Philip K. Dick: Der dunkle Schirm
#1
Geschrieben 01 Februar 2004 - 17:31
bei amazon.de
Ich wünsche also allen viel Spass beim Lesen und vor allem eine anregende Diskussion.
Grüße,
Holger
(Georg Christoph Lichtenberg)
#2
Geschrieben 01 Februar 2004 - 17:39
#3
Geschrieben 01 Februar 2004 - 18:37
Wir werden sehen, Joe, wir werden sehen...ich kann gar nicht glauben dass rock dieses buch nicht gefallen wird
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Diesen Lesezirkel fange ich mal anders an als sonst. Ich werde zuerst meine Meinung über Dick kundtun. Erst nach diesem Posting werde ich mit dem Buch anfangen, und wer weiss, sehe ich Dick am Ende des Monats in ein positiveres Licht.
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Ich halte nicht viel von Dick. Seine Figuren haben nicht viel Knochen auf dem Leib. Seine Leute haben beispielsweise Mühe sich durch einen Raum zu bewegen. Es gehört zur literarischen Schaffenskraft, dass man eine Person, die sich in einem Raum aufhält, mühelos durch eine Türe gehen lässt, um dann im nächsten Raum einzutreten.
Ein Schriftsteller sollte dies so darstellen können, dass so etwas in einem Fluss geschieht. Jeder Schriftsteller, der dies nicht so gut beherrscht, übt daran, bis er es beherrscht. Bei Dick ist mir oft aufgefallen, dass er eine solche Technik nicht beherrscht. Es gibt immer wieder Lücken und Sprünge in dem Umweltrahmen der Erzählung: ganz unerwartet sind Leute plötzlich draussen oder im falschen Raum. Anders gesagt: der Erzählfluss ist sehr holprig.
Auch scheinen seine Figuren eben nur Figuren zu sein. Geschlecht, Alter, ein Name, ein Beruf. Das war's. Die Vergangenheit ist mager.
Bei den meisten Schriftstellern habe ich das Gefühl, dass sie sich auch mit der Vorgeschichte ihrer Figuren auseinandergesetzt haben. Dieser Werdegang des Menschen, der aufhört beim eigentlichen Anfang der Geschichte, muss nicht unbedingt erzählt oder erklärt werden. Doch bei einigermassen guten Schriftsteller spürt man, dass die Personen leben, eben weil sie auch für den Autor gewissermassen leben.
Auch die Ereignisse selbst finde ich eher schwach. Dick scheint Ideen zu haben, arbeitet sie aber nicht aus, sondern schreibt irgendetwas rundherum, ohne bei der Logik (ich bin Vulkanier, wenigstens im Herzen) oder Technik (ich bin Hard-SF-Fan) eine Verantwortung zu übernehmen.
So, jetzt will ich aber Dick noch ein KOMPLIMENT geben. Der Mann hat IDEEN. Das ist in der SF alles andere als selbstverständlich. Sehr, sehr vieles scheint sich zu wiederholen in SF (die Originalität liegt eher bei der Ausführung). So wiederholt sich oft das Schema einer Zeitreise, eines Besuches von Ausserirdischen, oder einer Reise nach den Sternen oder einem Planeten. Jeder Schriftsteller hat wohl 2 oder 3 echt originelle, vorher noch nicht gebrachte Einfälle in seinem Leben, doch Dick scheint damit geradezu herumzuwerfen.
Soweit mein Gefühl zu Dick. Jetzt muss ich aber auch noch etwas Beweis bringen...
Ich möchte das anhand eines Romans und einer Kurzgeschichte machen.
Der Roman ist "the man in the high castle", auf Deutsch: "das Orakel vom Berge".
Die Kurzgeschichte ist "Imposter", auf Deutsch: "Hochstapler".
Vor Jahren habe ich Fatherland gelesen, ein Alternativroman von Robert Harris über ein Deutschland, welches den zweiten Weltkrieg gewann. Mal abgesehen vom etwas schwachen Ende war ich schwer beeindruckt von diesem Roman. Ja, so hätte Deutschland ausgesehen, wenn der Krieg gelaufen wäre, wie in dem Buch beschrieben. Dieses Nachkriegsreich kam sehr realistisch rüber, die Personen waren gut ausgearbeitet, es gab eine spannende Geschichte. Mal von den Schreibqualitäten von Harris abgesehen, fand ich auch die blosse Idee "Hitler hat den Krieg gewonnen" sehr originell. Später erst, entdeckte ich, dass
A ) Alternativromane (wie wäre es, wenn die Geschichte ab einem gewissen Punkt einen anderen Lauf genommen hätte) gang und gebe sind
B ) Harris die Idee bei Dick abgeschaut hat.
Es war nämlich Dick, der diese Idee schon viel früher hatte. Er hatte als Erster einen Roman (the man in the high castle) geschrieben, in welchem Nazideutsch und Japan gewonnen hatten. Als Folge hatten sie Amerika unter sich aufgeteilt. Dick hatte noch eine Zusatzidee: Im Buch war ein populärer Roman geschrieben worden, über eine Alternativwelt, in welche Amerika gewonnen hätte. Ganz toll ist, dass dieser alternativer Geschichtslauf nicht unsere (wahre) Welt entsprach. Somit hatte Dick drei Welten geschaffen (Deutschland/Japan gewinnt, Unsere Welt, Amerika gewinnt bei der Schlacht um Pearl Harbor).
Ganz grosse Klasse, Herr Dick!
Leider ist der Rest vom Roman NULL. Von Nazi-Deutschland schien Dick nichts zu wissen, und noch nie wurde eine Siegermacht so unrealistisch dargestellt wie das Japan von Dick. Seine Japaner scheinen nichts besseres im Kopf zu haben, als das frühere Vorkriegs-Amerika zu verehren. Häh?
