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Exploitation SF


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312 Antworten in diesem Thema

#1 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 00:15

Liebe Leute,

was mir an Autoren wie Frank Schätzing und, in weit geringem Maße freilich, an Andreas Eschbach
mißfällt, ist der Umstand, daß sie im Grunde auf literarischem Gebiet etwas fortsetzen, was im
Kino der Sechziger- bis Achtzigerjahre als "Exploitation" bezeichnet wurde.

Die Vertreter des Exploitation-Genres waren künstlerische Zweit- und Resteverwerter. Sie haben
keine eigenen thematischen Innovationen gesetzt, sondern sich an vorhandene Erfolge, Themen
und Diskussionen angehängt, seien es Sex, Crime, oberflächliche Exotismen oder was auch immer.
Exploitation auf literarischem Gebiet beschränkt sich nicht auf offenkundige Versuche, die Erfolge
anderer für sich auszuschlachten (von Harry-Potter-Imitationen bis zur Woge pseudotheologischer
Thriller im Gefolge Dan Browns). Sie ist Ausdruck einer generellen geistigen Unbeweglichkeit von
Schriftstellern, die sich in Ermangelung eigener originärer Konzepte auf externe Anstöße verlassen
müssen (was nur in den seltensten Fällen zu überzeugenden Ergebnissen führt).

Ein klassischer Exploitation-Schriftsteller war Johannes Mario Simmel. Der vermutlich wichtigste
Exploitation-Autor mit SF-Bezug war Michael Crichton. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen,
ist Crichtons Werk eine Umkehrung des klassischen Hase-Igel-Spiels: Wo immer sich Michael
Crichton hinbewegte, seine Themen waren schon vor ihm da. Autoren wie Crichton agieren nie,
sie reagieren nur. Kocht die Gender-Debatte mal wieder hoch, kommt Mr. Crichton auf die wenig
originelle Idee, einen Mann zum Opfer eines sexuellen Übergriffs zu machen. Werden in einem
medialen Sommerloch zum 1,5millionsten Male die lieben Dinosaurier bemüht, schreibt Herr
Crichton Jurassic Park. Wird die Nanotechnik zum journalistischen Thema, hat auch Mr.
Crichton flugs einen entsprechenden Roman in der Hinterhand. Von Andromeda vielleicht
abgesehen, war nichts von Michael Crichton jemals originell oder neu. Im günstigsten Fall sind
die Ideen, die er recycelt hat, in alten Jahrgängen obskurer SF- oder Thrillermagazine verborgen.
Kundige Leser haben sie trotzdem aufgespürt.

Es ist kein Zufall, daß Andreas Eschbach der "deutsche Michael Crichton" genannt wird oder daß
Frank Schätzing sich auf das Vorbild Michael Crichton beruft. Bei Andreas Eschbach ist der Fall
sicher differenzierter zu sehen. Der Haarteppichknüpfer und auch noch Der Letzte seiner
Art
waren genuine kreative Leistungen, aber ich sehe in Eschbachs neueren Büchern eine
zunehmende Tendenz. thematisch auf Nummer sicher zu gehen, sich auf allzu eingängige Ideen
zu beschränken, bei denen der Otto-Normal-Buchverkäufer vielleicht sagt: "Ah, interessant,
tolle Idee", obwohl die Idee weder so toll noch allzu interessant ist, sondern vom selben Autor
in früheren Büchern mühelos übertroffen wurde. Problematisch ist dabei, daß eine Tendenz zur
Exploitation meist einhergeht mit einer stilistischen Verarmung, einer Neigung zu allzu großer
Glätte und Eingängigkeit und oberflächlichen Effektion statt zu Nuancen und Individualität,
Qualitäten zumindest, die mir bei einem Schriftsteller wichtig sind.

Exploitation als künstlerische/literarische Taktik muß nicht notwendigerweise etwas Schlechtes
sein, aber sie ist eine Gratwanderung, die selten zu etwas Eigenständigem führt. Das mag Ruggero
Deodato mit seinem furchtbaren Film Cannibal Holocaust, der unterschwellig eine Selbstentlarvung
des eigenen Genres darstellt, noch gelungen sein, in den meisten Fällen führen solche Versuche
aber nur zu Langeweile bei jedem einigermaßen informierten Leser/Zuschauer.

Am anderen Ende des Spektrums dieser Diskussion steht, jedermann zur Warnung, allerdings
eine eigenartige Literaturkritik und -praxis, die bei Autoren zwar immer wieder die Pflicht zur
"Welthaltigkeit" anmahnt, gleichzeitig aber ein Wort wie "Waldsterben" für literaturunfähig und
aktuelle Bezüge etwa zur Massenarbeitslosigkeit für eines ernsthaften Schriftstellers unwürdig
hält. Wie immer in der Kunst dürfte die Frage des Wie entscheidend sein. In der SF etwa befindet
sich Ted Chiang mit seinen Geschichten auf der Höhe aktueller Spekulationen über künstliche
Intelligenz, Medien etc., aber auf völlig eigenständige Art. Im Mainstream könnte ich, als ein Beispiel
von vielen, den jungen deutschen Autor Clemens Meyer nennen, der in seinem Roman Als wir
träumten
oder den Geschichten in Die Nacht, die Lichter aktuelle Erfahrungen seiner
Generation verarbeitet hat, ohne sich am allzu Offensichtlichen anzubiedern.

Gruß
MKI

Bearbeitet von Michael Iwoleit, 11 Oktober 2010 - 06:34.


