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China Mieville: Die Stadt und die Stadt


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78 Antworten in diesem Thema

#61 Morn

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Geschrieben 11 November 2010 - 10:48

Ich koennte mit vorstellen, dass weniger die Krimihandlung als die Idee und der Stil bei der Auszeichnung eine Rolle spielten.

#62 lapismont

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Geschrieben 11 November 2010 - 10:57

Bin seit gestern am Lesen. Eure Meinungen hier sind sehr interessant, auf Amtraniks Einschätzung hätte ich wetten können. :P Ich habe den Kurzgeschichtenband von Mieville gelesen, insofern gab es für mich nicht so den großen Bruch zu den Baslag-Werken. Von den wandelnden Straßen hin zum Nichtsehen einer ganzen Stadt ist es gedanklich nicht so der große Schritt, daher find ich es werkspezifisch nur schlüssig. Die Idee ist natürlich klasse. Die Ausführungen von Lomax zur Sichtbarkeit, aber ganz besonders zur Trennung von politischer und geographischen Zugehörigkeit, dürften Mievilles Basis recht gut treffen. Er fabuliert das ganz nett und spannungssteigernd in den Krimi hinein. Die Krimihandlung selbst atmet für mich sehr viel England aus. Ich habe da im Kopf diese typischen Vorstadtbilder mit den kaputten Sozialwohnungen, kaputten Jugendbanden und verlorener Ordnung. Durchaus etwas, dass man als Innenstadtbewohner nichtsieht. Zumindest bis zu meinem jetzigen Lesestand S.83, lese ich das Buch als Metapher der Parallelgesellschaften einer typischen Großstadt, wo es ganze Viertel gibt, die tagsüber von anderen Bevölkerungsschichten beherrscht werden als des Nachts. Es ist ja sogar so, dass die Stadt komplett anders tickt in den Stunden des Berufsverkehrs als dazwischen. Ob der Krimi als Krimi taugt ist mir als Phantastik-Leser eher wurscht. :(
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#63 Lomax

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Geschrieben 11 November 2010 - 14:14

Waren alle anderen für die Preise in Frage kommenden Bücher schlechter oder spielt der Name des Autors eine größere Rolle als die Leistung?

Ich denke mal, wie man das Buch bewertet und insbesondere wie preiswürdig man es ansieht, hängt nicht zuletzt davon ab, worauf man dabei schaut. Dass der Unterschied nicht zuletzt in der Perspektive des Betrachters liegt, ist mir vor allem wieder an Amtraniks Äußerung deutlich geworden: "Denke mal es ist grundsätzlich kein so gutes Zeichen für einen Roman wenn die Leser recht schnell alternative Ideen für den Handlungsaufbau im Sinn haben".
Da wurde mir nämlich bewusst, dass das Buch auch bei mir die "Assoziationsmaschine" angeworfen hat und ich in Gedanken mit anderen Möglichkeiten experimentiert habe - allerdings kein einziges Mal für die Krimihandlung, sondern immer nur dann, wenn ich mir überlegt habe, wie so ein Gebilde wie diese Stadt historisch entstanden sein könnte, wie so ein "Nichtsehen" funktionieren könnte bzw. wie sich so etwas organisieren ließe, wenn es schon nicht so klappt, wie Mieville es beschreibt.
Ich bin da also voll auf den Hintergrundzug aufgesprungen und habe die Krimihandlung eher als nettes Nebenbei wahrgenommen, als ein Vehikel, das durch den eigentlich Text führt, das aber nicht der eigentliche Inhalt des Textes ist. Klar habe ich mir auch über die Krimihandlung Gedanken gemacht, habe mir überlegt, was die Auflösung sein könnte, fand die Anspielungen auf klassiche Verschwörungstheorien ganz interessant - aber der Vordergrundplot hat mich nie so sehr interessiert, dass ich auf die Idee gekommen wäre, mir zu überlegen, wie man ihn besser machen könnte. Wichtiger war mir eigentlich, dass er nicht das eigentliche Buch gestört hat, sondern einen hinreichenden Roten Faden abgab. Und die dramaturgische Rolle, die der Plot für mich in dem Buch hatte, hat er auch adäquat ausgefüllt. Nicht brillant, aber er erfüllt halt seinen Zweck und lenkt nicht vom Wesentlichen ab.

