Zeitlose SF-Romane
#1
Geschrieben 02 Juni 2010 - 09:46
Im Kontext der Futurologie bedeutet Zeitlosigkeit aus meiner Sicht, dass ein Roman inhaltlich jederzeit (also zum Zeitpunkt seines Entstehens wie auch heute) nicht völlig überholt wirkt. Freilich muss man dabei großzügige Maßstäbe anlegen: Einem Roman von 1950, der 2011 spielt, kann man schlecht vorwerfen, dass die Protagonisten nicht alle mit iPads durch die Gegend laufen. Andererseits kann man durchaus festhalten, dass genau das in Star Trek der Fall ist. Ich habe z.B. auf meinem Android-Handy eine App, die "Tricorder" heißt, und Dinge wie Beschleunigung, Geokoordinaten oder Schallspektren anzeigen kann. Gut, man kann das Teil nicht umjustieren und dadurch Plasmaspulen neutralisieren (whatever), aber immerhin
In Bezug auf "Foundation" fällt auf, dass Asimov die Emanzipation der Frauen völlig außen vor gelassen hat und zu 90% Männer auftreten lässt - ein KO-Kriterium für "Zeitlosigkeit". Denn selbst wenn ein SF-Autor nicht unbedingt ein Futurologe sein will, mithin nicht die Zukunft genau vorhersagen will (oder kann): Manche Romane hätten auch letztes Jahr geschrieben werden können, andere ganz offensichtlich nicht.
Mich interessiert, welche Romane (sagen wir: aus der prä-Homecomputer-Zeit, also vor 1985) ihr als "zeitlos" empfindet und warum.
Per Anhalter durch die Galaxis (1979): Adams' Kultroman ist zeitlos, weil sein anspielungsreicher Humor menschliche Schwächen aufs Korn nimmt, die selbst zeitlos sind. Die "Anhalter-Hardware" ist nichts anderes als ein Tablet-PC mit Wikipedia und (galaktischem) Netzwerk-Zugriff. Unabhängig davon, ob Adams sich je Gedanken über die Machbarkeit einer solchen Technik gemacht hat: Sie existiert. Das Buch nimmt sich selbst nicht allzu ernst, das verschafft ihm natürlich einen Vorteil im Hinblick auf Zeitlosigkeit. Aber auch heute werden Baupläne für Umgehungsstraßen in abgeschlossenen Kellerregalen vergessen, und irgendjemand muss dafür bezahlen, indem er nur mit Bademantel und Handtuch auf der Straße steht...
#2
Geschrieben 02 Juni 2010 - 10:17
Nach meinem Dafürhalten ist "Per Anhalter durch die Galaxis" gerade nicht zeitlos, sondern deutlich von den 70er Jahren geprägt und mit einem gewissen Post-Hippie-Flair versehen.Per Anhalter durch die Galaxis (1979): Adams' Kultroman ist zeitlos, weil sein anspielungsreicher Humor menschliche Schwächen aufs Korn nimmt, die selbst zeitlos sind.
#3
Geschrieben 02 Juni 2010 - 11:05
------ ......ob Herr Rossi je das Glück gefunden hat?....------
In motivationstheoretischer Interpretation aus Managementsicht ist Hans im Glück ein „eigennütziger Hedomat und unlustmeidender Glücksökonom“. ---Rolf Wunderer
Niemand hat das Recht auf ein konstantes Klima. Auch Grönländer haben ein historisches Recht auf Ackerbau. Daran sollten unsere Weltenlenker denken, wenn sie sich daran machen, die globale Temperatur mit Hilfe des CO2 neu einzustellen.
"Wir können nicht alle mit einem Mac Book und einem Chai Latte in Berlin in einem Coworking Space sitzen und die zehnte Dating App erfinden". Marco Scheel 3:50 min
- • (Buch) gerade am lesen:James Blish Gewissensfall
-
• (Film) gerade gesehen: Zeugin der Anklage
#4
Geschrieben 02 Juni 2010 - 11:07
Hörbuch - Das Ende der Party
www.youtube.com/watch?v=SnyVYk7pkII
- • (Buch) gerade am lesen:Schuld und Suehne
- • (Buch) als nächstes geplant:vermutlich das Gleiche nochmal
-
• (Film) gerade gesehen: Escape from New York
#5
Geschrieben 02 Juni 2010 - 11:09
Der Flussweltzyklus von Farmer.