#2 fictionality

fictionality

    Illuminaut

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 00:47

Hallo Michael! Es gibt neben der inhaltlichen Ebene auch noch eine stilistische. In der Lyrik z. B. hängen sich viele an Ernst Jandl an, der das womöglich gar nicht beabsichtigt hat. Einen eigenen Stil zu entwickeln ist für mich auch die Hauptleistung eines kreativen Kopfes. Daneben sollte er fähig sein, neue Worte zu kreieren und nicht - wie du schon erwähnt hast - auf denselben Themen (oder eben gerade aktuellen Themen) herumzureiten, nur weil sie gerade eine Welle bilden, die verkaufsfördernd wirkt. Wie in der Schafzucht können auch viele Leser mit "Appetithäppchen aus aktuellem Anlass" gelockt werden, wenn ihnen zeitgleich die Möglichkeit (bzw. Zeit) genommen wird, eigenständig zu recherchieren, wer das alles eigentlich erfunden hat. Ein bewusster Leser sollte immer mehrere Herangehensweisen an Literatur entwickeln. Ich habe das bei mir erfolgreich mit der Methode der Annäherung gemacht, sprich: habe ich einmal etwas Gutes von einem Autor gelesen, erforsche ich sein Werk stichprobenartig und befinde ihn nach drei, vier Büchern für bücherregaltauglich oder eben nicht. Zuletzt ist mir Michail Bulgakow positiv aufgefallen mit seinem "Meister und Margarita". Da ich seit 2006 (leider) immer seltener lese und mich immer mehr der TV-Kultur annähere, habe ich nicht viele solcher positiven Beispiele zu vermelden, kann mich aber gut in jemanden hinein versetzen, der neben seinen Lieblingsserien auch noch eine veritable Leseerfahrung haben möchte. Bestsellerlisten tun es da nicht. Auch kein Nachfragen in diversen Foren. Da hilft nur der Zufall, der einen Geschmack wie den meinen geformt hat. Was war noch gleich das Thema? Ah ja, Exploitation. Auch bekannt als "literarische Heuschrecken". Wobei ich Heuschrecken eigentlich als schön empfinde. Ab er zum Thema: Eine prinzipiell gute Idee wird maßlos überverwertet. Leider ist der Massengeschmack durch ausreichende Investitionen formbar (geworden). Wobei die Gewinne auch nicht unbedingt in die Höhe schießen, aber wenigstens ist man auf der sicheren (Verlags-)Seite. Neu, innovativ sind Worte, die höchstens bei Präsentationen verwendet werden, um dann nachher als unbrauchbar auf der intellektuellen Müllhalde der Geschichte(n) zu landen. Eigentlich sollte jedem Autor auferlegt werden, ausschließlich eigene Ideen zu verwenden und wer das nicht tut, sollte Plagiatsteuer an die entsprechenden Ideengeber bezahlen. Welch herrliches Chaos würde sich aus so einer Regel ergeben! Meine bescheidene Meinung: Nicht zuviel auf Buzzwords geben. Öfter mal dem Gefühl vertrauen (gerade beim Buch- aber auch beim CD-Kauf). Herrn Zufall wieder Tribut zollen.

Bearbeitet von fictionality, 11 Oktober 2010 - 00:49.


#3 molosovsky

molosovsky

    Phantastik-Fachdepp

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 04:25

MoinMoin. Im Großen und Ganzen stimme ich Euch vollkommen zu. Ich könnte zwar hie und da ein wenig Widerspruch platzieren (von wegen: Literatur ist nicht nur Kulturgut sondern eben auch Geld damit scheffel-Köder-Ware), aber ich ergänze lieber, weil ich nicht viel Zeit habe. Nicht zum ersten Mal referiere ich auf die feine Dreiteilung von Schopenhauer: Am höchsten einzustufen sind Schriftsteller, die gedacht haben, ehe sie sich ans schreiben machen. Im Mittelfeld anzusiedeln sind die Schriftsteller, die denken, während sie schreiben. Sozusagen die Jäger und Sammler. Den Bodensatz bilden jene Schriftsteller, die schreiben, was andere gedacht haben. Die Parasiten. Beste Grüße Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#4 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 06:19

Da ich seit 2006 (leider) immer seltener lese und mich immer mehr der TV-Kultur annähere, habe ich nicht viele solcher positiven Beispiele zu vermelden, kann mich aber gut in jemanden hinein versetzen, der neben seinen Lieblingsserien auch noch eine veritable Leseerfahrung haben möchte. Bestsellerlisten tun es da nicht. Auch kein Nachfragen in diversen Foren. Da hilft nur der Zufall, der einen Geschmack wie den meinen geformt hat.


Nicht unbedingt nur der Zufall. Irgendwo habe ich mal gelesen, daß Literatur zur Zeit wieder das wird,
was sie einmal war: die Sache einer Minderheit. Keine Sache einer Elite, sondern einer Gemeinschaft
von Liebhabern, die auf pesönliche Entdeckungsreise gehen, untereinander Empfehlungen austauschen
und weder auf das Feuilleton noch das Marketing angewiesen sind. Ich habe das Glück und kenne/
kannte (Gero ist ja leider verstorben) einige Leute, auf deren Emfehlungen ich mich blind verlassen
kann. Wenn Du Dir einen Kreis von Leuten mit ähnlichem Leser-Naturell wie Du aufbaust, wird es Dir
nicht an Empfehlungen mangeln, um Deinen Lesehorizont ständig zu erweitern.

Übrigens gibt es auch Verlage mit einem so gut gepflegten Programm, daß man ihre Bücher praktisch
blind kaufen kann. Bei Büchern aus dem Unionsverlag oder arabischer Literatur aus dem Lenos-Verlag
greift man nie daneben und findet immer mindestens lesenswerte, wenn nicht außerordentliche Bücher.
Ähnlich gilt z.B. im englischen Sprachraum für die Reihe Picador. Für ernsthafte Literaturleser sind die
Macher solcher Programme ein Geschenk des Himmels, selten zwar, doch aufzufinden.

Schöne Grüße
Michael

Bearbeitet von Michael Iwoleit, 11 Oktober 2010 - 06:27.


