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Ansichten zur Phantastik


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112 Antworten in diesem Thema

#91 Robert Kerber

Robert Kerber

    Ufonaut

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Geschrieben 06 März 2004 - 02:32

Ein anderer Planet (wie von einem Diskussionsteilnehmer vorgeschlagen) hätte´s ganz gewiss nicht getan, das wäre grober Unfug gewesen. Wir sind ja schon froh, wenn wir als Kinder des vergangenen Jahrhunderts, die sich noch an dieses Konzert erinnern, den Mars erreichen.

Ahoj, Helmuth - der Vorschlag war von mir. Warum soll ein anderer Planet als Szenerie "grober Unfug" sein? Und das zudem von dir, der hier wiederholt lautstark dem verloren gegangenen "sense of wonder" in der SF nachtrauert?

Es geht also gar nicht darum, ob SF oder nicht, ob erlaubt oder nicht, sondern darum, ob vernünftig oder nicht. So ist die Logik so dünn wie die Luft auf Mars. Musste ja nicht sein.

Muss nicht - kann und darf aber. Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass die lauteste Ablehnung (oder sagen wir lieber: Unmut) aus der Ecke der "Hard SF"-Fraktion geäußert wurde. In meinen Augen funktioniert Franks Geschichte eher wie Bradburys "Mars Chroniken" als z.B. Lems "Astronauten" oder "Der Unbesiegbare". Die Szenerie ist eine Gestalt gewordene Landschaft aus dem Unbewussten, aus Erinnerungsbildern (oder "ideas", um mit dem schottischen Philosophen Hume zu sprechen), die den "realen" Schauplatz Mars zunehmend überlagert. Der Schauplatz wandelt sich von einem "realistischen" zu einer persönlichen Projektion der Hauptfigur, so wie die Landschaften in den frühen Gemälden der Surrealisten. Man mag jetzt darüber streiten, wie überzeugend diese allmähliche Überlagerung vermittelt wird (ich persönlich finde Franks "Abbaddon-Mission" gelungener als die "Schmetterlinge"), aber in meinen Augen ist sie vorhanden. Das mal so als Anregung - allmählich gewinne ich nämlich den Eindruck, dass sich diese Diskussion in einen Schlagabtausch Leserfront vs. Autorenfront hineinsteigert. Und die Selbstverständlichkeit, mit der mancher (Leser UND Autor) seine persönliche Sichtweise/Auslegung hier zur ultima ratio hochstilisiert, ist selbiger wenig förderlich. Gewöhnlich gehören bei Kommunikations- oder Verständnisschwierigkeiten zwei dazu. Cheers, Robert Kerber (um zwei Uhr früh mit ein paar Schwarzbier intus) Das ganzheitliche System

#92 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 06 März 2004 - 11:59

Ein anderer Planet (wie von einem Diskussionsteilnehmer vorgeschlagen) hätte´s ganz gewiss nicht getan, das wäre grober Unfug gewesen. Wir sind ja schon froh, wenn wir als Kinder des vergangenen Jahrhunderts, die sich noch an dieses Konzert erinnern, den Mars erreichen.

Ahoj, Helmuth - der Vorschlag war von mir. Warum soll ein anderer Planet als Szenerie "grober Unfug" sein? Und das zudem von dir, der hier wiederholt lautstark dem verloren gegangenen "sense of wonder" in der SF nachtrauert?

Nun, ich sagte es: Wir sind ja schon froh, wenn wir als Kinder des vergangenen Jahrhunderts, die sich noch an dieses Konzert erinnern, den Mars erreichen. - Unser Held ist ein Kind des 20. Jhrdts. Zu seinen Lebzeiten könnte er unmöglich - bei allem sense of wonder - mit einer hier auf Erden gebauten Rakete zu anderen Planeten geflogen sein.

Tatsächlich finde ich diese Diskussion auch bereits ermüdend. Franks Geschichte wird hier - wiederholt - auf eine Ebene mit Bradburys phantastischen Parabeln gestellt, ein halbes Jahrhundert später. Und wenn ein Fredric Brown (oder Sheckley und Co) seinen Raumfahrer bei der ersten Landung auf dem Mars ein Cola-Flasche finden lässt, dann weil er einen Witz machen will. Keiner der Genannten hätte das übrige Szenario in betont realistischen Worten geschildert.

