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Der schlechteste SF-Roman


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143 Antworten in diesem Thema

#91 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 20 Februar 2005 - 21:29

Das war eine ganz andere Zeit damals. Die Leute waren eben ganz anders drauf und deshalb sollte man über seine Dialoge, seinen Militarismus, sein Frauen- und Weltbild einfach mal wohlwollend hinweglesen oder sich darüber freuen, daß man selber ja so viel aufgeklärter ist. Ich erwarte keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse wenn ich Heinlein lese, sondern freue mich einfach an seinen abenteuerlichen Plots und den bunten Charakteren, die seine Geschichten bevölkern.

Hi badi! Dass du gleich mit so einem ausführlichen Posting anfängst, finde ich Klasse. Weiter so! :confused:

Noch kurz zu Heinleins Güte - ich beginne mal mit Starship Troopers als konkretem Beispiel, da das ja DAS kontroverse Heinlein-Buch ist: Klar war das eine andere Zeit. Aber bei diesem Buch mal "wohlwollend" beiseite zu sehen, finde ich, wird ihm nicht gerecht. Es enthält nämlich eine ziemlich interessante (evtl. sogar "bahnbrechende", wenn man die alten Römer mal beiseite lässt) Idee: Dass nur VeteranInnen berechtigt sind, in der Gesellschaft politisch zu bestimmen. Diese spannende Idee wird dann m.E. neben eine recht zweifelhafte, verdreht "ehrenhafte", Darstellung der Armee (im Weltraum gegen ganz furchtbar böse Insektoiden) gestellt. Da sollte man schon etwas dezidierter herangehen, meine ich. Tichy und ich (u.a.) haben das auch schon mal vor ca. einem Jahr in einem ST-Thread versucht; "daneben" gab's übrigens auch einen Thread zum Ewigen Krieg.

Dass Heinlein auch anders kann, ist klar: Es gibt viele Kurzgeschichten, und einige Bücher von ihm (insbes. Stranger in a strange land - weiß nicht wie das in dt. hieß), die ich gut finde. Er hatte eben Höhen und Tiefen.

P.S.: Endlich mal einer der ausspricht, dass die ganze HH-Reihe von Weber wohl eher ähnlich trivial ist wie der erste Band (den ich las weil ein Freund ihn empfohlen hatte). Das habe ich mich bisher nicht getraut. Danke!

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 20 Februar 2005 - 21:48.

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#92 lapismont

lapismont

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Geschrieben 21 Februar 2005 - 08:06

Das für mich schlechteste SF-Buch der letzten Jahre:Das Energie-Riff. Perry Rhodan Odyssee 3 von Hans KneifelEin völlig wild zusammengeschustertes Buch. An den Haaren herbeigezogene Dramaturgie, Sex on the Beach, nette Monster, dusselige Gegner und das alles nur um zu erzählen, das es unter den Nodronen Rebellen gibt, die gegen das Empire kämpfen.Klingt bekannt?ph34r: Ein übler Roman. Ich habe mich riesig mich über diese Verschwendung geärgert. :

Ãœberlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.

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#93 Beverly

Beverly

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Geschrieben 25 Februar 2005 - 18:04

"Die Zahl des Tieres" war eine so herbe Entäuschung das ich es nur zur Hälfte gelesen habe und das obwohl ich Heinlein sehr gern lese (und falls jemand denkt das es möglicherweise an der Übersetzungen liegen könnte...ich hab's im Original gelesen). Eindeutig das schlechteste Buch in meiner Erinnerung. Jilocasin

"Die Zahl des Tiers" war zwar nicht das schlechteste Buch, das ich in Händen gehalten haben, aber mich hat die Umsetzung des Themas "Parallelwelten" mal wieder enttäuscht. Komischerweise wirken Parallelwelten oft blasser als sonst in der SF geschilderte fiktive Kulturen und Heinleins Buch machte da keine Ausnahme. Dazu noch ein dicker Wälzer und humorloser Konservatismus - fertig ist das B-Buch.

#94 Beverly

Beverly

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Geschrieben 25 Februar 2005 - 18:27

Peter F. Hamilton - das letzte Armageddon-Buch. Nicht, weil das ein so schlechtes Buch gewesen wäre. Ganz im Gegenteil fand ich den ganzen Armageddon-Zyklus eigentlich wirklich gut. Aber der Schluss geht gar nicht. Ich musste mehr als 5000 Seiten oder so lesen, um einen wirklich einfältigen, unkreativen, unüberraschenden, blöden Schluss zu lesen. No Way. Ich habe mich noch nie so dermaßen über das Ende eines Buches (oder einer Serie) geärgert, wie hier.

Zustimmung. Der Schluss war einfach nur überflüssig und der an sich genialen Idee absolut unwürdig. Es kommt mir so vor als ob sich Hamilton vor den Konsequenzen der von ihnen postulierten These - die ich für richtig halte, nur dass es zum Glück das "Jenseits" wie bei ihm nicht gibt (oder doch??? *unter der Bettdecke verkriech*) - drückt. Er selbst deutet eine Lösung an, die ich für viel glaubwürdiger halte - nämlich bei den Kiint, die vor den Menschen mit dem gleichen Problem konfrontiert wurden. Die "Besessenen" auf dem Kulu-Planeten, welche die Kinder vor ihren Spießgesellen retten, deuten eine zweite Lösung an, die ich auch für plausibel halte. Und auf eine von diesen beiden Lösungen hätte auch Al Capone kommen können, um sich in New California an der Macht zu halten. Das Hamilton dann zu einem Deus ex Machina greift, der den Menschen Probleme löst, die sie mit ein bisschen Verstand selbst hätten lösen können, ist ganz schwach. Vielleicht ist ihm aber einfach die Puste ausgegangen und er hat das im Blackout unter Termindruck zusammen geschustert. Oder eine ideologische Blockade hinderte ihn daran, eine wirklich fantasievolle und menschenfreundliche Lösung zu entwickeln.

