Na ja, ich hätte es nicht ganz so krass ausdrücken müssen, aber insgesamt steht Oblivion wirklich für alles, was mich Hollywoodfilmen anwidert. Blindwütiger Heroismus und platte Moral gehen ja noch, das ist man ja tatsächlich gewohnt. Aber bei dem Umgang mit den Frauenrollen packt mich wirklich das kalte Grausen.
Spoiler:
Im Endeffekt geht die Geschichte doch so: Mann langweilt sich in seiner Beziehung, weil die mit gewissen Verbindlichkeiten einhergeht. Er träumt von einer jüngeren, aufregenderen Frau, trifft sie und serviert die alte prompt für sie ab. Darauf wird die schrecklich biestig, und zur Strafe muss sie sterben, obwohl es doch alle nur gut mit ihr gemeint haben. Praktischerweise wird dieses Szenario nun mit Erinnerungs-Wipe genau so hingedreht, dass die neue, aufregende eigentlich schon immer die rechtmäßige Frau des Helden war und die alte, langweilige nur ein bedauerlicher Irrtum (deshalb dachte ich auch gleich an Henry den VIII., der eine ganze Reihe seiner Frauen ja auf die Tour abserviert hat). Praktischerweise stirbt die alte Frau im richtigen Moment, obwohl der Edle Held natürlich versucht hat, sie zu retten. Noch praktischer, dass der Held sich opfern kann und trotzdem wiederkommt (wer das nicht aus zehn Lichtjahren Entfernung kommen sah, muss im Kino geschlafen haben). Und dann noch diese ganze eklige Kleinbürgeridylle und die verpennt dreinschauende, nölige und völlig überflüssige Olga Kurylenko (wenn man bedenkt, dass diese Schauspielerin im grandiosen B-Movie Centurion eine männerslayende Bitch erster Güte verkörpert hat, könnte man heulen). Brr.
Dass plötzlich Morgan Freeman in der Stasiskapsel liegt, wäre ja sogar noch ein ganz erheiternder Cop-Out gewesen, wenn der Grund dafür, dass sich überhaupt noch jemand neben Cruise opfern muss, nicht so schmerzhaft blöd herbeikonstruiert gewesen wäre. An der Stelle kommen dann auch noch die ganz großen Logiklöcher dazu: Die Drohnen können mit ihren Sensoren erkennen, dass Cruise lügt, aber sie kriegen nicht mit, dass da ein Megasprengsatz in der Stasiskapsel liegt, der ihr ganzes Schiff ins All pusten kann? Vielleicht sollten die mal einen Flughafenscanner installieren ... und dann noch Cruise' Ansprache am Ende. Früher haben die Bösen Ansprachen gehalten, damit die Guten Zeit haben, das Ruder noch mal herumzureißen, das war nicht besonders, aber wenigstens halbwegs glaubwürdig (die Bösen sind Narzissten, die guten nutzen diese Schwäche aus). Aber hier - der gute ist ein Narzisst und hält Ansprachen, die bösen ... warten, bis er fertig ist und sie in die Luft sprengt? Wow. Für wie dumm halten die ihre Zuschauer.
Nebenbei fällt mir auf, dass ich diese Saubermanngewalt, bei der Menschen komplett zu Asche weggesprengt werden, unglaublich zynisch finde. Das wirkt kälter und mitleidloser als jeder Splatter-Movie. Was durch den kalten, mitleidlosen, fast schon maschinenhaften Cruise nicht besser gemacht wird. Da wurde gerade die einzige Person weggepustet, zu der er in den Jahren seines erinnerten Lebens eine Bindung hat, und hat das irgendeinen Einfluss auf ihn? Macht ihn das fertig? Nein, ganz offenbar nicht. Der Kerl macht einfach weiter im Text, und man darf wirklich vermuten, dass er insgeheim froh ist, dass dieses Problem mit dieser alten Frau, die er sowieso nicht mehr wollte, sich so sauber (ab 12) gelöst hat.
Der alte Total Recall hatte ja genaugenommen eine ähnliche Figurenkonstellation, nur da war das alles überdreht, verrückt und ironisch. Hier wird die Story von dem Mann, der seine Frau für eine Neue sitzen lässt, dagegen gleich messianisch überhöht - der Film will einem dieses Megaarschloch doch wirklich als Heiligen verkaufen!
Apropos Megaarschloch: Ich habe ja den Eindruck, dass Cruise ein toller Schaupsieler sein kann, wenn er an einen guten Regisseur gerät. Dieser Film wirkt dagegen wie eine einzige Selbstbespiegelung des Stars. In dem Zusammenhang ist auch bezeichnend, dass ich mich am Morgen nach dem Kino nicht an den Namen auch nur einer einzigen Figur aus dem Film erinnern kann, so blass war das ganze.
EDIT: Ach, und wie gerne würde ich mal wieder einen SF-Film sehen, in dem die Reaktion auf das Fremde nicht ist: "Lasst es uns in die Luft sprengen!" Und in dem das Fremde nicht aussieht wie aus Terminator. Vielleicht sollte ich mir mal wieder ein paar ganz alte Star-Trek-Folgen reinziehen, so ein bisschen naiver Humanismus ist doch manchmal heilsam nach so einer geballten Ladung von heroisch verbrämtem Zynismus.
Bearbeitet von Jakob, 17 April 2013 - 09:32.