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Christian Kracht: Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten


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56 Antworten in diesem Thema

#1 Martin Stricker

Martin Stricker

    Jawasdennjetztfüreinnaut

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Geschrieben 21 Dezember 2008 - 04:20

Mal ein phantastischer Roman (von der Länge könnte man auch Novelle sagen) von einem schweizerischen Autor. Sehr gute Sprache, aber als Alternativweltgeschichte ziemlich mißlungen. Genaueres in meiner Rezi, die zugegebenermaßen eher ein Verriß geworden ist. Auf dem Umschlag steht: "Endlich: Der große Schweiz-Roman!" Das kann bloß satirisch gement sein... ;) Oder ich bin wirklich hundsmiserabel im Zwischen-den-Zeilen-lesen... ;)

#2 Jan Gardemann

Jan Gardemann

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 11:17

Also - mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen.

"Endlich: Der große Schweiz-Roman!" Das kann bloß satirisch gement sein... :smokin: Oder ich bin wirklich hundsmiserabel im Zwischen-den-Zeilen-lesen... :huh:

Die Schweiz ist in diesem Roman groß (das Einflussgebiet erstreckt sich bis nach Afrika). Vielleicht spielt die Ankündigung darauf an. :smokin: In deinem "Verriß" schreibst du: "Fazit: Das Buch zeichnet sich durch eine sehr gute Sprache aus. Leider ist das auch das einzig positive, das ich über diesen Roman zu sagen habe. Es entwickelt sich keine nennenswerte Spannung, der Handlungshintergrund bleibt undurchsichtig und der Hauptprotagonist scheint selbst nicht recht zu wissen, warum er eigentlich tut, was er tut." Genau darin liegen aber doch die Stärken dieses Romans. Sprachlich ist der Text herausragend, wie du schreibst - das ist ein großes Plus, das nicht vielen phantastischen oder SF-Romanen zugesprochen werden kann. Der Protagonist, anfangs ein entschlossener, ins System fest eingefügter Mensch, beginnt zu zweifeln und muss ratlos erkennen, wie marode dieses Weltgefüge ist, das auf Krieg und Idealismus aufbaut. Wie anders sollte man einen solchen Menschen schildern, als Christian Kracht es getan hat? Auch als der Protagonist am Ende Richtung Süden wandert und die von den kriegführenden Parteien vernachlässigten südeuropäischen Länder von seinen afrikanischen Landsleuten und ihren Gepflogenheiten dominiert vorfindet, bleibt er rastlos und auf der Suche. Witzig fand ich auch, dass die Sprache von schweizerischen und afrikanischen Ausdrücken durchdrungen ist. Christian Kracht schafft es, dem Leser seine Welt auf einer Leinwand vorzuführen. Die Bilder jedoch sind eher still und anschaulich, und der Protagonist, anfangs als Held angelegt, wird zunehmend menschlicher. Mir hat das ausgesprochen gut gefallen! Es hat mich gefreut, dass dieser Roman hier Erwähnung fand!

Bearbeitet von Jan Gardemann, 02 Januar 2009 - 11:21.


#3 ArnoE

ArnoE

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 11:42

Ich habe den Roman ebenfalls gelesen und bin begeistert.Sprachlich sehr rund, kurz prägnant eine Welt im Dauerkriegszustand geschildert.Sehr schön: die Alpenfestung.Das Ende läßt mich fragend zurück. Genauso mag ich es.

#4 Lucardus

Lucardus

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 12:03

Ich habe den Roman ebenfalls gelesen und bin begeistert.

Da sind ja die Meinungen offenbar geteilt. Aber da ich einige hier eine gänzlich andere Definition von "unspannender" Handlung habe als ich, tendiere ich immer mehr dazu, den irgendwann auch zu lesen. Zumal ich mich kürzlich mit einem Duden bewaffnen musste, als ich den ersten von 6 Glauser Krimis (Die Box lag unter dem Weihnachtsbaum) gelesen habe und das Schweizer Milieu exotischer fand als ich gedacht hätte. :) Schüttstein und dergleichen machen klar, dass es doch mehr als nur Unterschiede im Dialekt gibt, wenn man den deutschen Sprachraum durcheilt.

Bearbeitet von Lucardus, 02 Januar 2009 - 12:04.

Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#5 molosovsky

molosovsky

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 12:06

Habe vor, bei Gelegenheit auch diesen neuen Kracht zu lesen.

Kracht. Für mich ja ein ganz speziell gelagerter Sonderfall.
Zusammen mit Stuckrad-Barre bildete er ja zeitweise den Kern der (für mich) total unerträglichen Poplit-Clique.
»Faserland« war für mich ein Griff ins Klo.
Aber dann, Jahre später, hat Kracht einige Zeit das sehr seltsame Magazin »Der Freund« herausgegeben, das einige dolle Texte enthielt (einmal z.B. zum Thema Hohlwelt-›Theorien‹).
Und mit »1979« hat er mich dann geplättet, umgehaun und überzeugt, dass er wirklich was druff hat. Selten ein so aufregend-abstoßendes, spannendes-widerliches Buch gelesen.