Oh yessss
Hörbuch - Das Ende der Party
www.youtube.com/watch?v=SnyVYk7pkII
- • (Buch) gerade am lesen:Schuld und Suehne
- • (Buch) als nächstes geplant:vermutlich das Gleiche nochmal
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• (Film) gerade gesehen: Escape from New York
#6 Gast_Dirk_*
Geschrieben 02 Juni 2010 - 12:06
Für mich sind zeitlose Klassiker, von der Foundation Asimovs abgesehen:
- 1984, George Orwell
- Träumen Roboter von elektrischen Schafen, Phillip K. Dick.
Diese beiden, wegen einer gewagten Extrapolation der Gesellschaft, wie in Teilen (leider) heute schon Realität ist.
- Die Zeitmaschine, von Wells
Weil es für mich persönlich DER Abenteuerklassiker schlechthin ist (kommt sogar noch vor Foundation)
- Dune, von Herbert.
Allerdings nur der erste Band, da die folgenden nach meinem Gefühl teilweise zu sehr ins Esoterische abdriften. Ansonsten hat hier mein Leserherz alles, was es begehrt. Fiktive Technik im Hintergrund, ein Universum voller Wunder, eine Gesellschaft die zwar fern und fremd wirkt, und dennoch so nah ist, dass ich jederzeit problemlos eintauchen kann ...
Ob nun bei allen Klassikern unbedingt Emanzipation, technische Extrapolierung oder Gesellschaftskritik enthalten sind, verschwindet hinter meinem ganz persönlichen Lesegefühl, dass diese Bücher bei mir auslösen.
Da kommt bei mir der vielzitierte Sense of Wonder hoch, dieses Staunen eines kleinen Kindes, dieses an die Hand nehmen lassen von den Worten des Verfassers. Wenn ein Buch das schafft, bin ich schon glücklich und zufrieden, egal ob es kleinere sprachliche Mängel hat, oder den einen oder anderen oben genannten Punkt geflissentlich ignoriert (Frauen, Technik etc.)
Für mich zählt in so einem Moment des Staunens eben der gleiche Urtrieb, der schon unsere Urahnen am Lagerfeuer versammelte:
Eine tolle Geschichte, welche die Dunkelheit vertreibt.
Und die von mir genannten schaffen das bei mir immer wieder.
#7
Geschrieben 02 Juni 2010 - 12:45
Hm - kann ich so nicht nachvollziehenNach meinem Dafürhalten ist "Per Anhalter durch die Galaxis" gerade nicht zeitlos, sondern deutlich von den 70er Jahren geprägt und mit einem gewissen Post-Hippie-Flair versehen.
Ganz einfach aus dem Grund, dass ich bisher gar nicht gewusst habe, dass der Anhalter aus den 70ern stammt. Ich hätte es vielleicht eruieren können, habe mir aber nie Gedanken darum gemacht. Ich persönlich habe den Zyklus erst in den 90ern gelesen und automatisch als "neu" empfunden. Da hatte ich beim Lesen nie das Gefühl, dass er aus einem ganz bestimmten, anderen Jahrzehnt stammen könnte - womit für mich das maßgebliche Element für Zeitlosigkeit erfüllt wäre.
Ganz anders bei Asimovs "Foundation". Die hab ich auch in den 90ern zum ersten Mal gelesen und das Gefühl dabei gehabt, dass mir aus jeder Zeile "50er" entgegenschreit. In beiden Fällen hat das herzlich wenig damit zu tun, wie akkurat oder möglich die Zukunftsvision ist. Es mag also durchaus so sein, dass die Zukunft genau so aussieht wie bei Asimov beschrieben, womöglich wird sogar die Emanzipation wieder zurückgedreht, wer weiß?
