Schön, daß du zu deinen Schlußfolgerungen kommen kannst ohne den Prolog, der direkt in den letzten Absatz mündet, gelesen zu haben
Soeben nachgeholt.
Und...
Hmm...
Naja...
Es steht - mit dem Prolog zusammen, den letzten Absatz fand ich jetzt gar nicht mal
so furchtbar - völlig außer Frage, daß Monti hier viel,
viel,
viel zu dick aufträgt. (Gar vernichtend ließe sich jetzt wieder urteilen über die schriftstellerischen Fähigkeiten von jemandem, der sich dazu veranlaßt sieht, tiefe Trauer
gänzlich(!) unironisch unter einem Berg aus Grußkarten-Pathos zu begraben.
http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/dry.png )
Das ist tatsächlich sehr mies, um nicht zu sagen
schundig - also, der Prolog jetze. Da kriegt vielleicht jemand Kullertränchen im Augenwinkel, der bei Titanic Rotz und Wasser heult, aber bei 21 Gramm vor Langeweile einschläft - und wer will schon gerne
so jemand sein, huh? Wer möchte sich gerne als Leser von "seinem" Autor so behandelt fühlen?
Aaanyway...
So lächerlich, schmalztriefend und gnadenlos
übertrieben die Passage sein mag - so deutlich kann man auch herauslesen, daß Monti nicht unbedingt erreichen wollte, daß der Leser um unser aller Mausbiberle
bangt. Mit ihm trauert, ja, ganz sicher. Vielleicht um sein Seelenheil sich sorgt. Aber um sein
Leben fürchtet? (Und wenn er das
doch intendiert haben sollte... naja, es geht halt immer
noch schlimmer, als man bereit ist, anzunehmen, ne?
)
Jetzt könnte man natürlich sagen, daß es ja gerade der Cliffhanger sei, daß man nun ganz gespannt ist, wie Gucky diese Situation meistern wird. Schaun mer mal: A suspenseful situation occurring at the end of a chapter, scene, or episode. Ich lese den Prolog und die letzten Zeilen, und ich finde genau Null suspense. Ich würde die situation ja eher als dreadful bezeichnen - schon deshalb, weil diese Vokabel in ihren unterschiedlichen Übersetzungen auf sämtlichen Ebenen wunderbar paßt.
Nein, nein. Was uns der Autor hier mit grober(?
) Feder zu erkennen geben will, das ist, daß Gucky in einer tiefen psychologischen Krise steckt. Er will nicht mehr, er kann nicht mehr... und wer will und kann schon noch, wenn einem
so etwas passiert? Suizid- oder andere Lebensgefahr lese ich da nicht. Mensch, dann wäre ja jedes vierzehnjährige, vampirschmonzettenlesende Gör, daß gerade von seinem ersten
boyfriend verlassen wurde und darüber sein Tagebuch kritzelnderweise vollflennt - so liest sich der Prolog nämlich; so viel zur literarischen Qualität...
- suizidgefährdet. Jeder
Emo wäre suizidgefährdet. Ja, das
wären die vielleicht gerne...
Fazit: Ich würde bei einer Aufzählung der Dinge, die Monti in dieser Gucky-Passage... ähm... verkackt hat, nicht hinzunehmen, daß sein Cliffhanger ein lächerliches Knallerbschen geworden ist. Denn ein solcher war von ihm mit Sicherheit gar nicht vorgesehen. Auch
mit Prolog läßt sich das nicht reinlesen. Wirklich nicht. Wiederholung: Monti wollte sicher, daß wir als Leser mit Gucky zusammen todtraurig sind und ein wenig mitleiden. So gesehen wollte er sicher auch, daß wir uns ein wenig
Sorgen um Gucky machen, so, wie man sich Sorgen um einen guten Freund machte, dem ähnliches passierte. Er wollte uns aber bestimmt nicht in einer spannungsgeladenen Hopp-oder-Top-Situation hängenlassen. Dazu hätte Gucky sich noch einen Desintegrator an die Birne halten müssen, oder eine Packung Schlaftabletten in die Hand nehmen. Sowas in der Art. Ja, dann könnte man, wenn man denn unbedingt müßte, von einem Cliffhanger sprechen.
Sag' ich jetzt mal so.
So gesehen sollte man bei einer Romankritik die unerträgliche
sappiness der Gucky-Passage - und womöglich noch des restlichen Romans -
bekritteln. Und das auch gerne unbedingt, denn der Prolog jedenfalls liest sich gar grauslich, und ich habe zum x-ten Mal keinen Bock, die Handlung einzuholen. Wenn's jetzt aber wieder heißt "Laßt Gucky leben, ihr Schweine!", kommt man nicht umhin zu meinen, daß der selige Herr Feldhoff in seinem berühmt-berüchtigten Interview womöglich doch ziemlich wohl sprach, was die Leser und deren diverse Fähigkeiten angeht...
(Nicht, daß ich das
toll fände, daß er im Prinzip seine... nun ja...
Kunden als bessere Augen-von-links-nach-rechts-bewege-Roboter abqualifiziert hat - aber so manche, gerne auch kollektive, Leser-Reaktion kann auch einmal nachdenklich stimmen.)
Möglich, daß ich aus Mücken Elefanten mache, und diejenigen, die sich über den vermeintlichen Gucky-Todes-Cliffhanger echauffieren zu den Gespoilten zählen.
Bearbeitet von Echophage, 15 Januar 2011 - 16:45.