#5 Henrik Fisch

Henrik Fisch

    Soeinnaut

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 09:54

Ich melde mich auch mal wieder zu Wort (weil ich gerade wieder mit wachsender Begeisterung abends Bücher in die Hand nehme, das scheint bei mir mit der Jahreszeit zu tun zu haben). Zur Deiner These fällt mir spontan folgendes ein: Ja? Na und? Ausführliche Antwort: Ich habe sowieso seit langem das Gefühl, dass es in der Literatur - und gerne auch im Film - nichts Neues mehr gibt. Von mir aus könnte Hollywood und alle Filmschaffenden der Welt heute dicht machen und keine einzigen Film mehr produzieren. Es würde mich nicht im Geringsten stören. Es gibt noch so viele tolle von mir ungesehene Filme und auch so viele tolle Filme, die ich gerne noch ein zweites oder drittes mal ansehe - oder im Falle von „Blade Runner“ oder „Lost Highway“ gerne auch ein dreißigstes mal - dass es bis zu meinem Todestag dicke reicht. Und in viel viel stärkerem Maße - weil viel mehr Veröffentlichungen - trifft das auch auf die Buchindustrie zu. Warum ich trotzdem noch neue Filme und neue Bücher kaufe? Weil es mir nicht mehr so sehr auf das „was“ sondern auf das „wie“ ankommt. Zum einen ist es immer mal wieder interessant ein bereits bekanntes Thema von neuen Seiten beleuchtet zu bekommen. Ich lese gerade von Sergej Lukianenko „Sternenschatten“, den zweiten Teil zu „Sternenspiel“, und das ist für mich so ein Autor, der sehr gerne mal viel schreibt, aber eben dadurch auch interessante Aspekte hervorhebt. Nun habe ich wohlweißlich nichts vom Herrn Schätzung gelesen - diverse Kritiken auch hier im Forum zu „Der Schwarm“ haben mich nachhaltig davon abgehalten - sehr wohl aber einige Werke vom Herrn Eschbach. Und da gefällt mir vor allem der leicht zu lesende Schreibstil; denn das ist durchaus eine hohe Kunst, so schreiben zu können. Davon abgesehen hat Herr Eschbach eben genau durch die Art und Weise wie er ein Thema anpackt, durchaus Neues hervor geholt. Beispiel „Das Jesusvideo“: Ja, Zeitreise ist ein alter Hut. Ja, jemanden zu Jesus zu verfrachten und diesen treffen zu lassen ist auch nicht neu. Aber die Art und Weise wie sich die Geschichte dann entfaltet, die ist neu. Und generierte nebenbei einen der großartigsten „Pageturner“ des letzten Jahrzehnts. Beispiel „Die Haarteppichknüpfer“: Tut mir Leid, aber das war alles und komplett neu. Und der Hammer war obendrein die Auflösung, warum das ganze passiert. Beispiel „Der letzte seiner Art“: Ja, modifizierte Soldaten sind nicht neu. Ja, diese altern zu lassen auch nicht. Als Film erinnert mich das stark an „History of Violence“, nur eben mit der Ausrichtung auf das Altern des Protagonisten und ohne die Körper-Modifikationen. Und auch hier ist die Art wie es erzählt wird, nicht neu, aber spannend, sehr atmosphärisch und deswegen saugut. Du siehst also: Ich kann Deine Frage fast uneingeschränkt mit „Ja“ beantworten. Aber das stört mich nicht. Im Gegenteil: Ich muss nicht nur Bücher lesen, die immer etwas komplett neues erzählen. Wie eingangs gesagt reicht es mir durchaus, wenn eine bekannte Angelegenheit einfach mal von einer anderen Seite beleuchtet wird. Davon abgesehen müsste man dann noch mal eine Dikussion führen, ab wann denn eine Geschichte eigentlich „neu“ ist. Das aber lieber in einem anderen Thread oder einem späteren Posting. Bis dennen, Henrik
Gerade fertig gelesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"

#6 Diboo

Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 10:00

Als bekennender Exploitation-Autor - in meinen Romane findet sich nicht ein Funke sonderlicher Originalität! - kann ich nur sagen: JA! Und: Es macht großen Spaß!

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

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#7 MoiN

MoiN

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 10:20

Sie ist Ausdruck einer generellen geistigen Unbeweglichkeit von
Schriftstellern, die sich in Ermangelung eigener originärer Konzepte auf externe Anstöße verlassen
müssen (was nur in den seltensten Fällen zu überzeugenden Ergebnissen führt).


Hm, Autoren schreiben sicherlich aus den unterschiedlichsten Gründen. Einer davon ist auch, daß sie einen gewissen Spaß daran daran.

Dann sollte man aber auch nicht gänzlich vergessen, daß das Buch eine Ware ist und viele Autoren versuchen, aus dem Verkauf ihr Leben zu bestreiten.

Unter diesem Aspekt zählt keine "literarische" Qualität, sondern allein der Markt und was dieser hergibt.

Daß Buchware von Autoren in gewiß nicht unbedeutendem Umfang marktorientiert produziert wird, dürfte hier doch nun wirklich niemanden überraschen. Und daran ist auch gar nichts Anstößiges. Genauso wenig es anstößig ist, wenn jemand in einem Warenhaus Flaschen ins Regal stellt und damit ewas für seinen Lebensunterhalt tut.

Am Markt vorbeizuschreiben ist und war schon immer tödlich. Nur wer seine Einkünfte aus anderen Quellen bezieht, kann sich das leisten und dann vielleicht auch "literarisch Hochwertiges" - was immer das auch sein mag - produzieren.

Bearbeitet von MoiN, 11 Oktober 2010 - 10:21.

πάντα ῥεῖ

 

Büchermarkt ...druckfrisch...dlr lit  ...Verena ... Dana ...swrwi ...brwi ..   .A I N


#8 Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 10:46

Hm, Autoren schreiben sicherlich aus den unterschiedlichsten Gründen. Einer davon ist auch, daß sie einen gewissen Spaß daran daran haben.