Neugierig bin ich also auf diesen neue Alternativwelt-Novell von ihm.

Grüße
Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

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#6 †  a3kHH

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    Applicant for Minion status in the Evil League of Evil

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 12:06

In deinem "Verriß" schreibst du: "Fazit: Das Buch zeichnet sich durch eine sehr gute Sprache aus. Leider ist das auch das einzig positive, das ich über diesen Roman zu sagen habe. Es entwickelt sich keine nennenswerte Spannung, der Handlungshintergrund bleibt undurchsichtig und der Hauptprotagonist scheint selbst nicht recht zu wissen, warum er eigentlich tut, was er tut." Genau darin liegen aber doch die Stärken dieses Romans. Sprachlich ist der Text herausragend, wie du schreibst - das ist ein großes Plus, das nicht vielen phantastischen oder SF-Romanen zugesprochen werden kann.

Absolut richtig. Würde es nur nach der Form gehen, wäre dieser Roman preiswürdig, da gibt es, glaube ich, keine Diskussion. Um so bedauerlicher habe ich persönlich es empfunden, daß mich der Inhalt nicht nur nicht berührt, sondern genau wie Martin irritiert. Hier fehlt mir die Sorgfalt, die ein wirklich herausragender Autor auch dem Plot angedeien lässt. Auch mir hat der Roman gefallen, der Stil war wirklich angenehm zu lesen. Aber das reicht mir nicht. :)

#7 kah299887

kah299887

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 14:07

Dan will ich meinen Senf auch mal dazu geben :) InhaltEs herrscht seit knapp 100 Jahren Krieg. Die Schweiz (eine Sowjetrepublik) ist durch Belagerung, Krieg und Zerstörung ziemlich am Ende. Ostafrika wurde von der Schweiz unterstützt, mit Militärschulen um auf diesem Wege Nachwuchs für die Armee heranzuziehen.Die Hauptfigur ist ein Parteifunktionär der auf diesem Wege aus Ostafrika gekommen ist. Seine Auftrag besteht darin einen Mann zu stellen. Der Hauptprotagonist macht sich an die Verfolgung.KritikDas ist eben genau die Geschichte die hier erzählt wird.Um das Klischee zu bedienen. Allerdings mit einer gewissen schweizerischen Behäbigkeit.Es passiert schon etwas in dieser Geschichte.Ein Szene z. B.Die Hauptperson verbringt die Nacht mit einer Frau, die bald darauf durch eine Bombe getötet wird.Eine andere Szene.Bei der Jagd tritt er auf eine Tretmine. Und wird nur dadurch gerettet das jemand für Ihn sein Leben opfert. Um nur zwei Szenen zu nennen.Es ist allerdings sehr auffällig das mich dies beim Lesen merkwürdig kalt gelassen hat. Die Frau stirbt plötzlich und ich denke. Na Und.Christian Kraft kann schreiben, sogar ziemlich gut. Seine Formulierungen haben eine gewisse poetische Kraft. Manche Sätze habe ich zweimal gelesen, einfach weil Sie wunderschön sind. Man liest das ganze flüssig in ca. 2 maximal 3 Std. durch.Er schafft es aber nicht Personen glaubhaft zu beschreiben. Diese bleiben immer blass und oberflächlich. Es kommt auch keinerlei Spannung auf. Er findet die Person. Es kommt zu einem kurzen Disput. Danach unterhalten sich die zwei wie alte Bekannte.Die Kapitel in dem Buch sind wie Bilder einer Ausstellung die zufällig im gleichen Raum hängen und auch irgendwie miteinander zu tun haben, aber trotzdem keine zusammenhängende Geschichte erzählen. Es sind Beschreibungen von Landschaften, Gegenständen oder Szenen.Die Auflösung abgesehen von der Parallelwelthandlung ist waschechte Science Fiction.Trotzdem lässt mich das ganze unbeeindruckt zurück.Fazit.Ein „Roman“ der sprachlich wirklich wunderschön ist, mich aber inhaltlich nicht überzeugen konnte.

#8 Oliver

Oliver

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 16:00

Um so bedauerlicher habe ich persönlich es empfunden, daß mich der Inhalt nicht nur nicht berührt, sondern genau wie Martin irritiert. Hier fehlt mir die Sorgfalt, die ein wirklich herausragender Autor auch dem Plot angedeien lässt.

Ohne das Buch schon selbst gelesen zu haben (einige Rezis im Feuilleton dazu schon) bin ich sehr sicher, dass ich richtig liege, wenn ich Deine These mit der mangelnden Sorgfalt als sehr bzw. zu gewagt bezeichne. Aktuelleres Beispiel: Das gleiche könnte man McCarthys "The Road" unterstellen, da erfährt man über den Hintergrund auch nichts. Historischeres Beispiel: Ich bin ja froh, dass Du damals nicht Lektor bei Texten wie "Der Prozeß" und "Das Schloß" (ß bewusst beibehalten) gewesen bist und mehr "Sorgfalt" verlangt hast.. :)

Bearbeitet von Oliver, 02 Januar 2009 - 16:10.

  • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
  • (Buch) als nächstes geplant:"Tales of the Shadowmen 2", J.-M. Lofficier (ed.)
  • • (Buch) Neuerwerbung: Sherlock Holmes - Aus den Geheimakten des Weltdetektivs (Sammelband, 1973, mit 15 Heftromanen (1907/1908))
  • • (Film) gerade gesehen: "Das Testament des Dr. Mabuse" (Fritz Lang)
  • • (Film) als nächstes geplant: "Jurassic World: Dominion" (Dinos!!!!!)
  • • (Film) Neuerwerbung: "Judex" (Louis Feuillade)

#9 †  a3kHH

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Geschrieben 02 Januar 2009 - 16:10

Ohne das Buch schon selbst gelesen zu haben (einige Rezis im Feuilleton dazu schon) bin ich sehr sicher, dass ich richtig liege, wenn ich Deine These mit der mangelnden Sorgfalt als sehr bzw. zu gewagt bezeichne.

Lies' es, dann weisst Du was ich meine, so ist diese Replik reine Rhetorik von Dir. Gerade im Vergleich zu den Alternate Histories von beispielsweise Frank Hebben (PKD will ich garnicht erst bemühen) fällt die inhaltliche Leere besonders stark auf. :)

#10 Electric Wizard

Electric Wizard

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Geschrieben 03 Januar 2009 - 22:35

Ich habe das Buch die letzten 2 Tage über gelesen. Natürlich ists schnell vorbei - ich hätte es gerne noch etwas länger gelesen, so ist das nicht... ;-)Dennoch liegt hier die Würze in der Kürze, wie man so schön sagt: der Autor schafft es mit wenigen Worten eine eigene Welt zu erschaffen. Auch wenn es sich sehr schnell & leicht lesen lässt, steckt es trotzdem voller sehr geschickt platzierten Details, die zum Lebendigwerden des Buches beitragen. Die Sprache ist schnörkellos lakonisch, aber sehr treffend und präzise. Jedes Wort scheint präzise und bewusst gesetzt.Dem steht die Handlung des Buches gegenüber, die scheinbar aus dem Nichts beginnt & am Ende wieder ins Nichts zu zerfasern scheint. Der Weg, den der Erzähler geht erinnert mich wohl nicht von ungefähr an Joseph Conrads Herz der Finsternis. Beide werden Zeuge des Wahnisinns und der dekadenten Verrohung, in deren Zentrum sie sich schließlich begeben. Dabei scheint kein Ereignis im Buch zufällig zu geschehen. Vielmehr erscheint der Weg des Protagonisten geradezu vorbestimmt, wie Prüfungen, die er zu bestehen hat.So ist "Ich werde hier sein..." für mich keineswegs eine Entäuschung. Ich war anhand diverser Rezensionen schon etwas 'vorgewarnt' - wusste also zumindest, dass mich hier keine 08/15-Unterhaltung erwarten wird.Es ist kein Buch, das man nach der letzten Seite einfach weglegt & abhakt. Es wirkt nach & hat nicht zuletzt dank seiner Sprache einen ganz eigenen Zauber.

#11 Martin Stricker

Martin Stricker

    Jawasdennjetztfüreinnaut

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Geschrieben 04 Januar 2009 - 00:41

Vielen Dank für die zahlreichen Meinungsbekundungen! Das war sehr interessant! Offenbar gibt es her wirklich geteilte Meinungen, mit Ausnahme der Sprache, bei der Einigkeit besteht, daß die herausragend ist.

Das Ende läßt mich fragend zurück. Genauso mag ich es.

Ein fragendes, zum Nachdenken anregendes Ende mag ich auch (wobei ich auch nichts gegen ein klares Ende habe, auch das kann zum Nachdenken anregen). Hier kam ich mir allerdings völlig vom Autor alleingelassen vor und hab gedacht: "Hä?", oder um es op Kölsch zu sagen: "Wat soll dä Quatsch?"

Und mit »1979« hat er mich dann geplättet, umgehaun und überzeugt, dass er wirklich was druff hat. Selten ein so aufregend-abstoßendes, spannendes-widerliches Buch gelesen.

"Was druff" hat er auf jeden Fall. Ich habe allerdings nichts anderes von ihm gelesen (und das wohl auch nicht vor). Zum vorliegenden Buch würde ich wohl in Anlehnng an Dich, Alex, sagen "Selten ein so langatmig-kurzes, unspannend-flüssig lesbares, interessant-mich unberührt lassendes Buch gelesen." Kracht kann schreiben, keine Frage. Wenn er jetzt nicht nur was zu sagen *hätte*, sondern das auch tatsächlich *sagt*, genauso klar, deutlich und schnörkellos wie seine Sprache ist, könnte das ein echt gutes Buch sein.