Aber viel entscheidender für die vorhandene oder nichtvorhandene Zeitlosigkeit waren für mich stets die Details am Rande - der Stil, die Themenwahl, der "Bias" gewissen Themen gegenüber - auch, beispielsweise, die Atomkraft im Foundation-Zyklus. Unabhängig davon, wie realistisch oder überholt die Zukunftsvorstellungen sind, verrät schon allein was und in welcher Form darüber geschrieben wird, aus welcher Zeit ein Roman stammt. Oder auch nicht. Oder mal mehr, mal weniger deutlich.
Aber grundsätzlich bin ich auch nicht besonders sensibel für so was. Mitunter stolpere ich darüber, wenn ein Roman altbacken wirkt, oder "schlecht gealtert" - aber gerade bei den Romanen, die mir gut gefallen, vergesse ich solche Momente beim lesen schneller wieder, als wenn die Geschichte ansonsten nichts zu bieten hat, und bin demenstprechend bei guten Romanen immer viel schneller bereit, ihnen das Etikett "zeitlos" zuzubilligen ... auch wenn das im Einzelfall wenig mit der tatsächlichen "Zeitlosigkeit" zu tun hat, sondern mehr mit einem "immer noch gut"
Da müsste ich schon im Einzelfall ganz genau nachdenken und oft auch noch mal nachlesen, bevor ich konkrete Titel da auch mit gutem Gewissen einordnen kann.
#8
Geschrieben 02 Juni 2010 - 12:51
Aber besonders zeitlos an dem Roman ist m.E. dass er universelle Daseins-Fragen stellt. (Bzw. NICHT stellt. )
Noch immer einer meiner Lieblingstromane!
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#9
Geschrieben 02 Juni 2010 - 13:07
#10
Geschrieben 02 Juni 2010 - 13:12
Die Romane wirken meiner Meinung nach heute völlig antiquiert. Ich habe im letzten Jahr den Versuch unternommen, diese "Klassiker" zu lesen, aber schon nach dem ersten Band aufgegeben.Der Flussweltzyklus von Farmer.
Derart machohaftes Getue ist heutzutage schwer erträglich - zumindest für eine Frau.
#11
Geschrieben 02 Juni 2010 - 14:27
Im Falle von Träumen Roboter von elektrischen Schafen sehe ich das ein wenig anders. Der Roman ist in meinen Augen nicht deshalb zeitlos - und man sollte allgemein besser von relativer Zeitlosigkeit sprechen, auch wenn das paradox klingt -, weil hier gesellschaftliche Tendenzen extrapoliert werden (der konkrete Fabel ist zum Teil hanebüchen), sondern weil eine Konstante unserer Menschenwelt psychologisch überzeugend dargestellt wird. Es ist eigentlich die erzählerische Bewältigung eines "zeitlosen" Themas, die den Roman auch heute noch goutierbar macht, nämlich das der Ausgrenzung, die sowohl auf Seiten der Ausgegrenzten wie auch der Ausgrenzenden auf bedrückende Weise geschildert wird.Eine interessante Frage!
Für mich sind zeitlose Klassiker, von der Foundation Asimovs abgesehen:
- 1984, George Orwell
- Träumen Roboter von elektrischen Schafen, Phillip K. Dick.
Diese beiden, wegen einer gewagten Extrapolation der Gesellschaft, wie in Teilen (leider) heute schon Realität ist.
Gruß, Guido
#12
Geschrieben 02 Juni 2010 - 16:12
Die Romane wirken meiner Meinung nach heute völlig antiquiert. Ich habe im letzten Jahr den Versuch unternommen, diese "Klassiker" zu lesen, aber schon nach dem ersten Band aufgegeben.
Derart machohaftes Getue ist heutzutage schwer erträglich - zumindest für eine Frau.
Was genau gibts denn dran auszusetzen. Hamse n Beispiel parat?
