0
Wilkos Empfehlungen
20-bändige Werkausgabe A. Kröger erschienen
Geschrieben von
wilkomueller
,
22 Oktober 2018
·
3.517 Aufrufe
Helmut Routschek (25.9.1934 - 7.4.2016) war unter seinem Autorennamen Alexander Kröger einer der bekanntesten und beliebtesten Science Fiction Autoren in der DDR. Sein Werk umfasst mehr als 20 Bücher, die insgesamt eine Millionenauflage erlebten.
Der Autor wurde in Zarch, im Sudetenland geboren, machte nach der Aussiedlung in Mühlhausen das Abitur und absolvierte 1959 an der Bergakademie Freiberg eine wissenschaftliche Ausbildung als Diplomingenieur in der Fachrichtung Markscheidewesen und Bergschadenkunde, promovierte zum Doktor-Ingenieur und qualifizierte sich 1971 postgradual zum Fachingenieur für Datenverarbeitung. Als konzessionierter Markscheider, Fachmann für Automatisierung und Experte für Untergrundgasspeicherung war er 17 Jahre im Bergbau und in der Energie-, später in der Wohnungs- und Bauwirtschaft, nach 1990 in der Bauverwaltung des Landes Brandenburg leitend tätig. Er war Mitglied des Schriftstellerverbandes, des Friedrich-Bödecker-Kreises und seit 2003 Vorsitzender des Schriftstellerverbandes Land Brandenburg.
Da er auch zahlreiche fachwissenschaftliche Artikel veröffentlichte, wählte er für sein schriftstellerisches Werk von Anfang an ein Pseudonym - ohne aus seiner Identität jedoch ein Geheimnis zu machen. Im Gegenteil - er stand immer in Kontakt mit seinen Lesern, besuchte Treffen und Cons. Bei seiner Tätigkeit im Schriftstellerverband war es ihm ein Anliegen, für die von der Literaturkritik und -wissenschaft oft vernachlässigte Science Fiction einzutreten.
Nach der Wende teilte er das Autorenschicksal vieler ostdeutscher Schriftsteller. Zunächst schienen ihre Werke nicht mehr gefragt zu sein, die Leser wandten sich gen Westen. Er ließ sich davon allerdings nicht entmutigen und veröffentlichte und verkaufte seine Bücher eine Zeitlang selbst. In dieser Zeit nach 1990 erschienen sogar einige neue Werke Krögers.
2008 brachte ich Helmut Routschek mit dem halleschen Projekte-Verlag zusammen, der es unternehmen wollte, alle Kröger-Bücher noch einmal neu zu veröffentlichen. Beinahe hätte man es auch geschafft, doch Ende 2013 stellte der Verlag wegen Insolvenz seine Tätigkeit ein. Vier Bücher fehlten noch!
Heute haben Verlage eine andere Politik als früher. Bücher scheinen nur noch als Neuerscheinungen von Interesse zu sein, schon nach wenigen Jahren verschwinden die meisten wieder aus dem Programm. Die Idee, ein zwanzigbändiges Werk nicht nur neu zu veröffentlichen, sondern auch lieferbar zu halten, ist da vielleicht zu kühn. Neuauflagen sind ohnehin riskant, es gibt ja schon unzählige Exemplare des Buches auf dem Markt - und der Buchmarkt schließt wie fast kein anderer auch einen riesigen Second-Hand-Bereich ein.
Die 2003 gegründete Edition SOLAR-X hat trotzdem 2017/18 eine Alexander Kröger Werkausgabe in 20 Bänden komplett veröffentlicht. Mit dabei war der Grafiker Klaus Brandt (Hoyerswerda), der schon die Cover der Projekte-Verlags-Ausgabe gestaltete.
Da fragt man sich vermutlich, warum?