Historischeres Beispiel: Ich bin ja froh, dass Du damals nicht Lektor bei Texten wie "Der Prozeß" und "Das Schloß" (ß bewusst beibehalten) gewesen bist und mehr "Sorgfalt" verlangt hast.. http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/cool.png

Hmmm... Wer weiß, was Kafka mit einem guten Lektor hätte leisten können... :devil: :rofl1:
Danke fürs Beibehalten des ß! :thumb:

Die Sprache ist schnörkellos lakonisch, aber sehr treffend und präzise. Jedes Wort scheint präzise und bewusst gesetzt.
Dem steht die Handlung des Buches gegenüber, die scheinbar aus dem Nichts beginnt & am Ende wieder ins Nichts zu zerfasern scheint.

Sehr schön gesagt! Die zwei Sätze würd ich Dir am liebsten klauen...

Es ist kein Buch, das man nach der letzten Seite einfach weglegt & abhakt. Es wirkt nach & hat nicht zuletzt dank seiner Sprache einen ganz eigenen Zauber.

Naja, ich hab das Buch spätestens an der Stelle abgehakt, an der Brazhinsky diese "neue Sprache" anwendet, da ist mir das Ganze endgültig zu esoterisch geworden.

Naja, vielleicht liegt es auch daran, daß ich an das Buch mit einer gewissen Erwartungshaltung herangegangen bin. Ich hatte mich auf einen schönen Alternativweltroman gefreut und ein "krudes Ding" vorgefunden, das offenbar nicht recht weiß, was es will... Tja, liegts am Autor, liegts am Leser? Nee, am Buch! ;) Ich muß wohl damit leben, daß sich manche Texte mir einfach nicht erschließen. Schade...

#12 Oliver

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Geschrieben 11 Januar 2009 - 20:32

Lies' es, dann weisst Du was ich meine, so ist diese Replik reine Rhetorik von Dir. Gerade im Vergleich zu den Alternate Histories von beispielsweise Frank Hebben (PKD will ich garnicht erst bemühen) fällt die inhaltliche Leere besonders stark auf.

Du hast natürlich recht, ich sollte das Buch vorher lesen, bevor ich es mit Dir diskutiere. Nur. Hm. Ich habe das Buch jetzt gelesen und frage mich allen Ernstes, ob Du mich vergackeiern wolltest, :blink: denn der Sachverhalt stellt sich genau so dar, wie ich es nach den Rezensionen vermutet habe. Ob man das, was Du 'inhaltliche Leere' nennst, gut oder schlecht findet, ist natürlich Geschmackssache. Hier im Thread haben sich ja schon Befürworter und Gegner davon gefunden. Aber Kracht 'mangelnde Sorgfalt' beim Plot zu unterstellen, liegt nun wirklich völlig neben der Sache, da lag ich sogar ohne das Buch vorher zu kennen, absolut richtig. Das Buch ist offensichtlich sehr sorgfältig ausgearbeitet, die Auslassungen und Aussparungen sind zweifellos so gewollt. Man kann dem Autor also unterstellen, dass dieses Konzept nicht aufgeht (IMHO ist das großartig, andere fanden das nicht), aber mangelnde Sorgfalt zu wähnen, ist wirklich abwegig. :blink: Man kann ja über viel diskutieren, aber Sorgfalt ist nicht gleichzusetzen mit "Alles haarklein erklären". Wirklich nicht, im Gegenteil. Viele 'erklären' viel zu viel. @Lucardus: Probiere es ruhig mal aus, ich war begeistert davon. Hier, 9/10 Punkte: http://oliblog.blogg...rag.php?id=1960 @Molo (OT): 'Unerträgliche Poplit-Clique?' Ich denke, ich weiß ziemlich genau was Du meinst (schon bei den Titeln von Stuckrad-Barres Büchern verdrehe ich teilweise die Augen, so "cool" ist das) und hatte auf die Prosa-Texte von S-B auch nie Lust, wohl aus den gleichen Gründen. Ich habe nur in letzter Zeit einige sehr amüsante journalistische Essays von S-B gelesen, die mich fast dazu gebracht hätten, ihn mal auszuprobieren. Soll ich mir das vorsichtshalber trotzdem klemmen, ist das wirklich so furchtbar? :unsure:

Bearbeitet von Oliver, 11 Januar 2009 - 20:35.

  • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
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#13 †  a3kHH

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Geschrieben 11 Januar 2009 - 23:13

Das Buch ist offensichtlich sehr sorgfältig ausgearbeitet, die Auslassungen und Aussparungen sind zweifellos so gewollt.

"Offensichtlich" ist da garnichts. Das die Auslassungen gewollt sind, ist trivial - aber machen sie auch Sinn ? Da kenne ich andere Werke, bei denen eben diese Aussparungen nicht nur notwendig sind, sondern auch für die Geschichte unumgänglich "fehlen" müssen.

Man kann dem Autor also unterstellen, dass dieses Konzept nicht aufgeht (IMHO ist das großartig, andere fanden das nicht), aber mangelnde Sorgfalt zu wähnen, ist wirklich abwegig.

Welches Konzept ? Das Buch ist drauflosgeschrieben, als würde man das Rad neu erfinden und hätte keine jahrhundertelange Tradition im Rücken. Dabei wird weder der Sinn des Ganzen deutlich, noch wird klar, was der Autor dem geneigten Leser damit sagen will. Dagegen ist ja mein Lieblingsschwafler Thomas Mann ein Ausbund an Sachlichkeit, Kürze und Präzision.

