Hier noch mal meine Gedanken zum Silent-Hill-Film im klassischen Rezensions-Format:
Silent Hill
USA 2006
Bei ihren lebensgefährlichen Schlafwandel-Ausflügen kommt der neunjährigen Sharon immer wieder ein Name über die Lippen: Silent Hill. Bald findet ihre Adoptivmutter Rose heraus, dass es sich um eine Geisterstadt handelt, die vor 30 Jahren verlassen wurde, als sich ein unter ihr liegendes Kohleflöz entzündet hat und die Stadt in giftigen Dämpfen ersticken ließ. Rose beschließt, mit Sharon nach Silent Hill zu fahren, um den Schrecken, die sie plagen, ein für alle Mal auf den Grund zu gehen.
In Silent Hill angekommen, wird Rose von ihrer Tochter getrennt. Asche regnet in dünnen Flöckchen auf sie herab, während sie durch die verlassenen Straßen irrt. Plötzlich ertönt eine Sirene, und mit ihr bricht die Dunkelheit herein - in der sich grausige Kreaturen regen. Schon bald muss Rose erfahren, dass die Bürger von Silent Hill von einer schrecklichen Schuld gezeichnet sind - und dass Sharon zutiefst in die Geschichte der Stadt verstrickt ist ...
Silent Hill ist die Filmadaption einer inzwischen vierteiligen Survival-Horror-Computerspielreihe, erzählt inhaltlich allerdings eine eigenständige Geschichte, die vor allen Dingen Motive aus den ersten beiden Teilen aufnimmt. Die gute Nachricht vorweg: Unter allen Computerspiel-Verfilmungen dürfte Silent Hill bislang die gelungenste sein - was freilich viel heißt.
Zuerst einmal handelt es sich erfreulicherweise weit eher um einen klassischen Horrorfilm als um einen Action-Streifen, dessen Qualitäten und Gewicht ganz und gar auf seiner bizarren, erschreckenden Bilderwelt beruhen. Dabei werden die Elemente betont langsam aufeinander aufgebaut: Von nebligen Straßen geht es in verschimmelte Keller und schließlich zu ersten Begegnungen mit dem fleischgewordenen Grauen. Die auftauchenden Kreaturen sind größtenteils den Spielvorlagen entnommen und entsprechend gelungen. Fast alle haben eine symbolische Dimension: halbverbrannte Kinder und ein Henker mit Metallschädel sind nur die offensichtlichsten Beispiele in einem Film, der sich um die Themen Mutterschaft, Schuld und Sühne dreht. Schauwerte bietet der Film damit über Gebühr, zumindest wenn man sich für blutige Wände, verwachsenes Fleisch und spastisch zuckende Zombiewesen begeistern kann - denn tatsächlich verleiht der Film all seinen Abscheulichkeiten erstaunlichen Faszinationswert.
Auch Spannung vermag der Film zu erzeugen: am stärksten im Mittelteil, wenn Rose auf der panischen Flucht vor den Ausgeburten der Höllenstadt auf der Schultoilette dem „Janitor“ begegnet, der gelungensten Kreatur des Films. An anderen Stellen ergeben sich allerdings deutliche Längen: in einer Parallelhandlung sucht Roses Mann Chris nach ihr und bringt dabei zwar für die Zuschauer interessantes über die Hintergrundgeschichte in Erfahrung, die Handlung aber kein Stück voran. Zum Ende hin kriegt der geneigte Zuschauer dann noch eine ganze Menge buchstäblich saftigen und einfallsreichen Splatter geboten.
Mit allen genannten positiven Aspekten hat man schon mal einen recht anständigen Horrorfilm beisammen - weiter bringt es Silent Hill trotz großen Potentials dann leider auch nicht. Zum einen bleiben die Figuren allesamt ziemlich blass - bedauerlich, wenn man bedenkt, dass in den Spielen die Außenwelt von Silent Hill zum Teil das psychische Innenleben der Figuren abbildet. Diese Möglichkeit wurde hier weitestgehend verschenkt: Der Alptraum, durch den Rose taumelt, ist letztlich nicht ihr eigener. Schade ist auch, dass die zahlreichen weiblichen Hauptfiguren die ausgetretenen Pfade klassischer Frauenrollen kaum verlassen. Alle wichtigen Frauenfiguren sind auf irgendeine Art und Weise „Mütter“, die dann untereinander nur noch in gute, böse und nachlässige unterschieden werden. Eine Abkehr vom Klischee ist da bestenfalls in zaghaften Ansätzen spürbar ...
