Hallo, miteinander! Danke für die verschiedenen Hinweise [Ich habe Dir auch eine Nachricht geschrieben, Amtranik.] - Mein Rechner will hier immer noch keine Absätze setzen, seufz. - Ich habe gestern mal mit Jirgl angefangen und die ersten 25 Seiten gelesen. Noch lässt sich da natürlich keine große Aussage machen, zumal der größere Teil (Einleitung) ausschließlich Weltentwurf war. Im orthographisch eigenwilligen Prolog standen aber durchaus schöne Sätze.
Ich bin auf Seite 376 und es kommen noch etliche sehr gute Passagen, die ihre Kraft gerade der besonderen Sprache schöpft.
Ähnliche Eigenwilligkeiten gab's ja auch beim späteren Arno Schmidt. Da habe ich mich letztlich immer leicht eingelesen. Und seine Orthographie brachte oft einen gewissen Mehrwert mit sich - mir fällt immer gleich sein 'Roh=Mann=Tick' ein. Bei Jirgl nun habe ich mir vorgenommen, das Buch laut zu lesen.
Der Duktus unterscheidet sich auch noch. Jirgl bildet ganz unterschiedliche Sprachen ab.
So übertölpere ich mich manchmal erfolgreich selbst, wenn es bei einem Buch sprachlich oder inhaltlich kompliziert wird. Ob das bis Seite 510 funktionieren wird,
Es wechselt bei mir. Immer wenn Jirgl in Rage gerät und gesellschaftliche Prozesse durchkaut, wird es für mich schnell langweilig. Da wiederholt er sich auch und es wird zum Geschwafel.
Sehr spannend hingegen sind seine szenischen Beschreibungen, die er extrem bildhaft und plastisch gestaltet. Da gelingt ihm mit seiner Sprache eine zusätzliche Dimension einzubauen.
immerhin hat der Roman im Feuilleton neben den zu erwartenden Jubelarien [zu erwarten deshalb, weil Redakteure es sich gern einfach machen, wenn ihnen ein Roman aufgehalst wird und sie ihn nur bei unglaublicher zeitlicher Selbstausbeutung angemessen gründlich lesen könnten] auch Kritik geerntet (zumindest war Hubert Winkels in der ZEIT not so amused).
Ohne Frage ist der Jirgl schwer zu lesen und einiges wird auch erst sinnvoll, wenn man weiter gelesen hat. Jirgl erklärt ja nicht vorab, warum er so schreibt. Das muss man selbst herausfinden. Wie ich schon anderswo schrieb: Bei der Diskussion um Pulsarnacht, schrieb irgendwer, dass ihm die Sprache nicht futuristisch genug sei. Technik und Biologie schwingen sich in weite Ferne, aber die Sprache bleibe gegenwärtig. Jirgl liefert eine zukünftigen Sprache.
- Grundsätzlich hat meiner Meinung nach jeder Autor das Recht, schwierige Texte zu schreiben. Auf diese Weise erzeugt man natürlich keine Bestseller - und Reinhard Jirgl wird dieses Jahr deshalb auch keinesfalls den Deutschen Buchpreis gewinnen -, aber Literatur darf durchaus auch Mühe machen. Ich werde also tapfer weiterlesen
Es lohnt meiner Meinung nach. Klar man gewinnt mit solchen Romanen vielleicht keine Preise, aber die deutsche SF wurde durch Jirgl um ein herausragendes Buch bereichert.