Weiter versuchte Dick verschiedenes Philosophisches reinzuschieben und insbesondere kommt ein Chinesisches (?) Wahrsagerstöckchenspiel vor, worauf einer der Japaner total vertraut (und es scheint - wenigstens in jener Welt - zu funktionieren). Von Dick heisst es ja, er möchte immer Philosophisches bringen, doch jedenfalls bei mir gab es nach seiner Lektüre keine Erleuchtung.
Dann gibt es auch noch einen Wechsel in die echte Welt, also unsere Welt. Ich habe das Buch nicht hier und kann die Stelle nicht mehr nachlesen, aber ich kann mich nicht erinnern, dass Dick diesen Wechsel irgendwie erklärt. Die Person ist plötzlich einfach dort und nach kurzer Zeit ist er wieder - erneut plötzlich - zurück. Vielleicht hat Dick doch irgendwo eine Erklärung eingebaut, aber beim Lesen war sie mir nicht aufgefallen.
An einer richtigen Geschichte - etwa im Sinne: wir versuchen die bösen Japaner (die übrigens sehr harmlos rüberkommen) rauszuwerfen durch beispielsweise den Kaiser zu ermorden - kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.
Auch das Ende ist ein Leerlauf. Ich weiss nicht mehr so genau, wie es ging. Eine Frau ist auf einer Party, da wird ein bisschen gelabert, und dann geht sie ... so im etwa.
Nein, abgesehen von den Grundideen war in diesem Roman nichts, aber auch wirklich nichts von Substanz drin.
Bitte, fragt mich jetzt nicht, was, wo genau, an welcher Stelle stand. Ich habe das Buch vor Jahren gelesen, ich habe es nicht mehr. Ich versuche hier nur meine bisherige Meinung zu erläutern. Jedenfalls hat das Buch absolut nicht überzeugt.
Okay, kommen wir zur Kurzgeschichte Imposter.
Wieder eine sehr gute Idee. Die Welt ist im Krieg mit einer ausserirdischen Rasse. Ein Robot wird geschickt, um in einer militärisch wichtigen Region eine Bombe zu zünden. Um das zu machen verwandelt sich der Robot in einem Menschen, den er vorhingetötet hat, und das macht er so perfekt, dass er, der Robot, nicht mehr weiss, dass er eigentlich gar nicht dieser Mensch ist.
Tatsächlich eine geniale Idee! So, jetzt die Geschichte: Die Leute sind sehr statisch - die Dialogen sind statisch - die Erlebnisse sind statisch - alles wirkt sehr unwirklich, sehr langweilig und schnell zusammengesucht - halt eben typisch für Dick, jedenfalls wie ich Dick kenne. Weshalb bringe ich aber ausgerechnet diese Geschichte?
Mein Problem bei dieser Geschichte ist, dass er mein Hard-SF-Herz bricht. Wie schafft Dick das?
Nun, die Ausserirdischen kommen aus der Nähe von Alpha Centauri. Immer wenn ich den Namen Alpha Centauri in einem literarischen Werk lese, kriege ich den grünen Ausschlag. Es bedeutet nämlich, dass der Autor - wie jeder Mensch - diesen Namen schon mal gehört hat, weil es sich um den uns nächstgelegenen Stern handelt. (Eine Bemerkung zwischendurch: Seit einiger Zeit weiss man, dass es sich in Wirklichkeit um ein Drei-Sternensystem handelt, nicht um einen einzigen Stern, man lese z.B. - auf Englisch - hier oder hier oder hier nach, Dick konnte das damals natürlich nicht wissen). Und immer wenn ein Autor mit Alpha Centauri kommt, weiss ich, dass er einfach zu faul war, um sich mal einen Sternenatlas hervorzunehmen, um aufs Geratewohl einen Stern herauszupicken (geschweige denn, dass er einen speziellen Stern, wie z.B. einen sonnentypähnlichen Stern heraussucht).
Soweit, so gut, Dick wählt ausgerechnet den falschen Stern aus, aber er konnte ja den Geschmack des nachdenkenden Lesers nicht vorausahnen. Und es ist ja weiterhin möglich, dass um Alpha Centauri ein Planet mit bösen Eingeborenen kreist. Oder?
So, die Explosion findet tatsächlich am Ende der Erzählung statt. BUMM! Und dann kommt der letzte Satz, und bei diesem Satz konnte ich nur den Kopf schütteln.
Der Satz läutet: The blast was visible all the way to Alpha Centauri.
Hört ihr mein Hard-SF-Herz heulen? Merkt ihr die vielen Fehler?
Zählen wir doch mal auf:
Die Ausserirdischen sind auf Alpha Centauri! Sie kommen gar nicht von einem Planeten, sie leben auf einem Stern! Wie?
Sie sehen die Explosion während sie auf dem Stern sind. Wenn ich mitten im Licht eines Sterns schweben würde, Licht überall, bezweifle ich, ob ich eine kurze, andere Lichtquelle überhaupt bemerken würde.
Die Explosion ist sichtbar in jener Region. Dies ist ein doppelter Fehler: Distanz und Explosionsgrösse stimmen nicht. Wenn ich nur auf dem nahen Pluto wäre, könnte ich unmöglich eine Explosion sehen, die nur eine Region der Erde betrifft. Da müsste schon die ganze Erde explodieren. In der Nähe von Alpha Centauri könnte ich aber auch keine Vernichtung des Planeten Erde beobachten; es müsste schon die explodierende Sonne sein, damit ich ein Flackern oder ein Wegfallen beobachten könnte.
Sie sehen die Explosion sofort. Wie? Wenn wir von vier Lichtjahren Distanz ausgehen, bedeutet dies, dass jenes Licht vier Jahre braucht um das Alpha Centauri-System zu erreichen.
Okay, okay, ich höre euch schon protestieren.
"Das ist Interpretation. Mein lieber RockMySoul67, nehme das nicht so streng. Wahrscheinlich hat Dick ja das ganze Sternensystem gemeint, und die Lichtquelle konnte man erst nach vier Jahren mit sehr exakten Geräte messen."
