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Definition Phantastik


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8 Antworten in diesem Thema

#1 Jürgen

Jürgen

    CyberPunk

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Geschrieben 18 November 2009 - 09:38

Es ist das absolute Kriterium, wenn man sich mit dem Thema Phantastik auseinandersetzt. Was versteht man unter Phantastik? Was andere darunter verstehen, kann man gerne bei Wikipedia nachlesen. Dort wird zitiert, was die Literatur zum Thema hergibt. Die Frage ist: welcher Zielgruppe helfen die dort benutzten Zitate, um ein besseres Verständnis für das Thema zu bekommen? Arbeitet man sich durch den Wikipedia-Artikel durch, hat man zwar ein paar Namen kennen gelernt, aber bei dem Versuch, seine eigene Bibliothek nach Themengebiete zu sortieren, ist man nicht wirklich weitergekommen. Ist denn nun Ruff's "Ich und die anderen" ein phantastisches Werk? Ja, sagen die Einen, Nein sagen die Anderen Eine Defintion ist eine Begriffserklärung und wenn die Erklärung mehr fragen verursacht, als eindeutige Antworten zu geben, ist sie nur eingeschränkt zu gebrauchen. Dies ist der Versuch, eine für die Mehrheit verständliche Erklärung zu verfassen, wie der Name Phantastik entstanden ist, wie er sich geschichtlich entwickelt hat, in welche Kategorien und Themenbereiche sie sich aufteilen lässt und welchen Stellenwert er im Kontext unseres sozialen, politischen und technischen Umfeldes besitzt. Dafür rücken erst einmal folgende Fragen in den Mittelpunkt: Woher kommt der Begriff, (wer hats erfunden?) was hat er im Laufe der Zeit bezeichnet, wie hat sich seine Bedeutung gewandelt und welche Kategorien kann man der Phantastik zuordnen?
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#2 simifilm

simifilm

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Geschrieben 18 November 2009 - 09:51

Mal ein neuer Versuch: Um grundsätzliche Kooperationsbereitschaft zu demonstrieren, hier mal ein Eingedampftes eines längeren Texts von mir, das mir als Ausgangslage brauchbar scheint. Ich stelle das hier gewissermassen als Schenkung rein und enthalte mich ansonsten vorerst einer weiteren Diskussion:

Der Begriff †šPhantastik†˜ ist im Deutschen ein gebräuchlicher Gattungsname, mit dem unter anderem Literatur und Filme bezeichnet werden. Obwohl der Begriff weit verbreitet ist, ist seine Verwendung alles andere als einheitlich. Grob können zwei grundlegende Ansätze bezeichnet werden:

* Umgangssprachlich wird †šPhantastik†˜ meist als Oberbegriff verstanden, der generell †šunrealistische†˜ Gattungen wie Science Fiction, Fantasy, Märchen oder auch (übernatürlichen) Horror umfasst.
* In der Germanistik wird dagegen oft eine sehr viel engere Definition angewandt, die auf den bulgarischen Literaturwissenschaftler Tzvetan Todorov zurückgeht. Phantastik entsteht hier, wenn für den Leser unklar ist, ob ein Ereignis natürlichen oder übernatürlichen Ursprungs ist. Phantastik definiert sich gemäss Todorov aus dem Zögern des Lesers, wie ein Ereignis einzuordnen ist.

So unterschiedlich die beiden Ansätze auch sein mögen, in beiden Fällen definiert sich Phantastik in der Abgrenzung zu einer als †šrealistisch†˜ wahrgenommenen Welt. Da aber die Frage, was Realismus ausmacht, alles andere als eindeutig ist und sich auch von Kultur zu Kultur unterscheiden kann, fällt eine abschliessende Definition der Phantastik schwer.

Verwandte Begriffe
Die Diskussion um den Begriff †šPhantastik†˜ wird zusätzlich dadurch erschwert, dass der Sprachgebrauch in anderen Sprachen teilweise stark vom deutschen abweicht. So gibt es im Englischen einerseits die Bezeichnung Fantasy, die vor allem mit Romanen in der Tradition von J. R. R. Tolkiens The Lord of the Rings in Verbindung gebracht wird (Tolkien selbst sprach dabei allerdings von †šFairy-Stories†˜). Der Begriff ,Fantastic†˜ wiederum wird auf höchst unterschiedliche Weise verwendet.

Im Deutschen war eine Zeit lang der Begriff ,wissenschaftliche Phantastik†˜ für Werke gebräuchlich, die heute meist als Science Fiction bezeichnet werden. Diese Verwendung von †šPhantastik†˜ deckt sich weitgehend mit dem Phantastikbegriff des polnischen SF-Schriftstellers StanisÅ‚aw Lem, der sich unter anderem in seinem zweibändigen Werk Phantastik und Futurologie mit gatttungstheoretischen Fragen beschäftigt hat. Lem versteht unter dem polnischen †šfantastyka†˜ primär wissenschaftliche Phantastik.