Vermutlich nimmt man das Buch einfach anders wahr, wenn man auf eine andere Ebene fokussiert. Und zwar ohne dass ich jetzt blind wäre für die Schwächen des Krimiplots - ich würde jetzt auch nicht sagen, dass es Mievielles bestes Werk ist. Aber es funktioniert für mich halt auf einer ganz anderen Ebene als der, wo die Schwächen liegen.
Da stört es mich dann auch weniger, dass Dinge nur angerissen und Fragen aufgeworfen, nicht ausdiskutiert werden. Auch das wurde als Kritikpunkt ja mal angesprochen - im Gegenteil reizen mich intelligent aufgeworfene Fragen deutlich mehr als solche, die im Buch zu platt ausgeleuchtet und beantwortet werden. Im Unterschied beispielsweise zu Richard Morgan, dessen Bücher meines Empfindens nach besser wären, wenn er die tiefgründigeren Fragen darin allenfalls anreißen und ansonsten rechtzeitig wieder die Finger davon lassen würde.
Als Krimi hätte der Roman vermutlich keinen Preis verdient. Aber das ist sicher nicht die einzige Art, das Buch zu lesen.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#64 Susanne11

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Geschrieben 11 November 2010 - 14:48

Ich bin da also voll auf den Hintergrundzug aufgesprungen und habe die Krimihandlung eher als nettes Nebenbei wahrgenommen, als ein Vehikel, das durch den eigentlich Text führt, das aber nicht der eigentliche Inhalt des Textes ist. Klar habe ich mir auch über die Krimihandlung Gedanken gemacht, habe mir überlegt, was die Auflösung sein könnte, fand die Anspielungen auf klassiche Verschwörungstheorien ganz interessant - aber der Vordergrundplot hat mich nie so sehr interessiert, dass ich auf die Idee gekommen wäre, mir zu überlegen, wie man ihn besser machen könnte. Wichtiger war mir eigentlich, dass er nicht das eigentliche Buch gestört hat, sondern einen hinreichenden Roten Faden abgab. Und die dramaturgische Rolle, die der Plot für mich in dem Buch hatte, hat er auch adäquat ausgefüllt. Nicht brillant, aber er erfüllt halt seinen Zweck und lenkt nicht vom Wesentlichen ab.

Vermutlich nimmt man das Buch einfach anders wahr, wenn man auf eine andere Ebene fokussiert. Und zwar ohne dass ich jetzt blind wäre für die Schwächen des Krimiplots - ich würde jetzt auch nicht sagen, dass es Mievielles bestes Werk ist. Aber es funktioniert für mich halt auf einer ganz anderen Ebene als der, wo die Schwächen liegen.
Da stört es mich dann auch weniger, dass Dinge nur angerissen und Fragen aufgeworfen, nicht ausdiskutiert werden. Auch das wurde als Kritikpunkt ja mal angesprochen - im Gegenteil reizen mich intelligent aufgeworfene Fragen deutlich mehr als solche, die im Buch zu platt ausgeleuchtet und beantwortet werden. Im Unterschied beispielsweise zu Richard Morgan, dessen Bücher meines Empfindens nach besser wären, wenn er die tiefgründigeren Fragen darin allenfalls anreißen und ansonsten rechtzeitig wieder die Finger davon lassen würde.
Als Krimi hätte der Roman vermutlich keinen Preis verdient. Aber das ist sicher nicht die einzige Art, das Buch zu lesen.


Ich habe das Buch nicht als Krimi gelesen. Wenn dem so wäre, hätte ich es nicht mal in die Hand genommen, denn ich mag keine Krimis. Das Zusammenspiel zwischen der Krimihandlung und der Realitätskonstruktion ist nicht so gut geglückt.