Vor allem dann, wenn einem am Genre gefällt, dass viele Autoren die bekannten Geschichten mit unterschiedlichen Charakteren und unterschiedlichem Stil und der einen oder anderen Wendung immer wieder neu erzählen. Ich bin mir sicher, dass das nicht nur mir so geht. Hin und wieder mal was Außergewöhnliches, na gut. Aber bei 90 % meiner Lektüre hätte ich gerne immer wieder nur das, von dem ich genau weiß, dass es mir zu lesen Spaß macht. Und das soll auch bitte fleißig weiter geschrieben werden.

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#9 Beverly

Beverly

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 10:51

So gut wie jede Idee ist in der Science Fiction schon da gewesen. Zeitreisen und Bewusstseinsübertragung hat schon H. G. Wells abgehandelt und ebenso die Folgen von Biotechnologie (DIE RIESEN KOMMEN). DER STERNENSCHÖPFER von Olaf Stagpledon hat die Entwicklung des Kosmos in einer so umfassenden und tiefschürfenden Art und Weise behandelt, dass man das Werk in einer Reihe mit Bibel und Koran oder Hegels sich in der Welt verwirklichenden "Absoluten" nennen kann. Den Kosmos unter sich aufteilende Superzivilisationen, die bei ihren Interaktionen die Naturgesetze ändern bzw. sich auf die "Naturgesetze" einigen, kenne ich aus einer Kurzgeschichte von Stanislaw Lem. Wir sehen im Kosmos keine Anzeichen von Superzivilisation, weil er selbst ihr Werk ist. Man kann Autoren keinen Vorwurf machen, wenn sie entweder bewusst solche Ideen aufgreifen oder feststellen, dass es ihre Ideen schon vorher gegeben hat resp. Kollegen parallel die gleichen Ideen umsetzen. Mir ist das mit meinem Schreibprojekt REISE IN DIE PHANTASIE passiert, wo Großverbrecher in einer Parallelwelt im Sonnensystem die Naturgesetze ändern. Letzte Woche musste ich feststellen, dass bei "Perry Rhodan" die so genannte "Frequenz-Monarchie" auch an einer ihren machtpolitischen Interessen nützenden Änderung der Naturgesetze ("Hyperimpedanz") bastelt. So what? Ein Urheberrecht auf Ideen gibt es nicht und das ist auch gut so! Wenn mir als Leserin eine Idee gefällt, finde ich es sogar gut, wenn sich verschiedene Autoren an ihrer Umsetzung versuchen. Die noch nie da gewesene Idee zu verlangen, ist unrealistisch. Ich möchte lieber Originalität oder wenigstens Individualität bei der Umsetzung haben. Ideentechnisch äergert es mich sogar, wenn viele fantastische Ideen beharrlich ignoriert werden und in der SF immer nur dieselben Standardschemata durchgenudelt werden. Ob Autoren ihre Ideen von sich selbst haben oder sie woanders vorher schon niedergeschrieben wurden, ist für mich kaum von Belang. Mich nervt es eher, wenn ich das Gefühl habe, da wird ein Autor nicht mehr aus eigenem Können zum Bestsellerautor, sondern jemand wird vom Marketing ausgesucht und aufgebaut. Was dazu führt, dass nicht leiterarisch kompetente Leute, sondern Betriebswirte und Marketing-Experten bestimmen, was in die Buchregale kommt. Jemand, der schreiben kann und den man auch als "Kollege" ansprechen, der aber nur einer von vielen ist, die schreiben kann, wird dann so präsentiert, als ob sich ohne ihn die Welt nicht mehr drehen würde. Bis der nächste "gemachte" Bestsellerautor kommt. Solange für alles Platz ist, wären vielleicht auch "gemachte" Autoren kein Problem, vielleicht wären sie sogar nützlich, weil sie Leute zum Lesen bringen, die das sonst nicht tun würden. So lange ich selbst meinen Lebensunterhalt bestreiten kann, kann es mir auch egal sein, ob Heinlein einen Scheck über eine Million Dollar bekommen hat oder nicht. Es wird aber zum Ärgernis, wenn ich erfahren muss, dass z. B. Robert Sheckley am Hungertuch genagt hat oder SF-Autoren von den USA nach Großbritannien gezogen sind, weil da das Leben billiger war. Hier in Deutschland scheinen mir die Zeiten auch besser gewesen zu sein, als im Kiosk von meinem Dorfkaff noch "Perry Rhodan" und "Atlan" verkauft wurden anstatt DER SCHWARM. Die einschlägigen Heftchen habe ich seinerzeit immer zu Ende gelesen, beim SCHWARM musste ich das Handtuch werfen.

#10 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 10:53

Dann sollte man aber auch nicht gänzlich vergessen, daß das Buch eine Ware ist und viele Autoren versuchen,
aus dem Verkauf ihr Leben zu bestreiten.


Ein Buch ist erst einmal ein Kulturgut und lange, lange danach, wenn überhaupt, eine Ware.

Unter diesem Aspekt zählt keine "literarische" Qualität, sondern allein der Markt und was dieser hergibt.


Was faktisch einfach nicht stimmt. Wenn jeder neue Roman einer zwar gut lesbaren, aber keineswegs anspruchslosen
Autorin wie Joyce Carol Oates umgehend nach Erscheinen in alle großen Literatursprachen übersetzt wird und sich in
hohen Auflagen verkauft, läßt sich diese Behauptung nicht generell bestätigen.. Und ich bin mir sicher, daß auch John
Updike, Philip Roth, Michelle Houlebeq, Garcia-Marquez etc. etc. nur wegen ihrer Niveaulosigkeit so gut laufen.

Am Markt vorbeizuschreiben ist und war schon immer tödlich. Nur wer seine Einkünfte aus anderen Quellen bezieht,
kann sich das leisten und dann vielleicht auch "literarisch Hochwertiges" - was immer das auch sein mag - produzieren.


