In Memoriam 60 W
#1
Geschrieben 01 September 2011 - 02:55
Ausgebrannt
"Unser Universum", sprach Webbel würdevoll, "ist eindeutig gekrümmt. Die neuesten Berechnungen ergeben, daß wir es uns als fast vollkommene Kugelschale vorzustellen haben."
"Fast vollkommen?" fragte Soster respektlos dazwischen.
"Nun, die Kugel ist nicht geschlossen, und zum offenen Ende hin ist sie eingebeult. Und dann scheint sie aufzuhören. Immerhin bringen die neuen Erkenntnisse uns um ein gutes Stück voran. Wir wissen jetzt, daß wir auf der äußeren Schale des Universums leben und daß die ständigen Veränderungen in der Helligkeit nicht von den Bewegungen eines schlafenden Gottes, sondern durch regelmäßige Energieschwankungen ausgelöst werden."
"Das hört sich gefährlich an", murmelte Ito und schielte nach unten.
Der Turm der Universität war so hoch, daß man durch die Fenster des obersten Raumes über den Rand der Lebenszone hinweg bis zur leuchtenden Leerfläche sehen konnte. Im Augenblick war die Helligkeit im Sinken begriffen - das Universum bot sich als weißgelb schimmernde Fläche dar, die sich bin in die Unendlichkeit zu erstrecken schien.
Ito erschauerte vor Ehrfurcht.
War es nicht vermessen, ein so wunderbares Gebilde wie das Universum berechnen zu wollen?
Was mochte dahinterliegen? In dem freien Raum, dem absoluten Nichts, der das Universum umschloß, und unter der leuchtenden Ebene? Gab es Leben auch auf der inneren Schale? Oder draußen, in der grauenhaften Leere? Niemand hatte es je geschafft, ins Innere des Universums vorzudringen, und die Abenteurer, die die äußere Leere erforschen wollten, waren nie zurückgekehrt. Man kannte zwei weitere Lebensinseln. Es mochte unzählige Völker geben, die die leuchtende Außenhülle des Universums bewohnten.
Ito erinnerte sich mit Unbehagen an die Warnungen der Propheten.
"Der Gott des Lichts", so hatte Dermick gesagt, "gab uns das Universum, damit wir es bewohnen. Niemand erteilte uns den Auftrag, die Geheimnisse des Lichtgottes zu ergründen. Nehmt euch in acht! Wenn ihr es versucht, wird die Rache euch furchtbar treffen!"
"Sehen wir uns das Ganze einmal im Modell an", sagte Webbel.
Ito schrak aus seinen Gedanken hoch. Er beobachtete, wie der Wissenschaftler ein Tuch von einem seltsam geformten Gebilde nahm. Eine schreckliche Vorahnung überkam ihn.
"Das", verkündete Webbel triumphierend, "ist das Universum!"
Es gab einen betäubenden Knall. Der Turm erbebte bis in seine Grundfesten und brach zusammen. Das Universum wurde von tiefer Finsternis ergriffen.
"Es stimmt!" schrie Ito, während er in die Tiefe stürzte. "Dermick hat recht! Das ist die Rache des Lichgottes!"
Dann ließ eisige Kälte sein Bewußtsein erlöschen.
---
"Im Heizungskeller ist eine Birne durchgebrannt", sagte der Mechaniker zu dem Mann, der ihn ablöste.
"Kein Wunder, wenn die Dinger Tag und Nacht eingeschaltet bleiben!"
"Ich bin noch nicht dazu gekommen, sie auszuwechseln."
"Ich erledige das schon. Mach, daß du nach Hause kommst!"
Und er ging in den Keller.
"Die ist ja schon fast museumsreif!" mumelte er und warf die alte, schmutzige Glühbirne in den Abfall.
Für alle Fans der 60 W und ihrer Artgenossen sehr zu empfehlen: Die Homepage der am längsten brennenden Glühbirne der Welt - sie wird gerade 110 Jahre alt! Und hier kann man sie sogar life sehen, rund um die Uhr (und hoffen, daß sie nicht gerade in dem Moment, wo man sich reinschaltet, ihr kleines leuchtendes Leben beendet).
#2
Geschrieben 01 September 2011 - 07:55
#3
Geschrieben 01 September 2011 - 16:52
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#4
Geschrieben 01 September 2011 - 20:53
Danke - gern geschehen!Schöne Geschichte ... vielen Dank für die Erfreuung am frühen Morgen.
So war das gedacht.Habe gelacht! Danke!
Man sieht: der denkbaren Universen gibt es viele - Platz ist auf der kleinsten Birne!
#5
Geschrieben 16 November 2011 - 18:49
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#6
Geschrieben 16 November 2011 - 20:50
Am dritten Tag der Schlange
"Was gibt es?" fragte Storb ärgerlich, als sein Erster Diener das Zimmer betrat.
"Heute ist der dritte Tag der Schlange, Herr", antwortete der Diener mit demütig gesenktem Kopf.
"Das ist kein Grund, mich zu stören!" fauchte Storb wütend. "Ich stecke mitten in meinen Berechnungen, und..."
"Verzeih, Herr! Die Priester warten auf dich!"
Storb riß sich zusammen und schluckte die bösen Worte hinunter, die ihm bereits auf der Zunge lagen. Die Priester hatten dem Ersten Diener sicher sehr anschaulich geschildert, was sie mit ihm anzufangen gedachten, wenn er Storb nicht rechtzeitig zum Platz der Begrüßung brachte, und Storb konnte, bei aller Macht, die er besaß, den Ersten Diener nicht schützen - nicht vor den Priestern.