Ich finde "Die Stadt und die Stadt" nicht schlecht, ich habe es gerne gelesen und fand die Beschreibungen der Städte und wie sie funktionieren sehr spannend. Aber wenn ein Buch gleich 2 so wichtige Preise bekommt, dann erwarte ich, dass alle Ebenen des Buches sehr gut sind. "Erfüllt seinen Zweck und lenkt nicht vom Wesentlichen ab" für den Krimiteil ist mir zu wenig.

Ein Beispiel, wie man eine phantastische Handlung perfekt mit einem Krimi verweben kann, ist - "Gewitter über Pluto" von Heinrich Steinfest.

Bei China Miéville (und Neil Gaiman) habe ich den Eindruck, dass sie für alles, was sie schreiben, einen Preis kriegen - weil sie den Namen haben.

Bearbeitet von TrashStar, 11 November 2010 - 14:48.


#65 Rusch

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Geschrieben 11 November 2010 - 15:31

Man sollte solche Preise nicht überbewerten - ganz besonders den Hugo und den Locus Award nicht. Beide Preise sind Leserawards und sie spiegeln den Zeitgeschmack einer weitestgehend amerikanischen Leserschaft wieder. Es gibt einige Hugo Gewinner bei denen ich mir gedacht habe: Naja, das war ja nicht so der Bringer. Es ist halt immer auch Geschmacksache.

#66 molosovsky

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Geschrieben 11 November 2010 - 16:50

Als bekennder Miéville-Fan kann ich mich freilich nicht beschweren, dass China Preise einheimst. Dennoch kann ich verstehen, dass die Preis-Fülle für ihn wunderlich erscheinen mag. Meine Erklärungsansätze: 1) Lomax hat schon gut vorgearbeitet. Vielleicht sind die anglo-amerikanischen Leser-Wähler so begeistert von *ihrem* China, weil er bemerkenswert vielschichtige Arbeiten vorlegt. 2) Desweiteren fiele mir ein, dass Miéville dadurch hervorsticht, für jedes neue Werk einen merklich neuen Stil zu entwickeln. 3) Zuletzt könnte man vermuten, dass TC&TC auf eine für sozio-kulturelle Schieflagen sensibilisierte Leserschaft trifft, die es zu schätzen weiß, wie Miéville gesellschaftliche Problematik thematisiert. Grüße Alex / molo

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#67 Susanne11

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Geschrieben 11 November 2010 - 18:46

Meine Erklärungsansätze:
3) Zuletzt könnte man vermuten, dass TC&TC auf eine für sozio-kulturelle Schieflagen sensibilisierte Leserschaft trifft, die es zu schätzen weiß, wie Miéville gesellschaftliche Problematik thematisiert.

Die Hinweise auf gesellschaftliche Problematiken habe ich komplett überlesen. Mich hat vorzugsweise der wahrnehmungspsychologische Aspekt interessiert - wenn ich das mal mit diesem Wort bezeichnen darf. Und diese Beschreibungen fand ich teilweise genial.
Das Thema heißt "Bewusstsein" - wie ist es konditionierbar und wie erschafft es die Welt.

Folgender Satz scheint mir ein Schlüsselsatz zu sein "Nicht wir sind es, nicht ausschließlich jedenfalls, die die Grenze zwischen ihnen (den Städten) aufrechterhalten, alle helfen mit, alle Bürger von Beszel und Ul Qoma. ... Weil alle daran glauben, weil niemand sich erlaubt zu zweifeln, deshalb funktioniert es. Wenn man aber Grenzbruch begeht, auch ohne es zu wollen, für länger als einen Augenblick, gibt es kein zurück mehr."

Das ist nicht nur ein politisches, sondern auch ein philosophisches bzw. okkultes Thema. Er schreibt zum Schluß "Wir sind alle Philosophen hier."

PKD schrieb "Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört daran zu glauben." Von daher ist es sinnvoll, mit einer Leiche anzufangen und mit einem Filosofen aufzuhören.

