Ming, letzter Versuch: Du redest von Darstellungsqualität.
Selbstverständlich. Oder um den Bimbes-Kanzler zu zitieren: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
Die mag kritikwürdig sein oder nicht. Eine typografisch einwandfreie Schrift, ein typografisch einwandfreies Layout, ein typografisch perfektes Werk kann unter seiner Darstellungsqualität leiden, es ändert aber nichts an seiner typografischen Einwandfreiheit, dem Layout, der Perfektion.
Damit sagst du aber schlussendlich, dass Perfektion auch dann gegeben ist, wenn sie nicht gegeben ist. Wenn die Darstellungsqualität aber sowohl die Mikro- als auch die Makrotypographie zunichtemacht, dann ist für mich praktisch keine Typographie gegeben. Es mag ja sein, dass theoretisch alles in bester Ordnung ist, aber praktisch gesehen können wir uns diese Theorien schlicht schenken. Die Praxis ist schließlich das Haarfärbemittel für die graue Theorie.
Die Hardware macht doch nur das, was man ihr vorgibt. Ebooks sind im Prinzip nichts anderes als HTML und die kann ich via CSS so formatieren, dass auch bei elektronischen Büchern das herauskommt, was herauskommen soll. Schönes Layout bei eBooks ist möglich, auch wenn es bei Schriftsätzen und Auflösung noch Einschränkungen gibt.
Es ist leider zurzeit nicht möglich, eine auflösungsunabhängige Typographie zu generieren. Bei der Typographie für digitale Texte existiert praktisch kein Satzspiegel mehr, weil kein Seitenformat mehr existiert oder zumindest sollte man diesbezüglich keine feste Vorgaben machen. Dadurch ist es praktisch unmöglich pixelgenau Designvorstellungen umzusetzen.
Gute Typographie heisst auch, dass der Zeilenabstand das richtige Verhältnis zur Schriftgrösse hat, dass eine sinnvolle Zeilenbreite gewählt wird, dass die Ränder richtig im Verhältnis zum Textblock stehen, dass die gewählten Schriften zueinander passen etc. etc. (und alle diese Fragen beissen sich mit dem Ansatz, dass der Benutzer Schrifttyp und -grösse selbst wählen kann).
Jein. Man müsste lediglich ein geeignetes Typographie-Framework zur Verfügung haben, dass all dies softwaretechnisch im Hintergrund anpasst – solch ein objektorientiertes Programmiergerüst existiert jedoch AFAIK noch nicht, und wenn es sie gäbe, dann wären die heutigen eBook-Reader-CPUs hoffnungslos damit überfordert.
Wobei ich momentan davon ausgehe, dass wenige Benutzer die vorgegebene Schrift umstellen werden. Warum sollten sie?
Weil die Schrift auf deinen eBook-Reader schlicht eine optische Zumutung sein kann?
Und das ist auch einer der Hauptgründe, warum ich bei aller Abneigung gegen v.a. unnötiges Papier immer noch papierne Bücher mag, jedenfalls und v.a. dann, wenn ich sie selbst verlege Man sollte DAUs nur so wenig Möglichkeiten wie unbedingtestens (!) nötig, selbst Entscheidungen zu treffen
Dann wirst du mit dem eBook als Medium nicht glücklich werden bzw. es nicht verinnerlichen. Ming schon dreimal nicht. Die weitgehende Freiheit des Kunden, das Layout des eBooks seinen eigenen, individuellen Bedürfnissen flexibel (!) anpassen zu können, ist ein der Grundfreiheiten des eBooks, spätestens seit der Einführung von ePub.
Wir werden alle älter und ich sehe wirklich nicht ein, warum ich mich mit einer für mich zu kleine oder gar zu große Schrift abfinden soll. Eine 6-Punkt-Schrift ist nämlich in der Regel nur als Brailleschrift wirklich annehmbar.
Was die "Möglichkeiten des Mediums" sind, muss sich ernst noch weisen.
Richtig und wie das Medium überhaupt aussehen wird, steht auch nicht fest. Zwischen einen 5-Inch-Reader und sogenannte Large Devices mit mehr als 10 Inches bestehen oft Welten.
Wer weiss, vielleicht setzt sich dereinst ein Format durch, das dem Gestalter ermöglicht, dem Benutzer Kontrolle zu entziehen. Beispielsweise, dass man eben die Schrift bei einem spezifischen Titel nicht wechseln kann. Vielleicht gibt es das auch schon, keine Ahnung.
Eher nicht. Für eBook-Reader interessiert sich vor allem die Generation 50plus und die wollen alle die Schrift verändern – sonst könnten sie nämlich genauso gut weiterhin ihre Bücher mit der Lupe lesen.