Ich versuche gerade Alastair Reynolds' Unendlichkeit. Warum er mir sechs verschiedene Methoden zur Altersbestimmung um die Ohren haut, weiß ich nicht, da sie bisher nicht handlungstragend sind. Dafür springt er munter in Handlungsfäden und Rückblicken hin und her. Das funktioniert, wenn man's kann. Er kann's nicht, so wie die allermeisten. Auch nach 150 Seiten suche ich immer noch den Faden in der Handlung.
Ich bin ja nachgerade froh, dass ich keine Empfehlungen ausgesprochen habe, nachdem auch Alastair Reynolds keine Gnade vor deinen Augen findet. Den hatte ich auch im Auge. Ich trau mich gar nicht den Namen Vernor Vinge in den Mund zu nehmen oder gar Dan Simmons zu erwähnen, von Iain Banks ganz zu schweigen. Keine Ahnung was du von denen hälst.
Unter modernen Autoren dachte ich eigentlich an jene, auf die ich selbst erst vor kurzem aufmerksam gemacht wurde. Sowohl hier im Forum, als auch durch Rezensionen über andere SF-Online-Quellen. Um ein paar Namen zu nennen, die mir interessant erscheinen und auf meiner Leseliste für dieses Jahr ganz oben stehen: David Mitchell (
Der Wolkenatlas) wird bereits verfilmt, der schon erwähnte Paolo Bacigalupi (
Biokrieg), David H. Wilson (
Robocalypse), Daniel Suarez (
Daemon) hier war ich zunächst misstrauisch, wieder mal so ein Cyber-Thriller mit bösen Computern, aber ich werde es dennoch versuchen, Hannu Rajaniemi (
Quantum), Neil Chang, David Marusek, usw. usw.
Oder wie wäre es mit Neil Stephenson? Sein Roman
Anathem, soll ja phänomenal sein (
hier gibt's eine Rezension darüber). Ich bin jedenfalls gespannt. Ich weiß nicht, was mich erwartet, aber das darf kein Hinderungsgrund sein.
Wenn das alles nichts fruchtet, dann weiß ich allerdings auch nicht mehr weiter.
Und weil du auf dem Handlungs- und Spannungselement so herumreitest:
Weil dem Roman in der Meinung der breiten Masse ein wesentliches Romanelement fehlt: die Handlung.
Ich kenne geniale Werke von Lem, die extrem spannend sind, weil geistig herausfordernd, aber nur ein Minimum an Handlung oder überhaupt keine besitzen, weil sie gar keine Romane sind, sondern als theoretische Abhandlungen verfasst sind, als fiktive wissenschaftliche Vorträge getarnt sind, als fiktive Rezensionen geschrieben sind, als Pseudo-Autobiografien, als Satiren oder Fabeln. Möglicherweise bedeutet dir das alles ja gar nichts. Was ich aber schade fände, weil es in meinen Augen die Bandbreite dessen, was an Interessantem in der SF-Literatur möglich ist - jenseits der vertrauten Lesegewohnheiten - unglaublich einengt. Denn der Wert, den man den Science-Fiction-Werken zuweist, sollte doch nicht nur allein daran bemessen werden, ob er die eigenen Vorlieben möglichst adäquat widerspiegelt. Das ist doch engstirnig. Es gibt nichts langweiligeres, als ständig von den Apologeten des Massengeschmacks vorgebetet zu bekommen, wichtig sei nur, was einem Spaß mache. Natürlich
muss einem die Lektüre
Spaß machen, aber genau das ist doch der Knackpunkt. Spaß, Spannung, Interesse sind Kriterien die höchst individuell angelegt sind und es geht mir ehrlich gesagt gehörig auf den Wecker, wenn mir ein paar Leichtmatrosen weiß machen wollen, dass alles was ihren begrenzten Vorstellungshorizont übersteigt, per se langweilig sei.
So ist es. Ich will Geballer und Raumschiffe. Der naturwissenschaftliche Hintergrund ist mir piepsegal.
... was will man von einem Politikwissenschaftler, selbst wenn er habilitiert ist, schon anderes erwarten. *seufz*
Aber halt! Habe ich nicht irgendwo gelesen, dass du auch Alastair Reynolds Romane liest und sie sogar gut findest? Das relativiert deine obige Aussage doch wieder zu einer schlichten Koketterie. Hmmm?
Aber mal nebenbei gefragt: wann kann man deine Kaiserkrieger-Romane als schöne Hardcovergesamtausgabe erwerben? Deine Tentakeleien haben mich ja nicht so gerissen, aber kontrafaktische Geschichte ... geschrieben von jemandem der sich auskennen sollte ... hmhm. Was ich so inhaltlich in Erfahrung bringen konnte, klingt so schlecht nicht.
LG
Trurl
Bearbeitet von Trurl, 15 Februar 2012 - 23:51.