Bearbeitet von Beverly, 25 Februar 2005 - 18:30.


#95 badi

badi

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Geschrieben 25 Februar 2005 - 21:37

Noch kurz zu Heinleins Güte - ich beginne mal mit Starship Troopers als konkretem Beispiel, da das ja DAS kontroverse Heinlein-Buch ist: Klar war das eine andere Zeit. Aber bei diesem Buch mal "wohlwollend" beiseite zu sehen, finde ich, wird ihm nicht gerecht. Es enthält nämlich eine ziemlich interessante (evtl. sogar "bahnbrechende", wenn man die alten Römer mal beiseite lässt) Idee: Dass nur VeteranInnen berechtigt sind, in der Gesellschaft politisch zu bestimmen. Diese spannende Idee wird dann m.E. neben eine recht zweifelhafte, verdreht "ehrenhafte", Darstellung der Armee (im Weltraum gegen ganz  furchtbar böse Insektoiden) gestellt. Da sollte man schon etwas dezidierter herangehen, meine ich.

Leider wird Starship Troopers von den meisten Lesern (und auch dem Kinopublikum) nicht als Satire verstanden. Aber darauf wollte ich in meinem Posting auch gar nicht hinaus. Im großen und ganzen ist Heinlein, so denke ich, nicht gerade ein Pazifist sondern ein ziemlich konservativer Denker. In anderen seiner Geschichten wird die Kritik jedenfalls nicht so deutlich wie bei Starship Troopers. Und auch da seine zeitlich geprägte Weltanschauung milde lächelnd zu akzeptieren, das wollte ich seinen Kritikern nahelegen, mehr nicht.
Letztendlich ist er einfach nicht das militaristische, menschenverachtende Monster, als das er gerne hingestellt wird, sondern ein Humanist alter Schule. Heinlein hatte eben einfach noch nicht den weiten Horizont und den Grad der Aufklärung, über den wir heute verfügen. Umso erstaunlicher empfinde ich einige seiner Zukunftsvisionen.

#96 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 26 Februar 2005 - 14:00

Nun, den Roman halte ich für keine Satire. Er braucht auch keine Satire sein, nur damit er aus der Sicht heutiger political correctness gerechtfertigt ist.Ein Kernpunkt der die heutige Kritik am Roman ist sicher der Geist seiner Zeit, dem sich kein Autor verschließen kann. Andererseits: Wer hat eigentlich das Gerücht in Umlauf gebracht, Autoren könnten nur solche Dinge positiv darstellen, die sie auch uneingeschränkt befürworten?Heinlein zeichnet erst einmal lediglich ein Gesellschaftsportrait. Ob man dieses nun als Utopie oder Dystopie verstehen will, ist bereits Ansichtssache. Hinzu kommen aber noch die unzähligen Stufen dazwischen.Machen wir uns nichts vor: Das Militärische in seiner ursprüglichsten Bedeutung ist aus dem Leben einer Gesellschaft nicht wegzudenken. Es existierte immer, existiert nach wie vor und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, daß es jemals verschwinden wird. Will man als SF-Autor das Portrait einer möglichen zukünftigen Gesellschaft zeichnen, hat man eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Man kann das Militär ignorieren, es isolieren oder integrieren. Heinlein hat sich für maximale Integration entschieden.Das sollte eigentlich selbst für absolute Pazifisten akzeptabel sein. Probleme im Umfeld des Militärs treten - historisch gesehen - nämlich immer dann auf, wenn sich dieses zu sehr von der Gesellschaft entfernt, die es beschäftigt. Militärdikaturen entstehen ausgerechnet dort, wo das Militär isoliert wurde, damit es keine Gefahr darstellt. Damit wird es erst zu einer Sub- und schließlich zu einer eigenen Gesellschaft, die wenig Bedenken hat, gegen jene anzugehen, von denen es sich entfremdet hat bzw. von denen es entfremdet wurde.
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#97 Jakob

Jakob

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Geschrieben 26 Februar 2005 - 14:24

@Martin Hoyer:Ich hab zwar Starshpi troopers nicht gelesen, ich denke aber, dass du deiner geäußerten Ansicht, dass "Militärische in seiner ursprünglichsten Bedeutung" sei aus der gesellschaft nicht wegzudenken, ein stück weit selbst wiedersprichst. Mit "Das Militär" ist schließlich genau die Trennung eines stehenden, bewaffneten Apparats von der normalen Gesellschaft bezeichnet. Es handelt sich damit um eine Einrichtung, die eigentlich nur auf einem relativ hohen gesellschaftlichen Organisationsgrad möglich ist. Im Allgemeinen (und, wie ich annehme, auch bei Heinlein) beinhaltet das militär Aspekte wie kasernierung, Disziplinierung, gemeinsame Ausbildung und ein festes, hierarchisches Rängesystem. Kampftruppen, auf die das nicht mehr zutrifft, würde ich nicht mehr als militärisch einstufen (und tatsächlich spricht man ja bereits bei Guerillas, die eigentlich eindeutig militärisch organisiert sind, bereits von "paramilitärs2 und nicht von Militärischen Einheiten).Wenn in einer Stammesgesellschaft z.B. in Kriegszeiten alle Waffenfähigen (Männer, evtl. auch Frauen) zum Kampf aufgerufen werden, unter der Führung eines Vorübergehenden Kriegsanführers oder des regulären Stammesführers, dann handelt es sich dabei nicht um eine militärische Aktion. Die Kämpfenden sind auch keine Militärs, sie sind ganz normale Vertreter ihrer Gesellschaft. Damit will ich sagen: Wenn das Militärische nicht eine vom Rest der Gesellschaft organisatorisch getrennte Organisation ist, ist es entweder:a: nicht militärisch,oderb: Wir haben es mit einer vollständig militaristierten Gesellschaft zu tun - also mit einer Gesellschaft, die nach den oben genannten Maßgaben Disziplinierung, strikte Hierarchie, Kollektive Ausbildung nach einem festen Regelwerk, teilweise auch Kasernierung organisiert ist. Ich nehme, nach allem, was ich gehört habe, an, dass das für Heinleins Roman zutrifft (was noch nicht heißt, dass der deshalb zu verurteilen wäre).Warum ich diesen ganzen Sermon eigentlich ablasse: Ich finde es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sowas wie "das militärische in seiner grundlegenden bedeutung" eigentlich nicht geben kann. Bei allem, was sich Militär nennen lässt, handelt es sich um eine Erscheinung, die nur in bestimmten Gesellschaftsformen möglich und funktional ist (einige Feudalgesellschaften, das römische Reich, moderne Nationalstaaten). wenn man den Begriff zu sehr ausdehnt, dann verstellt er den Blick darauf, dass es in gewaltsamen Auseinandersetzungen auch alternativen zur militärischen Logik geben kann. So, wie Martin es ausdrückt, klingt es ein bisschen wie: Jede Gesellschaft hat ihre stehende Truppe, und die muss Hauptmänner, Fußvolk und wasweißichnochalles haben.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