Auch eine recht dünne Pauschalisierung. Thomas Pynchon hat nie für einen Markt geschrieben, seit seiner Zeit bei Boing
nichts anderes mehr getan, als sich seinem literarischen Werk zu widmen, und ist immer noch quicklebendig. Heute braucht
er keinen Markt mehr, er ist ein Markt. Und warum? Da ließen sich einige Spekulationen anstellen, aber sicher ist der
Grund nicht der, daß er sich dem Markt so gut angepaßt hat.

Philip K. Dick war über dreißig Jahre professioneller Autor und hat, außer einigen Jobs in seinen Twens und einer Episode
im Juwelierladen seiner dritten Frau, nie etwas anderes getan als zu schreiben. Und heute, leider erst posthum, gehört er
zu den einflußreichsten Autoren der westlichen Welt. Und warum? Weil es sich dem Markt so gut angepaßt hat?

Man könnte die These meines Artikels auch so umformulieren: Zweitklassige Autoren unterwerfen sich dem Markt.
Erstklassige Autoren formen den Markt (zumindest auf lange Sicht).

Gruß
MKI

#11 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:04

Hin und wieder mal was Außergewöhnliches, na gut. Aber bei 90 % meiner Lektüre hätte ich gerne immer wieder
nur das, von dem ich genau weiß, dass es mir zu lesen Spaß macht. Und das soll auch bitte fleißig weiter geschrieben
werden.


Na, vielleicht haben wir da ein unterschiedliches Naturell. Ich will gerade nicht das lesen, von dem ich von vorn
herein schon mehr oder weniger weiß, wie ich darauf reagiere. Dafür gibt's in der Welt einfach zuviel zu entdecken.
Für mich besteht ein wesentlicher Anteil am Lesespaß darin, daß ich nicht weiß, was auf mich zukommt. (Ok,
manchmal natürlich auch das - sonst würde ich nicht heute noch Lovecraft lesen.) Wenn aber das Neu-Erleben des
bereits Bekannten den Schwerpunkt bildet, wäre das für mich weniger Lesevergnügen, sondern eine Selbstbestätigung
eingefahrener Denkwege in meinem Hirn.

No offence intended, ich kann da nur von mir sprechen.

Gruß
MKI

#12 Diboo

Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:14

Na, vielleicht haben wir da ein unterschiedliches Naturell.


Es hängt halt davon ab, warum man liest.
Ich lese, weil ich abschalten will und Vergnügen empfinden. Ich weiß, wobei ich Vergnügen empfinde, ich bin da sehr einfach gestrickt: Es muss rummsen, es braucht Raumschiffe, es braucht die Bösen und die Guten, scharfe Mädels schaden nicht, Aliens wären auch gut. Also wähle ich meine Lektüre unter diesem Aspekt aus. Für Experimente habe ich angesichts meiner nur knapp bemessenen Lesezeit keinen Freiraum. Es muss klicken, und zwar sofort. Dass man manchmal in seinen Erwartungen dann trotzdem noch enttäuscht wird, liegt in der Natur der Sache. Dann lege ich das angelesene Buch weg und nehme mir ein neues, es gibt ja genug. Und in der Konsequenz verdienen Autoren wie David Weber oder Dan Abnett gutes Geld mit mir, obgleich sie nach Deinen Maßstäben ohne Zweifel "Niemande" sein dürften. Und in weiterer Konsequenz strebe ich danach, genauso zu schreiben, denn ich schreibe, was ich gerne lese, und damit bin ich, voila, ein Exploitation-Schriftsteller :-)

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(13. Erwerbsregel)

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#13 Thomas Sebesta

Thomas Sebesta

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:17

Ein Buch ist erst einmal ein Kulturgut und lange, lange danach, wenn überhaupt, eine Ware.


Dem stimme ich zu , dem stimmt jeder Literaturliebhaber zu, aber in heutiger Zeit ist diese Sichtweisse n.m.M. verkürzt. Ein Buch ist eine Ware und für den überwiegenden Teil der damit Beschäftigten Mittel zum Zweck des Verdienstschaffens.
Für einen Teil ist ein Buch dann noch Unterhaltung und Vergnügen, sprich Zeitvertreib.

Für den vermutlich kleineren Teil ist ein Buch dann Kultur.
So denke ich.

Man könnte die These meines Artikels auch so umformulieren: Zweitklassige Autoren unterwerfen sich dem Markt.
Erstklassige Autoren formen den Markt (zumindest auf lange Sicht).


Auch dem stimme ich zu, aber das Problemchen fängt an, wenn der kleinere Teil (siehe oben) festlegt was die erstklassigen Autoren sind und dem größeren Teil Vorhaltungen machen will (was auch immer). Ich glaube, dass heutzutage in den Schulen (die ich kenne) der Literaturunterricht kaum existiert. Woher sollen also Kinder und Jugendliche vermittelt bekommen, was Hochkultur am literarischen Markt ist? Die Lehrpläne biedern sich sich mit den (von uns als qualitativ bedenklichen) Teilen der Literatur dem Jugendlichen an, in dem Autoren zum Unterricht verwendet werden, die (unseren) Ansprüchen nicht genügen würden. Man senkt die Ansprüche um (so der Plan) wenigstens etwas an Literaturinteresse zu retten. Woher soll also ein hoher Anspruch kommen?

Unter diesen Voraussetzungen (um die Kurve zum Thema zu kriegen) sollte man sich daher nicht wundern, wenn Exploitation ein allgemein anerkanntes Mittel ist, sein Geld zu verdienen und Erfolg zu haben. Auf der anderen Seite legen diese Autoren darauf Wert ihre Werk als literarisch hochstehend zu bezeichnen?

Gruß
Thomas

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#14 Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:20

Ich glaube, dass heutzutage in den Schulen (die ich kenne) der Literaturunterricht kaum existiert.