Ich habe meine Argumentation nur deshalb wieder aufgewärmt, weil es so dargestellt wurde, als ginge es darum, was ist SF und was nicht - was ist in der SF erlaubt und was nicht. Tatsächlich ist in der SF alles erlaubt, vorausgesetzt, die verrückteste Prämisse wird folgerichtig weiterentwickelt.

Kehren wir also zum Thema zurück: Gedanken zur Phantastik

Wir Menschen wollen die Dinge beim Namen nennen und ihnen ein Etikett verpassen. Das ist auch gut so; dann wissen wir, woran wir sind.

Was ich hasse, ist Etikettenschwindel. Wenn ich Science Fiction lesen möchte, kaufe ich ein Buch, auf dem SF steht, und erwarte, darin z.B. Geschichten in all den vielfältigen Ausdrucksformen von Science Fiction zu lesen, nicht was anderes. Keine Fantasy beispielsweise, in keinerlei Form. - Außer, ich bin ein Liebhaber beider Richtungen, dann ist es mir einerlei. Dann erwarte ich, dass das Buch als eine Sammlung von Science Fiction und Fantasy Geschichten deklariert ist. Oder meinetwegen als „phantastische Erzählungen“, eine Mischung aus allem, was zu diesem Bereich gehört, einschließlich Mystisches, Okkultes, Gruseliges.

Ich gehe ja auch nicht auf den Markt und verlange 3 kg „Obst“. Allenfalls kaufe ich „3 kg Äpfel, von diversen Sorten“. Da sind grüne drin und rote, saure und süßliche, große und kleine, welche, die gut, und welche, die weniger gut schmecken. Gemischt eben. - Aber keine Birnen! Schon gar keine Kiwi! - Die mag ich vielleicht nicht ...

Ich meine, das was drauf steht, sollte auch drin sein. Dafür gibt es Bezeichnungen - und Etiketten

#93 tichy

tichy

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Geschrieben 06 März 2004 - 12:17

Ich mache jetzt noch einen letzten Versuch, als Diskussionsbeitrags-Autor verstanden zu werden, dann geb' ich's auf.

1. Wir diskutieren nicht darüber, dass man auf dem Mars nicht atmen kann und dass dort keine Schmetterlinge fliegen können. Wir diskutieren auch nicht darüber, ob Frank das wusste, als er seine Geschichte schrieb. Wir sind uns einig, dass das Übergehen dieser Tatsache eine bewusste Entscheidung des Autors war. Zur Debatte steht nur, ob wir das für eine gute oder schlechte Entscheidung halten.

2. Wenn ich eine Geschichte lese, dann "tauche" ich (wenn sie interessant und gut geschrieben ist, so wie die "weissen Schmetterlinge") nach wenigen Absätzen in die Handlung ein, meine reale Umgebung verschwindet aus meinem Bewussstsein, ich bin -- je nach Erzählperspektive -- Beobachter oder sogar Teilhaber der geschilderten Welt.

Wenn ich nun einen Dick lese, ist diese Welt voller "Psis" und Scheinwelten. Wenn ich "Solaris" lese, wird in 200 Jahren immer noch auf Magnetbänder gesprochen. Wenn ich ein SF-Werk der 1950er lese, ist die Venus ein dampfender Dschungel und der Mars bewohnbar. Das ist alles OK, denn ich weiss beim "Eintauchen" in die jeweilige Welt, was mich erwartet.

Wenn ich aber nach etlichen Seiten, auf denen ich in eine realistische Marswelt eingetaucht zu sein meinte, plötzlich auf Atemluft und flatternde Schmetterlinge stoße, dann werde ich unerwartet zum "Auftauchen" gebracht. Ich bin verwirrt, weiss nicht mehr, welche Gesetze in dieser Welt gelten, kann die Handlung nicht mehr recht einordnen, kann nicht mehr "Eintauchen", weil ich über diese Dinge grübeln muss. Das hat nichts mit mangelnder Phantasie zu tun!

Ich kenne viele Geschichten (nicht nur SF), die ein solches Problem haben. "Die weissen Schmetterlinge" scheinen mir, nach den hier gelesenen Reaktionen zu schließen, so ein Fall zu sein; ob das wirklich so ist, steht mir aber nicht zu zu entscheiden, das überlasse ich denen, die die ganze Geschichte lesen konnten. Was mich selbst dazu brachte, in diesen Thread einzusteigen, ist etwas anderes:

3. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Verstehen eines Werkes durch seine Zielgruppe die Bringschuld des Autors ist, nicht die Holschuld des Lesers. Beim Lesen von Fiction (nicht nur Science-) will man in eine andere Welt eintauchen und die eigene für eine Weile abschalten. Das Verstehen muss deshalb intuitiv beim Lesen geschehen, ohne den Leser aus seiner "Trance" aufzurütteln. Wenn also ein Teil der Zielgruppe eine Geschichte (oder einen Aspekt davon, wie hier geschehen) hier einen störenden Bruch empfindet, ist das schlicht ein Zeichen für den Autor, das das noch nicht ganz geklappt hat.

