@don.rumata
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Lieber Y, Jakob ist wohl durchaus in der Lage, sich selbst zu verteidigen.
Kann ich hiermit auch noch mal gerne tun, obwohl ich das Gefühl habe, zum hundertsten Mal schreiben zu müssen, dass es mir hier nicht um Personen geht. Ich hab mich jetzt erst mal wieder ausgeschwiegen, weil ich das Gefühl hab, das das in ein ziemlich albernes hin und her ausartet, aber wenn es denn so explizit erwünscht ist reagiere ich hiermit auf folgende Aussage von dir:
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Der Vorwurf, daß Leute wie Du zuweilen übers Ziel hinausschießen kränkt Dich also so sehr, daß Du Sz. zur Strafe in gleich in einen antisemitischen Kontext stellen must. Damit diskreditierst Du Dein Engagement gründlich.
Erstens: MS hat es nicht so dargestellt, als ob Leute wie ich "übers Ziel hinausschießen", sondern so, als ob sie Teil einer internationalen Meinungspolizei wären, die berechtigte Kritiker mundtot machen. Nun bin ich nicht Teil einer solchen Geheimpolizei, und ich habe zumindest seit ich zum letzten Mal Kontoauszüge geholt habe auch keine Gehaltszahlungen vom CIA oder vom Mossad gekriegt (Wäre ich aber immer dankbar für ...)
Der Grund für meinen Leserbrief waren aber MS inhaltliche Aussagen - seine Aburteilung US-amerikanischer Kulturprodukte, sein Argumentfreies beharren auf einem "Recht auf Israel-Kritik". Dass ich mich angegriffen gefühlt habe, war lediglich der Grund dafür, dass ich MS scharfem Ton mit scharfem Ton begegnet bin. Das diskreditiert mein Engagement nicht. Es erklärt aber vielleich, warum ich den Brief so verfasst habe, dass man ihn auch leicht als persönliche Attacke auffassen kann. Dennoch, wer ihn aufmerksam liest, sollte bemerkt haben, dass ich explizit erkläre, MS nicht persönlich angreifen zu wollen.
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Und bitte, welcher Vorwurf ist schlimmer: zu sagen, manchen wird fälschlicherweise A. vorgeworfen oder zu sagen: wer das behauptet, ist selbst ein A. oder unterstützt diese zumindest.
Für mich ist die Antwort klar.
Auch hier bitte ich um Genauigkeit: MS hat die "Mundtotmachung" von Israelkritik mit einem 1984-Vergleich belegt. Das impliziert nicht, dass seiner Meinung nach manchen fälschlicherweise Antisemitismus vorgeworfen wird. Vielmehr wird damit gesagt, dass es eine organisierte politische Klasse gibt, die mit extrem repressiven und manipulativen Maßnahmen jegliche freie Meinungsäußerung unterdrückt ("Meinungsfreiheit bedeutet, dass Kritik an Israel oder den USA mit dem Antisemitismus-Vorwurf mundtot gemacht wird. ... Meinungsfreiheit bedeutet in unserer wunderbaren Demokratie, dass der Herr über die auflagenstärkste Zeitung ohne jede demokratische Kontrolle die Gehirne seiner Leser waschen, spülen und trocknen kann, wie es ihn beliebt").
Damit erledigt sich dann auch der zweite Teil von deiner Aussage: Ich habe nicht behauptet, dass jemand, der sagt, das es Menschen gibt, denen fälschlicherweise Antisemitismus vorgeworfen wird, selbst ein Antisemit sei oder diese unterstütze. Ich habe gesagt, dass jemand, der wie Szameit einen hübschen Brei des Bösen aus Israel, den USA und Anti-antisemitischen Meinugsterroristen macht, das Geschäft der Antisemiten besorgt. Das ist eine sehr viel spezifischere Aussage.
Übrigens weiß ich auch nicht, warum für dich die Antwort auf die Frage, "Was schlimmer sei", so klar ist ... aber vielleicht fehlt mir dafür ja das moralische Zentrum oder die deutsche Erdung oder was auch immer ...