Der Rest ist offen. Schön wäre es, wenn die aus dem gesellschaftlichen Käfig Befreiten mit ihrer Freiheit auch noch etwas anderes anzufangen wüßten als nur die Käfigtüren ihrer Mitmenschen zu bewachen. :(

Bearbeitet von TrashStar, 11 November 2010 - 18:48.


#68 Amtranik

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Geschrieben 11 November 2010 - 18:52

Ich würde sagen, die Preise hat er doch sicherlich für die innovative Idee bekommen. Anders kann ichs mir nicht vorstellen. Mir persönlich sagen halt erher die SF-Weltschöpfungen ala Reynolds,Banks,Stross,Hamilton etc zu. Bei Supernova von Stross zb das ich unlängst las war ich von der Krimihandlung eigentlich auch nicht so unbedingt angetan. Jedoch hat mich das Setting, die beschreibungen der Raumfahrt der Techniken der fernen Zukunft sehr begeistert. In etwa so stelle ich mir vor, warum Leser wie Pogoguschel, Trashstar oder Molo den Roman derart geniessen konnten, trotz der eher faden Krimihandlung. Mir gehts da mit dem anderen Genre ähnlich. Einem Troy-Castro bspw würde ich das nicht durchgehn lassen - weil seine Romane ( der zweite noch mehr als der erste ) eigentlich von der Krimihandlung leben. Sie sind leidlich SF - eher mehr Krimis. Das merkt man auch an der im verhältnis zu Hamilton und Stross eher dünnen beschreibung der Alltagszukunft, der Technik etc etc. Beschreibungen von Wundern, Magie und allerlei Zauberei die letztlich nicht erklärt werden muß weil nicht erklärt werden kann oder wie auch immer ist meines nicht unbedingt. Erscheint mir einfach zu willkürlich. Egal. Ich bin mir nicht so sicher ob Mieville nochmal an die Qualität von Perdido Street Station oder The Scar herankommen wird. Ich würds mir wünschen - aber iin dieser Qualität würde ich jederzeit Autoren wie Banks,Reynolds,Stross,Wilson und wie se alle heißen, die noch richtische SF schreiben vorziehn.

#69 lapismont

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Geschrieben 17 November 2010 - 07:48

Stand Kapitel 18, Borlú und Dhatt raufen sich zusammen. Mieville nutzt die Krimihandlung sehr geschickt, die Doppelstadt vorzustellen. Gerade die abseitigen politischen Strömungen und wie man mit ihnen umgeht, offenbaren tiefere Züge der jeweiligen Gesellschaft. Es wäre Mieville schwer gefallen, dies mit einem anderen Plot sinnvoll einzubauen. Das ganze Flair erinnert mich stark an Maigret uns so stelle ich mir Borlú auch in persona Jean Gabins vor. So alter französischer Krimi halt. Mieville schreibt sehr visuell. Selbst das Nichtsehen, wird immer deutlich beschrieben. Auch wenn ich wenig Ahnung von Krimis habe, ich finds spannend, so ein bisschen Germelshausen, ein bisschen Paris und das alles vermischt mit europäischer Kulturgeschichte. Mieville will uns wohl beweisen, dass er auch realistisch kann.
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#70 lapismont

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Geschrieben 19 November 2010 - 14:09

hier scheint ja schon wieder alles vorbei zu sein. :smokin: Nun, wenigstens mein kurzes Fazit: Spannende Phantastik, geniale Idee mit tiefer logischer Durchdringung, raffinierte Spiegelung der Realität. Gerade als Berliner finde ich die Zeichnung der neben- und ineinander existierenden Städte irgendwie berührend. Ich kann das irgendwie nachvollziehen. Hier im Thread wurde ja ein bisschen über den Krimiplot gemosert. Ich fand genial, dass Mieville recht zynisch die Bedeutung der Stadt&Stadt am Ende zurechtrückte.
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#71 Rusch

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Geschrieben 19 November 2010 - 14:18

Stimmt schon: Dass es am Ende nur ums Geld ging war eine interessante Wendung. All das Gerede von der dritten Stadt war Nonsense. Quasi eine Urban Legend.