Als Kind las ich »Sieben fielen vom Himmel«, Krögers Erstling, mit wachsender Begeisterung immer wieder. Es war eines der wenigen DDR-SF-Bücher, in dem für mich einigermaßen überzeugende Aliens vorkamen. Viele andere Bücher von Kröger & Kollegen folgten; ich war zum SF-Fan geworden. Nie hätte ich mir aber damals vorstellen können, dass ich genau dieses Buch einmal für eine Neuauflage korrekturlesen würde. Aber so geschah es. Helmut Routschek, den ich inzwischen persönlich kennengelernt hatte, gab mir den Auftrag, seine Bücher neu zu veröffentlichen, zuerst im Projekte-Verlag (wo ich damals arbeitete) und nun noch einmal im zweiten Anlauf. Leider verunglückte er schwer, während wir auf die Freigabe der Rechte durch den Insolvenzverwalter warteten, und verstarb an den Folgen.
Es gibt viele Leser, die immer wieder erwähnen, dass ihnen der Stil der alten DDR-SF in der heutigen SF-Literatur fehlt. Natürlich sind das Leser, die wie ich mit der »wissenschaftlichen Phantastik« aufgewachsen sind. Wahrscheinlich eine aussterbende Gattung. Oft wird zu dieser Art SF hervorgehoben, dass sie ohne all diese Gewalt und Aggression auskam, die scheinbar moderne oder auch westliche SF prägt. Das ist freilich etwas einseitig betrachtet. Man könnte sogar dagegenhalten, dass die »Ost-SF« stattdessen oft so voller Ideologie war, dass man sie heute kaum noch lesen kann. Bei Alexander Kröger findet man dies kaum in dieser Vordergründigkeit. Auch er versuchte manchmal, utopische Zukunftsentwürfe auf der Basis des Sozialismus zu zeigen, doch nie ausschließlich. Gerade in seinen letzten Romanen, aber auch schon in einigen der früheren findet man Gesellschaften, bei deren genauer Schilderung er sich auffallend zurückhielt. Stattdessen widmete er sich z.B. wissenschaftlichen Entdeckungen und daraus erwachsenden ethischen Problemen. In der Centauren-Trilogie liest man über das Aufeinandertreffen mit einer außerirdischen Gesellschaft - was natürlich als Metapher für ganz irdische Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu sehen ist.
Alte DDR-SF-Fans weisen ihre Gegenstücke aus dem Westen immer mal wieder darauf hin, dass sie doch mal diesen oder jenen Ost-Autor lesen sollten. Ja, das stimmt. Aber: Einiges wird einem zwangsläufig seltsam vorkommen, wenn man nicht »ost-sozialisiert« ist. Diese Einzelheiten, ob nun bei Kröger oder Tuschel oder anderen Ost-SF-Autoren, muss man im Kontext des Zeitgeistes zu verstehen versuchen. Wenn man das im Auge behält, lernt man vielleicht wirklich eine wenn nicht gerade neue, dann doch andere Erzählweise kennen.
So wie man Dominik & Co. z.T. auch heute noch auflegt und liest, kann oder sollte man das auch mit dem einen oder anderen dieser Autoren der 60er bis 80er Jahre tun. Deshalb vor allem gingen wir das Wagnis ein, Krögers Werk noch einmal vollständig (und auch überarbeitet) zu verlegen. Nicht nur für Sammler von Komplettauflagen, nicht nur für langsam ergrauende Fans, die sich mit einem Hauch von Nostalgie an ihre Jugendliteratur erinnern und sie gern noch einmal lesen wollen.
Infos auf unserer Webseite http://www.edition-sx.de.
Der Autor wurde in Zarch, im Sudetenland geboren, machte nach der Aussiedlung in Mühlhausen das Abitur und absolvierte 1959 an der Bergakademie Freiberg eine wissenschaftliche Ausbildung als Diplomingenieur in der Fachrichtung Markscheidewesen und Bergschadenkunde, promovierte zum Doktor-Ingenieur und qualifizierte sich 1971 postgradual zum Fachingenieur für Datenverarbeitung. Als konzessionierter Markscheider, Fachmann für Automatisierung und Experte für Untergrundgasspeicherung war er 17 Jahre im Bergbau und in der Energie-, später in der Wohnungs- und Bauwirtschaft, nach 1990 in der Bauverwaltung des Landes Brandenburg leitend tätig. Er war Mitglied des Schriftstellerverbandes, des Friedrich-Bödecker-Kreises und seit 2003 Vorsitzender des Schriftstellerverbandes Land Brandenburg.