"Also gut", seufzte er. "Bringen wir es hinter uns."
Der Erste Diener eilte erleichtert voraus und öffnete die Tore.
Storb schlurfte keuchend durch die riesigen Säulengänge. Er wirkte nicht mehr sehr herrschaftlich, und er wußte es. Er spürte sein hohes Alter in jedem einzelnen Knochen. Aber sein Verstand funktionierte immer noch hervorragend, und seine Augen waren scharf wie die eines jungen Jägers. Abgesehen davon brauchte er sich keine Sorgen um etwaige Konkurrenten zu machen. Er war zum Herrscher geboren, und niemand verlangte mehr von ihm, als daß er sich bei gewissen Gelegenheiten der Öffentlichkeit zeigte.
Früher, als er noch jung war und unruhig im Geist, hatte er sich mit Politik beschäftigt und geglaubt, für alles verantwortlich zu sein. Inzwischen war er zu der Überzeugung gelangt, daß alles Leben nur Schein war, eine Illusion, die nach den Wünschen des Schöpfers verlief. Er ordnete sich diesem Glauben unter und widmete sich der Forschung. Gleichzeitig wurden ihm seine herrschaftlichen Verpflichtungen immer lästiger. Er ärgerte sich maßlos über die Unterbrechung seiner wirklichen Arbeit. Er war gerade damit beschäftigt, einen vielversprechenden Zweig der Großen Illusion vorherzuberechnen. Nun würde er einen ganzen Tag verlieren.
Angeblich sollte irgendwann an einem dritten Tag der Schlange der Gott des Feuers zurückkehren. Darum versammelten sich Jahr für Jahr die Priester und eine große Zahl von Gläubigen. Falls nämlich der Gott des Feuers wirklich unversehens daherkam, sollte er sehen, daß man sein Andenken in Ehren hielt und gut bewahrt hatte. Zu diesem Zweck würde man ihm umgehend das heilige Feuer präsentieren.
Die Priester warteten bereits auf dem Platz der Begrüßung. Sie bildeten ein sehr eindrucksvolles Spalier. Mißmutig watschelte Storb zwischen ihnen hindurch und kletterte auf das nur ihm vorbehaltene Podest. Oben angekommen, rang er nach Luft und sah sich nebenbei um.
Die Zuschauerränge waren bis zum letzten Platz hinauf besetzt. Storb richtete sich seufzend darauf ein, daß er die ganze Zeremonie durchstehen mußte und sich nicht einmal ein Nickerchen gönnen durfte. Zum Glück war wenigstens der Himmel von dichten Wolken verhüllt - eine kleine Erleichterung. Die wärmenden Strahlen brachten Storb neuerdings ein schmerzendes Unwohlsein im Magen und einen gefährlichen Blutandrang im Kopf ein.
Ein Gong dröhnte. Die Priester sahen Storb erwartungsvoll an. Er gab schicksalsergeben das bewußte Zeichen und zuckte zusammen, als die Priester mit großer Lautstärke zu singen begannen. Gelangweilt blickte er zum Himmel hinauf und verfolgte das Spiel der Wolken.
Plötzlich blinzelte er überrascht. Dort oben gab es einen hellen Fleck. Er befand sich - soweit Storb das beurteilen konnte - nicht an der Stelle, an der die Sonne zu stehen hatte.
Verschätzte er sich in der Tageszeit? Er saß oft wochenlang in seinem Arbeitszimmer und richtete sich weder bei seinen Ruhepausen noch bei seinen Mahlzeiten nach dem Stand der Sonne - sehr zum Leidwesen seiner Diener, die Tag und Nacht auf den Beinen sein mußten. Das Gefühl für die Tageszeiten war ihm mittlerweile total abhanden gekommen. Aber gerade jetzt zuckte ein verirrter Sonnenstrahl quer über den Platz der Begrüßung. Der Strahl kam aus einer ganz anderen Ecke des Himmels. Der Fleck hatte mit der Sonne nichts zu tun. Auch war er inzwischen größer geworden, größer und heller, als sei er näher gekommen, was die Sonne gemeinhin nicht zu tun pflegte.
Storb war für einen Augenblick wie gelähmt. Er fühlte sich hin und her gerissen zwischen ererbter Tradition und nüchterner, wissenschaftlicher Erkenntnis.
Die Tradition siegte.
"Seht!" rief er laut und starrte auf das Licht zwischen den Wolken.
Die Gesänge der Priester rissen ab. Sie wirbelten herum und sahen Storb an. Dann blickten sie ebenfalls nach oben, und ihre Augen wurden groß und größer, während sie andächtig zu Boden sanken.
Das Licht wurde immer greller. Es senkte sich herab, und schließlich stand am Ende des Platzes der Begrüßung ein grauer Turm, aus dessen unterem Teil letzte Flammen eines sehr reinen Feuers schlugen, die aber bald erloschen.
In atemlosem Schweigen verharrten Storb, die Priester und die Bürger.
Endlich, es dauerte fast unerträglich lange, öffnete sich eine Tür in dem Turm, eine Leiter schob sich herab, und ein Lebewesen tauchte auf.
Storb war enttäuscht, als er das Wesen sah. Sollte dies der Gott des Feuers sein?
Das Wesen aus dem Turm war klein, beinahe winzig. Es war kaum vorstellbar, daß ein so zerbrechliches Wesen über die Macht verfügte, die einen Gott auszuzeichnen hatte!