Hörbuch - Das Ende der Party
www.youtube.com/watch?v=SnyVYk7pkII
- • (Buch) gerade am lesen:Schuld und Suehne
- • (Buch) als nächstes geplant:vermutlich das Gleiche nochmal
-
• (Film) gerade gesehen: Escape from New York
#13
Geschrieben 02 Juni 2010 - 16:34
Ich habe die Bücher nicht mehr und kann deswegen auch keine Beispiele raussuchen. Leider.Was genau gibts denn dran auszusetzen. Hamse n Beispiel parat?
In Erinnerung ist mir das überzogen machohafte Verhalten der Hauptperson geblieben. Das hatte ich auf den damaligen Zeitgeist zurückgeführt und fand es aus heutiger Sicht nicht mehr zeitgemäß - auf deutsch: es kotzte mich an.
#14
Geschrieben 02 Juni 2010 - 17:08
In Erinnerung ist mir das überzogen machohafte Verhalten der Hauptperson geblieben. Das hatte ich auf den damaligen Zeitgeist zurückgeführt und fand es aus heutiger Sicht nicht mehr zeitgemäß - auf deutsch: es kotzte mich an.
Hmm, die Frage stellt sich dann, ob hier nicht eher der Zeitgeist der Charaktere eine Rolle spielt.
Wenn ich mir die Zusammensetzung der Protagonisten anschaue, kann das nicht wirklich ein
Suffragetten-Adventure sein.
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/
#15
Geschrieben 02 Juni 2010 - 18:27
Dann fällt mir noch Der ewige Krieg von Joe Haldemann ein. Da ist es allerdings so lange her, dass ich wahrscheinlich in einigen Punkten die Buchvorlage mit der Verfilmung durcheinander bringe; kann den Vorschlag demnach nicht akkurat begründen.
"Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders
wäre, aber soviel kann ich sagen: Es muß anders werden, wenn es gut
werden soll." Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799)
"Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen,
Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen,
sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer."
(Antoine de Saint-Exupéry)
#16
Geschrieben 02 Juni 2010 - 18:32
#17
Geschrieben 02 Juni 2010 - 19:24
Genau das habe ich geschrieben. Der Autor hat die Charaktere entsprechend dem damaligen Zeitgeist ausgewählt und entsprechend gestaltet. Wobei die Alternative nicht in einem Suffragetten-Roman besteht. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es eine große Bandbreite mit vielen guten Büchern, die auch von Frauen gerne gelesen werden. Ein Roman muß nicht Bechdel's Law genügen, um von mir gemocht zu werden. Da hätte ich nur wenig zu lesen.Hmm, die Frage stellt sich dann, ob hier nicht eher der Zeitgeist der Charaktere eine Rolle spielt.
Wenn ich mir die Zusammensetzung der Protagonisten anschaue, kann das nicht wirklich ein
Suffragetten-Adventure sein.
Da fallen mir auch noch zwei zeitlose Romane ein, die ich sehr mag:
Hier sangen früher Vögel von Kate Wilhelm
Die Stadt, nicht lange danach von Pat Murphy
Bearbeitet von TrashStar, 02 Juni 2010 - 19:27.
#18
Geschrieben 02 Juni 2010 - 20:12
Welcher Film? Ich habe zwar mal davon gehört, dass Ridley Scott The Forever War verfilmen will, aber passiert ist das eher noch nicht ...Dann fällt mir noch Der ewige Krieg von Joe Haldemann ein. Da ist es allerdings so lange her, dass ich wahrscheinlich in einigen Punkten die Buchvorlage mit der Verfilmung durcheinander bringe; kann den Vorschlag demnach nicht akkurat begründen.
Neu: Armin Rößler - Die Nadir-Variante
Armin Rößler - Entheete (Neuauflage) +++ Armin Rößler - Cantals Tränen +++ Hebben/Skora/Rößler (Hrsg.) - Elvis hat das Gebäude verlassen
Das Argona-Universum
---------------------------------------------------------
Mein Blog
#19
Geschrieben 02 Juni 2010 - 21:05
OOOPS!!!Welcher Film? Ich habe zwar mal davon gehört, dass Ridley Scott The Forever War verfilmen will, aber passiert ist das eher noch nicht ...