#72 Morn

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Geschrieben 19 November 2010 - 14:47

Mieville will uns wohl beweisen, dass er auch realistisch kann.


Nun, wenigstens mein kurzes Fazit: Spannende Phantastik, geniale Idee mit tiefer logischer Durchdringung, raffinierte Spiegelung der Realität.


@ lapismont:

Ist es fuer Dich nun Phantastik oder nicht? Und warum? Molo hat dazu ja auch schon weiter oben etwas dazu geschrieben.

@ all:

Zaehlt es fuer Euch als Phantastik oder eher nicht? Und wenn das erstere der Fall ist, was ist das (die) phantastische(n) Element(e)?

#73 Susanne11

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Geschrieben 19 November 2010 - 15:13

@ all:
Zaehlt es fuer Euch als Phantastik oder eher nicht? Und wenn das erstere der Fall ist, was ist das (die) phantastische(n) Element(e)?

Darüber mache ich mir keine Gedanken, das ist mir schlichtweg egal.

#74 Rusch

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Geschrieben 19 November 2010 - 15:24

Natürlich ist das Phantastik, denn diese geteilte Stadt kann so nicht funktionieren. Es ist halt Phantastik im Sinne eines Kafka.

#75 Amtranik

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Geschrieben 19 November 2010 - 17:28

Phantastik natürlich. Ich fand das Buch insgesamt einfach langweilig, was aber eine Frage des Geschmacks ist.

#76 lapismont

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Geschrieben 19 November 2010 - 18:29

Schon Phantastik, aber halt auf der Erde im Jetzt. Kafka passt ebenso wie Kunkel oder Steuerversprechungen. Die phantastischen Elemente sind ja eher Simis Wiese, aber die grundlegende Idee der sich nichtsehenden Städte, der gesamte Regelwahnsinn, die ungeheure gesellschaftliche Selbstzensur, all das ist schon eine Verfremdung, Überhöhung.
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#77 molosovsky

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Geschrieben 19 November 2010 - 22:09

Kleine Details sind an sich schon richtig Fantasy, also magisch-wundersam. Ich sage nur Eidechsen überleben †™nen Grenzwechsel nicht, andere Viecher schon. Handlung und Milieus erschienen mir ziemlich realistisch. Siehe ›Erdung‹ durch Krimi-Prozedur, durch handfeste und durchaus anschaulich bekannte politische Fraktionen, geschäftliche, kulturelle Interessen. Phantastisch ist für mich die Idee, dass eben eine ganze Stadtbevölkerung (†¦ bzw. zwei wenn man eben Besžel- & Ul Qoma-Bevölkerung je für sich nimmt (†¦ das heißt: eigentlich drei, denn die Breach-Leute sind ja eine Dazwischen-Big Brother-Population für sich (†¦ moooooment: da sind ja dann noch die ›normalen‹ Leuts, dargestellt durch z.B. die Besucher aus dem Ausland, für die die ganze Stadt & Stadt & Breach-Kiste als unglaublich kurios erscheint †¦ obwohl die sind in ihrer dramaturgischen Funktion sowas wie ein Kontrastmittel †¦) †¦) †¦) durch die Art ihrer sozio-kulturellen Konditionierung zugleich ineinander & nebeneinander dabei aber aneinander vorbei leben kann. Wenn man †” wie das hier ja einige vermeldet haben †” anerkennt, wie es der Roman schafft, auf die vertrauten und deshalb im blinden Fleck schlummernden Alltags-Ignoranzen aufmerksam zu machen, indem diese hier ›phantastisch‹ enorm übertrieben und inflation- & extrapol-iert werden, dann kann ich meine Begeisterung und die anderer Leser (und Preisverleiher) durchaus nachvollziehen. Grüße Alex / molo

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#78 Pogopuschel

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Geschrieben 19 November 2010 - 23:37

durch die Art ihrer sozio-kulturellen Konditionierung zugleich ineinander & nebeneinander dabei aber aneinander vorbei leben kann.


