allein oder, wenn du das in die Öffentlichkeit packst, auch für viele. Mein obiges Gedicht z.B. hat ja auch einen Zweck - es dient als Anschauungsobjekt für einen Kunstbegriff. *zwinker*
lg
Ten.
"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)