Zum anderen glänzen einige Dialoge leider durch seltene Dümmlichkeit: „Man hat schon immer gesagt, dass Silent Hill verflucht sei“ bemerkt da zum Beispiel messerscharf die Polizistin Cybil, nachdem sie gerade von einem zweieinhalbmetergroßen Henker mit Metallkopf und Riesenhackebeil gejagt worden ist. Was am Anfang ob der Sparsamkeit der Dialoge kaum stört, wird später ärgerlich, wenn eine christliche Sekte ins Spiel kommt, in deren Rängen Plattitüden versprüht werden wie in anderen Szenen das Filmblut. Als dramaturgische Ungeschicklichkeit kommt dann noch eine in rund fünf Minuten komprimierte Auflösung der Hintergrundgeschichte hinzu - hier hätte es dann doch ein wenig subtiler sein dürfen. Ein paar Szenen sind schließlich hart an der Grenze zur unfreiwilligen Komik - insbesondere die Krankenschwesterzombies dürften jeden Gruselfaktor verlieren, wenn man bei ihrem Anblick zufällig an das Video zum Michael-Jackson-Song „Thriller“ denkt. Das gleiche gilt für Elemente, die allzu deutlich aus der klassischen Computerspiel-Dramaturgie entlehnt sind: Wenn etwa Rose in einer Schule wahllos Schubladen öffnet und in der zweiten eine Taschenlampe findet, wenn sie ein Messer einsteckt, um kurz danach mit dessen Hilfe einen Geheimgang freizulegen, wenn sie auf Metallstreben über einen Abgrund balancieren muss oder wenn sie sich gar bemüht, sich den Lageplan des Krankenhauses einzuprägen. Einerseits sind diese Momente natürlich herzerwärmende Hommage an die Vorlage, andererseits wirken sie im Film doch recht hölzern und unglaubwürdig.
An anderen Stellen hat Regisseur Christopher Gans sich hingegen künstlerisch eindeutig richtig entschieden, indem er der Spielvorlage die Treue gehalten hat: einige der beängstigenderen Kameraeinstellungen werden versierten Spielern bekannt vorkommen, ebenso wie die ausgedehnten Abblenden. Die Filmmusik stammt schließlich zu weiten Teilen direkt aus den Spielen - glücklicherweise, denn die Silent-Hill-Spielesoundtracks lassen in Sachen Stimmung und Einfallsreichtum nichts zu wünschen übrig.
Insgesamt ist Silent Hill ein Film, der genug von seinem hohen Potential einlöst, um zufrieden zu stellen: hier wird eine durchaus intelligente Geschichte in wahrhaft höllischen Bildern erzählt. Wären Dramaturgie und Dialoge weniger holperig und die Figuren etwas ausgefeilter, wäre der Film ein Klassiker - so bietet er zwei weitesten Teils kurzweilige Stunden ungewöhnlichen Grauens.
Silent Hill
USA 2006
Bei ihren lebensgefährlichen Schlafwandel-Ausflügen kommt der neunjährigen Sharon immer wieder ein Name über die Lippen: Silent Hill. Bald findet ihre Adoptivmutter Rose heraus, dass es sich um eine Geisterstadt handelt, die vor 30 Jahren verlassen wurde, als sich ein unter ihr liegendes Kohleflöz entzündet hat und die Stadt in giftigen Dämpfen ersticken ließ. Rose beschließt, mit Sharon nach Silent Hill zu fahren, um den Schrecken, die sie plagen, ein für alle Mal auf den Grund zu gehen.
In Silent Hill angekommen, wird Rose von ihrer Tochter getrennt. Asche regnet in dünnen Flöckchen auf sie herab, während sie durch die verlassenen Straßen irrt. Plötzlich ertönt eine Sirene, und mit ihr bricht die Dunkelheit herein - in der sich grausige Kreaturen regen. Schon bald muss Rose erfahren, dass die Bürger von Silent Hill von einer schrecklichen Schuld gezeichnet sind - und dass Sharon zutiefst in die Geschichte der Stadt verstrickt ist ...
Silent Hill ist die Filmadaption einer inzwischen vierteiligen Survival-Horror-Computerspielreihe, erzählt inhaltlich allerdings eine eigenständige Geschichte, die vor allen Dingen Motive aus den ersten beiden Teilen aufnimmt. Die gute Nachricht vorweg: Unter allen Computerspiel-Verfilmungen dürfte Silent Hill bislang die gelungenste sein - was freilich viel heißt.
Zuerst einmal handelt es sich erfreulicherweise weit eher um einen klassischen Horrorfilm als um einen Action-Streifen, dessen Qualitäten und Gewicht ganz und gar auf seiner bizarren, erschreckenden Bilderwelt beruhen. Dabei werden die Elemente betont langsam aufeinander aufgebaut: Von nebligen Straßen geht es in verschimmelte Keller und schließlich zu ersten Begegnungen mit dem fleischgewordenen Grauen. Die auftauchenden Kreaturen sind größtenteils den Spielvorlagen entnommen und entsprechend gelungen. Fast alle haben eine symbolische Dimension: halbverbrannte Kinder und ein Henker mit Metallschädel sind nur die offensichtlichsten Beispiele in einem Film, der sich um die Themen Mutterschaft, Schuld und Sühne dreht. Schauwerte bietet der Film damit über Gebühr, zumindest wenn man sich für blutige Wände, verwachsenes Fleisch und spastisch zuckende Zombiewesen begeistern kann - denn tatsächlich verleiht der Film all seinen Abscheulichkeiten erstaunlichen Faszinationswert.