Aber eben, so kommt es nicht rüber. Es ist ein grottenschlechter Satz, der von mir so verstanden wurde, wie ich ihn halt als Leser verstehe. Und ich verstehe sie so, weil Dick ganz einfach keine weiteren Gedanken verschwendet hat. Leserlenkung und physikalische Gesetze schenkt er sich.
Ich weiss auch was Dicks "Entschuldigung" ist. Es war arm und musste viel, viel schreiben, denn sonst wäre er verhungert. Und deswegen hatte er halt leider nicht die Zeit, seine Sachen nochmals durchzulesen.
Also, ich akzeptiere diese Entschuldigung nicht. Aus zwei Gründen nicht.
Grund 1) Er war ERFOLGREICH. Seine Kurzgeschichten wurden stets publiziert! Auch seine Romane wurden publiziert und sie hatten einen guten Absatz. Sorry, aber diese Entschuldigung sagt mir nur, dass Dick ein schlechter Geschäftsmann war.
Grund 2) Was glaubte der Typ eigentlich? Hmm? Dass andere Schriftsteller dieses Problem nicht kennen? Nein, sie gehen halbtags anderswo arbeiten, und sie lesen ihre Geschichten nochmals durch, feilen dran herum, lassen sie nachlesen. Weshalb? Weil sie ihre Geschichten lieben und uns Leser ein interessantes Resultat zeigen möchten. Also, wenn Dick seine Stories nicht liebt und ehrt, dann muss er auch nicht erwarten, dass ich mich damit auseinandersetze.
Fazit: Dick hatte gute Ideen, war aber ein lausiger Erzähler.
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So, jetzt habe ich meine Frust über Dick von mir geschrieben. Ich fühle mich jetzt ganz frisch, greife gelöst zum "dunklen Schirm", fange an zu lesen und lasse mich überraschen und eines Besseren belehren.
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#4
Geschrieben 01 Februar 2004 - 20:16
Ich weiss, dass Du das anders meinst, aber es ist sehr verlockend darauf so zu antworten: Die Figuren bei Dick sind ganz "normale" kleine Leute, denen das Universum auf den Kopf fällt. Wie in der Treppensteigszene in UBIK: Joe Chip wird immer schwächer und kämpft sich Stufe und Stufe vor, während Pat ihn verhöhnt, anstatt ihm zu helfen. Die Figuren sind Loser mit Depressionen; Menschen, die an ihrer Umwelt leiden. Kein Wunder, dass sie Probleme haben, sich durch einen Raum zu bewegen. ;-) Was Du aber eigentlich meinst sind ja die Lücken, die Schlamperei beim Schreiben. Das ist biographisch zu erklären, was das Geschreibe an sich nicht besser macht: Dick hat immer am Hungertuch genagt - und je mehr Ehen und Kinder er hatte, desto schlimmer wurde es. Er schrieb wie ein Wahnsinniger ganze Tage durch und puschte sich mit Speed auf, damit er das durchhalten konnte. Er verdiente für seine Bücher ja fast nichts, deshalb musste er viel und schnell schreiben. Wenn man das betrachtet, erklärt sich die Schlamperei. Aber was dennoch festzustellen ist, ist eine ungewohnte Tiefe und vor allem eine Unmenge an interessanten Ideen (wie Du ja selber sagst). Und das ist es, was ihn auszeichnet. Zudem tauchen in allen seinen guten bis genialen Werken Szenen auf, die unvergesslich sind - zumindest für mich; und die einen emotionalen Inhalt haben, der mich selbst beim Nacherzählen noch berührt.Es gehört zur literarischen Schaffenskraft, dass man eine Person, die sich in einem Raum aufhält, mühelos durch eine Türe gehen lässt, um dann im nächsten Raum einzutreten.
Ich nur von den Ohren her, zumindest laut einer Freundin. Zu THE MAN IN THE HIGH CASTLE. Es ist NICHT so, dass Dick vom Nazi-Deutschland nichts wusste. Er hat monatelang (?) Originalmaterial gewälzt und war am Ende so betroffen, dass er dazu nichts schreiben konnte (so habe ich es in Erinnerung, müsste nun nachlesen...). Für mich zeichnet den Roman auch nicht die Darstellung einer Alternativwelt aus - oder was immer wieder lobend hervorgehoben wird: Die Darstellung von Tagomi. Für mich ist an dem Roman wichtig das Ringen um Selbstbewusstsein und Sinn, das sich im Grunde in dem Schmuckstück widerspiegelt, das Frank Frink herstellt und mit dem Tagomi auch bei näherer Betrachtung nicht wirklich etwas anfangen kann. "Wahrsagespiel", naja, so kann man das I Ging auch verhunzen. Dick wurde in den meisten philosophischen Dingen von C. G. Jung beeinflusst, so auch in Sachen I Ging. Er hat das I Ging sogar zum Schreiben des Romans benutzt. Das I Ging ist wie auch ein Tarot-Deck ein Erkenntniswerkzeug... Aber das ist ja nun nicht das Thema. Leider kann ich zu den von Dir angeführten Szenen auch nichts mehr sagen, weil es zu lange her ist. Zumindest war ich damals der Meinung, dass das Buch teilweise überschätzt wird, weil es häufig als eins seiner besten dargestellt wird. Vielleicht unter den besten 10 oder 15, dann ja... IMPOSTOR hat mich damals sehr beeindruckt. Es war eine der ersten Geschichten, die ich von ihm gelesen hatte. (Nach der grandiosen PREPERSONS.) Ich hatte eigentlich kein großes Problem mit ihr, ausser dass sie eine seiner frühen Geschichten sind, die halt nur auf eine Pointe hinauslaufen. Das hat er ja dann irgendwann geändert. Aber ich fand, diese Pointe hatte es in sich. Und zugleich eine wunderbare Allegorie auf Selbsterkenntnis. Dick war nun einmal ein Gnostiker. ;-) Zum Alpha Centauri: Dick hat die Geschichte 1953 geschrieben. Da waren die meisten Aliens noch grün und kamen vom Mars. ;-) Ausserdem: Who cares? Er hätte auch sagen können: Sie kommen von Gugrrbla, gleich bei Schuhuhu. Ich meine, kann man die MARS-CHRONIKEN nicht mehr lesen, weil angeblich humanoide Marsbewohner laut Bradbury dort leben? The blast was visible all the way to Gugrrbla. Und mein Lachen erschütterte das Haus...ich bin Vulkanier, wenigstens im Herzen