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#98 badi

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Geschrieben 26 Februar 2005 - 19:52

Im Allgemeinen (und, wie ich annehme, auch bei Heinlein) beinhaltet das militär Aspekte wie kasernierung, Disziplinierung, gemeinsame Ausbildung und ein festes, hierarchisches Rängesystem. Kampftruppen, auf die das nicht mehr zutrifft, würde ich nicht mehr als militärisch einstufen (und tatsächlich spricht man ja bereits bei Guerillas, die eigentlich eindeutig militärisch organisiert sind, bereits von "paramilitärs2 und nicht von Militärischen Einheiten).

Ich denke eher, der Unterschied besteht darin, daß es keine staatlich organisierten Guerillas gibt. "Private" Kampftruppen (Rebellen usw.) sind nun mal kein Militär. Andere Frage: Was ist mit Staaten wie der Schweiz und Israel. Dort ist praktisch jeder waffenfähige Bürger immer auch Teil des Militärs (als Reservist). Eine so eindeutige Trennung wie von dir definiert, ist dort also nicht gegeben. Ich würde aber auch beide Staaten nicht gerade als Stammesgesellschaften definieren, oder? :lookaround:

#99 Jakob

Jakob

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Geschrieben 26 Februar 2005 - 21:12

Die Schweiz und Israel ... tja, ich kenne mich mit deren Verteidigungsapparat nu nicht so genau aus, aber ich gehe einfach mal davon aus, dass alle Reservisten eine militärische Ausbildung mit den entscheidenden Merkmalen einer solchen durchlaufen haben. D.h., sie wissen, wie sie sich militärisch zuverhalten haben und können relativ leicht wieder in diesen Rahmen integriert werden. Trotzdem bleibt das Militär in diesen Staaten ja eine getrennte organisation, in die Zivilisten nur im Ausnahmefall einbezogen werden und dann unter Anwendung militärischer Regeln.
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#100 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 26 Februar 2005 - 23:01

@Martin Hoyer:
Ich hab zwar Starshpi troopers nicht gelesen, ich denke aber, dass du deiner geäußerten Ansicht, dass "Militärische in seiner ursprünglichsten Bedeutung" sei aus der gesellschaft nicht wegzudenken, ein stück weit selbst wiedersprichst.  Mit "Das Militär" ist schließlich genau die Trennung eines stehenden, bewaffneten Apparats von der normalen Gesellschaft bezeichnet.

Militär kommt in seiner ursprünglichsten Bedeutung von lat. "miles", was mit Soldat übersetzt wird. Das ist in sofern bereits verfälschend, weil ein alter Begriff mit einer modernen Entsprechung übersetzt wird, die bereits die Bedeutung modifiziert: Ein "Soldat" ist jemand, der für seine Arbeit, also die bewaffnete Auseinandersetzung, "Sold", also Bezahlung empfängt.

Sinniger wäre als Übersetzung "Kämpfer", da dort der Punkt der Motivation offen bleibt. Wenn auf dem Organisationsgrad einer frühsteinzeitlichen Sippe von Jägern und Sammlern der Kampf den Männern ab und bis zu einem gewissen Alter überlassen bleibt, ist damit bereits eine Aufgabenteilung erfolgt: Die Männer sind das Militär, Frauen, Kinder und Alte sind Zivilisten. Das grundsätzliche Schema trifft auch dann zu, wenn die modernen Begriffe nicht existieren.

--> Militär ist also eigentlich die Gesamtheit aller Kampffähigen einer Gesellschaft.

In o.g. Beispiel ist das Militär ebenfalls voll integriert. Es wird sich nicht gegen die Gesellschaft stellen, der es in seiner Funktion dient. Es existiert auch nicht die Alternative, nicht zum Militär zu gehören, so lange man dazu gehören kann - anders ausgedrückt: jeder, der einen Speer tragen und anwenden kann, hat auch einen und ist aufgerufen, diesen für seine Gesellschaft zu führen.

Das hat geraume Zeit sehr gut funktioniert, bis ... ja, bis jemand auf den Gedanken kam, das Militär von der gesamten Gesellschaft zu lösen und es entweder auf Einzelpersonen (Könige, Imperatoren, Diktatoren) zu verpflichten oder anderweitig abzugrenzen.
Die Römische Republik versuchte, einen Mittelweg zu gehen: Als kampffähiger Bürger ist man Milizionär, wenn es nötig ist. Dieser Status enthält eine zeitlich beschränkte Schutzisolation von der sonstigen Gesellschaft - so lange man Milizionär ist, darf man Rom nicht betreten. Fällt der Status, ist man wieder vollintegriert.
Ganz ähnlich funktioniert eine heutige Wehrpflichtigen- und/oder Reservistenarmee.