Man kann ja über viel diskutieren, aber Sorgfalt ist nicht gleichzusetzen mit "Alles haarklein erklären". Wirklich nicht, im Gegenteil. Viele 'erklären' viel zu viel.

Wer hat das gesagt ? Sorgfalt hat sicher nichts mit Detail-Erklärungen bis ins Mikrokosmische zu tun, Sorgfalt hat allerdings sehr viel mit "Was will ich eigentlich wie sagen ?" zu tun. Und wenn man das, wie Kracht hier, im Laufe der Erzählung komplett aus den Augen verliert, kann man nur von mangelnder Sorgfalt sprechen.
:blink:

Nachtrag : Kennst Du eigentlich andere Alternate Histories ? Also etwa einige der Kurzgeschichten von Hebben oder Vaterland ?

Bearbeitet von a3kHH, 11 Januar 2009 - 23:15.


#14 Oliver

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Geschrieben 12 Januar 2009 - 09:22

Welches Konzept ? Das Buch ist drauflosgeschrieben, als würde man das Rad neu erfinden und hätte keine jahrhundertelange Tradition im Rücken.

Lass uns hier mal auf eine gemeinsame, geeignete Ebene kommen. Da weder Du die mangelnde, noch ich die vorhandene Sorgfalt bei der Abfassung des Buches beweisen kann (wir waren da ja nicht dabei), müssen wir uns wirklich an das halten, was wir haben.

Dabei wird weder der Sinn des Ganzen deutlich, noch wird klar, was der Autor dem geneigten Leser damit sagen will. (...) Sorgfalt hat sicher nichts mit Detail-Erklärungen bis ins Mikrokosmische zu tun, Sorgfalt hat allerdings sehr viel mit "Was will ich eigentlich wie sagen ?" zu tun.

Es ist zweifellos richtig, dass einem das Buch nicht telegrafiert, was der Autor damit eigentlich sagen will. Ich habe einige Feuilleton-Rezis gelesen, die daran völlig verzweifelt sind (Witz? Fingerübung? Gesellschaftskritik? Lust am Untergang? usw.) und hier haben wir wohl einen Dissens: Ich rechne es dem Buch gerade positiv an, dass ich nicht so ganz genau weiß, woran ich damit bin. Ich habe auf jeden Fall den Verdacht, dass der Autor mehr wollte als reines world-building, und finde es interessant, dass es mir überlassen wird, die Antwort auf diese Frage zu finden. Und zwar deswegen: Bekomme ich vom Autor eine Antwort, ist die häufig enttäuschend. Dann mal (mal!) lieber keine Antwort.

Und wenn man das, wie Kracht hier, im Laufe der Erzählung komplett aus den Augen verliert, kann man nur von mangelnder Sorgfalt sprechen.

Den Eindruck hatte ich gar nicht, das mit dem aus den Augen verlieren. Bis auf das blümerante Ende folgt die Geschichte doch eigentlich recht stringent einem roten Faden, sowohl an der Oberfläche, als auch darunter.

Nachtrag : Kennst Du eigentlich andere Alternate Histories ? Also etwa einige der Kurzgeschichten von Hebben oder Vaterland ?

Yep, klar. Den Hebben habe ich noch nicht gelesen, aber den Harris-Roman (und den zugehörigen Film) kenne ich natürlich. In den letzten Jahren fand ich die diesbezüglichen Romane von Oliver Henkel ganz nett. Ich bin aber kein fanatischer Leser dieser Sachen, die Romane von Turtledove kenne ich nur sporadisch (lange her) und die 1632-Sachen habe ich nicht gelesen.
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#15 †  a3kHH

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Geschrieben 12 Januar 2009 - 15:28

[...]hier haben wir wohl einen Dissens: Ich rechne es dem Buch gerade positiv an, dass ich nicht so ganz genau weiß, woran ich damit bin. Ich habe auf jeden Fall den Verdacht, dass der Autor mehr wollte als reines world-building, und finde es interessant, dass es mir überlassen wird, die Antwort auf diese Frage zu finden.

Aaaha, das ist ja echt faszinierend !!! Du siehst das Buch exakt genauso wie ich ! Darauf wäre ich nie und nimmer gekommen. Der Unterschied zwischen uns beiden ist einfach in der Tatsache begründet, daß Dir gefällt was ich für einen Kardinalfehler halte. Ist das jetzt "nur" eine absolute Geschmackssache, also extremst subjektiv ??? Das würde dann auch die konträren Meinungen im Feuilleton und hier im Thread erklären.
:blink:

#16 Lucardus

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Geschrieben 12 Januar 2009 - 17:22

@Lucardus: Probiere es ruhig mal aus, ich war begeistert davon. Hier, 9/10 Punkte: http://oliblog.blogg...rag.php?id=1960

Hatte ich sowieso vor und jetzt erst recht. Für den Grossman schulde ich ja noch einen Lesedank, der ist ein Volltreffer.
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#17 Felix