Finde ich nicht. Es ist ein metaphorischer Satz. Und ausserdem: "Nicht der Sprecher [Autor], sondern der Hörer [Leser] bestimmt die Bedeutung einer Aussage." H. v. Foerster. Was den Erfolg anging: Der kam erst so richtig nach seinem Tod. Vorher hatte er kaum Geld, sich was zu Essen zu kaufen (na ja, die Tabletten waren sicher auch ziemlich teuer). Zu dem Grund 2: Er wollte anfangs KEINE SF schreiben, aber das war das einzige, das er verkaufen konnte. Also musste er so schnell wie möglich eine Story nach der anderen heruntertippen, um sich, Frauen, Katzen und Kinder zu ernähren. Sein Agent hat Veränderungen vorgeschlagen - und sicher auch anfangs selber vorgenommen. Aber ich war auch schon immer der Meinung, dass Dick kein guter Erzähler ist - oder anders: Ein schlechter Stilist. Aber irgendwie ist er einer der wenigen Autoren, bei dem mich das fast gar nicht stört, weil mich die Ideen und Emotionen einfach mitreißen. Michael Nagulas hat das auch mal schön ausgedrückt und dem kann ich mich nur anschließen: "Dicks Werk [steht] stilistisch nicht unbedingt in einer Reihe mit sonstigen Beispielen herausragender Science-fiction, denn vom äußeren Erscheinungsbild her ist es oft schlecht und ohne Sorgfalt geschrieben. Seine Charaktere sind gekünstelt, seine Handlungsabläufe verwirrend, und so lassen seine Texte sich nur schlecht einer Vorstellung von ,guter Literatur' unterordnen. (...) So wird das Lesen bei ihm zu einem Durchwühlen des Textes, um zu dessen wirklicher Bedeutung zu gelangen (...). Die Lektüre seiner Texte ist ganz auf die tiefere Bedeutung des Geschilderten ausgerichtet (...)." Außerdem ist er, im Gegensatz zu vielen anderen Autoren des Genres, wenig "an der minutiösen Ausgestaltung von technischem Ambiente oder interstellaren Imperien interessiert; er macht die Science-fiction zu einem Vehikel für die Darstellung unseres zeitgenössischen Lebens." Und dabei "forscht [er] schmerzhaft aber behutsam nach grundlegenden Lebensfragen, die uns alle betreffen." Das Zitat ist von Burkhard Spinnen. --------- Zum DUNKELN SCHIRM: Ich bin gespannt, wie dieser 70er-Charme bei Dir ankommt. ;-) Ich kann mich ja eigentlich nur noch an die Schlussszene erinnern, die mich damals sehr beeindruckt hatte. Also, dann werde ich auch mal lesen gehen. Grüße, RalphEs ist ein grottenschlechter Satz, der von mir so verstanden wurde, wie ich ihn halt als Leser verstehe.
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#5
Geschrieben 01 Februar 2004 - 20:44
dem kann ich mich nur anschliessenAber ich war auch schon immer der Meinung, dass Dick kein guter Erzähler ist - oder anders: Ein schlechter Stilist. Aber irgendwie ist er einer der wenigen Autoren, bei dem mich das fast gar nicht stört, weil mich die Ideen und Emotionen einfach mitreißen.
doch gilt dies eben nicht für den dunklen schirm!!!!
schon allein die einleitung haute mich um - genial beschreibt dick wie sich jerry einbildet unter einer wanzenplage zu leiden - und des weiteren hilft ihm charles freck alle nicht existierenden wanzen einzusammeln
bei der beschreibung der haluzinationen jerry´s konnte ich keine stilistischen mängel feststellen - im gegenteil - ich bin sehr angetan vom stil im DS
der DS beweist somit in der tat dass sich dick bei anderen romanen zu wenig zeit genommen hat
genau das zeichnet das buch ebenfalls aus - die genaue beschreibung der drogenabhängigen personen erweckt den eindruck als ob es ein autobiographisches werk ist (abzüglich den anteil an SF natürlich)Ich bin gespannt, wie dieser 70er-Charme bei Dir ankommt.
ebenso steht zu anfangs der klassische satz dass ähnlichkeiten mit lebenden personen rein zufällig sind - ich denke dass ich das noch nie in einem buch von dick zu lesen sah
dick konnte im DS (so glaube ich) das schreiben was er gerne schrieb - autobiographisches eben - in dem fall über sein drogen-leben in den 70ern
ein weiters gutes beispiel wäre hier noch ZEIT AUS DEN FUGEN / time out of joint welches ein wunderschönes buch über das kleinstadtleben amerikas in den 50ern abgibt
und genau das könnte der grund sein warum der DS so gut rüber kommt - weil dick nämlich bei autobiographischen erzählsträngen sehr genau beschreibt wie menschen durch türen gehen - so sind seine nach seinem tod erst veröffentlichten mainsteam romane ebenfalls sehr gute bücher welchen es nicht an guten stil mangelt (genau das gegenteil ist dort der fall)
lg joe der brav am lesen ist
Bearbeitet von Joe Chip, 01 Februar 2004 - 22:17.
#6
Geschrieben 01 Februar 2004 - 21:25
Bearbeitet von Skydiver, 01 Februar 2004 - 21:28.
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It's all fun and game until someone loses an eye
- • (Buch) gerade am lesen:Robert B Parker
#7
Geschrieben 01 Februar 2004 - 22:09
Bearbeitet von Joe Chip, 01 Februar 2004 - 22:15.