Was ansich kein Problem wäre, wenn Frank mit Kritik umgehen könnte, anstatt sie als als "Anpinkeleien" von Dummköpfen und Kleingeistern zu beschimpfen. Frank, wenn Du von Deinen Lesern forderst, sich beim Verstehen Deiner Geschichte mehr Mühe zu geben, könntest Du Dir beim Verstehen dieser Kritik wirklich auch etwas mehr Mühe geben.

-- tichy

Bearbeitet von tichy, 06 März 2004 - 12:22.

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#94 eRDe7

eRDe7

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Geschrieben 06 März 2004 - 13:13

Das Verstehen muss deshalb intuitiv beim Lesen geschehen, ohne den Leser aus seiner "Trance" aufzurütteln. Wenn also ein Teil der Zielgruppe eine Geschichte (oder einen Aspekt davon, wie hier geschehen) hier einen störenden Bruch empfindet, ist das schlicht ein Zeichen für den Autor, das das noch nicht ganz geklappt hat.

Ich wollte mich eigentlich raushalten, weil ich "nur" ein sprachliches Problem hatte mit der Geschichte, und das an meinen Vorlieben liegt. Aber hier muss ich nun einmal einhaken. Die Bringschuld des Autors ist nicht höher als die Holschuld des Lesers, denke ich. Der Leser muss nur entscheiden, ob er bereit ist, sich auf die Anforderungen des Autors einzulassen. Ich weiss, dass ich NICHT bereit bin, mich auf Thomas Manns Sprache einzulassen. Aber ich bin durchaus bereit, mich auf Borges' Sprach- und Anmerkungsdschungel zu kämpfen (und wie ein Abenteuer im Urwald mit einer geistigen Machete das Gestrüpp zu durchtrennen). Andere werden Borges totlangweilig empfinden und die Anmerkungen als Zumutung. Der Bruch, von dem Du, Tichy, hier redest, könnte auch gewollt sein. Der Leser ist eingelullt in seine Trance und plötzlich BÄMMMMM! Man verharrt und schaut hin. Moment, was habe ich da gelesen? Wieso ist das so? Das kann durchaus ein Stilmittel sein. Ich kann nicht beurteilen, ob das hier der Fall war, aber solche Dinge gibt es jedenfalls. Ich kann Hellmuths Etikettenfaible nachvollziehen, wenn ich da auch etwas "offener" zu sein scheine. Ich habe nichts gegen Phantastik, wenn sie einen Sinn hat innerhalb der Geschichte. Und ob die besprochene Geschichte nun gut, schlecht, unverstanden oder was auch immer ist, sie hat zumindest das Potential eine lange Diskussion loszutreten, das ist doch klasse. Grüße, Ralph

R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)

R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)

 


#95 Robert Kerber

Robert Kerber

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Geschrieben 06 März 2004 - 13:21

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Verstehen eines Werkes durch seine Zielgruppe die Bringschuld des Autors ist, nicht die Holschuld des Lesers. Beim Lesen von Fiction (nicht nur Science-) will man in eine andere Welt eintauchen und die eigene für eine Weile abschalten. Das Verstehen muss deshalb intuitiv beim Lesen geschehen, ohne den Leser aus seiner "Trance" aufzurütteln. Wenn also ein Teil der Zielgruppe eine Geschichte (oder einen Aspekt davon, wie hier geschehen) hier einen störenden Bruch empfindet, ist das schlicht ein Zeichen für den Autor, das das noch nicht ganz geklappt hat.