Praktisch als Parallelgesellschaft. Kommt mir irgendwie bekannt vor, wobei Mieviélle es natürlich auf die Spitze treibt. Aus meinen Erfarhungen in Brasilien kann ich nur sagen, dass es so etwas - natürlich in abgeschwächter Form, nicht so absolut - durchaus im realen Leben gibt, inklusive Konditionierung.

#79 paliato

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Geschrieben 28 November 2010 - 03:49

Moin! Jetzt habe ich es nur vereinzelt mal geschafft, reinzugucken und bin selbst erst heute mit dem letzten Batzen des Buches fertig geworden. Bin nun zum Abschluss mehr als zufrieden damit, wie die Handlung aufgelöst wurde und sich einige Fragen (was ist Ahnung/Breach) dann doch endlich noch klären. Die Aufklärung der Kriminalhandlung ist tatsächlich nicht spektakulär, aber glaubhaft und das Drumherum bzw das Wie ist sowieso wesentlich interessanter. Ich denke es wird (nicht erst da, aber dann doch offensichtlich) klar, dass die Trennung der Stadt/Städte eine Sache ist, die sich in den Köpfen der Menschen abspielt und sich in ihrem Verhalten widerspiegelt. Dieses irgendwo ja alltägliche Verhalten so krass zu betonen, eine Welt zu erschaffen, in der das Nicht-Sehen (wir würden im alltag wohl eher von übersehen oder unbewusstem Wahrnehmen sprechen) der 'anderen' zu einer allgegenwärtigen und bewussten Trennung, zu einem unabhängigen Entwickeln zweier Kulturen im geographisch gleichen Raum (auch das ganz und gar nicht abwegig, man denke an all die Menschen, die man im Alltag "nicht-sieht", weil sie nicht dem eigenen Kulturkreis, dem eigenen Umfeld entstammen oder einfach, weil sie einem egal sind, wie selbstverständlich man diesen ausweicht, ohne wirklich zu registrieren, dass oder warum man es tut), ist die eigentliche Leistung und Relevanz China Mievilles mit diesem Roman. Eigentlich bleibt mir nur eine Frage, die nicht in der Geschichte selbst (ob direkt oder indirekt) beantwortet wurde: Welche Sanktionen kennt Ahnung? Ashil betont ja gegenüber Borlú, dass es nur selten vorkommt, dass ein Grenzbrecher rekrutiert wird und dass Ahnung verschiedene Sanktionen für all die anderen Grenzbrecher kennt. Doch wird ja auch immer wieder betont, dass man diese nie wieder sieht in der jeweiligen Stadt. Was also sind die Sanktionen? Verbannung? Wie wird dann jegliche Kontaktaufnahme verhindert? Selbst wenn man annimmt, dass schwere Grenzbrüche mit dem Tode bestraft werden, bleiben doch aufgrund der Aussage Ashils noch andere Sanktionen übrig. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Ahnung bei dem eh schon geringen Personal noch geheime eigene Gefängnisse betreibt. Hat jemand Ideen? Und minimal sauer aufgestoßen ist mir dann auch die Plot-Device des windows-ähnlichen Betriebssystems auf einem 486er in der Zentrale Ahnungs, mit dem jede Zugangssperre sich einfach überwinden lässt. Imho etwa weit hergeholt und wäre an der Stelle auch gar nicht nötig gewesen, da Borlú ja nicht explizit eine bestimmte gesperrte Seite besucht und dort wichtige Informationen holt. Insgesamt ein Buch, dessen Lektüre sich meiner Meinung nach aufgrund der spannenden Grundidee und deren Entwicklung sowie der zwar nicht hoch-innovativen, aber interessanten und gut erzählten Rahmenhandlung, sehr gelohnt hat. Ich mag es, wenn ich als Leser nicht schon 200 Seiten vor dem Protagonisten weiß, was Sache ist. Insofern ist auch die Wahl der ersten Person hier durchaus angebracht und hat mir gut gefallen. paliato


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