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Eismond Zyklus
Geschrieben von
wilkomueller
,
in
SF-Rezension
21 Oktober 2018
·
4.104 Aufrufe
Raumfahrt Saturn Jupiter
Der Eismond-Zyklus von Brandon Q. Morris
Enceladus / Titan / Io / Enceladus - die Rückkehr
(Kindle Ebooks)
Nachdem der (übrigens deutsche) Autor so freundlich war, den ersten Teil kostenlos als Ebook anzubieten, habe ich ihn und die kostenpflichtigen anderen drei Teile gelesen. So schlecht können die Bücher also nicht sein.
Es handelt sich, wie der Autor nicht müde wird, zu betonen, um »hard sf«. Also gibt es hier zumindest den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Es ist tatsächlich gute, wenn auch nicht alte SF, die von der Erforschung des Sonnensystems mit Hilfe der Raumfahrt handelt, wie sie tatsächlich stattfinden könnte, wenn man den heutigen Stand optimistisch einige Jahrzehnte in die Zukunft denkt. Die Titel sagen uns schon, wo es hingeht: zuerst zum Saturnmond Enceladus. Hier entdeckt eine Sonde Anzeichen für die Existenz von Leben im möglicherweise tatsächlich vorhandenen Wasserozean unter dem Eispanzer. Das hält man auf der Erde für wichtig genug, um eine bemannte Expedition auszurüsten, die mal nachgucken soll.
Der Autor versteht es, den schier endlosen Flug durch das Sonnensystem glaubwürdig zu schildern, ohne dass den Leser dieselbe Langeweile packt, welche die Besatzung der »ILSE« quält. (Der komisch anmutende Name des Raumschiffs ist irgendeine Abkürzung mit Lebenssuche oder so. Sorry, wird nur einmal erwähnt und ich habe es wieder vergessen.) Eine Reihe der üblichen Gefahren tritt auf: Meteoriten, technische Probleme usw. Zu allem Überfluss wird ausgerechnet die Kommandantin auch noch schwanger und bringt ihr Baby auf der Reise zur Welt.
Schließlich landen sie auf dem Eismond und bohren sich mit einem Bohrschiff namens »Valkyrie« durch die Eisschicht hinunter in den Ozean. Zwar reißt das Verbindungskabel, aber das hindert die beiden Astronauten an Bord nicht, Leben zu entdecken, das sich sogar als eine intelligente Lebensform herausstellt, und sich wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Beim Versuch, sie zu retten, stirbt scheinbar ein dritter Astronaut.
Scheinbar, denn als die »ILSE« wieder gestartet ist, stellt sich heraus, dass er noch lebt. Es wird nie erklärt, wie er 48 Stunden mit geborstener Helmscheibe und ohne ausreichenden Sauerstoff überleben konnte. Nun steigt er ins Bohrschiff, taucht ab und vereint sich irgendwie mit dem Enceladuswesen. Schade, hier ging dann eindeutig der Anspruch der Wissenschaftlichkeit verloren. In der folgenden Handlung gelingt es der Crew, zunächst sein Bewusstsein in die Schiffscomputer zu transferieren, so dass er sie als eine Art KI begleitet.
Inzwischen war man noch auf Titan, wo selbstverständlich auch eine Lebensform ihr Unwesen treibt. War die erste noch recht freundlich, ist diese eher primitiv und aggressiv. Im dritten Teil verschlägt es die »ILSE« sogar auf den Jupitermond Io, wo sie in letzter Minute eine Bedrohung für die Erde abwenden, die auch wieder von einer bösen Lebensform (nicht intelligent) ausgeht.
Im ersten Buch konnte ich der Handlung noch eine gewisse Glaubwürdigkeit abgewinnen, doch dieses Hin- und Hergefliege zwischen Saturn und Jupiter mit mehrfachen Landungen war mir zu viel. Die Mission war ja so gar nicht geplant, also sollte das Raumschiff auch gar nicht für solche weitergehenden Einsätze geeignet und ausgerüstet sein. Davon mal abgesehen, ist das Finden von Leben gleich auf allen drei Monden doch etwas übertrieben.