Das ist m.E. nur zum Teil korrekt, und ich glaube, hier liegt die crux des Ganzen - es gibt weder eine homogene Leserschaft noch eine allen gemeinsame Lesart. So hat auch nicht jeder diesen "Bruch" als solchen empfunden. Ich persönlich kann z.B. mit der naturwissenschaftlich-spekulativen SF a la Lem, Clarke, Watson wenig bis gar nichts anfangen. Meine Interessenschwerpunkte sind die künstlerisch/philosophisch/psychologische Spekulation. Bei Lem (Ausnahme: "Solaris" und "Der Unbesiegbare", die ich sehr schätze) und Konsorten fallen mir beim Lesen die Augen zu - nicht, weil der Autor es nicht verstanden hätte, sich mir mitzuteilen, sondern weil mir a) der naturwissenschaftliche Wissenshintergrund fehlt und b) ich einen anders gelagerten Interessenschwerpunkt habe. Wie käme ich dazu, das den Autoren anzulasten? Das meinte ich mit "bei Verständigungsschwierigkeiten gehören zwei dazu": Bei zu geringer oder gänzlich fehlender Schnittmenge zwischen Autor und Leser geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern lediglich um eine zu unterschiedliche Fokussierung. Ich könnte mir den Mund fusselig reden bei dem Versuch, einem Hard SF-Leser William Burroughs oder J.G. Ballard näherzubringen - "flogging a dead horse" nennt man sowas auf der Insel. Aber ich finde es gleichermaßen ärgerlich, wenn übereilt pauschale Aussagen wie "der Leser ist zu dumm" oder "der Autor ist nicht fähig sich mitzuteilen" in den Raum gestellt werden. Je nachdem, wen ich adressiere, dessen Sprache muss ich sprechen - eine Universalsprache gibt es nicht. Naja, nonverbal vielleicht, aber das ist ein anderes Thema ... Robert Kerber Das ganzheitliche System NACHTRAG: Ah, eRDe7, da warst du genau eine Minute schneller als ich ...

#96 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 06 März 2004 - 13:22

@Tiresisas ... und alle anderen Punkt 1: Es ist tatsächlich so, wie tichy es schreibt:

Wir diskutieren nicht darüber, dass man auf dem Mars nicht atmen kann und dass dort keine Schmetterlinge fliegen können. Wir diskutieren auch nicht darüber, ob Frank das wusste, als er seine Geschichte schrieb. Wir sind uns einig, dass das Übergehen dieser Tatsache eine bewusste Entscheidung des Autors war. Zur Debatte steht nur, ob wir das für eine gute oder schlechte Entscheidung halten.

Wir haben deine Argumentation vernommen und wir sind längst hunderte von Metern weiter weg mit der Diskussion. Du bist auch hier nicht der Buhmann (jedenfalls solange nicht, wie du kritische Anmerkungen zu deiner Story mit weit unter die Gürtellinie gehenden persönlichen Bewertungen schmückst). Deine Bereitschaft, deine Story trotz des starken Gegenwindes hier, zu verteidigen, ehrt dich. Aber... du nimmst es einfach zu persönlich. Ich schliesse mich auch tichys Argumenten in folgendem Fall an:

Wenn ich eine Geschichte lese, dann "tauche" ich (wenn sie interessant und gut geschrieben ist, so wie die "weissen Schmetterlinge") nach wenigen Absätzen in die Handlung ein, meine reale Umgebung verschwindet aus meinem Bewussstsein, ich bin -- je nach Erzählperspektive -- Beobachter oder sogar Teilhaber der geschilderten Welt.

Wenn während dieses "Eintauchprozesses" plötzlich so ein "technischer Bug" auftaucht, dann taucht man unweigerlich schneller auf, als einem lieb ist. Ich verstehe ja deine Ansicht (besser... ich kann DEINE Gedanken nachvollziehen), aber für mich als Leser wertet es deine Geschichte ab. Und das ist im Falle des Schmetterlings nicht nötig und ärgerlich ! Wenn uns dein Stil oder viele Kommas stören würde, hätten wir auch was darüber gepostet. Dein Stil stört aber gar nicht, im Gegenteil, er hat was, dass einigen Leuten gefällt. DESHALB gibt es diese Diskussion überhaupt. Für eine mittelmässige oder schlechte Story, hätte sich hier niemand die Mühe gemacht, überhaupt etwas zu schreiben. das wärs, glaube ich... mehr habe ich zu deiner Story nicht zu sagen oder schreiben @Michael Iwoleit Diese Aussage von Dir bezüglich Cherryh und der deutschen Übersetzung hat mich ein wenig nachdenklich gemacht... sogar so nachdenklich, dass ich mehr über die "Leistungen " deutscher Übersetzer wissen möchte. Ist es eventuell tatsächlich so, dass einige Erfolge von SF-Autoren im deutschsprachigen Raum eigentlich den Übersetzern zuzuordnen sind ? Ist sogar der Erfolg von z. B. Gibson deshalb zu erklären, dass hochkarätige Übersetzer wie Reinhard Heinz einen "Bombenjob" abgeliefert haben ? Ist Hamiltons Armageddon-Zyklus, der in deutsch mehr als ein Drittel "dicker" ist, eigentlich ein "Werk" von Axel Merz ? Ich krieg ne Krise http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/dry.png Deshalb mache ich einen neuen Thread auf, um dieser Frage nachzugehen. Und nun sind diejenigen gefordert, die vollen Einblick in diese Materie haben. Übersetzer, meldet euch... was passiert im Augenblick der Übersetzung? Müssen wirklich ganze Abschnitte verändert und Storys "umgebaut" werden, damit es für den Leser überhaupt annehmbar wird ? Gruss Jürgen
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#97 tichy