Da habe ich doch glatt das klasse Buch mit der zweifelhaften Verfilmung von Starship Troopers verwechselt.Bisher dachte ich immer, diese blöden Verwechslungen von Eigennamen kämen bei mir nur beim Sprechen vor: ich scheine dem Alzheimer wieder ein Stück näher gekommen zu sein.
Das war jetzt kein Spaß, ich ertappe mich öfters dabei, dass ich vehement mit jemandem über eine Person diskutiere, dabei aber den Namen verwechsle. So was führt dann i. d. R. zu großen Unsicherheiten/Missverständnissen.
"Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders
wäre, aber soviel kann ich sagen: Es muß anders werden, wenn es gut
werden soll." Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799)
"Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen,
Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen,
sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer."
(Antoine de Saint-Exupéry)
#20
Geschrieben 02 Juni 2010 - 21:21
Ich glaube allerdings, dass hängt weniger von der Sprache als vielmehr von der Themenwahl ab. Es gibt Themen, die sind ziemlich zeitlos - unerfüllte Liebe etwa. Andere sind recht stark gebunden - eine naiv-positive Sicht der Atomkraft etwa. Ich denke, je mehr das Thema auf die Psyche, das Wesen des Menschen bezogen ist, desto zeitloser ist es, je mehr es auf den Stand der Technik bezogen ist, desto gebundener ist es. Gesellschaftliche Themen sind dann ein Mittelding.
Bei der SF finde ich, ist Lems "Solaris" recht zeitlos, weil es da weniger um Raumschiffe und Computer, als vielmehr die menschlichen Reaktionen auf das unfassbar Fremde geht.
Nach meinem Dafürhalten ist "Per Anhalter durch die Galaxis" gerade nicht zeitlos, sondern deutlich von den 70er Jahren geprägt und mit einem gewissen Post-Hippie-Flair versehen.
Sehe ich übrigens genauso.
Theophagos
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)
- • (Buch) gerade am lesen:Annick Payne & Jorit Wintjes: Lords of Asia Minor. An Introduction to the Lydians
- • (Buch) als nächstes geplant:Che Guevara: Der Partisanenkrieg
-
• (Buch) Neuerwerbung: Florian Grosser: Theorien der Revolution
-
• (Film) gerade gesehen: Ghost in the Shell (USA 2017, R: Rupert Sanders)
-
• (Film) als nächstes geplant: Onibaba (J 1964, R: Kaneto Shindo)
-
• (Film) Neuerwerbung: Arrival (USA 2016, R: Denis Villeneuve)
#21
Geschrieben 02 Juni 2010 - 21:29
Mit einer Begründung tue ich mich schwer. Jedenfalls strahlt der Roman auf mich auch heute noch die gleiche Faszination aus wie beim ersten Lesen vor gut 30 Jahren.
#22
Geschrieben 02 Juni 2010 - 21:31
#23
Geschrieben 02 Juni 2010 - 23:56
Mein Blog: http://translateordie.wordpress.com/ Meine Buchbesprechungen: http://lesenswelt.de/
#24
Geschrieben 03 Juni 2010 - 06:20
Ich zum Beispiel halte nahezu alles von Asimov für veraltet, aber gerade nicht wegen seiner Begeisterung für Atomkraft oder der Verwendung von Fernschreibern in Raumschiffen, sondern wegen seiner Art, beim Schreiben gewisse Perspektiven völlig auszublenden. Es ist kein Problem, dass Frauen in der Gesellschaft von "Foundation" keine Rolle spielen (das kann ja durchaus sein!), das Problem ist, dass sie für ihn als Autor völlig unsichtbar sind. Auch in einer Gesellschaft, in der Frauen keine öffentlichen Ämter übernehmen usw. sind sie doch da und können von einem Autor thematisiert werden. Asimov macht das nicht, er ignoriert schlicht einen wichtigen gesellschaftlichen Aspekt. Das macht er nicht, weil er damals so ein böser Mensch/Mann war, sondern weil seine Gesellschaft dort einen blinden Fleck hatte und er als Autor nicht genug Durchblick (oder Risikobereitschaft) sich dagegen durchzusetzen. Man vergleiche hierzu die amerikanische SF-Literatur der 40er mit z.B. englischer Literatur des späten 19. Jahrhunderts: Zweitere wirkt in Teilen wesentlich moderner, eben weil es weniger solche "blinden Flecke" gibt, und das, obwohl mir/uns die Technologie dort noch alberner vorkommen muss.
