Dirk schrieb am 20.09.2011, 17:31:
Dein Denkproblem beginnt damit, dass du glaubst, als der Urheber und Erstverwertungsberechtigte (der die Verwertungsberechtigung an jemand anderen weitergeben kann) Anspruch auf die Bezahlung mittels Tantiemen zu erhalten.
Du kannst dein Werk - gehen wir einfach mal von einem Text aus - anders vermarkten. Entweder direkt, z.B. als eBook (Beispiel: Short version als Teaser zum Free Download, der Extended Remix als Full version gegen Zahlung). Oder indirekt, indem du dein Werk mit anderen Dingen in Verbindung bringst (keine Einzelheiten jetzt, das würde heute abend zu weit führen).
Aber es gibt eindeutig mehr Möglichkeiten, als über Tantiemen seinen Unterhalt zu verdienen.
Ein Beispiel, etwas ausführlicher: Ich hatte mal ein Gewerbe, eine Computerfirma. Auf dem Hardwaresektor war schon Anfang der 2000er mit Margen nichts mehr zu verdienen; bei manchen Teilen oder Geräten waren 2 % fast schon Wucher. Also entschied ich mich irgendwann, die Hardware zum (durch Rechnungskopien nachgewiesenen) Einkaufspreis weiterzugeben und meinen Service zu berechnen (und das in einem Land wie Deutschland, in dem Service nichts kosten darf!). Es hat funktioniert, ich war selber überrascht. (Und daß ich das Gewerbe aufgab, hatte damit zu tun, daß ich auf Dauer nicht haupt- und nebenberuflich das Gleiche machen wollte ...)
T.H. schrieb am 20.09.2011, 17:36:
Ich kann dir nicht direkt etwas dazu sagen, dazu bin ich noch nicht tief genug in der Thematik bei den Piraten drin. Aber das, was ich weiß, zielt darauf, was ich schon erwähnte: Es gibt Alternativen dazu, den Zugriff auf digitale Werke - welche immer es sind - zu hemmen und doch gleichzeitig dafür zu sorgen, daß Urheber und Verwertungsberechtigte zu ihrem Schärflein kommen. (Wobei es möglicherweise v.a. auf die Verwertungsberechtigten - ergo Verlage etc. - abgehen wird, was sich verändert, d.h., die Staffelung der Ebenen vom Schöpfer bis zum Kunden wird kleiner, flacher werden. Was u.U. dazu führt, daß einerseits der Endverbraucher weniger zahlt und dem Schöpfer mehr bleibt. - Es gibt hier gute Beispiele in der Musikindustrie, die durch Napster & Co. und andere nur dann schwer gelitten hat, wenn man den ganzen Sch*** glaubt, den die Plattenfirmen von sich geben.
Auch hier ein Beispiel: Ich habe früher wenig CDs gekauft, so für ... naja ... max. 20 Euro im Monat. Manchmal auch gar nicht. Sehr selektiv. Inzwischen bin ich ein reiner Downloadkunde. Und zwar nicht bei den kostenlosen Anbietern, sondern v.a. bei Amazon. Für Geld. Und ich gebe so im Durchschnitt zwischen 50 und 100 Euro im Monat für heruntergeladene Musik aus. Nicht, weil sich mein Musikgeschmack geändert hat, nicht, weil die Musik besser wäre, nein, einfach, weil es einfacher ist. Natürlich ist es auch einfacher, solche DRM-freie Musik wie von Amazon an Dritte weiterzugeben, und manchmal habe ich das vielleicht auch getan, aber ich weiß von den Leuten, die sich gemeinsam mit mir für gleiche oder ähnliche Musik interessieren, daß es ihnen genau so geht.
Das Problem dabei ist, daß Amazon verdient - und die Künstler und die Produktionsbeteiligten, und der ganze nölende Wasserkopf der Musikindustrie eben nicht mehr [oder nicht mehr so viel].
Das ist der richtige Weg, und da es beim Urheberrecht keine Unterscheidung gibt, kann das für Musik genau so funktionieren wie für Literatur, Software und Bilder.)
Dirk schrieb am 20.09.2011, 17:43:
Wenn du dich nicht dafür interessierst, kommen auch die Piraten nicht zu dir. Das hat vorher auch keine andere Partei gemacht. Das haben auch die Grünen in den 80ern nicht gemacht. Das ist einfach so. Und du weißt das.
Dirk schrieb am 20.09.2011, 17:45:
Tja, und das ist Blödsinn. Die GEMA ist mit dem, was sie einnimmt und an die Künstler ausschüttet, ein geringer Teil dessen, was ein Künstler verdient. (Das ist bei Schriftstellern das gleiche Spielchen mit der VG Wort. Nette Einnahmen, im Normalfall, aber eben nette Einnahmen, mehr nicht.)
T.H. schrieb am 20.09.2011, 17:53:
Es gibt sicherlich Leute, die illegal kopieren, was zu kopieren geht. Filme, Musik, Bücher, Fotos, egal was. Das Problem ist, daß es immer diejenigen sind, die sich betroffen fühlen (Filmkonzerne, Musikproduzenten, Verlage ...), die das Problem so aufbauschen, daß es aussieht, als würden X Prozent - ich sage mal 80, 90 - der Menschheit alles raubkopieren, was geht.
Es gab eine Veröffentlichung von Microsoft (ich habe sie leider nicht greifbar) aus dem Jahre 2006 oder 2007, in der jemand aus der Managementebene von Microsoft in einem Interview ganz eindeutig sagte, daß die Aktivierung von Microsoft-Software (Windows, Office) schon lange vor den Versionen Windows XP und Office 2003 möglich gewesen wäre (ich erinnere mich nur an den Hinweis auf Office 97 als früheste Möglichkeit bei Office), und es durchaus auch - nicht nur, aber: auch! - Kalkül gewesen ist, sich Zeit damit zu lassen.
Ich bin selbst so ein Beispiel: Ich habe Office 97 noch als Raubkopie gehabt. Heute setze ich Software auf meinen Rechnern (es sind 4 Stück im privaten Bereich) im Wert von leicht 8000 oder 9000 Euro ein.
Diejenigen, die selbst heute noch als Raubkopierer verschrien werden, sind die, die im großen Maßstab Raubkopien machen und zu vermarkten versuchen. Der Privatuser, der mal eine Raubkopie von Software XYZ einsetzt, der evaluiert einfach nur, und wenn die Software taugt, dann wird er sie in der nächsten oder übernächsten Version kaufen. Wenn sie nicht taugt, wäre er ein unangenehmer, reklamierender Kunde, den Softwarefirmen, die nur aufs Geld schauen, auch nicht haben wollen.
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Was die Kulturflatrate angeht, lehne ich diese auch ab (und die Piraten auch, denke ich). Sowas ist keine Lösung.
Die GEZ-Gebühren sind in meinen Augen durchaus sinnvoll. Das Problem ist, daß sich seit vielen Jahren die GEZ aufführt, als wäre sie eine Polizei mit entsprechenden Rechten, und das ist sie nicht; vielmehr ist sie nur ein miserabel organisierter Verein von Leuten, die bei der Polizei von zukünftigen Kollegen einen auf die Fresse bekommen hätten, und sich deshalb so aufführen wie ein von der Kfz-Meldestelle aufs Sozialamt versetzter Beamtenanwärter (versetzt, weil er in Autokennzeichen Tippfehler einbaute ...).
My.