Heinlein führt das System zum frühesten Modell zurück: Jeder, der zum Militär gehören kann, gehört auch dazu. Wer dies nicht will, hat die Freiheit, es bleiben zu lassen, nimmt dafür aber Einschränkungen in Kauf. Diese Einschränkungen sind der Ausgleich dafür, daß er seiner Gesellschaft nicht im gleichen Maße dient, wie andere es tun. Sein Beitrag für diese spezielle Gesellschaft ist innerhalb des Szenarios defizitär, also ist auch das, was er von dieser Gesellschaft zurückerhält, entsprechend eingeschränkt.

Ein steinzeitlicher Jäger und Sammler wäre gar nicht auf die Idee gekommen, nicht den Speer zu nehmen, wenn er ihn nehmen darf. Der Speer gibt ihm die Möglichkeit, einen Beitrag zu leisten, der das am Leben erhält, was ihn am Leben erhält.

Das funktioniert natürlich nur in einem Szenario, wo das Militär nötig ist. Darüber, ob es nötig ist, kann man eher diskutieren. Gleichermaßen darüber, warum Heinlein ausgerechnet ein Szenario entworfen hat, wo es nötig ist ... Was zu der Frage führt, welcher SF-Autor überhaupt jemals ein Zukunftsszenarion entworfen hat, wo es nicht nötig ist.

Bearbeitet von MartinHoyer, 26 Februar 2005 - 23:04.

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#101 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 26 Februar 2005 - 23:40

Was ich bei Starship Troopers (das Buch) faszinierend finde, ist die Aufforderung sich bestimmte gesellschaftliche Rechte zu verdienen oder sich zu diesen zu bekennen, z.B. wenn ich die Realität betrachte, in der frühere Straßenkämpfer sich gegen die Gesellschaft stellten, aber keine eigenen Werte entwickelten und sich nun an die Sptze der Demokratie stellen und die vorher kritisierten Attitüden selber annehmen. Wie Heinlein in seinem Buch vorgeht, kann ich nicht zustimmen, z.B. dass einem durchaus die Todesstrafe im Militär drohen kann.

Bearbeitet von Ulrich, 26 Februar 2005 - 23:41.


#102 Jakob

Jakob

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Geschrieben 27 Februar 2005 - 09:12

Was ich bei Starship Troopers (das Buch) faszinierend finde, ist die Aufforderung sich bestimmte gesellschaftliche Rechte zu verdienen

Das ist eigentlich genau einer der Punkte, die mir unerträglich erscheinen. Von Heinlein kenne ich nur The Moon is a Harsh Mistress, aber da herrscht ein ähnlicher Grundsatz: Es wird immer auf die Frage abgehoben, wie nützlich der einzelne für die gesellschaft ist, in der er lebt. Die Frage, wie nützlich die gesellschaft für alle einzelnen ist, wird dann immer nur rückwirkend und lapidar beantwortet: die, die es verdient haben, kommen weiter, die anderen werden vom Mob umgebracht oder segnen anderweitig das zeitliche. Ich halte das für einen Rückfall hinter den Humanismus, der genau postuliert hat, dass jeder Mensch unabhängig von seinem beitrag für die Gesellschaft an und für sich wertvoll ist und (möglichst viele!) unveräußerliche rechte haben sollte. Natürlich hat auch heinleins Version hier etwas mit klassisch bürgerlich-humanistischen Wertvorstellungen zu tun: nämlich, dass der Mensch sich stetig bemühen soll, ein besseres Wesen zu werden und dafür Anerkennung erhält. Damit könnte ich ja gerade noch leben. Nun kommt aber die Einbettung dieses Prinzips in eine militärische Logik: und schon sind wir wieder bei Disziplinierung, Hierarchisierung und der Entscheidung um Leben und Tod (die auch in der Todesstrafe zum Ausdruck kommt). Wie gesagt, mir erscheint das nicht wie eine Integration von Militär und Gesellschaft, sondern wie eine Militarisierung der Gesellschaft, und der Grund dafür ist, dass die Kampftruppen nach militärischen Maßgaben organisiert sind, was etwas besonderes, und nicht etwas allgemeines ist. Wenn das Militär die Gesamtheit der kampffähigen einer gesellschaft ist, dann sehe ich ehrlich gesagt nicht den Sinn des Begriffs - und gerade die Ableitung aus "miles" weist doch darauf hin, dass ein Begriff für einen berufsmäßigen Kämpfer gesucht wurde, dass es sich also nicht einfach nur um "Kämpfer" handelt. Das beste historische Vorbild dafür findet sich dann wahrscheinlich im römischen Reich. Wenn es beim Militär nicht um den ganzen Ordnungs- und Disziplinierungsapparat ginge, um die Sortierung von Menschen nach Kohorten und Kompanien, um die Uniformierung und die Unterwerfung unter einen Oberbefehl, der von den einzelnen Soldaten nicht überprüft werden kann und darf, dann ließe sich tatsächlich genauso gut von Kämpfern, oder vielleicht besser Kriegern reden.
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#103 badi

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Geschrieben 27 Februar 2005 - 10:29

Was ich bei Starship Troopers (das Buch) faszinierend finde, ist die Aufforderung sich bestimmte gesellschaftliche Rechte zu verdienen oder sich zu diesen zu bekennen, z.B. wenn ich die Realität betrachte, in der frühere Straßenkämpfer sich gegen die Gesellschaft stellten, aber keine eigenen Werte entwickelten und sich nun an die Sptze der Demokratie stellen und die vorher kritisierten Attitüden selber annehmen.