Phantastik als Nicht-Realistisches
Unabhängig davon, wie man Phantastik definiert, wird der Begriff doch immer als Gegensatz zu etwas †šNicht-Phantastischem†˜ verstanden. Dieses Nicht-Phantastische mag je nach Ansatz als Wirklichkeit, Realität oder Reguläres bezeichnet werden - letztlich kommt aber keine Definition von Phantastik ohne dieses Gegenstück aus. Und so spielt am Ende bei allen Ansätzen der Begriff des Realismus oder des Realistischen eine zentrale Rolle. Wenn wir von Realismus sprechen, gehen wir meist von der Vorstellung aus, dass es der Kunst möglich sei, die Realität so abzubilden, wie sie ist. Dabei dürfte es weitgehend unbestritten sein, dass uns Menschen die Realität verschlossen ist. Wie wir die Welt wahrnehmen, hängt dabei nicht nur von unseren Sinnesorganen ab, sondern auch von unserem Wissen und unserer kulturellen Prägung. Für die Menschen der Antike waren Götter des Olymps ebenso eine Realität wie göttliche Wunder für die Christen des Mittelalters. Die Vorstellung davon, was wirklich, real, möglich oder plausibel ist, ändert sich mit der Zeit und von Kultur zu Kultur. Somit wandelt sich auch die Vorstellung dessen, was als phantastisch einzuordnen ist.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#3 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 18 November 2009 - 10:22

jepp simi, da ist brauchbares dabei :P Gute Basis zum rauspicken. Ich poste mal den Eingangssatz, so, wie ICH es interpretiere. Du (Jeder) kann nun daran "rumschrauben". Phantastik - Begriff zur Einordnung realitätsfremder, bzw. realitätsferner Literatur und/oder cineastischer Werke. Die Bezeichnung dient seit dem angehenden 19. Jahrhundert für die Einordnung von Werken, die den zeitgeschichtlichen Kontext realer Bedingungen verlassen und ein Szenario beinhalten, das auf Grundlage einer erdachten Wirklichkeit (Fiktion) basiert.
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#4 Rusch

Rusch

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Geschrieben 18 November 2009 - 10:31

* Umgangssprachlich wird †šPhantastik†˜ meist als Oberbegriff verstanden, der generell †šunrealistische†˜ Gattungen wie Science Fiction, Fantasy, Märchen oder auch (übernatürlichen) Horror umfasst.
* In der Germanistik wird dagegen oft eine sehr viel engere Definition angewandt, die auf den bulgarischen Literaturwissenschaftler Tzvetan Todorov zurückgeht. Phantastik entsteht hier, wenn für den Leser unklar ist, ob ein Ereignis natürlichen oder übernatürlichen Ursprungs ist. Phantastik definiert sich gemäss Todorov aus dem Zögern des Lesers, wie ein Ereignis einzuordnen ist.


Danke, Simifilm, das was sehr konstruktiv. Das kann man schon sehr gut als Ausgangspunkt benutzen.

Ich finde, dass die beiden Definitionen so unterschiedlich gar nicht sind. Vor allem, wenn man den Begriff übernatürlich auch auf technische Unmöglichkeiten ausdehnt. Dann trifft die Definition von Todorov auf die vier Gattungen zu, allerdings nicht ohne Probleme:

Märchen: Definitiv Phantastik

SF: Hier gibt es 2 Probleme, die mir sofort auffallen:
1. Technischer Fortschritt kann dazu führen, dass etwas, was der Autor damals als übernatürlich bezeichnete, heute natürlich sein kann. Die kann man aber eigenlich vernachlässigen, weil der Roman ursprünglich übernatürlich war. Wir werden kaum Romanen wie "Die Reise zum Mond" den Status Klassiker der Phantastik absprechen wollen.
2. Utopien / Dystopien: Sie fallen nicht in diesen Bereich, weil ja alles möglich ist. Allerdings haben alle Bücher phantastik Element (die Brutstation in Brave New World sowie die Drogen, der technische Fortschritt in 1984 oder die Medialen Wände von Fahrenheit 451). Hier stellt sich zwangsläufig die Frage: Wieviel Phantastik muss ein Roman enthalten um als Phantastik zu gelten. Aber bitte stellt diese Frage erst mal zurück.

Fantasy: Hier sehe ich einen fließenden Übergang zum Historienroman.

Horror: Hier müsste man das Genre teilen, weil alle Werke, die sich mit den Abgründen der Seele befassen, wie z. B. "Das Schweigen der Lämmer" oder "Sieben" müssten dann aus dem Horror Genre ausgeklammert werden. Vielleicht müsste man diese Bücher dann tatsächlich als Thriller bezeichnen. Ich bin in diesem Genre aber überhaupt kein Experte.

Ich fasse zusammen: Die umgangssprachliche Definition ist sicherlich eine Vereinfachung, aber eine Vereinfachung mit der ich leben kann.

Übrigens: SF wurde früher oft als utopisch technischer Roman bezeichnet. Eigentlich ist das fast eine korrekt übersetzung von SF.

#5 Jürgen

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Geschrieben 18 November 2009 - 10:48

....wenn man den Begriff übernatürlich auch auf technische Unmöglichkeiten ausdehnt


Nicht vorgreifen, denn hier ist ja schon der Ansatz für die Verzweigung zur Science Fiction implementiert.