Storb begann zu zweifeln - und dann besann er sich auf seine Forschungen. War er nicht erst vor kurzem zu dem Schluß gekommen, daß es noch mehr und anderes Leben im Reich der Großen Illusion geben mußte? Ein Besucher aus einer fremden Welt - das war die einzig logische Erklärung! Nicht der Gott des Feuers stand dort vorne unschlüssig am Ende der Leiter, sondern der Abgesandte eines anderen Volkes von einer anderen Welt! Storb sprang begeistert auf, um seinem Volk und den Priestern alles zu erklären.
In heller Begeisterung rief er es laut hinaus, und es entfuhr ihm ein Flämmchen. Ein recht kräftiges Flämmchen. Das Zeichen, das vereinbarte, das ein jeder kannte. Und sie legten es natürlich völlig falsch aus.
Die Zeremonie begann. Das göttliche Feuer wurde ordnungsgemäß präsentiert. Es brach aus den vielen tausend Drachenmäulern und hüllte die kleine Gestalt im silbernen Schutzanzug vollständig ein.
Der Raumfahrer vom fernen Planeten Terra und seine Begleiter im Innern des Raumschiffs starben, ehe sie Zeit hatten, die Situation auch nur ansatzweise zu begreifen. Sekunden später explodierte das Schiff unter dem Ansturm der heißesten und reinsten Flammen, die Storbs Volk zu bieten hatte.
Den Gott des Feuers verehrte man nach diesem blamablen Auftritt nur noch in einigen abgelegenen Provinzdörfern.
#7
Geschrieben 16 November 2011 - 22:12
Die Geschichte stammt aus derselben Zeit wie "Ausgebrannt". Sie heißt:
Am dritten Tag der Schlange
...
Den Gott des Feuers verehrte man nach diesem blamablen Auftritt nur noch in einigen abgelegenen Provinzdörfern.
Liebe Marianne Sydow!
Schön! Das ist meiner bescheidenen Meinung nach ein exemplarisches Beispiel für die Tatsache, dass kurze literarische Formen das Thema einer ersten Begegnung wunderbar abbilden können. Insbesondere wenn es ins Skurrile geht.
Einer meiner Favoriten zu dieser Thematik ist Invasion vom Aldebaran von Lem, vielleicht hast Du' s mal gelesen ...
Liebe Grüße
Jakob
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#8
Geschrieben 16 November 2011 - 22:24
Liebe Marianne Sydow!
Schön! Das ist meiner bescheidenen Meinung nach ein exemplarisches Beispiel für die Tatsache, dass kurze literarische Formen das Thema einer ersten Begegnung wunderbar abbilden können. Insbesondere wenn es ins Skurrile geht.
Einer meiner Favoriten zu dieser Thematik ist Invasion vom Aldebaran von Lem, vielleicht hast Du' s mal gelesen ...
Liebe Grüße
Jakob
Lieber Jakob,
noch nicht, aber ich hol´s mir gleich aus der Bibliothek rüber. Vielleicht klappt´s noch vor dem Schlafengehen.
Vielen Dank für den Tip!
Herzlichst
Marianne
#9
Geschrieben 17 November 2011 - 21:58
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#10
Geschrieben 17 November 2011 - 22:49
Bearbeitet von Marianne Sydow, 17 November 2011 - 23:33.
#11
Geschrieben 19 November 2011 - 20:19
#12
Geschrieben 20 November 2011 - 00:05
#13
Geschrieben 20 November 2011 - 00:32
Übrigens suche ich noch die Ausgaben 52, 124, 219, 310, 392, 396, 404, 572, 603, 621, 629, 633, 637, 641 und 643. Hat die zufällig irgendjemand ?
Da sind aber viele Kneifels dabei.
(Ich finde ja: kennst du einen Kneifel, kennst du alle....)
Jaktusch
#14
Geschrieben 20 November 2011 - 10:17
#15
Geschrieben 06 Dezember 2011 - 02:02
Es kränkte mich. Es traf genau meinen wunden Punkt. Nicht, daß ich Minderwertigkeitskomplexe habe. Ich bin eine gute Köchin. Aber es war so verdammt ungerecht!
Ich werde Ihnen erklären, worum es ging.
Mein Mann war - vor langer Zeit - auf einem paradiesisch primitiven Planeten gelandet. Die Eingeborenen dort waren noch sehr naiv, beinahe kindisch. Sie verprügelten sich gegenseitig aus völlig nichtigen Gründen und organisierten regelrechte Massenschlägereien. Diese armen Irren hielten meinen Mann und seine Leute sogar für Götter! Es hagelte Gastgeschenke, regelrechte Gelage fanden statt, die Eingeborenen erfanden lustige Darbietungen. Das Ganze klang eher nach einer Vergnügungsreise als nach ernsthafter Arbeit.
Eines Tages veranstalteten unsere schon ein wenig in die Jahre gekommenen Helden ein Raumfahrertreffen, und mein Mann bestand darauf, daß ich ihn begleitete, weil die anderen Helden ebenfalls ihre Frauen mitschleppten. Natürlich gab es das übliche Familien-Abschieds-Treffen, an dem auch meine Schwiegermutter teilnahm. Nach dem Abendessen raunte sie meinem Mann - gut hörbar - zu:
"Zeig sie nur vor, aber hüte dich davor, sie in die Nähe eines Kochtopfs zu lassen. Oder willst du etwa riskieren, daß man dich wegen fahrlässiger Tötung verklagt?"
Das ist so ihre freundliche Art. Sie meint sowas nicht mal böse, und ich hätte auch gar keinen Gedanken mehr an die Sache verschwendet, wenn nicht die Rede auf dieses verflixte Rezept gekommen wäre.