Da er auch zahlreiche fachwissenschaftliche Artikel veröffentlichte, wählte er für sein schriftstellerisches Werk von Anfang an ein Pseudonym - ohne aus seiner Identität jedoch ein Geheimnis zu machen. Im Gegenteil - er stand immer in Kontakt mit seinen Lesern, besuchte Treffen und Cons. Bei seiner Tätigkeit im Schriftstellerverband war es ihm ein Anliegen, für die von der Literaturkritik und -wissenschaft oft vernachlässigte Science Fiction einzutreten.
Nach der Wende teilte er das Autorenschicksal vieler ostdeutscher Schriftsteller. Zunächst schienen ihre Werke nicht mehr gefragt zu sein, die Leser wandten sich gen Westen. Er ließ sich davon allerdings nicht entmutigen und veröffentlichte und verkaufte seine Bücher eine Zeitlang selbst. In dieser Zeit nach 1990 erschienen sogar einige neue Werke Krögers.
2008 brachte ich Helmut Routschek mit dem halleschen Projekte-Verlag zusammen, der es unternehmen wollte, alle Kröger-Bücher noch einmal neu zu veröffentlichen. Beinahe hätte man es auch geschafft, doch Ende 2013 stellte der Verlag wegen Insolvenz seine Tätigkeit ein. Vier Bücher fehlten noch!
Heute haben Verlage eine andere Politik als früher. Bücher scheinen nur noch als Neuerscheinungen von Interesse zu sein, schon nach wenigen Jahren verschwinden die meisten wieder aus dem Programm. Die Idee, ein zwanzigbändiges Werk nicht nur neu zu veröffentlichen, sondern auch lieferbar zu halten, ist da vielleicht zu kühn. Neuauflagen sind ohnehin riskant, es gibt ja schon unzählige Exemplare des Buches auf dem Markt - und der Buchmarkt schließt wie fast kein anderer auch einen riesigen Second-Hand-Bereich ein.
Die 2003 gegründete Edition SOLAR-X hat trotzdem 2017/18 eine Alexander Kröger Werkausgabe in 20 Bänden komplett veröffentlicht. Mit dabei war der Grafiker Klaus Brandt (Hoyerswerda), der schon die Cover der Projekte-Verlags-Ausgabe gestaltete.
Da fragt man sich vermutlich, warum?
Als Kind las ich »Sieben fielen vom Himmel«, Krögers Erstling, mit wachsender Begeisterung immer wieder. Es war eines der wenigen DDR-SF-Bücher, in dem für mich einigermaßen überzeugende Aliens vorkamen. Viele andere Bücher von Kröger & Kollegen folgten; ich war zum SF-Fan geworden. Nie hätte ich mir aber damals vorstellen können, dass ich genau dieses Buch einmal für eine Neuauflage korrekturlesen würde. Aber so geschah es. Helmut Routschek, den ich inzwischen persönlich kennengelernt hatte, gab mir den Auftrag, seine Bücher neu zu veröffentlichen, zuerst im Projekte-Verlag (wo ich damals arbeitete) und nun noch einmal im zweiten Anlauf. Leider verunglückte er schwer, während wir auf die Freigabe der Rechte durch den Insolvenzverwalter warteten, und verstarb an den Folgen.