Ist das eine Anspielung auf unseren Aussenminister? In diesem Falle kann ich dir nicht zustimmen. Er hat sich in jungen Jahren nicht gegen die Gesellschaft gestellt, wohl aber gegen einige ihm falsch erscheinende Ausgeburten ihrer Politiker. Genau das also, was jeder zornige junge Mann machen sollte, denn nur so kann man hinterher eine Laufbahn in der Politik rechtfertigen. In dem man schon früh äusserst engagiert für seine Ideen eintritt, auch wenn man dadurch eventuell in Schwierigkeiten gerät. Für mich hat der Mann durch seine Teilnahme an auch gewalttätigen Protesten nur an Glaubwürdigkeit gewonnen! Im Gegensatz zu vielen Politprofis, die nur aus Karrierezwecken zu dem einen oder anderen Parteibuch greifen. Glaub mir, ich war auch schon mehrfach in Polizeigewahrsam und bereue es nicht. Im Gegenteil, es war eine Ehre für meine Überzeugungen verhaftet zu werden und nicht im geringsten gegen die Gesellschaft gerichtet.

#104 badi

badi

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Geschrieben 27 Februar 2005 - 10:41

Das funktioniert natürlich nur in einem Szenario, wo das Militär nötig ist. Darüber, ob es nötig ist, kann man eher diskutieren. Gleichermaßen darüber, warum Heinlein ausgerechnet ein Szenario entworfen hat, wo es nötig ist ... Was zu der Frage führt, welcher SF-Autor überhaupt jemals ein Zukunftsszenarion entworfen hat, wo es nicht nötig ist.

So weit ich weiß, fällt Starship Troopers in eine Periode von Heinleins "Future History", in der nach einem Putsch der gesamte Amerikanische Kontinent von einer Militärdiktatur regiert wird. Die Frage ob ein Militär nötig ist, stellt sich in diesem Fall also gar nicht. Das gesellschaftliche Modell wäre auch ohne Krieg gegen die Bugs das gleiche.

#105 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 27 Februar 2005 - 11:05

Ohne eine politische Grundsatzdebatte auslösen zu wollen: Zwischen dem menschlichen Wert und dem gesellschaftlichen Wert eines Individuums sollte unterschieden werden.Ich respektiere beispielsweise jeden hier im Forum als Menschen, sofern er/sie mir nicht unangenehm begegnet. Ich habe keine Ahnung, welche Leistung ihr für die Gesellschaft erbringt, die Leistungen für euch bringt. Nur wenn ich wüßte, daß dies der Fall ist, würde ich euch gesellschaftliche Macht geben, indem ich euch beispielsweise meine Stimme für ein politisches Amt gebe.Anders herum kann mir jemand als Mensch gänzlich unsympathisch sein, aber wenn ich erkenne, daß dieser Jemand eine bestimmte Aufgabe in der Gesellschaft sehr gut erfüllen kann, werde ich ihm diese nicht verwehren. Ohne talentierte Armleuchter funktioniert eine organisierte Struktur nicht und ich bin nicht so vermessen zu erwarten, daß mir jeder Mensch gefallen muß.Gefährlich wird es eher dann, wenn man die Kategorien vermischt. Dann hält man Menschen aufgrund ihres Status' für sympathisch oder räumt ihnen einen Status ein, weil man sie nett findet. Mit anderen Worten: Man öffnet Demagogen und Korruption Tür und Tor, woran eine Gesellschaft schließlich kaputt geht.---Heinlein berücksichtigt das durchaus, was in "Starship Troopers" gerade in der Figur von Ricos Vater deutlich wird. Dieser verabscheut das Militär, hat aber einen anderen Weg gefunden, seiner Gesellschaft zu dienen und dafür individuelle "Vergütung" durch diese zu erfahren. Und er wird weder verachtet, noch lebt er damit schlecht, nicht wahr? Was ihm zustößt, ist der Tod, aber der stößt - auch bei Heinlein - jedem zu, ungeachtet der Position.Wenn sich Heinleinim Laufe des Romans ein wenig "versteigert", liegt das eher am Kind im Manne. Ich kenne einen Menge Leute, die keinen Militärdienst leisten und teilweise noch nicht einmal eine Waffe anfassen würden, aber sich trotzdem für Militärgeschichte und vor allem Militärtechnik interessieren. Dieser Neigung folgt auch Heinlein, was aus heutiger Sicht den klaren Blick auf die Kerndarstellung des Romans erschwert.
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#106 HarryW

HarryW

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Geschrieben 06 März 2005 - 12:37

Dan Simmons kennen wir alle. 'Hyperion', 'Olympos', 'Göttin des Tods' ... seine literarischen Ausflüge ins Phantastische sind toll. ABER: Mit dem Buch 'Das Schlangenhaupt' hat er sich voll in die Nesseln gesetzt. Der Gute hätte bei SF und Horror bleiben sollen. Bei 'Das Schlangenhaupt' versucht er sich im Superagenten-Genre. Das ganze ist belanglos, pflastert den Leser mit zwar gut recherchierten, aber letzten Endes unverständlichen und langweiligen Fakten bis oben hin zu und ist einfach nur belanglose Hans-Wurst-springt-in-die-Grütze-Kaka. FINGER WEG DAVON! Hier gibts noch eine kurze Rezi, in der eigentlich alles Nötige gesagt wird: http://www.buchkriti...ik.asp?IDX=1691

#107 Dave

Dave

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Geschrieben 06 März 2005 - 13:49

FINGER WEG DAVON!

Habe ich aus dem Bauch heraus getan, obwohl ich ein Fan von Simmons bin. Ähnliches gilt für 'In der Schwebe' - seeehr langweilig und ereignislos, sowie 'Die Feuer von Eden' - fast so schlimm.

#108 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 20 März 2005 - 20:32

Natürlich hat auch heinleins Version hier etwas mit klassisch bürgerlich-humanistischen Wertvorstellungen zu tun: nämlich, dass der Mensch sich stetig bemühen soll, ein besseres Wesen zu werden und dafür Anerkennung erhält. Damit könnte ich ja gerade noch leben. Nun kommt aber die Einbettung dieses Prinzips in eine militärische Logik: und schon sind wir wieder bei Disziplinierung, Hierarchisierung und der Entscheidung um Leben und Tod (die auch in der Todesstrafe zum Ausdruck kommt). Wie gesagt, mir erscheint das nicht wie eine Integration von Militär und Gesellschaft, sondern wie eine Militarisierung der Gesellschaft ..

