Was spricht denn bitteschön dagegen, wenn man schon diese von mir ungeliebte und als langweilig empfundene Handlungsebene einbauen muss, dieser einen zügigen Handlungsfortschritt zu gönnen?
Dagegen spricht gar nichts mit Ausnahme einer einzigen Tatsache: WV/CM/KNF würden wohl gerne, wenn sie könnten. Können sie aber nicht. So beschränken sie sich auf das, was sie können, und das ist, viel Lärm um nichts zu erzeugen. Schaumschlägerei. Es kommt aber noch etwas hinzu, was zumindest ich als sehr unangenehm empfinde.
Wer ein Buch oder auch nur einen kurzen Text veröffentlicht (auch hier im Forum), der gibt immer auch etwas von seinen Gefühlen und seiner Denkweise preis. Aus Mahrs Romanen konnte man entnehmen, dass er eher ein Analytiker war. Aus Darltons Heften war zu sehen, was ihm wichtig erschien. Als Leser kommuniziert man während des Lesens ganz nebenbei mit dem Autor.
Leo Lukas beispielsweise hat einen NEO-Roman geschrieben, in dem ein Koch von einem startenden Raumschiff noch schnell an Bord gezogen wird. Eine Szene, die an Donald-Duck-Hefte erinnert. Das sagt mir etwas über LL, nämlich dass er weder sich selbst noch andere ernst nehmen kann und schon gar nicht die Serie, an der er mitschreibt. Er schwebt gewissermaßen über den Dingen und spöttelt über Personen und Ereignisse. Dass er dafür noch bezahlt wird, macht es bestimmt umso schöner.
Bei Vandemaan habe ich das Gefühl, er genießt inzwischen die Rolle des Kubisten und Zwölftonmusikers. Das Absurde, Schräge, Dissonante und Provokante ist sein Thema und seine Methode. Dass auch die Serienhandlung gewisse Züge in diese Richtung bekommt, ist wohl nicht zufällig.
Und was sagt mir eine Rhodan-Handlung, an deren Ende festgestellt wird, dass sie überhaupt nicht stattgefunden hat? Man könnte sagen: bahnbrechend, innovativ, besonders fortschrittlich. Ich sehe es anders. Im Zusammenhang mit anderen Szenen sehe ich es so, dass die Autoren ein Bild von ihren Lesern haben, das etwa besagt: diesen Leuten können wir alles auftischen, auch eine bloß auf Seitenschinden ausgelegte Handlungsführung ohne viel Sinn und Verstand. Die kaufen alles, Hauptsache, sie können ihre Rätselspiele betreiben und zwischendurch kracht es ordentlich. Wie und warum ist egal. Dass Band 2724 eigentlich direkt an Band 2700 hätte anschließen können, ja und? Wir als Autoren müssen da natürlich noch irgendwas an Handlung bringen und auch einiges für später vorbereiten, das verbinden wir dann einfach, da fällt uns schon was ein. Wenn das Ergebnis in einem wirren Hin und Her besteht, wen juckt denn das? Strukturiertes Denken ist hier nicht gefragt.
Vielleicht sollten wir mal die NSA befragen, was die Autoren so privat über ihre Leser äußern. Reden sie wie die Gammelfleisch-Fabrikanten über ihre Kunden? So zynisch wie die Banker über die doofen Anleger, denen man das Geld gleich bündelweise aus der Tasche ziehen kann, ja muss, so dass man hinterher wie Ackermann feixend und mit dem Victory-Zeichen vor der Kamera posieren kann? Dieselbe Handlung zweimal zu verkaufen, einmal als Simulation und einmal als Realität, dazu gehört ja eine gewisse Dreistigkeit. Es gab übrigens einen ähnlichen Fall in der Rhodan-Serie, das waren die Bände 607 und 621. Aber das war in der Serienhandlung so angelegt und tatsächlich innovativ. Zwei überdurchschnittlich gute Romane. Ich bewundere Ewers dafür, wie er es geschafft hat, nahezu dieselbe Handlung wie in 607 noch einmal spannend zu erzählen. Dieser Fall ist dagegen einfach ein Tritt gegen das Schienbein: hier, du Trottel, werde glücklich mit dem Quatsch. Wenn ich die Roman-Bewertung im Verlagsforum anschaue, es hagelt da ja geradezu die schlechten Noten, dann hat ein erheblicher Teil der Leser die Botschaft verstanden.
Die Herren Frick, Vandemaan und Montillon unterscheiden sich von den Herren Bernhardt, Scheer und Voltz in derselben Weise, in der sich so manche Firmenerben von den Firmengründern unterscheiden. Die Erben übernehmen zwar den Namen und bewerben weiterhin die Produkte, aber es fehlt ihnen an den Fähigkeiten und/oder dem Interesse. Die Parole lautet erst "weiter so", und dann, sobald die Schwierigkeiten beginnen, wird dies und das probiert und an Symptomen kuriert. Man arbeitet sich an Nebensächlichkeiten wie der Frisur des Helden ab und lärmt im Internet herum. Die kleinen Erfolge werden groß herausposaunt: Perry Rhodan hat im Bauer-Verlag einen hausinternen Preis gewonnen! Toll. Und ein Neo-Roman war in irgendeinem Winzig-Segment auf den vorderen Plätzen! Noch toller. So wird aus einem Trendprodukt zunächst Dutzendware, dann Ramsch für die Wühltische und irgendwann wird der Laden verkauft oder dichtgemacht. Schuld daran ist natürlich das wirtschaftliche Umfeld und der demografische Wandel. Dagegen kann selbst ein Top-Team nichts machen.