Es gibt viele Leser, die immer wieder erwähnen, dass ihnen der Stil der alten DDR-SF in der heutigen SF-Literatur fehlt. Natürlich sind das Leser, die wie ich mit der »wissenschaftlichen Phantastik« aufgewachsen sind. Wahrscheinlich eine aussterbende Gattung. Oft wird zu dieser Art SF hervorgehoben, dass sie ohne all diese Gewalt und Aggression auskam, die scheinbar moderne oder auch westliche SF prägt. Das ist freilich etwas einseitig betrachtet. Man könnte sogar dagegenhalten, dass die »Ost-SF« stattdessen oft so voller Ideologie war, dass man sie heute kaum noch lesen kann. Bei Alexander Kröger findet man dies kaum in dieser Vordergründigkeit. Auch er versuchte manchmal, utopische Zukunftsentwürfe auf der Basis des Sozialismus zu zeigen, doch nie ausschließlich. Gerade in seinen letzten Romanen, aber auch schon in einigen der früheren findet man Gesellschaften, bei deren genauer Schilderung er sich auffallend zurückhielt. Stattdessen widmete er sich z.B. wissenschaftlichen Entdeckungen und daraus erwachsenden ethischen Problemen. In der Centauren-Trilogie liest man über das Aufeinandertreffen mit einer außerirdischen Gesellschaft - was natürlich als Metapher für ganz irdische Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu sehen ist.
Alte DDR-SF-Fans weisen ihre Gegenstücke aus dem Westen immer mal wieder darauf hin, dass sie doch mal diesen oder jenen Ost-Autor lesen sollten. Ja, das stimmt. Aber: Einiges wird einem zwangsläufig seltsam vorkommen, wenn man nicht »ost-sozialisiert« ist. Diese Einzelheiten, ob nun bei Kröger oder Tuschel oder anderen Ost-SF-Autoren, muss man im Kontext des Zeitgeistes zu verstehen versuchen. Wenn man das im Auge behält, lernt man vielleicht wirklich eine wenn nicht gerade neue, dann doch andere Erzählweise kennen.
So wie man Dominik & Co. z.T. auch heute noch auflegt und liest, kann oder sollte man das auch mit dem einen oder anderen dieser Autoren der 60er bis 80er Jahre tun. Deshalb vor allem gingen wir das Wagnis ein, Krögers Werk noch einmal vollständig (und auch überarbeitet) zu verlegen. Nicht nur für Sammler von Komplettauflagen, nicht nur für langsam ergrauende Fans, die sich mit einem Hauch von Nostalgie an ihre Jugendliteratur erinnern und sie gern noch einmal lesen wollen.
Infos auf unserer Webseite http://www.edition-sx.de.
Kurz gesagt, habe ich vor, mich wieder mehr in den SF-bezogenen social medias zu engagieren. Ich möchte hier im SF-Netzwerk zum Einen meine Meinung zu gelesenen Büchern ausdrücken, wie ich es schon früher z.B. im Fanzine SOLAR-X getan habe, zum Anderen habe ich vor, dieses Netzwerk zu nutzen, um die Bücher meines Verlages genau dem Publikum vorzustellen, für das sie bestimmt sind.
Klar ist das Werbung. Aber wie soll das sonst gehen mit den Büchern, wenn die Autoren ihre paar Freunde und Kontakte abgegrast haben? Wenn man ein Buch nicht bekannt macht, kann es noch so gut geschrieben sein, es "verkauft sich nicht" von selbst.
Deshalb sehe man mir den gelegentlichen Hinweis auf Neuerscheinungen des Verlages Edition SOLAR-X nach.
Klar ist das Werbung. Aber wie soll das sonst gehen mit den Büchern, wenn die Autoren ihre paar Freunde und Kontakte abgegrast haben? Wenn man ein Buch nicht bekannt macht, kann es noch so gut geschrieben sein, es "verkauft sich nicht" von selbst.
Deshalb sehe man mir den gelegentlichen Hinweis auf Neuerscheinungen des Verlages Edition SOLAR-X nach.
← November 2024 →
M | D | M | D | F | S | S |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | 2 | 3 | ||||
4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 |
18 | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 | 24 |
25 | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 |
Neueste Einträge
-
Trump, Putin und der Dicke06 Juli 2019
-
Phantastik aus Russland (sozusagen)13 Januar 2019
-
SF aus Spanien04 November 2018
-
Neuer Katalog02 November 2018
-
Die Symphonie der Urcodisten23 Oktober 2018
Neueste Kommentare
-
Trump, Putin und der Dickewilkomueller - Jul 24 2019 14:04