#8
Geschrieben 01 Februar 2004 - 23:14
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#9
Geschrieben 02 Februar 2004 - 07:46
- I care.Who cares?
Anyway... zu diesem Satz... Nehmen wir mal an, dass ACC in seinen Kurzgeschichten solch einen mageren Satz bringen würde (er tut es nicht, aber nehmen wir es mal an), dann würde ich nicht auf diesen einen einzigen Satz hinweisen und sagen: "Ha, seht ihr das alle! Schlechter Satz!" Nein, ich würde über diese Sünde hinwegsehen. Weshalb? Weil der nicht so gute Satz zwischen jede Menge Sätze stehen würde, die eben wohl Sinn machen.
Bei Dick war dieser Satz jedoch den Tropfen, der den Eimer usw. jedenfalls machte ich da Schluss bei Dick (d.h. bis heute). Und ich wollte einfach meinen Eindruck über Dick bis jetzt schildern und versuchen zu erklären, weshalb ich Dick (bis jetzt) verwarf.
(aber an meinem wahren Ziel bin ich schon mal angekommen, denn ihr schreibt und schreibt und schreibt .... es wird ein spannender Monat)
Ach, es war I Ging! Ja, DICK hat es tatsächlich in jenem Roman geschafft I Ging als Wahrsagerspiel zu deklarieren."Wahrsagespiel", naja, so kann man das I Ging auch verhunzen.
#10
Geschrieben 02 Februar 2004 - 08:57
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"
#11
Geschrieben 02 Februar 2004 - 10:51
Na ja, es war dich ein netter Einstieg, fand ich. Wir wissen nun, wo rms seine Probleme mit Dick hat; und diese Dinge sind wahrlich nicht von der Hand zu weisen. @rms Was das I GING angeht, nur ganz schnell: Ich hatte mich da nun auch zu flapsig ausgedrückt. Es ist in dem Sinn Orakel, dass es a) bei der Interpretation der Vergangenheit helfen kann, bei dem Bewusstwerden der gegenwärtigen "Strömungen" und somit c) Tendenzen für die nahe Zukunft aufzeigen kann. Jung sah wohl in dem Buch einen wunderbaren "Beweis" seiner Synchronizitätstheorie, weil sich ganz erstaunliche Aussagen aus den Texten ableiten lassen. An sich ist es aber eher ein philosophischer Text, der angeblich die "Mechanismen" der Welt widerspiegelt. Zum DUNKLEN SCHIRM. Ich bin nun etwa bei S. 70. Und, um rms noch ein wenig Recht zu geben: Die Konstruktion erscheint mir ein wenig holprig. Aber das stört mich nicht sonderlich. Es lässt sich dennoch sehr gut lesen. Und die Szene mit der Kellnerin fand ich sehr lustig. Ich weiss nicht, ob das fürmich spricht, aber dennoch. ;-) Bis später, Ralph ps: Henrik, lesen wir doch lieber den Mieville in der nächsten Runde! ;-)Aber wollten wir hier nicht eigentlich den Roman „Der dunkle Schirm“ besprechen und nicht Grundsätzliches über den Autor? Das eine schließt das andere selbstverständlich nicht aus. Aber schon vor dem Lesen eines Werkes in eine philosophische Diskussionen über den Schöpfer zu verfallen, empfinde ich als unfaires Überholmanöver.
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#12
Geschrieben 02 Februar 2004 - 10:59
(Georg Christoph Lichtenberg)
#13
Geschrieben 02 Februar 2004 - 11:33
Ich behalte Deine Idee mit dem neuen Roman von China Mieville mal im Hinterkopf. Nach den ersten 50 Seiten liest der sich aber nicht wie SF, sondern eher wie Phantasy. Jetzt aber wirklich gut.
Bis dennen,
Henrik Fisch
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
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#14
Geschrieben 02 Februar 2004 - 11:42
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
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#15
Geschrieben 02 Februar 2004 - 14:35
#16
Geschrieben 02 Februar 2004 - 18:59
hi holger - seit dem experiment sind wir das im klassiker zirkel ohnehin schon gewohntMir ist das ganze schlicht und ergreifend zu wenig SF
aber mal im ernst - es ist doch auch interessant was der meister!!! sonst noch schrieb
hi sullivan - womit du auch völlig recht hastMan kann Dick viele Sachen vorwerfen, aber nicht dass seine Personen flach sind. Bei kaum einem anderen Schriftsteller habe ich das Gefühl, dass sie wirklich "leben".