Nun, ich bin in den Genuss solchen Unterrichts gekommen und fühlte mich in meinem damaligen Bestreben, "Perry Rhodan" in allen fünf Auflagen zu sammeln, jedes Mal mehr bestärkt.
Alle meine Schulkameraden, die nach der Schule zum Buch griffen, haben absichtlich das gelesen, was sie nicht hätten "lesen sollen".
Und alle, die späterhin die "hohe" Literatur für sich entdeckt haben, haben es trotz des Schulunterrichts getan und nicht wegen.

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#15 Gast_Michael Iwoleit_*

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:21

So gut wie jede Idee ist in der Science Fiction schon da gewesen.


Wahrscheinlich widerspreche ich Dir mit folgender Aussage gar nicht mal, aber zur Klarstellung:
Ich würde das nicht pauschal unterschreiben. Ich führe gern den Nachweis, daß sich bei Alice
Sheldon, Greg Egan, Ted Chiang und einigen anderen hier und dort Ideen - oder vielleicht
besser: Konzepte - finden lassen, die nie zuvor in der SF vorgekommen sind.

Man kann Autoren keinen Vorwurf machen, wenn sie entweder bewusst solche Ideen aufgreifen
oder feststellen, dass es ihre Ideen schon vorher gegeben hat resp. Kollegen parallel die gleichen
Ideen umsetzen.


Einen solchen Vorwurf habe ich gar nicht beabsichtigt. Mit Exploitation habe ich etwas anderes
gemeint. Vielleicht habe ich's nicht klar genug gemacht, deshalb hier der Versuch einer Präzisierung:

Es ist eine Sache, wenn sich ein Autor aus persönlicher Neigung und Interesse mit Ideen beschäftigt,
die schon einmal da waren. Das tun wir alle mehr oder weniger. Von Exploitation würde ich erst
reden, wenn sich ein Autor systematisch an Ideen und Themen anhängt, die ihm im gegebenen
Moment am erfolgsversprechendsten erscheinen, unabhängig von eigener Neigung und Kreativitöt.
Die Übergänge vom einen zum anderen sind sicher fließend.

In diesem Sinne würde ich auch Dirk nicht als Exploitation-Autor bezeichnen, sondern schlicht
als Anhänger einer bestimmten Spielart der SF, die ihm so viel Spaß macht, daß wenig anderes
dagegen ankommt :smokin:

Gruß
MKI

#16 Diboo

Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:23

Von Exploitation würde ich erst
reden, wenn sich ein Autor systematisch an Ideen und Themen anhängt, die ihm im gegebenen
Moment am erfolgsversprechendsten erscheinen, unabhängig von eigener Neigung und Kreativitöt.


Ah so. Das sind diejenigen, die ich "Schreibautomaten" nenne. Jetzt verstehe ich Dich besser.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
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#17 Stormking

Stormking

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:24

Ein Buch ist erst einmal ein Kulturgut und lange, lange danach, wenn überhaupt, eine Ware.

Sorry Michael, aber das ist entweder hoffnungslos naiv oder verdammt halsstarrig. Bücher sind Kulturgüter *und* Ware (besser: Konsumartikel). Welche Gewichtung man diesen zwei Rollen gibt, ist eine höchst individuelle Sache. Auch Du als Freund der hohen Kunst wirst zumindest zur Kenntnis nehmen müssen, daß Bücher für viele Menschen eine Ware sind, eventuell sogar primär. Und damit sind nicht nur die Staplerfahrer im Lagerhaus von Amazon gemeint.

#18 MoiN

MoiN

    Galaktonaut

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:24

Gruß
Thomas


*Grins*

Während ich eine Antwort formulierte, hast du genau das geschrieben, was im wesentlichen auch in meiner stand.

Deswegen werfe ich die mal in den Mülleimer und verkürze auf ein "Grundsätzlich-ähnliche-sehe" ! :smokin:

Bearbeitet von MoiN, 11 Oktober 2010 - 11:27.

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#19 Diboo

Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:28

Sorry Michael, aber das ist entweder hoffnungslos naiv oder verdammt halsstarrig. Bücher sind Kulturgüter *und* Ware (besser: Konsumartikel). Welche Gewichtung man diesen zwei Rollen gibt, ist eine höchst individuelle Sache. Auch Du als Freund der hohen Kunst wirst zumindest zur Kenntnis nehmen müssen, daß Bücher für viele Menschen eine Ware sind, eventuell sogar primär. Und damit sind nicht nur die Staplerfahrer im Lagerhaus von Amazon gemeint.


Jede Form von Kultur ist grundsätzlich eine Ware, denn es gibt ein Angebot und eine Nachfrage. Und daran ist doch gar nichts schlechtes. Ich habe das Gefühl, dass es ein vielen linken Autoren innewohnender antikapitalistischer Reflex ist, der sie darauf beharren lässt, zwischen Kulturgut und Konsumgut zu unterscheiden. ALLES wird konsumiert. Konsum hat sehr viele differenzierte Ausdrucksformen, aber Konsum ist es weiterhin. Auch Joyce hat für einen Markt geschrieben, sonst hätte er nie zugestimmt, dass seine Texte auch veröffentlicht werden. It's a simple fact, Bob.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

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#20 molosovsky

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:28

Als bekennender Exploitation-Autor - in meinen Romane findet sich nicht ein Funke sonderlicher Originalität! - kann ich nur sagen: JA! Und: Es macht großen Spaß!


Einspruch: Ich bin mit "Tentakelschatten" jetzt zu einem Drittel durch und traue mich jetzt schon sagen, dass Du den meisten anderen *reinen U-Autoren* (die ich in den letzten Monaten verköstigt habe, und die von großen Verlagen mit höherer Auflagenzahl vertreiben werden) in Sachen Erzähl-Ökononomie was voraus hast. Du nervst nicht mit Redundanzen und *Füllmaterial*-Geblah, sondern bietest einen fein straff organisierten Bumm-Bumm-Garn.