Technischer Fortschritt kann dazu führen, dass etwas, was der Autor damals als übernatürlich bezeichnete, heute natürlich sein kann. Die kann man aber eigenlich vernachlässigen, weil der Roman ursprünglich übernatürlich war. Wir werden kaum Romanen wie "Die Reise zum Mond" den Status Klassiker der Phantastik absprechen wollen.


siehe die Bemerkung "zeitgeschichtlicher Kontext"
Klar ist die Reise zum Mond Phantastik, weil sie zu ihrer Zeit fiktiv war.

Utopien / Dystopien: Sie fallen nicht in diesen Bereich, weil ja alles möglich ist.


Sie beinhalten aber eine fiktive Idee. Das sollte reichen, um sie nicht auszuschließen

Fantasy: Hier sehe ich einen fließenden Übergang zum Historienroman.


Kommt später, weil eine Kategorie der Phantastik.

Übrigens: SF wurde früher oft als utopisch technischer Roman bezeichnet. Eigentlich ist das fast eine korrekt übersetzung von SF.


Das Stichwort lieferst du gleich mit: früher
Das ist, wenn ich simi richtig interpretiere, ein Knackpunkt in der Diskussion zur Kategorie SF. Wandelt sich unsere Wahrnehmung oder stopfen wir immer mehr Sachen in eine Kategorie, die eigentlich nicht (mehr) richtig passt. Aber auch das erst zu einem späteren Zeitpunkt bitte.
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#6 Jürgen

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Geschrieben 18 November 2009 - 15:20

These für den zweiten Abschnitt der Definition / Unterteilung in Kategorien: Einleitung: Phantastik und ihre Kategorien Die Utopie - Bis Ende des 18. Jahrhunderts ordnete man jegliche Form von Literatur, die keinen Bezug zur Realität besitzt, der Phantastik zu. Märchen und überlieferte Sagen bildeten bis auf wenige Ausnahmen, wie z. B. Mary Shellys Frankenstein, den Grundstock für die phantastische Literatur. Erst die beginnende Industrialisierung in Begleitung immer schnellerer Entwicklungen und Erfindungen im technischen Bereich, erschuf die Notwendigkeit, innerhalb der Phantastik einen neuen, gegenüber der bisherigen Veröffentlichungen, abgrenzenden Bereich zu kreieren - die Utopie. Diese Entscheidung steht im engen Zusammenhang mit der Mitte des 19.Jahrhunderts in der Literatur beginnenden technisch orientierten Fiktion, die einen wissenschaftlichen Hintergrund besitzt, der auf zu erwartende oder zukünftige technische Entwicklungen aufbaut. Der Begriff "utopische Roman", auch Zukunftsroman, hielt Einzug in die Phantastik. Einer der bekanntesten Vertreter der utopischen Erzählung ist Jules Verne, der sich selbst nie als Autor phantastischer Werke sah, sondern seine Bücher als wissenschaftlich belehrende Romane bezeichnete. Bitte berichtigen und/oder ergänzen. Die Trennung nach Science und Social Fiction, im Zusammenhang mit Dystopie (1984), wird später thematisiert. Es würde folgen: Kategorie Horror Dafür brauche ich fundierte Hilfe. Zwar kennt man Brokers Dracula, aber gab es nachhaltige Entwicklungen im Horror, die irgendwann den Begriff aufspaltete sich als genre verselbstständigte? Welche Beispiele phantastischen Horrors könnte man so nebenbei einbringen? Die Details zum Horror werden auf einer eigenen Seite vorgestellt.
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#7 lapismont

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Geschrieben 18 November 2009 - 15:32

:P Jules Verne würde ich nicht grundsätzlich der Phantastik zuordnen. Die Eissphinx vielleicht, ber Fünf Wochen im Ballon nicht. Reise zum Mond nicht, Reise um den Mond schon usw. Gerade SF ist weitgehend Phantastikfrei. Man kann doch keine Raumschiffgeschichte als phantastisch bezeichnen, nur weil die Konflikte in einem heute so nicht vorhandenen technischen Umfeld stattfinden. Mit derselben Begründung könnte man Oliver Twist dazuzählen.

Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.

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#8 Morn

Morn

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Geschrieben 18 November 2009 - 16:48

These für den zweiten Abschnitt der Definition / Unterteilung in Kategorien:
Es würde folgen: Kategorie Horror
Dafür brauche ich fundierte Hilfe. Zwar kennt man Brokers Dracula, aber gab es nachhaltige Entwicklungen im Horror, die irgendwann den Begriff aufspaltete sich als genre verselbstständigte? Welche Beispiele phantastischen Horrors könnte man so nebenbei einbringen?
Die Details zum Horror werden auf einer eigenen Seite vorgestellt.


Moeglicherweise hilft, was die Horror Writers Association dazu schreibt (auch wenn es fuer den englischsprachigen Raum gilt)?

EDIT: Zitat gekuerzt.

Bearbeitet von Morn, 18 November 2009 - 16:48.


#9 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 18 November 2009 - 21:13

Thread vorerst gestoppt Gruß Jürgen
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