dick beschreibt nämlich personen (ralph hat es weiter oben schon erwähnt) wie du und ich
er braucht sich also nichts aus der nase ziehen und fiktive helden erfinden
rock hat bemängelt dass dicks figuren keine vergangenheit haben
ich finde das brauchen sie auch nicht
mich interessiert in keiner weise die vergangenheit von joe chip in ubik (babyalter, kindheit, jobsuch usw) - interessant ist wie der protagonist dicks mit der gegenwärtigen situation fertig wird - dick schreibt nicht krieg der sterne oder den wüstenplaneten wo ich mich mit dem kompletten stammbaum der hauptdarsteller auseinandersetzen muss
sondern wie nun im (henrik! - ich bin jetzt beim thema ) dunklen schirm dass leben unserer drogenabhängigen szene typen welche in einer fiktiven zukunft (mal ohne raumschiffe - was solls) über ihre gefühle sprechen - und das in absolut realistischen dialogen (dick ist darin ebenfalls ein meister)
wir haben mal PHAINOMENON gelesen - soweit ich mich erinnere war der allgemeine eindruck dass man zu keinem der protagonisten eine bezoiehung aufbauen konnte - dass ist beim DS nicht der fall - ich mag jeden einzelnen - und das liegt nicht daran das ich so viel freude an der drogenszene hätte - sondern weil dick seine figuren mit ihren kleinen und grossen problemen mit sehr viel herzlichkeit beschreibt (meine meinung)
zB - die von ralph erwähnte szene im lokal mit der kellnerin - genial
im anschluss dieser szene folgt dann die herstellung einer droge mit alltäglichen hausmitteln - ich habe mich bis jetzt nicht gelangweilt bei diesem buch (und bin fast durch)
lese es parallel nun zum zweiten mal und es gefällt mir jede bis jetzt gelesene szene abermals
endlich wieder ein buch in meinen händen welches nicht dick (klingt zweideutig - ich weiss) genug sein kann
besonders gut finde ich ebenfalls am DS dass dick uns eine mühsame vorstellung der einzelnen handelnden erspart - in verschiedenen kurzweiligen szenen sind alle vorgestellt
ich kann versprrechen dass das buch von seite zu seite besser wird
........ und bob arctor wird bis zum ende des romans alles andere sein - aber bestimmt nicht farblos
abschliessend noch zum thema zu wenig SF anteil, wie 1984, F 451, LEIBOWITZ, EXPERIMENT,CLOCKWORK
die frage beinhaltet die antwort - es handelt sich bei diesen romanen um zeitlose meisterwerke der SF
lg joe -
#17
Geschrieben 02 Februar 2004 - 19:14
Das kann ich bereits nach dem zweiten Kapitel bestätigen. Apropos Farbe, die Farbkombination der Klamotten des Versammlungsleiters ist ja wohl einmalig. Rosa, gelb und blau........... und bob arctor wird bis zum ende des romans alles andere sein - aber bestimmt nicht farblos
#19
Geschrieben 02 Februar 2004 - 19:43
War das nicht die gleiche Figur, die nicht glauben konnte, dass die Amis mit den Russen zusammen gegen die Deutschen kämpfen werden und der an Hitler so toll fand, dass er die Kommunisten ausrotten will? Das ist Dicks Art die Verblödung einiger Leute darzustellen: Sie sagen absurde Dinge. Ich sehe darin kein Problem.Auch wenn es einer Romanfigur in den Mund gelegt wurde, so fand ich doch die Aussage, dass es gut sei, sich endlich einmal der Judenfrage angenommen zu haben und man dabei nur etwas zu weit gegangen ist, ziemlich bedenklich. Das einmal am Rande.
Das könnte der Fall sein. Die Sache ähnelt tatsächlich sehr. Viel Spass noch beim Weiterlesen. Ich hoffe, ich komme nachher noch zu ein paar Seiten... RalphDie Schilderung der Zufallserfindung des Jedermann-Anzugs durch S.A. Powers ist doch unter Garantie eine Anspielung auf die Entdeckung von LSD, wie sie Albert Hofmann in seiner Autobiographie beschreibt.
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#20
Geschrieben 02 Februar 2004 - 23:26
Hi Dave. An dieser Stelle musste ich auch ein wenig schlucken, schließe mich aber Ralphs Meinung an: der Fahrer steht für eine unbedachte Stammtischmeinung. Wenn ich kurz weiter an Ubik anknüpfen darf: wer hat diesen Charakter, bzw. diese Szenarien im Halbleben (sprich: in der dick'schen Matrix) eigentlich entworfen? War das auch Jory? Zu meiner Äußerung bzw. des "Gehalts" an SF: ist nicht so, dass ich jetzt schmollend rumsäße. Im Gegenteil, ich bin doch überrascht, welch breites Repertoire Dick anzubieten hat. Als Nichtkenner hatte ich nämlich den Eindruck, das DIE DREI STIGMATA ... und UBIK aus einem Holz geschnitzt sind, also doch von Konzept und Aufbau ähnlich. Das reicht bis hin zu den Vorzimmerdamen und den fragwürdigen deutschnamigen Wissenschaftlern, die in Europa in ihren sanitären Einrichtungen sonderbare Dinge treiben. DDS nun ist doch ein ganz anderes Konzept und auch ein anderer Stil (auch wenn ich immernoch drauf warte, dass irgendwann ein Präkog auftaucht. Wer weis?) Grüße, HolgerAuch wenn es einer Romanfigur in den Mund gelegt wurde, so fand ich doch die Aussage, dass es gut sei, sich endlich einmal der Judenfrage angenommen zu haben und man dabei nur etwas zu weit gegangen ist, ziemlich bedenklich. Das einmal am Rande.
(Georg Christoph Lichtenberg)
#21
Geschrieben 02 Februar 2004 - 23:43
dessen bin ich sicher - bis dato warst du nie ein spielverderber kurz vorweg - hab das nachwort gelesen - übrigens ein sehr gutes nachwort dort steht - dick selbst bezeichnete den dunklen schirm als "non-fiction-novel" was seinen agenten aber egal war lg + gute nacht alle zusammen - joeZu meiner Äußerung bzw. des "Gehalts" an SF: ist nicht so, dass ich jetzt schmollend rumsäße. Im Gegenteil, ich bin doch überrascht, welch breites Repertoire Dick anzubieten hat.
#22
Geschrieben 03 Februar 2004 - 14:05
Ich habe die ersten 5 Kapitel gelesen und bin sehr angetan. Die Herstellung der Droge, die Arbeit von Bob Arctor oder auch die Tagträume von Charles sind sehr gut beschrieben. Zwischendurch zeigt Dick immer wieder, dass er Humor hat.
Witzig ist die Idee, dass Bob sich selbst beschatten muss. Mal schauen wo das noch hinführt, ich ahne nichts gutes. Und wer steckt hinter den Sabotageakten?
Sehr berührt hat mich der Grund wieso Bob den Job tut:
Gruselige Vorstellung.On a horrible positive reason: to have watched a human being you loved deeply, that you had gotten real close to, held and slept with and kissed and worried about and befriended and most of all admired - to see that warm living person burn out from the inside, burn from the heart outward. Until it clicked and clacked like an insect, repeating one sentence again and again. A recording. A closed loop of tape.
Ich bin gespannt wie es weiter geht! Genau kann ich mich an das Buch nämlich gar nicht mehr erinnern... Das Buch liest sich auf englisch übrigens sehr flüssig.