Was ich sagen will: auch auf dem Gebiet der puren *hirnlosen* Unterhaltungsware gibts Hui und Pfui, also Qualitätsmerkmale. Und ich ziehe ein ordentlich durchgezogenes Popkorn-Lesefutter einem mauen E-Literaturwerk jederzeit vor.

Grüße
Alex / molo

ERGÄNZ zu Michael Iwoleit:
Dass Romane erstmal eine Kulturware sind, ist ein sehr schönes und anstrebsames Ideal, das aber leider leider leider vom tatsächlich stattfindenen Buchmarkt nicht gestützt wird, zumindest nicht von den tonangebenden Big Playern (von denen höchstens als Lippenbekenntnis, wenn es z.B. um Interessens-Lancierung in Sachen Neues Verwertungsrecht™ geht.)

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

Mehr Gesabbel von mir gibts in der molochronik

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#21 Diboo

Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:33

Du nervst nicht mit Redundanzen und *Füllmaterial*-Geblah, sondern bietest einen fein straff organisierten Bumm-Bumm-Garn.


Danke, das liegt aber auch nur daran, dass der blöde Latz nicht nach Worten zahlt. Würde er, sähe das ganz anders aus :smokin:

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#22 Stormking

Stormking

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:35

Und alle, die späterhin die "hohe" Literatur für sich entdeckt haben, haben es trotz des Schulunterrichts getan und nicht wegen.

Dem stimme ich zu. Der deutsche Literaturunterricht war zumindest zu meiner Zeit vor zehn bis fünfzehn Jahren dank seiner Fixierung auf ausführlichste, oft ins absurde abgleitende Textinterpretation höchstens dazu geeignet, einem jegliches Interesse am Lesen nachhaltig auszutreiben. Mit Anbiederung an die Jugend durch Behandlung von Trivialliteratur hat das nichts zu tun, das gab's damals nicht. Da wurde gehorsam der Kanon deutscher Hochliteratur durchgenommen, wie es sich gehört. :smokin:

Bearbeitet von Stormking, 11 Oktober 2010 - 11:37.


#23 Gast_Michael Iwoleit_*

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:43

Ich glaube, dass heutzutage in den Schulen (die ich kenne) der Literaturunterricht kaum existiert. Woher sollen also Kinder
und Jugendliche vermittelt bekommen, was Hochkultur am literarischen Markt ist? Die Lehrpläne biedern sich sich mit den
(von uns als qualitativ bedenklichen) Teilen der Literatur dem Jugendlichen an, in dem Autoren zum Unterricht verwendet
werden, die (unseren) Ansprüchen nicht genügen würden. Man senkt die Ansprüche um (so der Plan) wenigstens etwas
an Literaturinteresse zu retten. Woher soll also ein hoher Anspruch kommen?


Das läßt sich mit ein paar Sätzen sicher nicht beantworten. Generell halte ich es immer für am sinnvollsten, die Jugendlichen
nicht mit Faktenwissen oder Bildungskanons vollzustopfen, sondern zu einem eigenen Urteilsvermögen zu erziehen und
dafür Ihre Aufnahmefähigkeit und ihren kritischen Sinn möglichst weit gespannt zu schulen. Und dazu müßte der traditionelle
Bildungskanon mal gründlich entstaubt werden. Die Welt und die Kulturen sind enger zusammengerückt. Heute schadet ein
eingeschränkter bildungsbürgerlicher/eurozentrischer Blickwinkel nur. Will sagen, die Schüler sollten nicht nur etwas über
Klassiker sondern auch über Genreliteratur lernen, sie sollten nicht nur europäische oder amerikanische Topnotches lesen,
sondern auch asiatische oder afrikanische Literatur, damit sie kulturell etwas mehr auf die Welt vorbereitet sind, mit der
sie es heutzutage unweigerlich zu tun bekommen werden.

Ich weiß, alles sehr utopisch und allgemein, aber vielleicht verstehst Du, worauf ich hinaus will.

Gruß
MKI

#24 Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:46

Ich weiß, alles sehr utopisch und allgemein, aber vielleicht verstehst Du, worauf ich hinaus will.


Vor allem aber bräuchte es Lehrer, die überzeugend vorleben, dass sie die Werke, die sie da auf ihrem Stundenplan verhackstücken müssen, auch wirklich gut finden. Etwas Leidenschaft für sie entwickeln und zeigen. Und nicht ein Curriculum abarbeiten, um Vorgaben zu erfüllen.
Ja, auch das ist sicher nur eine Utopie :smokin:

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#25 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 11:49

ALLES wird konsumiert. Konsum hat sehr viele differenzierte Ausdrucksformen, aber Konsum ist es weiterhin.
Auch Joyce hat für einen Markt geschrieben, sonst hätte er nie zugestimmt, dass seine Texte auch veröffentlicht
werden. It's a simple fact, Bob.


Ok, akzeptiert. Aber ein völliges Zusammenschneiden auf den rein kommerziellen Aspekt, der nun mal jedem
irgendwie produzierten Ding anhaftet, ist genauso einseitig. Deshalb nenne ich immer wieder gern als
Gegenbeispiel Autoren, die - um Deinem Argument etwas entgegenzukommen - mindestens so gute Künstler
sind wie Geschäftsleute. Daß sich das kategorisch ausschließt, würde nicht mal ich in meinem jugendlichen
Leichtsinn behauptet. Dafür wäre ja schon der aktuelle Literatur-Nobelpreisträger das beste Gegenbeispiel.

#26 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 12:01

Ich lese, weil ich abschalten will und Vergnügen empfinden. Ich weiß, wobei ich Vergnügen empfinde, ich bin da
sehr einfach gestrickt: Es muss rummsen, es braucht Raumschiffe, es braucht die Bösen und die Guten, scharfe Mädels
schaden nicht, Aliens wären auch gut. Also wähle ich meine Lektüre unter diesem Aspekt aus. Für Experimente habe ich
angesichts meiner nur knapp bemessenen Lesezeit keinen Freiraum. Es muss klicken, und zwar sofort.


