Philip K. Dick's Electric Dreams (I): Der Haubenmacher
Der Haubenmacher (The Hood Maker)
Die Story:
Philip K. Dicks Story „Der Haubenmacher“ (The Hood Maker) ist vermutlich keins seiner Meisterwerke, aber eine grundsolide, auch nach über sechzig Jahren noch sehr gut zu lesende Kurzgeschichte, die einige seiner typischen Themen und Motive streift: beispielsweise die Gedankenpolizei, die an die „Precogs“ aus „Der Minderheiten-Bericht“ (Minority Report, 1956) erinnert, auch ganz allgemein die Existenz von Mutanten mit geistigen Superkräften - da fällt einem spontan „Der goldene Mann“ (The Golden Man, 1954) ein - oder die totalitäre Gesellschaft, die er immer mal wieder heraufbeschwört.
1953 geschrieben, im Juni 1955 im Magazin „Imagination“ erschienen, spielt die Story in einer Zukunft, in der sich fast alle Menschen der ständigen Überwachung durch die „Teps“ (Telepathen) unterworfen haben. Doch dann tauchen aus unbekannten Quellen die mysteriösen Hauben auf, die das Lesen der Gedanken unmöglich machen, was natürlich illegal ist. Mittendrin ist Walter Franklin, als Direktor des Bundesressourcenausschusses in einer wichtigen politischen Position. Als er geschützt von einer Haube unterwegs ist, wird er erst von einem Tep aufgespürt, dann von einem Mob bedroht und kann doch fliehen. Sein Weg führt ihn zum Haubenmacher und zu den Hintergründen einer großen Verschwörung.
Die Geschichte ist gut erzählt, den eigentlichen Twist empfinde ich aber als eher schwach - im Einzelfall mag die plötzliche Verzweiflung der Teps nach Cutters großer Offenbarung glaubhaft sein, dass sich alle so plötzlich zum hier geschilderten drastischen Schritt entscheiden, halte ich für eher unglaubwürdig. Gucken wir doch mal, wie das der Film löst †¦
Der Film:
Die Adaption des englischen Regisseurs Julian Jarrold, Emmy-nominiert für die HBO-/BBC-Co-Produktion „The Girl“ (2012), verändert einiges gegenüber der Kurzgeschichte. Da wären zum einen die titelgebenden Hauben: Aus Dicks schlichten Metallbändern, die sich unter einem Hut verstecken lassen, werden hier echte Masken, die den ganzen Kopf verbergen - das macht natürlich optisch deutlich mehr her. Die Mutanten sind zudem im Film von der mächtigen Position, die sie in der Story einnehmen, weit entfernt, stattdessen eine Art Menschen zweiter Klasse, die in Ghettos hausen und vor denen sich die normalen Menschen gehörig fürchten - die X-Men, die es zur Entstehenszeit der Dick-Geschichte noch gar nicht gegeben hat, lassen schön grüßen.
Auch die Figurenkonstellation ist eine neue: Im Mittelpunkt steht jetzt Agent Ross (Richard Madden, der Robb Stark aus „Game of Thrones“), der in der Geschichte nur eine Nebenrolle spielt. Ihm wird mit Honor (Holliday Grainger, zuletzt auf der großen Leinwand in „Tulpenfieber“, 2017, zu sehen) eine Telepathin zur Seite gestellt, die ihm offiziell bei der Suche nach dem Haubenmacher (Richard McCabe) helfen soll. Dass Ross tatsächlich etwas ganz anderes vorhat, offenbart sich im Finale.
Ein gelungener Auftakt für die neue Serie: Die Bilder, die Julian Jarrold liefert, zeichnen eine typische Philip-K.-Dick-Zukunft, vieles wirkt bedrückend, dreckig, bedrohlich - gut möglich, dass hier ein Blick in Ridley Scotts „Blade Runner“ (1982) Pate gestanden hat, vielleicht war es aber auch nur die sorgfältige Lektüre vieler Dick-Geschichten. Sehr gut passt auch die neue Rolle der Mutanten, die hier weitaus tiefgründiger geschildert werden, als das auf den wenigen Seiten der Kurzgeschichte (genau 21 in meiner Ausgabe - „Variante zwei“, Haffmanns bei Zweitausendeins, 2008) überhaupt möglich ist. Eine wichtige Rolle dabei spielt Honors Freundin Mary (Anneika Rose), die zur telepathischen Prostitution gezwungen wird. Aber auch Holliday Graingers Darstellung der Honor ist sehr geglückt: Die tiefe Traurigkeit will einfach nicht aus ihrem Gesicht weichen. Zudem stimmt die Chemie mit Kollege Madden, die beiden harmonieren gut. Und nicht zuletzt ist das Filmende überzeugender als das der Kurzgeschichte; dabei trotzdem in seiner fehlenden Eindeutigkeit wieder sehr Dick-typisch. Gut gemacht.
Weiterer Film mit Holliday Grainger:
Tulpenfieber (2017)