Felix

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Geschrieben 20 Januar 2009 - 17:13

Krachts Roman hat mich vor allem durch seine Sprache überzeugt, seine Stimmung und die - sehr glücklich gewählte - Kürze. Das Problem des Romans sehe ich auch bei der scheinbaren Handlungslosigkeit. Scheinbar, weil die Hauptfigur zwar nicht handelt, es aber im weitesten Sinne eine handelne Welt um ihn herum gibt. Das Buch wird dadurch zu einer Reihe von Impressionen, Begegnungen und erlebten Veränderungen. Bei einem längeren Buch wäre das ziemlich langatmig und langweilig geworden, in diesem Fall hat es mich jedoch in der kurzen Form überzeugen und gar fesseln können. "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" gefiel mir einiges besser als so manche glattgeschliffene Popcorn-Litertaur der letzten Monatewie, wie bspw. "Metro 2033" Gruß, Felix

#18 †  a3kHH

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Geschrieben 20 Januar 2009 - 21:21

"Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" gefiel mir einiges besser als so manche glattgeschliffene Popcorn-Litertaur der letzten Monatewie, wie bspw. "Metro 2033"

Sehe ich absolut genauso. Du hältst den fehlenden Plot also auch nicht als Manko an, interessant. <_<

Bearbeitet von a3kHH, 20 Januar 2009 - 21:21.


#19 Bungle

Bungle

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Geschrieben 21 Januar 2009 - 11:51

@a3kHH:

Sehe ich absolut genauso. Du hältst den fehlenden Plot also auch nicht als Manko an, interessant. <_<

Ich habe den Kracht-Roman nicht gelesen (den Titel kann ich mir immer noch nicht merken), wohl aber "1979" von ihm, der mich sehr beeindruckt hat. Aber wenn man deine Leseliste ansieht (Hohlbein, Hamilton u.s.) dann kann ich verstehen, dass du einen fehlenden Plot bei Kracht bemängelst. MB p.s. "Das Schloß" wurde im übrigen nie einem Lektor vorgelegt, weil es aus dem Nachlass stammt. Der einzige "Lektor" war Kafkas Freund Max Brod.

Bearbeitet von Bungle, 21 Januar 2009 - 11:53.


#20 †  a3kHH

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Geschrieben 21 Januar 2009 - 12:28

Ich habe den Kracht-Roman nicht gelesen (den Titel kann ich mir immer noch nicht merken), wohl aber "1979" von ihm, der mich sehr beeindruckt hat. Aber wenn man deine Leseliste ansieht (Hohlbein, Hamilton u.s.) dann kann ich verstehen, dass du einen fehlenden Plot bei Kracht bemängelst.

Die müsste ich einmal aktualisieren, es fehlen da unter anderem diverse von Bujold als auch die Dick-Bio von Robinson, aber im Prinzip hast Du nicht Unrecht, ich verlange von einem Buch, das mir gefallen soll zunächst einmal ein gutes Story-Telling. D.h. vor der großen Kunst kommt zunächst einmal das profane Handwerk.
<_<

#21 Bungle

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Geschrieben 21 Januar 2009 - 14:17

Die müsste ich einmal aktualisieren, es fehlen da unter anderem diverse von Bujold als auch die Dick-Bio von Robinson, aber im Prinzip hast Du nicht Unrecht, ich verlange von einem Buch, das mir gefallen soll zunächst einmal ein gutes Story-Telling. D.h. vor der großen Kunst kommt zunächst einmal das profane Handwerk.
<_<

Meiner Meinung nach hast du die ganz normalen Erwartungen eines Lesers von Unterhaltungs- und Spannungsliteratur.
Bujold, Hohlbein, usw. nehmen dich als Leser an die Hand, sie bauen einen Spannungsbogen, sie führen dich sozusagen.
Das hängt natürlich auch mit Story-Telling zusammen, wie es Autoren in Seminaren erlernen können, aber mit diesen Erwartungen kann man nicht an alle Literatur herangehen.

MB

p.s. Ich finde es gut. dass hier darüber diskutiert wird, bei solchen Romanen wie dem von Kracht bin ich nicht davon ausgegangen, dass den viele in der SF-Leserschaft gelesen haben.

Bearbeitet von Bungle, 21 Januar 2009 - 14:20.


#22 †  a3kHH

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Geschrieben 21 Januar 2009 - 23:16

Das hängt natürlich auch mit Story-Telling zusammen, [...] aber mit diesen Erwartungen kann man nicht an alle Literatur herangehen.