Unsere tapferen Raumfahrer waren noch keine zwei Minuten beieinander, da schwärmten sie bereits alle durch die Bank in kollektiver Begeisterung von einer ganz besonderen Delikatesse, die man ihnen einst kredenzt hatte.
"Es gibt nichts, was sich damit vergleichen läßt!" sagte mein Mann. "Und keinen Koch, der es so gut zubereiten könnte, wie diese Wilden es tun!"
Das war zu viel. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen! Ich mußte mir dieses Rezept beschaffen, koste es, was es wolle!
Zum Glück sind wir ja inzwischen soweit, daß kein wochenlanger Flug in einem stinkenden Raumschiff mehr nötig ist, um zu einer fremden Welt zu reisen - vorausgesetzt, die Koordinaten sind bekannt. Und das war kein Problem, denn die Briefe meines Mannes hatte ich glücklicherweise aufbewahrt.
"Ihnen ist aber hoffentlich klar, daß auf dieser fernen Welt inzwischen sehr viel Zeit vergangen ist!" gab der Mann in der Teleportstation zu bedenken. "Manchmal kommen Gerichte aus der Mode!"
"Nicht dieses Gericht!" widersprach ich überzeugt. "Nicht eine solche Götterspeise. Entweder gibt es sie nach wie vor, oder sie hat nie existiert!"
Der Koordinator der Teleportstation waltete also seines Amtes. Innerhalb weniger Sekunden befand ich mich auf dem fremden Planeten und begann meine Suche.
Ich hatte die Geschichte mit dem supertollen Planeten von Anfang an nicht so recht geglaubt, aber als ich sah, was sich in dem angeblichen Paradies so alles tat, war ich doch schockiert. Diese Wilden hatten sich zwar vermehrt, aber nicht unbedingt weiterentwickelt. Sie prügelten sich immer noch, aber sie hatten gelernt, nicht nur die eigenen Fäuste einzusetzen. Und sie drängelten sich in wimmelnden Haufen, die sie "Städte" nannten. Die Technik war rabiat, der Lebensstil barbarisch, der Umgang mit dem Planeten indiskutabel. Diese Welt war absolut kein Paradies, sondern eine Katastrophe.
Immerhin, die Bewohner dachten oft ans Essen, und ich hoffte, mein Rezept bald zu finden. Während mein Körper gemütlich in der Teleportstation vor sich hin schlummerte, hüpfte mein Geist wie ein Magma-Floh durch die Gegend und durchsuchte Tausende von Gehirnen.
Die "Götterspeise" fand ich nicht.
Irgendwann reichte es mir, und ich brach das ganze Unternehmen ab. Als ich endlich wieder den belebenden Schwefelduft unserer Heimatwelt einatmete, war mir von den vielen fremden Rezepten ganz übel. Ich genehmigte mir erstmal eine große Portion jolianische Schwefelkriecher mit gebackenen Mehlfüßchen.
Jetzt bin ich auf dem Weg nach Hause. Mein Mann wird sich einiges anhören müssen. Ich werde ihm klipp und klar sagen, was ich von seinem paradiesischen Planeten und der angeblichen "Götterspeise" halte.
Ich frage mich nur, ob er mich absichtlich hereinlegen wollte. Er konnte sich ja denken, daß ich alles daransetzen würde, um das Rezept zu kriegen. Ich spielte auch für einen Augenblick mit dem Gedanken, daß ich den falschen Planeten erwischt hatte. Aber die Koordinaten waren bis zur letzten Stelle hinter dem Komma richtig.
Wie auch immer:
Die so hochgelobten Eingeborenen denken überhaupt nicht daran, geräucherte Mammutzunge zuzubereiten. Statt dessen fressen sie heiße Hunde.
Sie sollten sich was schämen, diese Barbaren!
#16
Geschrieben 06 Dezember 2011 - 17:44
Recht so .... Bin schon fleißig dabei...Sie sollten sich was schämen, diese Barbaren!
Mehr auf:
http://www.scifinet....on-neo-pra-neo/
http://www.scifinet....nische-formate/
#17
Geschrieben 06 Dezember 2011 - 19:50
Ich mag Deine kleinen Snacks.
#18
Geschrieben 06 Dezember 2011 - 20:21
Ich hab noch´n paar davon. Mir ist bei der Sache mit den Glühbirnen eingefallen, daß ich damals bei der großen Bestandskatalogsaktion mal versprochen hatte, im Falle des Gelingens dem SFCD eine Kurzgeschichte zu schenken. Warum nicht jetzt, dachte ich mir. und warum bloß eine? Bloß die Auswahl ist schwierig. Nehme ich was von den Lustigen, fühlen sich die Fans philosophischer Exkurse auf den Zeh getreten und halten mich für oberflächlich (das scheint ja so ziemlich die schlimmste Beschimpfung zu sein, die man sich als Autor zuziehen kann...). Nehme ich was Ernsthaftes, verliere ich vielleicht die Sympathie einiger meiner besten Freunde. Zu lang sollte es auch nicht sein. Usw. Also: kräftig schütteln und nehmen, was zuerst rausfällt. Vorerst geht´s so gemischt weiter.
Der nächste literarische Kartoffelchip folgt beim 1000 Click auf diesen Thread und ist hochphilosophisch - aber ich hoffe, daß das niemandem auffällt..
#19
Geschrieben 06 Dezember 2011 - 21:07
Die Götterspeise
Liebe Marianne,
Du verstehst es abermals, mit Deinen kurzen aber feinen Geschichten ein breites Lächeln herbeizuzaubern, ich darf Dir dafür herzlich gratulieren.