Wow, hier ging's ja echt los in einer der interessantesten Diskussionen im Board seit langem (leider OT - eigentlich müssten all diese Starship-Troopers-Beiträge z.B. in tichys ST-Buch-Thread umziehen)! Jakob, dir möchte ich nur kurz auf deine Annahme (im Zitat oben) hin empfehlen das Buch zu lesen: Heinlein ist meiner Erinnerung nach da viel "humaner", denn er beschreibt einfach KEINE negativen/disziplinarischen Auswirkungen auf die bürgerliche Gesellschaft in diesem Buch.

Interessant finde ich auch eure Erwähnung des römischen Vorbilds, denn mir ist erst dadurch klar geworden, dass Heinlein dies relativ konzeptgenau in ST umgesetzt hat: Ohne Mindest-Militärlaufbahn kam man nicht in den Senat; Heinlein hat allerdings diesen Grundsatz in seiner Fantasiewelt aufs Wählvolk ausgedehnt, und nimmt damit eine implizite Militarisierung der gesamten Gesellschaft (über das altrömische Maß hinaus) hin. Und ich glaube kaum, dass im Echtleben das Militär bei soviel Einfluss nicht doch (wie Jakob ja annahm) die bürgerliche Gesellschaft anfangen würde, in seinem Sinne um zu strukturieren! (Ich hab bei dieser Argumentation keine Rücksicht genommen auf "Future History"-Kontinuität...)

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 20 März 2005 - 22:03.

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#109 Jakob

Jakob

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Geschrieben 21 März 2005 - 13:37

Ich weiß natürlich, dass ich mich weit aus dem Fenster lehne, wenn ich von The Moon is a Harsh Mistress auf Starship Troopers schließe. Aber eine Frage an Yiyippee: Würdest du denn sagen, dass Heinlein auch in ST nach der Maßgabe: "Frage nicht, was dein Staat für dich tun kann, sondern frage dich: was kann ich für meinen Staat tun!" vorgeht? Für TMIAHM scheint mir das jedenfalls zuzutreffen, und ich glaube, das ist auch der Hauptgrund, warum mir das Buch ideologisch so sehr zuwider ist ... von daher muss ich ST wohl eher dann lesen, wenn ich mich gerade "tolerant" fühle ...

Das mit dem "römischen Vorbild" könnte man übrigens auch in mehrere Richtungen als vielsagend betrachten: immerhin war das römische reich auch das Vorbild der ersten faschistischen Bewegung (in Italien). Das Wort Faschismus leitet sich ja sogar vom lateinischen "fasces" ab, bei denen es sich um ein Machtsymbol handelt (irgendwelche Speere oder Hellebarden, die in Heuballen gewickelt waren - fragt mich nicht, was das genau bedeuten sollte ...) Nicht, dass ich Heinlein jetzt gleich über diese entfernte Ecke mit dem Faschismusvorwurf kommen will, ich fand nur, wenn die Steilvorlage kommt, lässt sie sich nicht ignorieren, selbst wenn der Schuss dann vielleicht ins Blaue geht und nicht unbedingt ins Ziel ...
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#110 MartinHoyer

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Geschrieben 21 März 2005 - 15:13

Der Schuß geht tatsächlich ins Blaue, denke ich.Heinlein orientiert sich - falls dies bewußt geschah - an der Römischen Republik mit seinem auf Militärdienst gestütztem Bürgermodell. Die faschistische Bewegung Italiens Anfang des letzten Jahrhunderts orientierte sich jedoch am Römischen Kaiserreich.Dazwischen liegt historisch gesehen eine Ereigniskette von Amts- und Machtmißbrauch und gewalttätigen Umstrukturierungen. Eine ähnlich radikaler Schnitt ist also zwischen Faschismus und Heinlein zu ziehen.Denn wie ich bereits erläuterte: In einem Staatsgebilde, daß Militär für seine Existenz unabdingbar nötig hat, kann und darf sich niemand, der zu diesem Staatsgebilde gehören will, seiner militärischen Verantwortung entziehen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen und/oder anderweitige unabdingbare Leistungen für das Staatsgebilde zu erbringen.Unsere heutige kritische Sicht auf das Militär beruht hauptsächlich darauf, daß es in der traditionellen Form für moderne Staaten eigentlich nicht mehr nötig ist, bzw. daß in weiten Teilen der Bevölkerung dieser Eindruck vorherrschend ist. Über richtig und falsch dieser Ansicht müssen wir nicht streiten, wichtig ist allein das Ergebnis, wenn wir Heinlein rezipieren.Versucht einmal, Heinlein als Nachkriegsliteratur zu verstehen, und zwar in der Form, wie sie von jemandem verfaßt wird, der weder Opfer noch Täter des Krieges war, sondern lediglich mit der Gewißheit großgeworden ist, daß ohne das Militär keineswegs alles gut gewesen wäre.Vermutlich würden wir "Starship Troopers" auch anders lesen, wären wir Bürger des vorchristlichen Roms oder auch nur unmittelbare Zeitgenossen von Heinlein.Und das ist meines Erachtens der Knackpunkt. Für die Hippies in der Zeit eines als nicht notwendig empfundenen Krieges war auch jeder Vertreter des staatlichen und militärischen Establishments ein potentieller "faschist" (Die Aussprache bitte möglichst verächtlich in breitem us-englischem Akzent vorstellen ...). Faktisch unrichtig, emotional jedoch absolut gerechtfertigt. Unsere Sicht ist, wenn wir den Rahmen nicht ausreichend berücksichten, ganz ähnlich, wenn auch nicht so radikal.
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#111 Jakob

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Geschrieben 21 März 2005 - 17:18

Versucht einmal, Heinlein als Nachkriegsliteratur zu verstehen, und zwar in der Form, wie sie von jemandem verfaßt wird, der weder Opfer noch Täter des Krieges war, sondern lediglich mit der Gewißheit großgeworden ist, daß ohne das Militär keineswegs alles gut gewesen wäre.