Sullivan
#23
Geschrieben 03 Februar 2004 - 21:04
bei einem autor wie dick wär sogar möglich das bob seine sachen selbst zerstört fred - barris ist bob - donna ist oder dass die tatsache dass bob ein agent ist nur eine haluzination unter einfluss der droge ist ebenso wie du bin ich sehr angetan von dem buch genial sind sämtliche dialoge welche dick (scheinbar weiss er wie so etwas abläuft wenn man total zugedröhnt ist) sehr realistisch schildert weiters wird schildert dick wunderbar den zwiespalt der darsteller ob sie in einen entzug beginnen sollten oder nicht lg joeWitzig ist die Idee, dass Bob sich selbst beschatten muss. Mal schauen wo das noch hinführt, ich ahne nichts gutes. Und wer steckt hinter den Sabotageakten?
#24
Geschrieben 04 Februar 2004 - 13:35
Ja, die -schweizerische - Erfindungs des LSDs stand hier wohl Pate. Ist sehr ähnlich. Aber ist es nicht der Langsame Tod mit seinem Halluzinationseffekt, der LSD gleicht? Irgendwie habe ich nicht verstanden, weshalb Halluzination zu dieser technischen Erfindung des Anzugs führt. Was heisst eigentlich S.A.? Special Agent? Ich wundere mich, denn sowohl Powers als Arctor erhalten den Titel (oder Namen?) "S.A.". ------------------ O ja, meine Steckenpferdchen "Logische Schlussfolgerungen" und "Leserlenkung". Ein Beispiel. Freck sagt, dass er im hier und jetzt müde ist, weil er gerade zwei Tage lang Wanzen eingesammelt hat (also muss er das bis gestern gemacht haben). Aber das kann nicht sein, denn Jerry ist schon seit einiger Zeit in der Klinik (Freck hat ihn schon mehrmals besucht). Trotzdem ärgere ich mich nicht. Trotzdem komme ich nun nicht mit einem: "Nah, nah, nah, Herr Dick, falscher Romanaufbau!" Weshalb nicht? Weil es in diesem Buch um Drogensüchtigen geht, während wir die Welt durch ihre Augen sehen. Und bei Junkies kann es sehr wohl merkwürdige Sprünge im Gehirn geben. Bei denen passen diese unlogischen Ereignisse; in diesem Buch macht so etwas absolut Sinn. Wenn alles so schön erklärt und synchron ablaufen würde, wie ich es halt sonst bevorzuge, wären die ganzen Ereignisse (aus der Sicht der Betroffenen) nicht treffend. --------------------- Donna scheint mir eine kluge, ausbalancierte Person. Ist sie eigentlich selbst süchtig, oder dealt sie nur? Man würde fast glauben, dass sie die Agentin wäre. Doch dies kann natürlich nicht sein, denn sie wäre eine miserable Agentin, wenn jeder sie so schnell 'entlarven' könnte. Ich tippe darauf, dass der Langsame Tod vom Staat hergestellt wird (wie Dick auch leicht andeutet) um die Leute unter Kontrolle zu halten, dass Undercoveragenten wie Arctor nur als Alibiübung dienen, und dass Donna eine angestellte Verteilerin ist. --------------------- Kapitel Zwei: Jedermann-Anzug! Da freut sich der Hard-SF-Mann in mir. Dieser Anzug scheint sogar realisierbar. Kennt ihr diesen Unsichtbarkeitsanzug aus Ben Bovas Jupiter? Oder diesen unsichtbaren Auto aus dem letzten Bond-Film? So unmöglich ist eine solche Technik nicht. Bilde dir mal ein Gerät ein, bestückt mit millionen winzigkleinen Kameras und Fernseherchen. Diese könnten filmen und zeigen, was sich hinter dem Gerät befindet. Für den Betrachter - der vor dem Gerät steht - wäre dieses Gerät tatsächlich unsichtbar. Der Jedermann-Anzug lässt mich an dieser (noch nicht existierenden) Nano-Technik denken. Anstatt eines Hintergrunds wird ein uneinprägsames Gesicht projiziert. ----------------------- Wenn es Wirklichkeit wäre, hätte ich einige Zweifel bei der Abkauftechnik von Arctor. Donna muss wohl eine schlechte Geschäftsfrau sein, wenn sie kein Geld im Voraus verlangt und ihn stattdessen einfach weiterreicht. Sie kommt jedoch gar nicht als Business-Dummi rüber. Aber innerhalb der Story mag dies ja noch gehen.Die Schilderung der Zufallserfindung des Jedermann-Anzugs durch S.A. Powers ist doch unter Garantie eine Anspielung auf die Entdeckung von LSD, wie sie Albert Hofmann in seiner Autobiographie beschreibt.
Liest du auch immer zuerst Vorwort, Nachwort, Klappentext, Danksagungen, Autoreninfo, usw., bevor du mit dem eigentlichen Buch anfängst? Ich jedenfalls schon. (Den Text lese ich dann aber von A bis Z, blättere also nicht zum Ende, zum spicken, wie's ausgeht). Die Nachbemerkung von Dick kann man ruhig vor der eigentlichen Lektüre lesen, das Nachwort von Christian Gasser bringt etwas aus dem Inhalt. Wie Joe, gefällt mir Dicks Nachbemerkung. Er bringt eine schöne Parallelle: die Süchtigen sind wie Kinder, die naiv ein Spiel anfangen, dann aber nicht mehr aussteigen können. Dick wörtlich:hab das nachwort gelesen - übrigens ein sehr gutes nachwort
Gasser schreibt, dass Dick 5 Jahre am "Dunklen Schirm" gearbeitet hat, was meine früheren Schnelldurch-Arbeitstechnik-Infos widerspricht. Dick kommt mir so als Schriftsteller sympathischer rüber. Auch beschreibt Gasser, wie kaputt Dick selbst war, was dieses Buch natürlich eine grosse Authentizität bescheinigt. Gasser wörtlich:Eigentlich wollten sie nur eine gute Zeit miteinander und ihren Spass haben, aber sie waren wie Kinder, die auf der Strasse spielen; sie sahen, wie einer nach dem anderen von ihnen getötet wurd - ... - aber sie spielten trotzdem weiter.