Doch, man kann und muß. Tatsächlich ist jeder große Literat auch ein großer Geschichtenerzähler. Bestes allgemein anerkanntes Beispiel dafür ist Thomas Mann. Bei aller Kritik an seiner Schreibe, Geschichten erzählen konnte er. Sein Bruder Heinrich konnte das zwar besser, aber beide verstanden ihr Handwerk. Ebenso der weiter oben zitierte Kafka. Und unsere beiden altdeutschen Ikonen, Goethe und Schiller, sowieso. Tatsächlich sind Werke, bei denen auf eben dies Handwerk verzichtet wird, weil der Autor meint, weit über dem Pöbel zu stehen (und meistens dieses Handwerk einfach nicht beherrscht), schlicht unbrauchbare Mach-Werke, die man sich schenken kann. Aber keine Literatur.
:D

#23 Felix

Felix

    Cybernaut

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Geschrieben 22 Januar 2009 - 10:04

Sogenannte "Hohe Literatur" zeichnet sich in erster Linie nicht durch ein Fehlen von Handlung und Spannung aus. Wer auf Plotstrukturen und Spannungskurve verzichtet, nur weil er sich in den Autorenolymp schreiben will, ist ein Idiot und Schnösel. viele der Klassiker, die wirklich großen, anspruchsvollen udn nicht nur dicken, zeichnen sich häufig durch viel mehr Handlung aus als viele heutige Literatur und auch wenn sie behäbiger sind als gheutige Werke, so mangelt es ihnen doch nicht an Spannung.Bei Kracht spielt die Erwarrtungshaltung natürlich - wie es immer sit- eine große Rolle und deshalb kann man hier kräftig enttäuscht werden. Ich wusste bereits durch diese Diskussion, was mich erwartet. Sonst hätte ich vielleicht auch anders über das Buch gedacht.Krachts wirklicher Glücksgriff ist aber, dass er das Buch nicht hat ausufern lassen. Er schafft es,d as BNuch abzuschließen, bevor es zu langatmig wird. er erzählt so lange, wie seine Sprache und sein Welt-Konzept überzeugen und unterhalten kann. Dann ist er fertig. Gruß, Felix

#24 Martin Stricker

Martin Stricker

    Jawasdennjetztfüreinnaut

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Geschrieben 28 Januar 2009 - 23:39

Es ist zweifellos richtig, dass einem das Buch nicht telegrafiert, was der Autor damit eigentlich sagen will. Ich habe einige Feuilleton-Rezis gelesen, die daran völlig verzweifelt sind (Witz? Fingerübung? Gesellschaftskritik? Lust am Untergang? usw.) und hier haben wir wohl einen Dissens: Ich rechne es dem Buch gerade positiv an, dass ich nicht so ganz genau weiß, woran ich damit bin. Ich habe auf jeden Fall den Verdacht, dass der Autor mehr wollte als reines world-building, und finde es interessant, dass es mir überlassen wird, die Antwort auf diese Frage zu finden. Und zwar deswegen: Bekomme ich vom Autor eine Antwort, ist die häufig enttäuschend. Dann mal (mal!) lieber keine Antwort.

Ich wage mal zu behaupten, daß es Christian Kracht sicher *nicht* um "World-Building" geht. Wäre das der Fall, hätte er versagt - was von seiner Welt sichtbar wird, ist Stückwerk, dessen Einzelteile entweder nicht recht zueinander passen oder bei denen wichtige Verbindungsteile ausgelassen wurden. Kracht macht es dem Leser schwer zu verstehen, was er eigentlih sagen will. Das zumindest ist sicherlich beabsichtigt. Die einfachste Erklärung ist, daß er nichts zu sagen hat. :rolleyes: Vielleicht ist der Sinn aber auch, daß Kracht jetzt gemütlich zu Hause die diversen Rezensionen liest und sich ob der verzweifelten Deutungsversuche kaputtlacht. Diese Erklärung gefällt mir persönlich am besten. Ich werde das mal in meine Rezi einarbeiten...

Den Eindruck hatte ich gar nicht, das mit dem aus den Augen verlieren. Bis auf das blümerante Ende folgt die Geschichte doch eigentlich recht stringent einem roten Faden, sowohl an der Oberfläche, als auch darunter.

Ja, er folgt einem roten Faden, aber es ist völlig unklar, wo dieser rote Faden hinführt - falls überhaupt irgendwohin...

#25 Electric Wizard

Electric Wizard

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Geschrieben 29 Januar 2009 - 02:12