Im dritten Teil spielt eine Nebenhandlung auf der Erde eine größere Rolle. Hier einigen sich der amerikanische NSA und China darauf, dass das Wesen auf Enceladus eine Gefahr für die Erde darstellt und vernichtet werden muss. Deshalb erpressen die bösen Kommunisten Chinas ihre an Bord befindliche Astronautin, so dass diese bereit ist, alle zu töten und das Superwesen gleich mit. Natürlich passiert das nicht, aber dieser Teil der Handlung erschien mir dann doch zu hoch gegriffen. Die Chinesen werden so klischeehaft dargestellt, dass es bereits da unglaubwürdig wird. Es erinnerte an die Kapitel von »Die drei Sonnen«, welche in der Jugend der Protagonistin spielen. Ich bezweifle, dass die heutige oder gar die zukünftige chinesische Führung so denken und handeln würde wie in der Kulturrevolution.
Auch im vierten Teil kommt die Bedrohung von der Erde - ein russischer Milliardär, welcher Asteroidenbergbau betreibt, bringt die alte Crew dazu, noch einmal in die »ILSE« zu steigen. Angeblich, um ihren auf Enceladus verschollenen Kumpel zu retten. Hä?, fragte ich mich da. Kein Wort darüber, wie der Russe sich das vorstellte, einen seit Jahren unter dem Eis befindlichen Körper zu reanimieren und wieder mit dem in Computern herumgeisternden Bewusstsein zu vereinen. Aber alle machen mit.
Klar, der böse Russe hat ganz andere Motive, aber am Ende klappt es auch noch! Ohne jede Erklärung taucht der plötzlich wieder oder immer noch lebende Astronaut auf und muss nicht mal mit seinem KI-Teil wiedervereint werden, denn dieser war wohl nur eine Sicherheitskopie. Also gut - SF, ist klar. Aber mit Glaubwürdigkeit oder gar Wissenschaftlichkeit hat das nichts mehr zu tun.
Man muss sagen, dass die Reihe vom Ideengehalt leider mit jedem Buch ein wenig abbaut. Wo der Autor versucht, Anleihen beim Thriller zu nehmen, wirkt es ein wenig einfach gestrickt. Wenn man den wissenschaftlichen Anspruch mal vergisst und nicht alles erklärt haben will, ist es in Ordnung. Morris schreibt abwechslungsreich und spannend über die Abenteuer der Raumfahrer. Man kann sich davon durchaus gut unterhalten lassen. Da aber jedes Buch noch einen Anhang von beträchtlichem Umfang hat, der auf wissenschaftliche Hintergründe eingeht und somit den Anspruch des Autors betont, muss ich die obige Kritik üben.
Enceladus / Titan / Io / Enceladus - die Rückkehr
(Kindle Ebooks)
Nachdem der (übrigens deutsche) Autor so freundlich war, den ersten Teil kostenlos als Ebook anzubieten, habe ich ihn und die kostenpflichtigen anderen drei Teile gelesen. So schlecht können die Bücher also nicht sein.
Es handelt sich, wie der Autor nicht müde wird, zu betonen, um »hard sf«. Also gibt es hier zumindest den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Es ist tatsächlich gute, wenn auch nicht alte SF, die von der Erforschung des Sonnensystems mit Hilfe der Raumfahrt handelt, wie sie tatsächlich stattfinden könnte, wenn man den heutigen Stand optimistisch einige Jahrzehnte in die Zukunft denkt. Die Titel sagen uns schon, wo es hingeht: zuerst zum Saturnmond Enceladus. Hier entdeckt eine Sonde Anzeichen für die Existenz von Leben im möglicherweise tatsächlich vorhandenen Wasserozean unter dem Eispanzer. Das hält man auf der Erde für wichtig genug, um eine bemannte Expedition auszurüsten, die mal nachgucken soll.
Der Autor versteht es, den schier endlosen Flug durch das Sonnensystem glaubwürdig zu schildern, ohne dass den Leser dieselbe Langeweile packt, welche die Besatzung der »ILSE« quält. (Der komisch anmutende Name des Raumschiffs ist irgendeine Abkürzung mit Lebenssuche oder so. Sorry, wird nur einmal erwähnt und ich habe es wieder vergessen.) Eine Reihe der üblichen Gefahren tritt auf: Meteoriten, technische Probleme usw. Zu allem Überfluss wird ausgerechnet die Kommandantin auch noch schwanger und bringt ihr Baby auf der Reise zur Welt.
Schließlich landen sie auf dem Eismond und bohren sich mit einem Bohrschiff namens »Valkyrie« durch die Eisschicht hinunter in den Ozean. Zwar reißt das Verbindungskabel, aber das hindert die beiden Astronauten an Bord nicht, Leben zu entdecken, das sich sogar als eine intelligente Lebensform herausstellt, und sich wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Beim Versuch, sie zu retten, stirbt scheinbar ein dritter Astronaut.
