MoiN schrieb am 21 Jan 2015 - 09:17:
Hat eigentlich niemand angst, daß irgendwann in vielleicht gar nicht so ferner Zukunft auch das digitale Zeitalter vorüber ist. Aus ganz anderen Gründen, als daß vielleicht nicht mehr das Knowhow vorhanden ist.
Einfach deshalb, weil gar nicht mehr die industrielle Infrastruktur vorhanden ist. Niemand baut eine Festplatte inkl. Elektronikchip mal gerade so nebenher. Die fertigunsgtechnische Basis, die dafür notwendig ist, übersteigt um ein Vielfaches alles, was man in der analogen Welt kennt,
Eine simple Schallplatte kann heute immer noch abspielt werden, auch wenn keine Elektronik mehr da ist. Man denke einfach mal an das alte Trichtergrammophon.
Daß mit der Digitalierung alles gerettet sei, ist Wunschdenken, kann sich aber als Traum entpuppen. Die gedruckten Werke überdauern heute notfalls einige Tausend Jahre. Man braucht auch keine komplexen Techniken dafür, diese Werke wieder zugänglich zu machen. Einfach Buch aufschlagen und loslesen.
Das heute alle Welt in das Horn der Digitaltechnik bläst, hat ganz andere Gründe (wirtschaftlicher Art). Es gibt heute aber auch noch Archive, die ihre Bestände an Dokumenten auf ein relativ sicheres Medium übertragen: dem Mikrofilm. Offenbar mißtraut man dort der Nachhaltigkeit digitaler Entwicklungen.
Dass das digitale Zeitalter vorbei sein wird, glaube ich nicht, aber die Probleme, die du ansprichst, sind sehr real. Die Chance, dass ich Daten, die auf einem 100 Jahre alten analogen Medium - z.B. Film oder Buch - abgelegt sind, heute noch lesen kann, sind weitaus grösser als bei Daten auf einem 20 Jahre alten digitalen Medium. Festplatten und verwandte Datenträger können sich entmagnetisieren (ganz zu schweigen von SSD-Drives; bei Festplatten kann man wenigstens noch Spuren rekonstruieren. Wenn bei einem SSD-Drive die Daten weg sind, sind sie weg), die Geräte können kaputt gehen, Dateiformate können von aktueller Software nicht mehr gelesen werden etc.
Dem kann man sicher entgegen halten, dass die schiere Menge an Daten die heute produziert und archiviert werden, dafür sorgt, dass immer noch genug erhalten bleiben wird. Ich bin aber vollkommen einig mit dir, dass Digitalisierung nicht das Allheilmittel ist, gerade wenn es um wirklich lange Zeiträume geht (es gibt ja Projekte zur Langzeitarchivierung des kulturellen Erbes; die arbeiten alle mit Mikrofilm).
Der sicherste Datenträger ist die Tontafel, die übersteht auch Brände.
Valerie J. Long schrieb am 21 Jan 2015 - 09:25:
Wie werden eigentlich die Drehbücher zu den Filmen aufbewahrt? Oder Rezis?
Ich meine: Wer sich heute für die Kultur im alten Rom interessiert, kann sich auch keine Aufführungen mehr angucken. Die Stücke der alten Dichter liegen aber noch vor - oder Berichte über Aufführungen mit Löwen und Menschen...
Wen interessiert in zweitausend Jahren noch der Dialog zwischen Morgan Freeman und Scarlett Johannsson? Für das Verständnis unserer Kultur ist dann vielleicht wichtiger zu sehen, welche Themen denn filmisch aufgegriffen wurden.
Der Vergleich einer Kunstform wie Theater, die per se flüchtig ist, mit einer, die auf einem Medium festgehalten wird, scheint mir sehr krumm.
Abgesehen davon geht es nicht um 2000 Jahre. Es geht heute um Filme, die wenige Jahrzehnte alt sein können.
Bearbeitet von simifilm, 21 Januar 2015 - 10:28.