Da ist natürlich was dran: ich will keineswegs sagen, dass Militär immer "schlecht" oder böse ist - insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg war ja mehr z.B. mehr als deutlich, dass der Nationalsozialismus nur durch seine vollständige militärische Zerschlagung aufzuhalten war. Insofern: ja, ohne das Militär der Allierten wäre ganz und gar nicht "alles gut" gewesen. Ich glaube, ich würde mich auch weniger daran stören, dass das Militär als relevante Institution auftritt, und mehr an der Verpflichtung des Individuums auf den Staat (oder, um noch mal auf TMIAHM zurückzukommen, auf die "Gemeinschaft"). Wie gesagt, das kann ich natürlich erst nachweisen, wenn ich ST gelesen habe, und langsam komme ich wohl echt in die Pflicht, das auch mal zu tun. Bin neugierig, ob sich mein Verdacht bestätigt. Wie gesagt, ich bin davon überzeugt, das Heinlein in TMIAHM genau das tut - er stellt die Gemeinschaft (hier die der Revolutionäre) über die Inidividuen und bewertet letztere nach ihrem Nutzen für die Gemeinschaft. Und das fällt m.E. weit zurück hinter die relevanten Maximen der Moderne, die immer wieder das Individuum als Bezugspunkt betonen, um dessen Glück und Verantwortung es letztlich geht. Und dieser Eindruck ist eigentlich komisch, weil Heinlein ja eigentlich auch maximen des Individualismus hochhält - zum Beispiel die Vorstellung, das allgemeine Bewaffnung eine gute sache sein könnte, das Steuern und soziale Umverteilung falsch sind und das am besten doch jeder selbst sieht, wo er bleibt. Das scheint ein Widerspruch zu sein ... über den ich wohl noch lange rumüberlegen werde. Trotzdem, ich glaube das ganze lässt sich am besten auf die Formel bringen: "Am meisten helfen die der Gemeinschaft, die sich selbst helfen." Das kommt Lenins "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" eigentlich recht nah. Ist Heinlein also ein verkappter Leninist? Ein Marxist ist er jedenfalls nicht ... aber das führt jetzt wohl zu weit.
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#112 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 21 März 2005 - 17:52

Das mit dem "römischen Vorbild" könnte man übrigens auch in mehrere Richtungen als vielsagend betrachten: immerhin war das römische reich auch das Vorbild der ersten faschistischen Bewegung (in Italien). Das Wort Faschismus leitet sich ja sogar vom lateinischen "fasces" ab, bei denen es sich um ein Machtsymbol handelt (irgendwelche Speere oder Hellebarden, die in Heuballen gewickelt waren - fragt mich nicht, was das genau bedeuten sollte ...)

Ich denke das ist wirklich ein wenig zu weit extrapoliert. Nur weil Mussolinis Faschisten sich die "fasces" auf die Fahne als Symbol annektiert haben (so wie die Nazis dieses asiatische Lebenskreuz, das man überall in Asien in Dekorationen vorfindet), und weil Heinlein die Wählmacht ähnlich aufbaut wie im alten Rom, muss ja nicht heißen dass ST faschistisch ist. Ich habe im anderen Thread (wann ziehen wir dahin um?!) versucht klar zu machen warum ich es nicht für das halte sondern für faschistoid.

[Die "fasces" waren mehrere lange Stöcke (ursprünglich Ruten zum Weg frei hauen - sagt die Wikipedia :confused:), die zusammen gebunden von einem Liktor getragen wurden. Die Anzahl Liktoren, die vor einem Senator daher liefen, immer die "fasces" tragend, deuteten an, wie wichtig er war. Die Axt durfte z.B. nicht in der heiligen Stadt - Rom - mit dabei sein, denn sie war u.a. ein Zeichen für "Imperium" - also militärische Macht im Namen Roms; und militärische Symbolik und Waffen waren, mit Ausnahme von den seltenen Triumphzügen, innerhalb der Stadt Tabu.]

Zu deiner Frage am Anfang: Ich denke Heinlein hat eben schlauerweise in ST gerade diese Sichtweise ("frag nicht was dein Land für dich tun kann..." usw.) nur implizit bedient. Einerseits gibt es diesen Krieg mit den Bugs, der schon bis zur Erde vorgedrungen war, und alle essenziell bedrohte, andererseits wird das Ablehnen der Militärpflicht so ganz und gar ohne negative Folgen (außer Verlust des Wahlrechts) dargestellt. Zivilisierter kann's (zu Kriegszeiten) kaum zugehen...

Zu Heinleins "Leninismus": Nun, radikalen Kapitalismus á la Rand (z.B. in Fountainhead) betrieb er sicherlich nicht. Aber er stellt m.E. den Staat schon gelegentlich als Repräsentant der hohen Vernunft dar (ähnlich verklärterer Sozialisten). Was aber, wie Martin schon andeutete, auch in jener (späten) Nachkriegszeit eher normal war.

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#113 Konrad

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Geschrieben 21 März 2005 - 18:52

Ohne Mindest-Militärlaufbahn kam man nicht in den Senat; Heinlein hat allerdings diesen Grundsatz in seiner Fantasiewelt aufs Wählvolk ausgedehnt, und nimmt damit eine implizite Militarisierung der gesamten Gesellschaft (über das altrömische Maß hinaus) hin.