Nach dieser Sichtweise argumentiere ich, dass "Dune", "Per Anhalter durch die Galaxis", "Die Geißel des Himmels", "1984", "Fahrenheit 451", "Die sieben Sonnen" durchaus auch "Die Zeitmaschine" (es kommt immerhin eine wichtige Frauenrolle drin vor!) und "Krieg der Welten" (etwas unfair, weil nicht in einer Zukunft angesiedelt) zeitlos sind, nahezu alles von Asimov und viele Sachen von Lem aber nicht, weil sie sich teils zu sehr auf einen Aspekt konzentrieren und für den restlichen Hintergrund einfach den gerade aktuellen realen Kontext einkleben.
(Trotzdem ist die originale Foundation-Trilogie für mich ein ganz wichtiges Buch, sowohl persönlich als auch für die SF-Geschichte. Ich würde sie aber niemals als Einstieg empfehlen, dann doch lieber "Die denkenden Wälder" oder "Dune".)
#25
Geschrieben 03 Juni 2010 - 07:25
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#26
Geschrieben 03 Juni 2010 - 07:41
BTW: Dass Asimov Frauen absolut IGNORIERT (wurde hier im Thread schon 2 Mal angedeutet oder behauptet), ist übrigens zu stark formuliert! Es gibt durchaus Kurzgeschichten von ihm,
Ich beziehe mich explizit nur auf Foundation, wenn ich sage, dass Frauen stark unterrepräsentiert sind. In Lucky Starr ist es z.B. genauso, aber das ganze Thema "Wie sich Emanzipation in SF des 20. Jahrhunderts widerspiegelt oder auch nicht" wäre einen eigenen Thread wert...
Bearbeitet von Uwe Post, 03 Juni 2010 - 08:44.
#27
Geschrieben 03 Juni 2010 - 08:01
Es gibt sogar ganze Romane von ihm mit Frauen als Protagonisten. Wie Uwe beziehe ich mich dabei aber hauptsächlich auf "Foundation" und andere frühe Sachen. Spätere Bände wie "Die Rückkehr zur Erde" haben durchaus auch stärkere Frauenrollen (Susan Calvin ist ja auch später hinzugefügt worden). Diese Romane haben dann andere Probleme (u.a. dass sie teils einfach stinklangweilig sind).BTW: Dass Asimov Frauen absolut IGNORIERT (wurde hier im Thread schon 2 Mal angedeutet oder behauptet), ist übrigens zu stark formuliert! Es gibt durchaus Kurzgeschichten von ihm, wo sie zentrales Thema sind. Und was ist mit Susan Calvin?! (Auch hatte ich bei Asimovs Schreibe das Bauchgefühl, dass er oft Frauen als Protagonisten nicht auslässt, weil das gesellschaftlicher Usus war, sondern weil er selber keinen Draht zu ihnen hatte. Ich hatte öfter das Gefühl, hier schreibt ein altkluges Kind...)
Dass Asimovs "Unwohlsein" bei Frauen ein persönliches Problem früher Jahre ist, will ich nicht ausschließen, sehe ich aber als symptomatisch für die Zeit und speziell die US-amerikanische SF dieser Epoche.
#28 Gast_Dirk_*
Geschrieben 03 Juni 2010 - 09:58
Ja, woran kann man das Adjetiv zeitlos festmachen?
In dem Nachbarthread zu meiner Rezi zu Asimovs Foundation, hatte ich Uwe schon versucht, meine Interpretation des Sense of Wonder zu erklären.
Und der hat, nur für mich persönlich (!), sehr viel mit Zeitlosigkeit zu tun, wenn es auch (wieder für mich persönlich) nur ein Aspekt ist.