Nunja, immerhin wird über das Buch geredet - das ist doch schonmal was :rolleyes:Jetzt aber mal im Ernst: Dass ein Buch auf so vehemente Ablehnung bei einigen stößt & andere es in den höchsten Tönen loben, heißt zumindest, dass es einen nicht so schnell kalt lässt.Das kann man von vielen anderen Büchern nicht gerade behaupten. Also irgendwas hat das Buch. Kracht hat uns da nicht gerade einen leicht verdaulichen Happen hingeworfen. Das kann man schonmal nicht so leicht abtun.Ob das 'große Geschichtenerzählen' jetzt beabsichtigt war, daran darf man wohl zurecht zweifeln.Aber ich finde einige Aspekte des Buches sprechen eindeutig dafür, dass der Autor eben bewusst diese und keine andere Form für sein Werk gebraucht hat:Es ist ein sehr starkes Stilmittel, den Verlust der Schrift, wie er in dem Buch beschrieben wird, durch eben dieses Zerfastern des Textes zu verdeutlichen. Das Fehlen von Aufzeichnungen wird quasi durch das Fehlen von Aufzeichnungen ausgedrückt.Die Sprache spricht eindeutig dafür, dass hier mit großer Sorgfalt an jeder Szene, jedem Satz gefeilt wurde. Das klingt für mich nicht gerade nach einem planlosen Autor.Dieser Rote Faden der ins Nichts führt kann auch als Weg der Menschheit verstanden werden. Ich habe weiter oben schonmal den Vergleich mit "Das Herz der Finsternis" gebraucht. Der scheint mir auch hier angemessen.Der Protagonist findet seine eigene Zukunft quasi in der Vorzivilistorischen Vergangenheit der Menschheit - Heimkehr nach Afrika - nachdem die westliche Welt im Bombenhagel untergeht.Afrika ist hier wohl auch Symbol für eine vermeintlich gezähmte Welt- aber das atavistische, ursprüngliche liegt den Menschen näher, als sie glauben & während sie in Europa im Krieg verrohen, holen sich die Afrikaner ihre Heimat zurückNatürlich kann ich verstehen, dass viele eine eher 'konventionelle' Literatur bevorzugen, aber "Ich werde hier sein..." ist durch seine Andersartigkeit auch schlicht - erfrischend anders.

#26 Rusch

Rusch

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Geschrieben 29 Januar 2009 - 12:24

Ich habe das Buch jetzt auch gelesen und ich sage nur:Vergleicht das Werk mit Dicks "Das Orakel vom Berge" und die Schwächen des deutschen Romans werden offenbar.Beide Bücher haben einen ählichen Hintergrund und sind alternative Timeline Romane. Es gibt noch mehr parallelen, aber das will ich jetzt nicht aufbereiten.Lediglich bei der Sprache kann Kracht mithalten, aber in allen anderen Gesichtspunkten hat Dick die Nase vorne: Die Handlung ist interessanter, das Ende wird vorbereitet. Die Welt wird besser beschrieben und die Protagonisten sind viel lebendiger. Diesen Roman kann nur jemand als Meisterwerk bezeichnen, der keine Ahnung von Phantastik hat, denn dann wüsste er, dass das einzig originelle an dem Roman ein schweizer Sowjetstaat ist. Aber das war es dann auch schon.

#27 raps

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Geschrieben 29 Januar 2009 - 14:48

Ich habe das Buch natürlich wieder mal n i c h t gelesen. Mir ist nur vor einiger Zeit eine Bemerkung Iris Radischs in der ZEIT aufgefallen (http://www.zeit.de/2008/42/Darwin-Dath), die das Buch als "eine kriegslüsterne Schmonzette" abtat.Dermaßen 'sensibililiert', fiel mir dann in einem Kritikergespräch im Deutschlandfunk (anlässlich der Verleihung des Deutschen Buchpreises, glaube ich) auf, dass Denis Scheck auch nur Verachtung für das Werk übrig hatte.Nun will ich nicht behaupten. dass diese beiden Kritiker nur deshalb den endgültigen Deutungsanspruch in Fragen der Literatur haben, weil sie 'bekannt aus Funk und Fernsehen' sind; ein dermaßen eindeutiges Urteil gibt mir aber schon zu denken, und ich glaube nicht, dass ich das Buch anrühren werde (dann schon lieber demnächst "Die Abschaffung der Arten", das Radisch wie Scheck bemerkenswert fanden).Grüße, Rainer

#28 Rusch

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Geschrieben 29 Januar 2009 - 15:10

Hm, eine kriegslüsterne Schmonzette trifft das ganze überhaupt nicht. Da hat wohl jemand das Buch nicht zuende gelesen, denn dann wäre bewußt geworden, dass das Buch alles andere als Kriegslüsternd ist. Ach, jetzt verteidige ich den Roman auch noch... ;)

#29 Lucardus

Lucardus

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Geschrieben 29 Januar 2009 - 17:43

Dermaßen 'sensibililiert', fiel mir dann in einem Kritikergespräch im Deutschlandfunk (anlässlich der Verleihung des Deutschen Buchpreises, glaube ich) auf, dass Denis Scheck auch nur Verachtung für das Werk übrig hatte.

Ach ja, die Verachtung für Werke ... Der Herr Scheck nimmt ja bekanntlich kein Blatt vor den Mund. Und warum sollte er dann sogar den Autor zu einem recht aufwendigen Interview in seine Sendung bitten? http://www.daserste....n~id,250~cm.asp Und wenn man den letzten Satz nicht gänzlich als ironisch abtun will, kann das mit der Verachtung nur eine Verwechslung sein. Zitat: "Ein Buch, das einen auf andere Gedanken bringt. Ein gutes Buch."

Bearbeitet von Lucardus, 29 Januar 2009 - 17:43.

Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#30 Electric Wizard

Electric Wizard

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Geschrieben 29 Januar 2009 - 17:53

Ist das nicht das Schöne an den Massenmedien? Die Meinung einzelner kann übermäßig vergrößert werden & alle, ob sie das Buch nun gelesen haben, oder nicht dreschen drauf ein... ;)


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