Auch Spannung vermag der Film zu erzeugen: am stärksten im Mittelteil, wenn Rose auf der panischen Flucht vor den Ausgeburten der Höllenstadt auf der Schultoilette dem „Janitor“ begegnet, der gelungensten Kreatur des Films. An anderen Stellen ergeben sich allerdings deutliche Längen: in einer Parallelhandlung sucht Roses Mann Chris nach ihr und bringt dabei zwar für die Zuschauer interessantes über die Hintergrundgeschichte in Erfahrung, die Handlung aber kein Stück voran. Zum Ende hin kriegt der geneigte Zuschauer dann noch eine ganze Menge buchstäblich saftigen und einfallsreichen Splatter geboten.
Mit allen genannten positiven Aspekten hat man schon mal einen recht anständigen Horrorfilm beisammen - weiter bringt es Silent Hill trotz großen Potentials dann leider auch nicht. Zum einen bleiben die Figuren allesamt ziemlich blass - bedauerlich, wenn man bedenkt, dass in den Spielen die Außenwelt von Silent Hill zum Teil das psychische Innenleben der Figuren abbildet. Diese Möglichkeit wurde hier weitestgehend verschenkt: Der Alptraum, durch den Rose taumelt, ist letztlich nicht ihr eigener. Schade ist auch, dass die zahlreichen weiblichen Hauptfiguren die ausgetretenen Pfade klassischer Frauenrollen kaum verlassen. Alle wichtigen Frauenfiguren sind auf irgendeine Art und Weise „Mütter“, die dann untereinander nur noch in gute, böse und nachlässige unterschieden werden. Eine Abkehr vom Klischee ist da bestenfalls in zaghaften Ansätzen spürbar ...
Zum anderen glänzen einige Dialoge leider durch seltene Dümmlichkeit: „Man hat schon immer gesagt, dass Silent Hill verflucht sei“ bemerkt da zum Beispiel messerscharf die Polizistin Cybil, nachdem sie gerade von einem zweieinhalbmetergroßen Henker mit Metallkopf und Riesenhackebeil gejagt worden ist. Was am Anfang ob der Sparsamkeit der Dialoge kaum stört, wird später ärgerlich, wenn eine christliche Sekte ins Spiel kommt, in deren Rängen Plattitüden versprüht werden wie in anderen Szenen das Filmblut. Als dramaturgische Ungeschicklichkeit kommt dann noch eine in rund fünf Minuten komprimierte Auflösung der Hintergrundgeschichte hinzu - hier hätte es dann doch ein wenig subtiler sein dürfen. Ein paar Szenen sind schließlich hart an der Grenze zur unfreiwilligen Komik - insbesondere die Krankenschwesterzombies dürften jeden Gruselfaktor verlieren, wenn man bei ihrem Anblick zufällig an das Video zum Michael-Jackson-Song „Thriller“ denkt. Das gleiche gilt für Elemente, die allzu deutlich aus der klassischen Computerspiel-Dramaturgie entlehnt sind: Wenn etwa Rose in einer Schule wahllos Schubladen öffnet und in der zweiten eine Taschenlampe findet, wenn sie ein Messer einsteckt, um kurz danach mit dessen Hilfe einen Geheimgang freizulegen, wenn sie auf Metallstreben über einen Abgrund balancieren muss oder wenn sie sich gar bemüht, sich den Lageplan des Krankenhauses einzuprägen. Einerseits sind diese Momente natürlich herzerwärmende Hommage an die Vorlage, andererseits wirken sie im Film doch recht hölzern und unglaubwürdig.
An anderen Stellen hat Regisseur Christopher Gans sich hingegen künstlerisch eindeutig richtig entschieden, indem er der Spielvorlage die Treue gehalten hat: einige der beängstigenderen Kameraeinstellungen werden versierten Spielern bekannt vorkommen, ebenso wie die ausgedehnten Abblenden. Die Filmmusik stammt schließlich zu weiten Teilen direkt aus den Spielen - glücklicherweise, denn die Silent-Hill-Spielesoundtracks lassen in Sachen Stimmung und Einfallsreichtum nichts zu wünschen übrig.
Insgesamt ist Silent Hill ein Film, der genug von seinem hohen Potential einlöst, um zufrieden zu stellen: hier wird eine durchaus intelligente Geschichte in wahrhaft höllischen Bildern erzählt. Wären Dramaturgie und Dialoge weniger holperig und die Figuren etwas ausgefeilter, wäre der Film ein Klassiker - so bietet er zwei weitesten Teils kurzweilige Stunden ungewöhnlichen Grauens.
Man sieht sich!