tichy

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Geschrieben 06 März 2004 - 13:34

@eRDe7: Na klar hast Du damit recht, dass das auch als Stilmittel eingesetzt werden kann. Keine Regel ohne Ausnahme! Genau deshalb habe ich mich mit meiner unvollständigen Kenntnis der Geschichte eines abschließenden Urteils enthalten. Wobei ich schon auch sagen muss: Wenn es den Leser nervt, dann ist es schief gegangen, Stilmittel oder nicht. Was nichts ehrenrühriges ist, denn als Autor muss man ja auch etwas experimentieren -- aber dann darf man vor den Resultaten des Experiments nicht die Augen verschließen.

Die Bringschuld des Autors ist nicht höher als die Holschuld des Lesers, denke ich.

es gibt weder eine homogene Leserschaft noch eine allen gemeinsame Lesart.

Deshalb habe ich immer wieder das Wort "Zielgruppe" erwähnt. Man kann nie alle Menschen erreichen. Und da kommt wieder die Sache mit den Etiketten ins Spiel: Wenn ein Autor in seiner Geschichte auf Realismus verzichtet, ist das völlig OK, aber der Leser sollte damit von Anfang an rechnen können. Das ganze Problem wäre keines, wenn gleich im ersten Absatz mal ein Schmetterling vorbei geflattert wäre ... denn alle, die solche "Science Fantasy" überhaupt nicht mögen, hätten die Geschichte dann einfach überblättert und auch hier im Forum nichts dazu geschrieben. Um es nochmal zu sagen: Der Leser muss wissen, worauf er sich beim "Eintauchen" einlässt. -- tichy
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#98 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 06 März 2004 - 18:27

3. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Verstehen eines Werkes durch seine Zielgruppe die Bringschuld des Autors ist, nicht die Holschuld des Lesers.

Das ist auch die Meinung von Martin Hoyer, den ich hier mal zitieren darf:

Als Germanist und als Autor habe ich den Grundsatz bestätigt gefunden, daß allein der Autor schuld ist, wenn ein Leser etwas nicht versteht. Man muß meines Erachtens damit umgehen können, daß die eigene Arbeit an einen der Rezipienten gerät, die nichts damit anfangen können.

Natürlich hat er Recht, wenn er vom Autor verlangt, dass der sich verständlich macht, und wenn er ihm bei Nichtgelingen eine Schuld zuweist. Aber nicht ihm allein. Der Leser muss die nötigen Voraussetzungen mitbringen, speziell im Genre SF. Dazu gehört aber nicht, um das Beispiel nochmals aufzugreifen, dass er nachvollzieht, was den Autor bewogen haben mag, von "Hard" Science Fiction auf "Science Fantasy" überzuwechseln.

Überhaupt ist es ein probates Mittel, jede Kritik zu ersticken, indem man behauptet, der Leser verstehe nichts von Literatur, solle sich vorzugsweise erstmal durch ein Germanistikstudium kundig machen, bevor er sich über einen Text äussert, der offenbar sein Wissen - und seine Phantasie - übersteigt. Es lebe die Hohe Kunst!

#99 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 06 März 2004 - 18:49

Ich verzichte im Interesse meines Blutdrucks und aus anderen Gründen (aber vermutlich war's das nun sowieso mit NOVA) auf weitere Kommentare.

Wäre es nicht an der Zeit, diese unsägliche Diskussion mit der zusammenfassenden Feststellung zu beenden, daß die Intentionen eines Autors nicht in jedem Fall mit den Erwartungen eines jeden Lesers in Einklang zu bringen sind und daß dies im Interesse einer heterogenen Literaturszene auch gar nicht notwendig ist?

Genervt
Frank

Bearbeitet von Tiresias, 06 März 2004 - 19:23.


