Münchhausen [Carlsen/2016]
21.Jhdt. Carlsen *Flix
Im Juni las ich diesen deutschen Comic, kam aber zum Monatsende zu dem Schluss, dass mir zu wenig einfällt dazu, um hier was zu schreiben. Ich kaufte das Werk, weil Flix auf dem Cover steht - er ist einer der bekanntesten Berliner Zeichner, und ich lernte ihn ein wenig kennen über die tolle regelmäßige Wochenend-Comic-Seite des TAGESSPIEGELs, die inzwischen leider wieder abgesetzt wurde. Ich ließ das Buch dann nochmal über eine Woche im Hinterkopf gären, und versuche es nun - verspätet - trotzdem.
Was mich stört ist v.a. der Untertitel "Wahrheit übers Lügen", das Kernthema des Plots, der als tragende Struktur die bekannte Geschichte anbietet, aber diesmal nacherzählt von einem alten Münchhausen in einem britischen Gefängnis, im Jahre 1939. Die Leitlinie deutet etwas Tiefsinnigeres an, das aber m.E. nie eingelöst wird. Die einzige Interpretation, die einigermaßen passt, ist dass der Protagonist 2 gewaltige Traumen zu verarbeiten hat, einmal den Untergang seiner Familie betreffend, dann nochmal um ein Jahrzehnt später eine verpasste Gelegenheit, einen großen Krieg zu verhindern. Gegen Ende des Bandes wird aber dann auch das wieder durch das in der Gefängniszelle vom Leser Gesehene widerlegt.
Ist also die erwähnte "Wahrheit", dass Münchhausen ein durch extrem eingreifende schlimme Geschehnisse - ev. PTBS auslösend - vor den Kopf gestoßener Fabulist ist? Dass diese 2 Dinge die einzig wahrhaft geschehenen sind, die er erlebte? Ich bin mir da gar nicht sicher.
Was wie immer bei den M.-Erzählungen Spaß macht, sind die Lügengeschichten "as is", hier durch ihre tolle visuelle Umsetzung. V.a. die Zeiten auf dem Mond - im Comic entgegen allen anderen Seiten in lebendigen Farben gehalten - lassen das Leserherz juchzen; später stellt sich heraus, dass es der Ort ist, wo wahre Menschen leben, die u.a. die Eigenschaft haben, sich in Rauch aufzulösen, wenn sie sterben...
Visuell ist das Comic zu empfehlen, die Zeichnungen dynamisch und realistisch, wobei alle darin vorkommenden Figuren etwas disneyhaft wirken. Auch wirkt der Zeichenstil ab & an wie der von Flix höchstselbst, weswegen ich erst vor ein paar Tagen kapierte, dass Flix hier der Texter war, und Bernd Kissel der Zeichner! Ist es also Flixens 1. Ausflug ins reine Szenaristentum...?
Wer Münchhausen mag, sollte sich den Stoff ruhig mal antun; auch wer Psychoanalytisches in einem Roman bevorzugt. Mehr fällt mir aber in punkto einer Empfehlung nicht ein. Sorry.
(nein, natürlich darfste deine Meinung haben :-) )
Selber war ich ziemlich begeistert.
Kennst du Faust von ihm? Wollte es ja, anknüpfend an meine Begeisterung, gleich im Anschluss lesen, aber das mit dem "gleich" ist bei mir sehr relativ...