Bei der Gelegenheit möchte ich gleich noch auf eine Aussage des allzu schnell wieder verschwundenen Dave reagieren (dessen Beitrag hier ich übrigens abgesehen vom Anfang fast wortgleich vor etwa einem halben Jahr auf dem internetforum indymedia gelesen zu haben meine ... soviel zum Thema schöpferische Kreativität):
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Aber ihr benehmt euch wie masochisten. Oft kann ich dazu lachen aber noch mehr finde ich das widerlich
Ich fühle mich nicht besonders masochistisch. Ich für meinen Teil empfinde eine Kränkung deutschen Kulturguts nicht als Kränkung meiner Person. Ich empfinde den Hinweis auf das spezifisch deutsche Verbrechen der Shoa auch nicht als Kränkung meiner Person. Schließlich emfpinde ich die Existenz eines selbstbewusst auftretenden Staates, der Jüdinnen und Juden Zuflucht bietet, nicht als Kränkung. Das liegt daran, dass ich das deutsch-sein nicht als positive Konstituente meiner Person begreife. SF-Fan zu sein, Antirassist zu sein - das macht für mich meine Person aus. Das heißt natürlich nicht, dass ich als deutscher nicht auch durch mein Aufwachsen in deutschland geprägt wäre. Aber wenn ich etwas als Zumutung empfinde, dann ist es nicht die Kränkung meines deutsch-seins, sondern die allgemeine Kränkung, die jedem Subjekt durch seine Festlegung auf eine "nationale" oder "ethnische" Identität widerfährt.
MS ist da m.E. sehr viel masochistischer: erst konstruiert er sich ein seelenvolles deutsch-sein zurecht, um dann dessen fortwährende Kränkung zu inszenieren. Die Aufwertung der eigenen Person durch die teilhabe an einem konstruierten Kollektiv birgt eben immer die Gefahr der Kränkung, wenn das Kollektiv gekränkt wird. Niemand hat MS zur Empathie mit dem deutsch-sein gezwungen ...
Und um noch allgemeiner zu werden: ich finde die Diskussion reichlich paradox. Michael Szameit schrieb:
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Meinungsfreiheit bedeutet, dass man nicht verpflichtet ist, eine Meinung zu haben
und da kann ich ihm ausnahmsweise zustimmen. Denn hier gerieren sich so einige als große Verteidiger der Meinungsfreiheit, ohne selbst eine Meinung haben zu wollen. Während ich versuche, darzustellen (zum Beispiel auch mit Links zu ausführlichen theoretischen Texten), was ich aus welchen Gründen für antisemitisch halte, hagelt es von meinen Diskussionsgegner formale Einwände, die eigentlich immer nur um eines kreisen: Ich hätte MS als Antisemiten denunziert. Dass das nicht stimmt, wird nicht zur Kenntnis genommen. Stattdessen wird immer wieder versucht, in meine Beiträge hineinzukonstruieren, dass ich auf einer formalen Ebene ungerechtfertigte Anschuldigungen erhebe. Mir kommt das so vor, als ob einige Leute hier schlicht und einfach anderer Meinung sind. Anstatt diese Meinung zu artikulieren, versuchen sie aber, mich vor jeder inhaltlichen Diskussion präventiv zu diskreditieren. Dafür gibt es eine Menge Tricks, zum einen eben die formale Schiene. einen anderen solchen Trick hat Dave anschaulich vorgeführt:
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Jakob Schmidt kann gut mit woertern umgehen
Was für ein harmloser kleiner Satz, nicht wahr? Aber jeder weiß, was dieser Satz über seinen Aussagegehalt hinaus an Konnotation enthält: Er sagt nämlich aus, das hinter meinen Worten nichts dahinter sei. Damit wären wir wieder bei der Frage des impliziten und wie man Aussagen treffen kann, die nicht "nachweisbar" sind. Der Rückzug auf solcherlei "sichere" Aussagen mit weitgehenden Konnotationen ist immer die beste Methode, sich einer Diskussion zu entziehen und sich selbst als Opfer unberechtigter Kritik zu inszenieren. Das ist das Paradebeispiel schlechthin für manipulative Sprache. Gratuliere, Dave: du kannst gut mit Worten umgehen. Und das meine ich so. Auch Dave hat offenbar eine andere Meinung, aber wenig Bereitschaft, sie wirklich zur Diskussion zu stellen. Stattdessen wirft er ein paar diffuse "Fakten" ins Feld, die eigentlich nichts zur Diskussion beitragen. @Tiresias: Was meinst du genau damit, dass man Daves Worte "ernst nehmen" sollte? Wie bringt ein solcherart diffuser und explizit "meinungsfreier" Kommentar ("unabhängig von der Position des einzelnen in diesem Diskurs") die Diskussion voran?
Tut mir leid, wenn das wieder etwas gröber war, aber ich verliere die Überzeugung, dass es irgendeinen Grund gibt, hier zu diskutieren. Wenn ich mich hier in Zukunft raushalte, versteht es bitte nicht als Zugeständnis an meine Diskussionsgegner, sondern als persönliche Abwägung, meine Zeit nicht zu verschwenden und meinen Blutdruck unten zu halten.