Obwohl Du's mir vielleicht nicht glaubst, habe ich damit keinerlei Problem - solang sich einer wie Du bewußt ist,
was er macht und wieso. Der Unterschied zwischen uns ist wahrscheinlich, daß ich einen Großteil meiner Zeit lese,
einfach weil's zum Job gehört. Wahrscheinlich bin ich ein viel, viel faulerer Leser als Du. Wenn ich abschalten will,
ist mir Lesen viel zu anstrengend, dann schaue ich mir blöde Filme auf Youtube an. Ich bin ein ausgesprochener
Langsamleser. Wenn ich mich zum Lesen aufraffe, müssen möglichst viele Kanäle gefüttert werden, sonst lohnt
sich der Aufwand nicht :smokin:

#27 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 12:15

Vor allem aber bräuchte es Lehrer, die überzeugend vorleben, dass sie die Werke, die sie da auf ihrem Stundenplan
verhackstücken müssen, auch wirklich gut finden. Etwas Leidenschaft für sie entwickeln und zeigen.


Stell Dir vor, wie gründlich die Ausbildung und Arbeitsbedingungen von Lehrern umgekrempelt werden müßten,
um derlei möglich zu machen. Heute herrschen bei uns eher Bedingungen, die das Gegenteil bewirken. Vor
nicht allzu langer Zeit wurde eine Realschullehrerin (sorry, mußt Du mir so glauben - habe die Daten nicht
mehr zur Hand) strafversetzt, weil sie ihre Schüler derart für die Mathematik begeisterte, daß keiner schlechtere
Noten als 3 schrieb. Die Versetzung wurde damit begründet, daß die Schule differenzieren und nicht gleichmachen
solle.

Der Wunsch nach einer, sagen wir mal, "interkulturellen Kompetenz", zu dem Literatur- und Kulturunterricht
zumindest ein wenig beitragen könnten, ist übrigens kein weltfremder Idealismus, sondern hat praktische
Bedeutung. Aus eigener Erfahrung in der Werbeagentur weiß ich, wie leicht man z.B. mit einem Chinesen
über die banalsten Dinge der Welt aneinanderrasseln kann. Und dabei ging's nur ums Mittagessen und alle
Beteiligten wollten aufrichtig einfach nett zueinander sein.

Wenn wir bei solchen Dingen nicht aufpassen, tappen unsere Kinder oder Enkel irgendwann wie die kompletten
Deppen durch eine Welt, von der sie nichts verstehen.

Bearbeitet von Michael Iwoleit, 11 Oktober 2010 - 12:17.


#28 Diboo

Diboo

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 12:18

Wenn wir bei solchen Dingen nicht aufpassen, tappen unsere Kinder oder Enkel irgendwann wie die kompletten
Deppen durch eine Welt, von der sie nichts verstehen.


Ja, da gibt es einige Fallstricke. Z. B. wenn man als Vegetarier in Kasachstan einen Schafskopf vorgesetzt bekommt und alle einen auffordernd anstarren, weil man als Ehrengast die Augen ausstechen und als Leckerlis an die wichtigsten Tischgäste verteilen soll.

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#29 MoiN

MoiN

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 12:22

Wenn wir bei solchen Dingen nicht aufpassen, tappen unsere Kinder oder Enkel irgendwann wie die kompletten
Deppen durch eine Welt, von der sie nichts verstehen.


Tun wir alle das nicht schon heute - und in zunehmenden Maße?

Wer versteht schon WIRKLICH - und die Betonung liegt auf wirklich - , wie z.B. das Internet funktioniert. Oder die Mobilfunknetze?

Wir nutzen es alle. Aber was WIRKLICH hinter den Kulissen vor sich geht, weiß vielleicht nur eine Minderheit von - ich möchte fast sagen - Hohepriestern. :smokin:

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#30 Lucardus

Lucardus

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Geschrieben 11 Oktober 2010 - 12:36

Nun, ich bin in den Genuss solchen Unterrichts gekommen und fühlte mich in meinem damaligen Bestreben, "Perry Rhodan" in allen fünf Auflagen zu sammeln, jedes Mal mehr bestärkt.
Alle meine Schulkameraden, die nach der Schule zum Buch griffen, haben absichtlich das gelesen, was sie nicht hätten "lesen sollen".
Und alle, die späterhin die "hohe" Literatur für sich entdeckt haben, haben es trotz des Schulunterrichts getan und nicht wegen.


Exakt. Ich kann mich, abgesehen von dem Musical (?) War of the Worlds, das wir damals im Englisch-Unterricht "durchgenommen" haben und dass wir in einer ziemlich miesen Qualität auch heimlich auf Kassette kopiert haben, an so gut wie keine Lektüre erinnern, die ich aus dem Unterricht ins Leben mitgenommen hätte. Und ich war schon immer eine Leseratte. Wer durch unsere Schule Spaß am Lesen finden soll, wird es immer als ungefähr gleich mühsam wie das Erlernen höherer Mathematik erleben.

Meiner Ansicht nach, wäre es einfach besser den Kindern / Schülern die Lust am Lesen zu vermitteln als die "richtige Literatur" zu zeigen. Das finden die schon selbst für sich. Alles was Spaß macht, wird viel leichter angenommen. In der Grundschule ist unsere ganze Klasse mit der Lehrerin mal in die Stadtbücherei gegangen. Das war ein Wendepunkt in meinem Leben. Es hat aber keiner gesagt: "Lies das, das ist gut für dich" ...

Das läuft jetzt wieder Off Topic, sorry, ich werde gleich noch was zum eigentlichen Thread-Thema schreiben.
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