Wenn ich einen Roman lese, egal ob angestaubt oder fabrikneu, möchte ich in erster Linie die (kindsköpfige) Begeisterung des Autoren für seine Geschichte spüren. Ob das dreibeinige Marsmaschinen sind, Kameraaugen aus dem Container, oder was auch immer der Autor da als Thema gewählt hat. Dann kann ich den mit 15, 25, oder mit 80 lesen, und bin trotz aller eventuellen Mängel begeistert dabei.
Zeitlosigkeit rein an political corectness fest zu machen, an der Anzahl der Frauen, der Perspektiven, der verwendeten Technik, ist nach meinem Gefühl zu einseitig.
Zeitlos bedeutet für mich aber auch ein wenig, etwas vom Denken und Fühlen der jeweiligen Epoche mitzubekommen, und diese Gedanken und Gefühle vielleicht im Heute wiederzufinden.
Asimov schrieb die ersten Foundations soweit ich weiß Ende der 40er des letzten Jahrhunderts.
Der erste Reiz, den es auf mich ausübt, liegt an der Vision, die er hatte. 1.000 Jahre fiktive Geschichte gebannt auf eine handliche Menge Papier.
Dabei ist der Roman aber auch sehr imperialistisch, ja gleitet beinahe schon in die Verherrlichung einer fiktiven Sekte ab
Die Stiftung damals, Scientology heute?
Warum mäkelt daran keiner rum, sondern nur am technischen Muff und den nicht vorhandenen Frauen?
Orwell schrieb 1984 etwa um 1946/1947.
Sein Thema war die Angst vor einem allmächtigen Staat.
Und nun?
Die Sowjetunion ist auseinandergebröckelt, der kalte Krieg ist vorbei ... trotzdem haben iwr doch alle Angst, zumindest aber ein ungutes Gefühl, wenn aus Gründen der inneren Sicherheit plötzlich überall Scanner und Kameras verteilt werden, damit wir vom Staat zu unserer eigenen Sicherheit überwacht werden können. Statt Neusprech ist es heute politisch korrekt, nicht von Injahnern zu reden, sondern von amerikanischen Ureinwohnern, nicht von Ausländern, sondern von türkischen Mitbürgern mit Migrationshintergrund ...
Ist das kein Neusprech / Gedankenbeeinflussung?
Wenn ich meinen alten Kumpel Levent früher als einen dummen Türken foppte, bekam ich eine Kopfnuss garniert mit dem Schimpfwort vom Krautfresser, er eine entsprechende Antwort von mir zurück, wir wälzten uns im Sand und tranken zehn Minuten später aus einem Becher Sunkist, während wir die neuesten Comicerwerbungen verglichen und tauschten.
Heute kommt der Anwalt bei Mama und Papa vorbei, oder die Rex (Schuldirektorin) schaut mit sorgenvoll gerunzelter Stirn auf den Ureinwohnernachwuchs unseres Staates herab.
Dick schreib über eine Ersatzreligion, die Abflachung von Gefühlen und die Anonymität in der großen Masse der Städte.
Aber er schrieb auch über eine kaputte Umwelt und Genmanipulation die sogar bis hin zur Züchtung einer Sklavenrasse geht.
Heute werden Schafe geklont, auf dem Reißbrett liegen schon die ersten Ansätze für das perfekte Baby ...
Also ich persönlich finde diese von mir genannten Beispiele sehr zeitlos, wenn nicht sogar brandaktuell.
Sicher, alle haben ihre Fehler und ihre Macken bei der jeweiligen Ausführung.
Aber wer ist schon perfekt?
Oder anders gesagt:
Hohlbein ist heute als Schreibfabrik verschrieen, Schätzing hat den Spitznamen Schwätzing ... wenn wir achtzig sind, und immer noch hier aktiv, kann es gut sein, dass Hohlbein als Chronist und Schätzing als Visionär angesehen werden.
Es ist also alles eine Frage der Sichtweise.
Noch etwas verkaterte Grüße
Dirk
Bearbeitet von Dirk, 03 Juni 2010 - 10:01.