Ich bitte inständig noch darum, das Rezept für "Jolianische Schwefelkriecher mit gebackenen Mehlfüßchen" nachzureichen ...
Mich hungert!
Liebe Grüße!
Jakob
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#20
Geschrieben 06 Dezember 2011 - 22:23
#21
Geschrieben 08 Dezember 2011 - 13:10
Wieso Gesellschaftskritik? Was kann die menschliche Gesellschaft dafür, dass die Mammuts nach der letzten Eiszeit schlicht ausgestorben sind? Die Alien-Thusnelda hätte es eben stattdessen mal mit einer geräucherten Elefantenzunge versuchen sollen...Kompakte Gesellschaftskritik ohne Zeigefinger.
Buck Rogers
#The World from the nefarious Ming the Merciless- • (Buch) gerade am lesen:Adam Christopher - Age Atomic
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#22
Geschrieben 08 Dezember 2011 - 14:08
Das meine ich! Nix dolles, aber es kommt immer wieder vor. Nur hier ist es dezent genug.Wieso Gesellschaftskritik? Was kann die menschliche Gesellschaft dafür, dass die Mammuts nach der letzten Eiszeit schlicht ausgestorben sind? Die Alien-Thusnelda hätte es eben stattdessen mal mit einer geräucherten Elefantenzunge versuchen sollen...
Die Götterspeise
...
Ich hatte die Geschichte mit dem supertollen Planeten von Anfang an nicht so recht geglaubt, aber als ich sah, was sich in dem angeblichen Paradies so alles tat, war ich doch schockiert. Diese Wilden hatten sich zwar vermehrt, aber nicht unbedingt weiterentwickelt. Sie prügelten sich immer noch, aber sie hatten gelernt, nicht nur die eigenen Fäuste einzusetzen. Und sie drängelten sich in wimmelnden Haufen, die sie "Städte" nannten. Die Technik war rabiat, der Lebensstil barbarisch, der Umgang mit dem Planeten indiskutabel. Diese Welt war absolut kein Paradies, sondern eine Katastrophe.
Immerhin, die Bewohner dachten oft ans Essen, ...
#23
Geschrieben 08 Dezember 2011 - 15:07
Buck Rogers
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#24
Geschrieben 08 Dezember 2011 - 15:24
Mensch Ming, so wie Du es sagst, stimme ich Dir zu. Nichtdestotrutz ist der zitierte Text eine kleine Kritik an dem Handeln der Menscheit, vor allem der dritt-letzte Satz, weil da wertende Vokabeln benutzt werden. Ob wir uns ändern, ob das gut ist was wir machen, ist garnicht gefragt....
Bearbeitet von Harald Giersche, 08 Dezember 2011 - 15:25.
#25
Geschrieben 08 Dezember 2011 - 15:51
Buck Rogers
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#26
Geschrieben 11 Dezember 2011 - 09:03
So etwas zeugt doch nur über mangelndes Verständnis gegenüber dem Leben, das Universum und der ganze Rest.
Ich habe mittlerweise begriffen, daß du unbedingt zu allem deinen Senf dazugeben mußt und daß du dich nicht wohlfühlst, wenn du nicht provozieren kannst. Aber wenn du diesen kleinen Story-Thread mit derart schwerwiegenden Diskussionen zerquetschen willst, ändere ich das Konzept, setze die Stories auf meine Website, hinterlege hier einen Link, und dann kannst du hier nach Herzenslust meine (dir offenbar komplett unbekannte) Weltanschauung kommentieren (du könntest aber auch z.B. mal auf www.villa-galactica.de einiges über dieses Thema erfahren, z.B. auf meiner Fotogalerie unter dem Titel "Von Wolken, Fraktalen und der Evolution").Oder du machst einen eigenen Thread auf.
Aber ganz bestimmt lasse ich diese kurzen Geschichten nicht zwischen den für dich typischen Endlos-Diskussionen zerreiben.
#27
Geschrieben 11 Dezember 2011 - 18:48
Exakt.Mir zumindest käme es nie in den Sinn, mich derart herablassend über Ameisen oder sonstige Tierarten zu echauffieren. So etwas zeugt doch nur über mangelndes Verständnis gegenüber dem Leben, das Universum und der ganze Rest.
Und genau das ist es auch, was Marianne in ihrer Geschichte anprangert.
Hmmm ... Du besorgst Dir Deine Freundinnen also, indem Du ihnen mit der Keule auf den Kopp haust und sie in Deine Höhle zerrst ? Und das funktioniert heutzutage wieder ?Gegen unsere Natur können wir ebenso wenig angehen, wie man von einem Fisch erwarten kann, dass er endlich aufhören soll, im Wasser zu schwimmen.
Marianne, hast Du da nicht auch was in petto ?
Bearbeitet von a3kHH, 11 Dezember 2011 - 18:48.
#28
Geschrieben 11 Dezember 2011 - 21:13
nein, über Höhlenmenschen und Keulen habe ich momentan nix auf Lager, aber eine hochphilisophische Geschichte über die Frage, warum die Menschen allem Anschein nach von Generation zu Generation immer dümmer werden, und sch*** was auf die Klicks - diese Story muß jetzt raus. Ich hatte einen beschi**nen Tag und muß mich aufmuntern, damit ich meine Arbeit schaffe! (Und als nächste kommt eine über die Sinnhaftigkeit der Idee, uns den Gebrauch von Kopfschmerztabletten zu verbieten! Wie gesagt: von Generation zu Generation...)
Los geht´s!