Was hält ihr eigentlich vom Cover? Von den Covern der ganzen Reihe? Mir gefallen diese hellen Farben mit den hervorstehenden Buchstaben. Anders als bei Bildcovern ist dieser Anblick sowohl auffallend als auch gleichzeitig unaufdringlich. Allerdings sollten Heyne & Co sich wirklich nur bei einer Reihe eines einzigen Autors so verhalten, denn sonst wird diese Form zu Standardform wie die früheren Bücher, wo nur Autorennamen und Romantitel auf dem Cover stand. ps. Schlägt jemand zu bei diesen limitierten Ausgaben, über die Werbung gemacht wird? Die Preise scheinen mir recht hoch, doch ist's noch gut möglich, dass dies die einzigen deutschen Ausgaben bleiben.[die Frage ist] ob Dick den Wahnwitz in seinem Leben benötigte, das Gefühl, ständig am Abgrund zu stehen, von feindlichen Mendschen und Mächten verfolgt, um seinen Fiktionen ihre existenzielle Dringlichkeit zu verleihen.
Ich werde versuchen ab jetzt beim Buch zu bleiben.wollten wir hier nicht eigentlich den Roman „Der dunkle Schirm“ besprechen
#25
Geschrieben 04 Februar 2004 - 21:11
Die Person von Donna ist nach diesem Kapitel viel klarer. Viele der Süchtigen erscheinen mir recht intelligent: Donna mit ihrer Ausgewogenheit, Barris mit seinen Fachkenntnissen, Jerry mit seinen Wanzen-Nachforschungen, Arctor sowieso. Sie sind halt 'nur' süchtig.
Auch mir gefallen die Dialogen zwischen Barris und Freck. Sie führen sehr realistische und lebensnahe Gespräche.genial sind sämtliche dialoge welche dick ... sehr realistisch schildert
Nur über die Angestellten vom Neuen Pfad wundere ich. Dies sind Leute, die den Süchtigen helfen, aber sie beschimpfen die Neuankömmlinge? So baut man gewiss Vertrauen auf... (gibt es ein Sarkasmus-Smiley?)
#26
Geschrieben 04 Februar 2004 - 21:21
Verständnisvolle Klänge würden natürlich das Gesamtbild verzerren, daher gibt es auch von weiblichen Romanfiguren keine emotionale Hilfestellungen. Ein Tritt in die Magengrube...Nur über die Angestellten vom Neuen Pfad wundere ich. Dies sind Leute, die den Süchtigen helfen, aber sie beschimpfen die Neuankömmlinge? So baut man gewiss Vertrauen auf... (gibt es ein Sarkasmus-Smiley?)
#27
Geschrieben 04 Februar 2004 - 22:48
Sie versuchen, die Neuankömmlinge zu "brechen", das alte Individuum durch ein neues auszutauschen. Ich meine von Dicks eigenen Erfahrungen in so einem Institut gelesen zu haben (ich glaube, es war in DAS MÄDCHEN MIT DEN DUNKLEN HAAREN)... Aber das ist 6 Jahre her. Ich besitze das Buch leider nicht.Nur über die Angestellten vom Neuen Pfad wundere ich. Dies sind Leute, die den Süchtigen helfen, aber sie beschimpfen die Neuankömmlinge?
Über Dicks Frauendarstellung kann man ein Buch schreiben. Ich möchte ja nicht wieder vom Thema abweichen, aber es gibt ein gewisses Schema in seinen Frauenfiguren, das interessanterweise fast in jeder Verfilmung nicht übernommen wurde; ausser in IMPOSTOR. Donna ist auch so eine typische Dick-Frau mit dunklen Haaren... Ralphdaher gibt es auch von weiblichen Romanfiguren keine emotionale Hilfestellungen. Ein Tritt in die Magengrube...
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#28
Geschrieben 04 Februar 2004 - 23:08
mich auch - aber das ist typisch dick - würd ich mal sagenWobei mich mal interessieren würde, was genau es mit dem Cephalochromoskop auf sich hat.
stimmt -Â schön / überlegen und intelligent / unnahbar dick muss in dieser richtung sehr gelitten haben dass er sie in so vielen werken verewigtDonna ist auch so eine typische Dick-Frau mit dunklen Haaren...
sehe ich ebenso - ein buch braucht auch am umschlag keine bilder (meine meinung) doch die klappen stören am anfang und am ende des buches beim lesen (finde ich) und brauchen kann man sie bei 350 seiten ohnehin nicht lg joeWas die Cover angeht, so finde ich sie schon wirklich gelungen, sie sehen nicht nur gut aus sondern liegen auch angenehm in der Hand.
Bearbeitet von Joe Chip, 04 Februar 2004 - 23:12.
#29
Geschrieben 05 Februar 2004 - 08:39
Kommt drauf an was für Amibitionen Donna hat. Vielleicht hat sie keine Lust, mehr zu dealen als notwendig. Ganz davon abgesehen steigt auch das Risiko im Gefängnis zu landen. Bei kleinen Mengen wird vielleicht noch ein Auge zugedrückt.Wenn es Wirklichkeit wäre, hätte ich einige Zweifel bei der Abkauftechnik von Arctor. Donna muss wohl eine schlechte Geschäftsfrau sein, wenn sie kein Geld im Voraus verlangt und ihn stattdessen einfach weiterreicht.
Ich finde Umschlagbilder ganz nett. Solange man sich nicht dafür genieren muss wenn jemand zufällig das Buch greift, ist es okay. Meistens hat das Bild sowieso nichts mit dem Inhalt zu tun. Sullivansehe ich ebenso - ein buch braucht auch am umschlag keine bilder (meine meinung)
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