#29
Geschrieben 03 Juni 2010 - 11:09
Ein Nachbarthread zu Asimovs Foundation-Trilogie hat mich veranlasst, über die "Zeitlosigkeit" älterer SF-Romane nachzudenken.
Im Kontext der Futurologie bedeutet Zeitlosigkeit aus meiner Sicht, dass ein Roman inhaltlich jederzeit (also zum Zeitpunkt seines Entstehens wie auch heute) nicht völlig überholt wirkt. Freilich muss man dabei großzügige Maßstäbe anlegen: Einem Roman von 1950, der 2011 spielt, kann man schlecht vorwerfen, dass die Protagonisten nicht alle mit iPads durch die Gegend laufen. Andererseits kann man durchaus festhalten, dass genau das in Star Trek der Fall ist. Ich habe z.B. auf meinem Android-Handy eine App, die "Tricorder" heißt, und Dinge wie Beschleunigung, Geokoordinaten oder Schallspektren anzeigen kann. Gut, man kann das Teil nicht umjustieren und dadurch Plasmaspulen neutralisieren (whatever), aber immerhin
Jaaa,
Deiner Empfehlung folgend habe ich mir gestern auch das Trikorder App aus dem Market für s HTC Desire geladen. Echt cool. 1998 habe ich die Anfänge des Mobile Phone Booms als Arbeitnehmer bei Nokia mitbekommen. Ein Gerät wie die modernen HTC Android s hätte damals Niemand für möglich gehalten.
Wobei ich nun beim Thema bin:
Naut s Ansatz ist schon ziemlich passend. Ich würde die Frage nach der "Zeitlosigkeit" aber unbedingt an das Thema oder die Botschaft eines Buches koppeln.
Somit fallen schon mal alle Technologie SF Werke hintüber, überholt sich doch die Technik jeden Tag selbst, was schreib ich, sekündlich, siehe Mobiltelefone.
Aber zeitlose Themen sind es, die einen Roman zeitlos machen.
Liebe:
In vielen Genre ein Thema, auch in der SF. Barbarella, für mich zeitlos.
Soziologie:
Wie benehmen sich die Menschen in der Zukunft? Die Zeitmaschine gehört dazu. Auch Farmer s Flussweltzyklus passt in dieses Raster, weil er gerade soziologische Botschaften in einen zugegebener Maßen seichten Abenteuer Plot packte.
Im Grunde ist jede Kontaktgeschichte zeitlos. Z. B. District 9. Die Botschaften in Sachen Rassismus, Mistrauen vor dem fremden/anderen wird man aus dem Menschen nicht heraus bekommen und es sind daher zeitlose Themen.
Politologie:
Selbstbestimmtes/Fremdbestimmtes Dasein.
Sicher ist Orwell zeitlos in diesem Kontext. Und auch StarshipTrooper.
Die Liste kann man sicher noch sehr viel weiter ergänzen, aber das wunderschöne Feiertagswetter zwingt mich jetzt auf s Rad.
Schönen Restfeiertag, für die, die einen haben
------ ......ob Herr Rossi je das Glück gefunden hat?....------
In motivationstheoretischer Interpretation aus Managementsicht ist Hans im Glück ein „eigennütziger Hedomat und unlustmeidender Glücksökonom“. ---Rolf Wunderer
Niemand hat das Recht auf ein konstantes Klima. Auch Grönländer haben ein historisches Recht auf Ackerbau. Daran sollten unsere Weltenlenker denken, wenn sie sich daran machen, die globale Temperatur mit Hilfe des CO2 neu einzustellen.
"Wir können nicht alle mit einem Mac Book und einem Chai Latte in Berlin in einem Coworking Space sitzen und die zehnte Dating App erfinden". Marco Scheel 3:50 min
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#30
Geschrieben 03 Juni 2010 - 13:45
† In memoriam Michael Szameit / Christian Weis / Alfred Kruse / Rico Gehrke : Aktuelle Projekte und neue Veröffentlichungen : 'Gleich' ist der Tod des kleinen Mannes.
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