Verflixte Drückeberger!
"Leicht war´s nicht", sagte Margo mit schon ziemlich schwerer Stimme. "Wenn man seine Leute so schön der Reihe nach verliert - das ist ganz schön hart!"
"Klar", murmelte sein Nachbar. Er hatte den ganzen Abend lang noch kein anderes Wort gesagt. Immer nur "Klar".
"Zuerst hat´s meinen Vater erwischt", fuhr Margo ungerührt fort. Er befand sich im mitteilsamen Stadium eines Rausches, der im Laufe der Nacht sicher monumentale Ausmaße annehmen würde, weil Margo - vielleicht zum erstenmal in seinem Leben - Glück gehabt hatte: er hatte auf´s richtige Pferd gesetzt und war fest entschlossen, den gesamten Gewinn in Alkoholika umzusetzen.
"Ich war zehn, weißt du", sagte er, "als es passierte. Er kam nach Hause, mein Vater, und war blau wie ein Veilchen. Genau in der richtigen Stimmung, um uns alle zu vertrimmen. Wir huschten davon wie die Mäuse und versteckten uns. Er brüllte schon von unten: 'Kommt raus, ihr feigen Schweine!'. Dann kam er die Treppe rauf, den Gürtel in der Hand, und drosch damit gegen die Wand. Und dann stand der Rollschuh von meiner Schwester auf einer Stufe. Er trat drauf, und dann ist er die Treppe runtergekullert. Irgendwie sah es komisch aus. Er polterte die Stufen runter wie eine Gummipuppe. Mit der rechten Hand schwenkte er immer noch den Gürtel. Aber als er unten ankam, rührte er sich nicht mehr. Wir dachten, der Alte verstellt sich bloß und wartet, daß wir ihm zu nahe kommen. Hat er manchmal gemacht: sich in der Küche hingelegt und so getan, als würde er schlafen, und wenn wir an ihm vorbeiwollten - zack, hat er uns eins mit dem Gürtel übergezogen."
"Klar", sagte der Nachbar. Margo war ein bißchen verwundert, denn so ganz und klar schien ihm das nicht zu sein. Aber er vergaß es schnell wieder.
"Nach 'ner Weile gingen wir zu ihm runter. Er hatte die Augen offen und guckte uns ganz komisch an. Meine Mutter kriegte auf einmal Angst. Sie hat eigentlich immer nur auf ihn geschimpft, aber jetzt schmiß sie sich plötzlich neben ihn und heulte und bettelte ihn an, nicht wegzugehen. Ich fand das komisch, denn er sah nicht so aus, als ob er gehen könnte. Und auf einmal sagte er: 'Das könnte euch so passen! Ich gehe!' Und dann war er hin."
"Klar", murmelte der andere und trank sein Glas leer. "Wenn einer so koppheister die Treppe runterfällt..."
Margo achtete nicht auf die Bemerkung.
"Von da an fing meine Mutter an zu spinnen", sagte er nachdenklich. "Einmal ging sie sogar in die Kirche. Und sie las Bücher - hat sie früher nie gemacht. Und immerzu murmelte sie dieses Wort: 'Drückeberger!'. Ich wußte nicht, wen sie damit meinte. Sie war überhaupt sehr durcheinander. Sie mußte ja auch arbeiten, unseretwegen, wir waren fünf Geschwister. Der Älteste von uns, Tommy, kriegte dann einen Job, in einer Garage, und zwei Tage später hat meine Mutter die Tabletten geschluckt. Keiner hat was gemerkt. Als ich sie gesehen habe, dachte ich, 'Die hat aber einen schönen Traum!'. Sie hat so fröhlich ausgesehen. Dabei war sie schon hinüber."
"Hm", machte der Nachbar.
"Von da an ging's Schlag auf Schlag. Tommy kratzte die Kurve, als Elena einen Job bekam, und Elena brachte sich um, als Louis das erste Geld verdiente. Weißt du, was ich komisch finde? Keiner von ihnen hat so ausgesehen, als ob es schlimm wäre, zu sterben."
Er nahm einen langen Schluck und schüttelte sich.
"Vor einer Woche habe ich endlich auch Arbeit gefunden", sagte er grimmig. "Ich konnte mir ja ausrechnen, was passieren würde. Aber ich kann's immer noch nicht glauben. Es ist, als hätte Mel nur darauf gewartet, daß ich endlich auf eigenen Füßen stehe."
Er starrte zornig auf sein Glas.
"Warum haben sie sich alle verdrückt?" fragte er wütend. "Es ist ungerecht!"
"Die ganze Welt ist ungerecht", behauptete der Fremde.
"Ja, klar, weiß ich. Trotzdem - du mußt doch zugeben, daß soviel Pech auf einmal ein bißchen übertrieben ist. Meine ganze Familie ist ausgerottet. Mir hat man so einen Fürsorger auf den Hals gehetzt. Der Kerl hat mich doch tatsächlich gefragt, ob ich etwa die Absicht habe, mich auch umzubringen!"
"Hast du?"
"Natürlich nicht!"
"Gefällt dir das Leben?"
"Weiß ich nicht. Hab ich noch nie drüber nachgedacht."
"Aber die anderen haben sich vielleicht den Kopf darüber zerbrochen."
"Kann schon sein."
"Und haben festgestellt, daß diese Welt ziemlich verrückt ist."
"Ist das ein Grund, sich das Leben zu nehmen? Die Kerle hätten schließlich auch mal an die anderen denken können! An mich zum Beispiel. Wie stehe ich denn jetzt da? Ich habe niemanden mehr!"