Scheinbar, denn als die »ILSE« wieder gestartet ist, stellt sich heraus, dass er noch lebt. Es wird nie erklärt, wie er 48 Stunden mit geborstener Helmscheibe und ohne ausreichenden Sauerstoff überleben konnte. Nun steigt er ins Bohrschiff, taucht ab und vereint sich irgendwie mit dem Enceladuswesen. Schade, hier ging dann eindeutig der Anspruch der Wissenschaftlichkeit verloren. In der folgenden Handlung gelingt es der Crew, zunächst sein Bewusstsein in die Schiffscomputer zu transferieren, so dass er sie als eine Art KI begleitet.
Inzwischen war man noch auf Titan, wo selbstverständlich auch eine Lebensform ihr Unwesen treibt. War die erste noch recht freundlich, ist diese eher primitiv und aggressiv. Im dritten Teil verschlägt es die »ILSE« sogar auf den Jupitermond Io, wo sie in letzter Minute eine Bedrohung für die Erde abwenden, die auch wieder von einer bösen Lebensform (nicht intelligent) ausgeht.
Im ersten Buch konnte ich der Handlung noch eine gewisse Glaubwürdigkeit abgewinnen, doch dieses Hin- und Hergefliege zwischen Saturn und Jupiter mit mehrfachen Landungen war mir zu viel. Die Mission war ja so gar nicht geplant, also sollte das Raumschiff auch gar nicht für solche weitergehenden Einsätze geeignet und ausgerüstet sein. Davon mal abgesehen, ist das Finden von Leben gleich auf allen drei Monden doch etwas übertrieben.
Im dritten Teil spielt eine Nebenhandlung auf der Erde eine größere Rolle. Hier einigen sich der amerikanische NSA und China darauf, dass das Wesen auf Enceladus eine Gefahr für die Erde darstellt und vernichtet werden muss. Deshalb erpressen die bösen Kommunisten Chinas ihre an Bord befindliche Astronautin, so dass diese bereit ist, alle zu töten und das Superwesen gleich mit. Natürlich passiert das nicht, aber dieser Teil der Handlung erschien mir dann doch zu hoch gegriffen. Die Chinesen werden so klischeehaft dargestellt, dass es bereits da unglaubwürdig wird. Es erinnerte an die Kapitel von »Die drei Sonnen«, welche in der Jugend der Protagonistin spielen. Ich bezweifle, dass die heutige oder gar die zukünftige chinesische Führung so denken und handeln würde wie in der Kulturrevolution.
Auch im vierten Teil kommt die Bedrohung von der Erde - ein russischer Milliardär, welcher Asteroidenbergbau betreibt, bringt die alte Crew dazu, noch einmal in die »ILSE« zu steigen. Angeblich, um ihren auf Enceladus verschollenen Kumpel zu retten. Hä?, fragte ich mich da. Kein Wort darüber, wie der Russe sich das vorstellte, einen seit Jahren unter dem Eis befindlichen Körper zu reanimieren und wieder mit dem in Computern herumgeisternden Bewusstsein zu vereinen. Aber alle machen mit.
Klar, der böse Russe hat ganz andere Motive, aber am Ende klappt es auch noch! Ohne jede Erklärung taucht der plötzlich wieder oder immer noch lebende Astronaut auf und muss nicht mal mit seinem KI-Teil wiedervereint werden, denn dieser war wohl nur eine Sicherheitskopie. Also gut - SF, ist klar. Aber mit Glaubwürdigkeit oder gar Wissenschaftlichkeit hat das nichts mehr zu tun.
Man muss sagen, dass die Reihe vom Ideengehalt leider mit jedem Buch ein wenig abbaut. Wo der Autor versucht, Anleihen beim Thriller zu nehmen, wirkt es ein wenig einfach gestrickt. Wenn man den wissenschaftlichen Anspruch mal vergisst und nicht alles erklärt haben will, ist es in Ordnung. Morris schreibt abwechslungsreich und spannend über die Abenteuer der Raumfahrer. Man kann sich davon durchaus gut unterhalten lassen. Da aber jedes Buch noch einen Anhang von beträchtlichem Umfang hat, der auf wissenschaftliche Hintergründe eingeht und somit den Anspruch des Autors betont, muss ich die obige Kritik üben.