Wenn ich mich recht entsinne, galt in den Schweizer Landsgemeinden bis zum Jahre 1990 der Militärsäbel als Ausweis für das Wahlrecht. Bis zu diesem Jahr hat man den Frauen dort das Wahlrecht verweigert, "weil sie keinen Säbel haben". So fern ist Heinleins "Fantasiewelt" gar nicht. :confused:

#114 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 21 März 2005 - 21:30

Wenn ich mich recht entsinne, galt in den Schweizer Landsgemeinden bis zum Jahre 1990 der Militärsäbel als Ausweis für das Wahlrecht. Bis zu diesem Jahr hat man den Frauen dort das Wahlrecht verweigert, "weil sie keinen Säbel haben".

Dass in der Schweiz Frauenwahlrecht noch nicht so alt ist, wusste ich, das mit den Säbeln aber nicht. Ist ja krass. Dabei wurde z.B. in Südafrika zur selben Zeit (und in den Jahren danach) das dezentralisierte Schweizersche Kantonsystem als eine DER möglichen zukunftsträchtigen demokratischen Lösungen für das Land (nach der Apartheid) gehandelt. :confused:

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 21 März 2005 - 21:40.

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#115 Konrad

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Geschrieben 21 März 2005 - 21:52

Dabei wurde z.B. in Südafrika zur selben Zeit (und in den Jahren danach) das dezentralisierte Schweizersche Kantonsystem als eine DER möglichen zukunftsträchtigen demokratischen Lösungen für das Land (nach der Apartheid) gehandelt.

Man darf die Tradition der Landsgemeinden (z.B. Appenzell Innerrhoden) aber nicht mit den anderen Kantonen vergleichen. In der Schweiz sind die Gemeinden und Kantone sehr eigenständig. PS: Habe gerade noch mal nachgesehen; in Appenzell Innerrhoden gilt das Seitengewehr (Bajonett) für Männer immer noch als Stimmrechtsausweis. http://www.ai.ch/de/politik/sitzung/

Bearbeitet von Konrad, 21 März 2005 - 22:51.


#116 Konrad

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Geschrieben 22 März 2005 - 12:49

Dass in der Schweiz Frauenwahlrecht noch nicht so alt ist, wusste ich, das mit den Säbeln aber nicht. Ist ja krass.

Der eidgenössische Bund hat das Frauenwahlrecht immerhin schon 1971 eingeführt. http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/rolleyes.gif Die Autonomie der Schweizer Kantone hat es Appenzell Innerrhoden ermöglicht, sich 20 Jahre erfolgreich gegen die Implementierung zu wehren. PS: Wäre interessant, von einem Schweizer zu hören, wie der derzeitige Status der Verflechtung von Wehrpflicht und Stimmrecht in der Schweiz ist. Das Ausländerwahlrecht hat da einen neuen Aspekt in die Diskussion gebracht.

Bearbeitet von Konrad, 22 März 2005 - 15:01.


#117 HarryW

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Geschrieben 22 März 2005 - 15:20

Wäre interessant, von einem Schweizer zu hören, wie der derzeitige Status der Verflechtung von Wehrpflicht und Stimmrecht in der Schweiz ist.

Ich bin Schweizer, aber von einer Verflechtung des Stimmrechtes und der Wehrpflicht habe ich bis jetzt nichts mitbekommen. Ich gehe wählen, wenns mir in den Kram passt. Das heisst nun aber nicht, dass es eine solche Verflechtung nicht geben könnte ... ich weiss einfach nix davon. Die Wehrpflicht kreuzt hie und da eher mal eine berufliche Laufbahn. So weit mir bekannt ist, ist es z.B. unmöglich ohne den Wehrdienst absolviert zu haben, bei der Polizei zu arbeiten. Banken nehmen dich auch nicht, das hat aber wohl eher etwas mit einer perversen Art von Nationalstolz zu tun. Tja, so ist das noch immer hier (zumindest bei älteren Generationen): Ein guter Schweizer ist, wer ins Militär geht (auch wenns letztendlich zu nix taugt ... wir sind ja eh neutral :rolleyes: ).

#118 Konrad

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Geschrieben 22 März 2005 - 16:41

Ich bin Schweizer, aber von einer Verflechtung des Stimmrechtes und der Wehrpflicht habe ich bis jetzt nichts mitbekommen.

Wenn ich richtig informiert bin, ist das Stimm- und Wahlrecht in der Schweiz auf Bundesebene grundsätzlich an die Schweizerbürgerschaft gebunden und damit für Männer auch an die Wehrpflicht gekoppelt. Es gibt aber in einzelnen Kantonen (Neuenburg und Jura) ein Ausländerstimmrecht auf Kantonaler und/oder Gemeinde-Ebene. Dort ist dann die Kopplung wohl aufgehoben, oder müssen Ausländer mit Stimmrecht auch Wehrdienst leisten ?

#119 HarryW

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Geschrieben 22 März 2005 - 17:45

Es gibt aber in einzelnen Kantonen (Neuenburg und Jura) ein Ausländerstimmrecht auf Kantonaler und/oder Gemeinde-Ebene. Dort ist dann die Kopplung wohl aufgehoben, oder müssen Ausländer mit Stimmrecht auch Wehrdienst leisten ?

Keine Ahnung, weiss ich leider nicht. Muss aber auch zugeben, dass mich die Ausländer-Thematik und Politik im Allgemeinen immer weniger interessiert. Wenn ich von unseren Politikern nur schon höre oder über sie lese, kommt mir die Galle hoch. Was da praktiziert wird ist nur mehr eine Farce. Dies wird wohl in den meisten Ländern der Fall sein.

#120 Konrad

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Geschrieben 22 März 2005 - 18:19

Dies wird wohl in den meisten Ländern der Fall sein.

Nun, in der EU hat sich da schon etwas getan. Seit 1994 gibt es die Richtlinie 94/80/EG der EU, die den EU-Bürgern die Ausübung des aktiven und passiven kommunalen Wahlrechts innerhalb der gesamten EU ermöglicht. Implementiert ist dies in Deutschland seit 1996, in Frankreich seit 1998.


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