"Dafür brauchst du aber auch für niemanden zu sorgen. Du bist der letzte aus deiner Familie, und wenn du es genau nimmst, bist du der einzige von ihnen, der jemals von allen Verpflichtungen frei war. Ich finde es anständig von deinen Geschwistern, daß sie gewartet haben, bis du..."
"Von wegen anständig! Sie haben sich dünnegemacht, sind einfach abgehauen. Sie waren Drückeberger, einer wie der andere, jawohl!"
"Abgehauen?"
"Paß mal auf", sagte Margo und rückte ganz nahe an den anderen heran. "Als mein Vater damals starb, da sind die anderen - glaube ich - drauf gekommen, daß es drüben viel schöner ist. Darum haben sie sich aus dem Staub gemacht."
"Drüben?"
"Naja, hinterher, weißt du? Im Himmel, oder wie immer man das nennen will."
"Glaubst du daran?"
"Weiß ich nicht. Ich meine, wenn es stimmt... Aber das Risiko ist mir zu groß. Die anderen waren sich alle so sicher. Vielleicht liegt es daran, daß ich noch so jung war. Irgendwas ist passiert. Die anderen haben es begriffen. Bloß ich hab´s nicht kapiert. War einfach noch zu klein dazu."
"Irgendwann begreift es jeder ."
"Wirklich?"
"Sicher. Sieh mal, hier hast du sowieso nichts zu erwarten, stimmt's? Es gibt nichts zu tun. Wer hat denn schon das Glück, einen Job zu erwischen! Du hast es geschafft - aber nur, weil ein anderer für dich Platz gemacht hat. Die Welt wird allmählich zu eng für uns, und die ewige Langeweile ist doch schrecklich. Wir müssen Opfer bringen, damit der Nachwuchs eine Chance hat."
"Von der Seite habe ich das noch gar nicht gesehen", gab Margo zu. "Wenn ich bloß wüßte, ob da drüben wirklich etwas ist! Ich habe manchmal Angst, weißt du? Ich stelle mir vor, daß die anderen sich geirrt haben, und in Wirklichkeit kommt gar nichts mehr, und es ist aus, vorbei, für alle Zeiten. Aber wenn es doch weitergeht - vielleicht finde ich sogar meine Leute. Denen würde ich was erzählen!"
Der andere schwieg und sah sich nach allen Seiten um.
Die Kneipe war hoffnungslos überfüllt. Niemand achtete auf die beiden Männer. Der Fremde lächelte ein wenig traurig, als er sah, daß heute nur junge Leute da waren. Er war der einzige, dessen Haar schon grau war.
Man mußte den Zeitpunkt der Entscheidung immer weiter vorverlegen. Die, die nach drüben gingen, wurden immer unreifer, und das bekam der anderen Welt nicht, und sie quoll ebenfalls von Menschen über, die wiederkamen und noch früher zurückgeschickt werden mußten.
Gab es einen Ausweg?
Er hatte die Hoffnung fast verloren. Dieses wirre Hin und Her, dieses hektische Wechseln von Leben zu Tod und Tod zu Leben in zwei endlichen Welten, die sich auf bedrückende Weise immer ähnlicher wurden, machte ihn mutlos. Er wußte, daß das System einen Fehler hatte. Aber er konnte ihn nicht beseitigen.
Er konzentrierte sich hastig aus sein augenblickliches Problem. Margo war überfällig. Er störte die Ordnung.
"Du mußt mir versprechen, daß du es für dich behältst", sagte er zu Margo. "Ich habe gestern einen getroffen, der zurückgekommen ist."
Margo starrte ihn mit offenem Mund an.
"Er hat mir alles genau beschrieben", fuhr der Fremde fort. "Er sagt, es ist herrlich dort, und er will so schnell wie möglich wieder hin."
"Wenn's weiter nichts ist..."
"So einfach ist das nicht. Er sagt, daß er zu kurze Zeit dort war, und jetzt gibt es eine Sperre, die ihn festhält. Er muß ein paar Jahre warten, ob er will oder nicht."
Margo war ein bißchen benebelt und dadurch genau in der richtigen Stimmung, um dem Fremden zu glauben.
"Wer den Zeitpunkt verpaßt", fuhr der Grauhaarige fort, "der sitzt fest und schafft es vielleicht nie."
Margo nickte, stand leicht schwankend auf und legte dem Fremden schwer die rechte Hand auf die Schulter. Dann ging er hinaus in die Nacht.
Ging, um es seiner Mutter und seinen Geschwistern gleichzutun.
Er schluckte die Tabletten und schlief ein. Nach einer Weile tauchte er in einen langen, dunklen Tunnel, und er fühlte sich sehr wohl. Vor ihm war helles Licht. Er trieb darauf zu und verschmolz mit der Helligkeit, und um ihn herum waren nur Wärme und Wohlbehagen.
Neun Monate später schrie ein Baby, hochrot im Gesicht, kläglich, wütend und enttäuscht, mit geballten Fäusten, wie fast alle Babys es nach ihrer Geburt zu tun pflegen.
Das neue Leben löschte die Erinnerung an das Drüben aus, an das hoffnungslos überfüllte Paradies, das längst keines mehr war. Nur ein bohrendes Unbehagen blieb zurück, die unbestimmte Ahnung, betrogen worden zu sein...
