Morn schrieb am 24.08.2009, 12:31:
Ist denn überhaupt ein Qualitätsverlust eingetreten? Oder trifft PR nur nicht mehr den Geschmack?
Meiner Meinung nach gibt es bei PR keinen Qualitätsverlust. Was es gibt
sind 2 oder 3 Ebenen, die zwangsläufig zu Monotonie in der Serie führen,
die dann bei Lesern, die PR sehr lange ohne Unterbrechung lesen, den
Eindruck aufkommen lassen, die Qualität der Serie hätte abgenommen. In
Wirklichkeit ist dieses Qualitätsproblem, wenn man es denn so nennen
will, immer vorhanden, auch schon dann, wenn einem das Lesen der Serie
noch sehr viel Spass macht. Man bemerkt es zu diesem Zeitpunkt nur noch
nicht. Damit will ich aber keinesfalls sagen, dass Kritik an einzelnen
Dingen nicht berechtigt wäre. Natürlich gibt es mal gute, mal weniger
gute Zyklen, das war aber schon immer so, bei allen Expokraten.
Die erste Monotonie erzeugende Ebene ist das Konzept der Serie selbst.
Man kann das Wildwest im Weltraum, "Landser" im Weltraum, Space Opera
oder sonstwie nennen. Dieses Konzept schränkt die Handlunsmöglichkeiten
ein. Ob man mit einem Raumschiff in der Nähe des Solsystems, in einer 600
Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie oder millionen Jahre in der
Vergangenheit rumfliegt, für die Handlungen der Personen in den einzelnen
Romanen macht das nur ganz selten mal einen Unterschied. Ob es ein
Schrottkahn ist oder ein mit der Technik der HM vollgepacktes Schiff, ob
ein HÜ- oder x-fach gestaffelter Paratronschirm oder eine Carit Hülle die
Vernichtung des Schiffes verhindert, ein Raumgefecht ähnelt dem anderen.
Wie lange kann man diese immer gleichen Handlungsabläufe mit Wort- und
Zahlenmagie übertünchen, bis sie dem Leser langweilig werden?
Hinzu kommt, dass jeder Exposeautor bestimmte Vorlieben und Eigenarten
hat. Diese führen zwangsläufig zu einer gewissen Monotonie im Ablauf der
von ihm betreuten Zyklen. Je länger ein Exprokat diesen Job fortlaufend
macht, desdo deutlicher tritt diese Monotonie zumindest für den Leser
hervor, der die Serie ohne Unterbrechung liest.
Es ist gut möglich, dass in Zeiten der Zielgruppen- statt der
Ideenorientierung nun noch eine dritte Monotinie erzeugende Ebene dazu
gekommen ist.
Ausgestiegen bin ich schon aus Zyklen von WiVo, EV und RF (von D/S habe
ich bisher nur wenig gelesen). Abgesehen vom "Kaugummi", den gabs mehr
oder weniger immer und überall, waren die Gründe auf den ersten Blick
ganz unterschiedlich. Nun bin ich nach 6 Jahren PR Abstinenz mit Heft
2498 wieder einmal in die EA eingestiegen. In den 8 Heften, die ich
seitdem gelesen habe, stand eine Menge, das mir nicht gefallen hat.
Beispielsweise die Folterszene aus 2500 (Gehirnschnipselei). Wenn die in
2134 gestanden hätte, wäre das mit Sicherheit zumindest für lange Zeit
der letzte PR Roman gewesen, den ich gelesen hätte. Als ich diese Szene
vor ein paar Wochen gelesen habe, habe ich aber nur kurz mit dem Kopf
geschüttelt und mich gefragt, ob die PR Macher nun völlig irre geworden
sind. Wieso habe ich nicht sofort wieder mit dem Lesen aufgehört? An
einer veränderten Einstellung zur Folter lag das sicher nicht.
Anders gefragt, warum habe ich eigentlich noch nie eine Beschwerde
darüber gelesen, dass in einem Heft gerade das 1414 Gefecht zwischen
Raumschiffen geschildert wurde, während viele Leser die 7 oder 8 SI
Leiche schon furchtbar unoriginell und langweilig finden? Nicht dass
die SI Leichen nicht zu kritisieren wären, aber wer durch eine solche
Häufung gelangweilt ist, der müsste durch das 1414 Raumgefecht doch
erst recht gelangweilt sein.
Ich denke, dass das genau so ist, also dass man durch das 1414 Gefecht
tatsächlich gelangweilt ist, auch wenn man das vielleicht noch gar nicht
bewusst wahrgenommen hat. Der immer ähnliche Ablauf der Raumschlachten,
das immer ähnliche Agieren der handelnden Personen, egal in welcher
Situation sie grade stecken, die 209 Befreiungsaktion läuft auch nicht
viel anders ab als die 208 davor usw., erzeugt nach und nach eine
Unzufriedenheit mit der Serie, die schwer wahrzunehmen ist, weil einem
diese Dinge alle mal gefallen haben, als man mit dem Lesen angefangen
hat. Also sucht man nach möglichen Veränderungen, die man für die
steigende Unzufriedenheit verantwortlich machen kann. Der Expokrat ist
schuld (ich sage nicht, dass er völlig unschuldig ist), man habe sich
selbst verändert (ich sage nicht, dass das keine Rolle spielt) usw.
Jedenfalls ist das der Grund, warum ich wegen der Folterei in 2500 nicht
gleich wieder mit dem Lesen aufgehört habe. Nach 6 Jahren Lesepause bin
ich durch den Alltag in der PR Serie noch nicht so gelangweilt, dass mich
Sachen bei den wichtigen Dingen so stören würden, dass ich darüber nicht
mehr hinwegsehen kann. Im Moment reicht es, Tolot in einem Roman einen
Stahlträger verbiegen zu lassen, um mich einigermassen glücklich zu
machen (Nostalgieeffekt). Aus Erfahrung weiss ich, dass das nicht auf
Dauer so bleiben wird.
Ich bin also der Meinung, dass das Hauptproblem der Serie sozusagen die
Serie selbst ist. Sie muss zwangsläufig Monotonie und damit Langeweile
erzeugen. Auch bin ich der Ansicht, dass es eine Stufenleiter der
Frustration gibt. Zuerst muss einem die untere Handlungsebene (dauernd
Raumschlachten usw.) langweilen, erst dann werden die Schwächen der
oberen Handlungsebene (Thema des Zyklus, Strukturierung des Zyklus usw.)
immer mehr zum Problem, weil ein Stahlträger verbiegender Tolot keinen
Trost mehr bieten kann. Ich spreche von Frustration, nicht davon, dass
einem mal das eine oder das andere an oder in einem Zyklus nicht gefällt.
In einem Interview hat RF ja mal davon gesprochen, dass der
durchschnitliche Leser 100 Romane oder 3 Zyklen kennt. Ich unterstelle
einfach mal: (Unter-) Zyklus gleich 50 Hefte. Vielleicht kennen wir damit
ja die zeitliche "Schmerzgrenze" der meisten Leser, also den Punkt, an
dem die ja nach wie vor interessanten Zyklenthemen nicht mehr ausreichen,
die Monotonie und die dadurch entstandene Langeweile der unteren
Handlungsebene zu überdecken.
Diese Monotonie kriegt man aus der Serie nicht raus, man kann sie aber
verringern, besonders auf der 2 und 3 Ebene. Dazu gibt es hier schon
viele gute Vorschläge.