#29
Geschrieben 13 Dezember 2011 - 08:13
Dann hast du schlicht gar nichts begriffen. Ich leide nicht an Senfstau, folgerichtig gebe ich auch nicht überall mein Senf ab, sondern nur dort, wo es mir angebracht erscheint.Ich habe mittlerweise begriffen, daß du unbedingt zu allem deinen Senf dazugeben mußt
Worüber ich mich wohl fühle, darüber kannst du aber prinzipiell nichts sagen. Wenn du dich also darüber äußerst, dann projizierst du lediglich deine Vorstellungen auf meine Person. Du betreibst somit lediglich eine Form der Stimmungsübertragung. Über mich sagt es genauso wenig, wie deine Geschichte etwas über uns Menschen sagt. Deine Geschichte sagt nur etwas darüber aus, wie deiner Meinung nach Aliens über uns Menschen denken würden, wenn du an deren Stelle wärest. Schlussendlich sagt es somit nur etwas darüber aus, wie du deine Mitmenschen siehst.und daß du dich nicht wohlfühlst, wenn du nicht provozieren kannst.
Mir war gar nicht klar, dass du darüber zu bestimmen hast, auf welche Art und Weise hier diskutiert wird. Eventuell hättest du schlicht eine diesbezügliche Anmerkung fallenlassen sollen, denn bis dato war keinerlei Einschränkung zu erkennen. Wenn du die Kontrolle darüber behalten willst, wie die Diskussion vonstattengehen soll, dann wäre IMHO dein Web-Auftritt definitiv der geeignetere Ort. Ansonsten kannst du BTW gar nicht vermeiden, dass deine Weltanschauung ein Bestandteil deiner Geschichten wird. Ganz im Gegenteil: Da es ja nicht primär deine Absicht war, deine Weltanschauung darzulegen, kommt deine Weltanschauung sogar umso deutlicher zutage - absolut ungefiltert.Aber wenn du diesen kleinen Story-Thread mit derart schwerwiegenden Diskussionen zerquetschen willst, ändere ich das Konzept, setze die Stories auf meine Website, hinterlege hier einen Link, und dann kannst du hier nach Herzenslust meine (dir offenbar komplett unbekannte) Weltanschauung kommentieren
Es steht dir frei, zu tun und zu lassen, was du willst und es steht mir frei, zu tun und zu lassen, was ich will. Es steht dir nicht frei, mir vorzuschreiben was ich tun soll. Was jedoch mir frei steht, ist dich darauf aufmerksam zu machen, dass dadurch nur dein autoritärer Charakter offensichtlich wird. Max Horkheimer hat dieses Konzept sehr eingehend analysiert. Es ist durch Vorurteile, Konformität, Destruktivität und Autoritarismus geprägt.Aber ganz bestimmt lasse ich diese kurzen Geschichten nicht zwischen den für dich typischen Endlos-Diskussionen zerreiben.
Warum habe ich wohl Harald Giersche dahin gehend widersprochen, dass es sich hierbei eben nicht um eine Gesellschaftskritik ohne Zeigefinger handelte? Weil es sich meiner Meinung nach primär um eine Alienkritik mit Zeigefinger handelt. Allerdings hatte Harald Giersche auch nicht ganz unrecht. Denn diese angebliche Alienkritik zeigte mit seinem Zeigefinger ganz unmissverständlich auf die darin mitschwingende Gesellschaftskritik der Autorin. Wenn man nämlich mit dem Zeigefinger auf jemand anderen zeigt, zeigen schließlich immer drei Finger auf den Zeigenden zurück.Exakt. Und genau das ist es auch, was Marianne in ihrer Geschichte anprangert.Mir zumindest käme es nie in den Sinn, mich derart herablassend über Ameisen oder sonstige Tierarten zu echauffieren. So etwas zeugt doch nur über mangelndes Verständnis gegenüber dem Leben, das Universum und der ganze Rest.
Nein, denn es lag noch nie in unserer Natur, uns unsere Weibchen so auszuwählen. Es war schon für unsere Vorvorväter höchst kontraproduktiv, welche bekanntlich die meiste Zeit auf der Jagd waren und folglich die Weibchen gar nicht hätten daran hindern können wegzugehen, so vorzugehen.Hmmm ... Du besorgst Dir Deine Freundinnen also, indem Du ihnen mit der Keule auf den Kopp haust und sie in Deine Höhle zerrst ? Und das funktioniert heutzutage wieder ?Gegen unsere Natur können wir ebenso wenig angehen, wie man von einem Fisch erwarten kann, dass er endlich aufhören soll, im Wasser zu schwimmen.
Ich zumindest kann nichts Philosophisches daran finden. Nur etwas von Reinkarnation, was definitiv eher ins Religiöse oder Spiritistische fällt. Mit der Liebe zur Weisheit hat diese Geschichte demzufolge wirklich nichts am Hut. Außer, du willst uns jetzt weismachen, dass Religion und Spiritismus etwas mit Philosophie zu tun hat...aber eine hochphilisophische Geschichte über die Frage, warum die Menschen allem Anschein nach von Generation zu Generation immer dümmer werden
Buck Rogers
#The World from the nefarious Ming the Merciless- • (Buch) gerade am lesen:Adam Christopher - Age Atomic
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#30
Geschrieben 13 Dezember 2011 - 15:22
Da ich keine andere Möglichkeit habe, meine lädierten Nerven vor den google-Weisheiten dieses Pseudo-Mongolen zu schützen, werden also hier keine weiteren Stories von mir mehr erscheinen. Dankschreiben bitte an Ming den Grausamen (der - wenn er Mumm in den Knochen hätte - auch mal seinen Namen nennen könnte. Ich habe diese aggressiven anonymen Avatare sowas von satt...)
Bearbeitet von Marianne Sydow, 13 Dezember 2011 - 15:28.
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