#100 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 07 März 2004 - 11:39

Überhaupt ist es ein probates Mittel, jede Kritik zu ersticken, indem man behauptet, der Leser verstehe nichts von Literatur, solle sich vorzugsweise erstmal durch ein Germanistikstudium kundig machen, bevor er sich über einen Text äussert, der offenbar sein Wissen - und seine Phantasie - übersteigt. Es lebe die Hohe Kunst!

Glücklicherweise gibt es noch ein paar Leute, die sich an das Geschriebene (und nicht an ihre Vorurteile) halten und so zu einem anderen Urteil kommen: buchkritik.at Gruß Frank

#101 Robert Kerber

Robert Kerber

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Geschrieben 07 März 2004 - 12:45

Hej, Frank -

Glücklicherweise gibt es noch ein paar Leute, die sich an das Geschriebene (und nicht an ihre Vorurteile) halten und so zu einem anderen Urteil kommen

Es gibt immer solche und solche. Freu dich lieber, wenn du einen Fan gewonnen hast, statt wegen jeder hier geäußerten Kritik, auch wenn die eine oder andere pauschal oder spitz formuliert war, in die Luft zu gehen. Schlecht für Magen und Kreislauf. Immerhin haben die Leute in diesem Forum die Chuzpe, laut zu sagen was sie denken. Als ich mein Buch herumgeschickt habe waren einige "Kritiker" (u.a. ein gewisser Horst Illmer, hehe) so brüskiert, dass sie sich mit Nachdruck geweigert haben, es zu rezensieren. Die Antwort auf meine dezente Gegenfrage, was ihn daran so brüskiert habe, ist Herr H.I. bis heute schuldig geblieben ...

aber vermutlich war's das nun sowieso mit NOVA

Wieso das? Robert Kerber Das ganzheitliche System

#102 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 07 März 2004 - 13:18

Du hast meine Aussage etwas aus dem Zusammenhang gerissen, Hemuth, wenn auch sicher nicht in böser Absicht. ;)

Wenn ich sage, daß der Autor schuld daran ist, daß manche Leser mit seiner Arbeit nichts anfangen kann, meine ich das im Sinne von "verantwortlich für", nicht als Werturteil über das Vermögen des Autors. Daher auch der direkte Anschluß, daß man mit Unverständnis seitens des Lesers umgehen können muß.

Durch die etwas seltsame Wendung, welche die ganze Diskussion genommen hat, muß ich ebenfalls hinzufügen: Das ist ebenfalls keine qualitative Einschätzung der Leserkompetenz bzw. -intelligenz. Sonst könnte man auch behaupten, es wäre intelligenter/kompetenter, statt Äpfel statt Birnen zu essen oder jemanden zu verurteilen, der sich betrogen fühlt, weil er Birnen kaufen wollte, aber Äpfel bekommen hat. Und um das das Bild komplett auszureizen: Während bei Äpfeln und Birnen die Etikettierung recht eindeutig ist, ist sie es in der (SF-) Literatur zumeist nicht.

Wenn ich als SF-Leser erwarte, daß die atmosphärischen Bedingungen des Mars auf jeden Fall korrekt wiedergegeben werden, ist es mir gänzlich Wurscht, ob der Autor das für sein Konzept als nebensächlich oder sogar störend erachtet hat. Es stört mich einfach und es ist meim gutes Recht, es als störend zu empfinden und die Story abzuwerten. Ebenso hat dann aber der Autor das gute Recht, einen feuchten Kehricht auf meine Meinung zu geben, zumal ich absolut nicht zu denen gehöre, für die er geschrieben hat. Aber damit, daß seine Geschichte auch von Leuten gelesen und kommentiert wird, für die er sie nicht geschrieben hat, muß er auch umgehen können - ansonsten täte er besser daran, nur für die Schublade zu schreiben oder seine Arbeiten lediglich an ein handverlesenes Publikum weiterzugeben.

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ich bin der Ansicht, daß viele Autoren bei subjektiver Kritik einfach zu dünnhäutig und bei objektiver Kritik zu dickfellig sind. Aber ich werde gewiß nicht versuchen, daß ausgerechnet hier ändern zu wollen. http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/smile2.gif
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.
(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#103 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 07 März 2004 - 14:05

Hallo Robert,

Als ich mein Buch herumgeschickt habe waren einige "Kritiker" (u.a. ein gewisser Horst Illmer, hehe) so brüskiert, dass sie sich mit Nachdruck geweigert haben, es zu rezensieren. Die Antwort auf meine dezente Gegenfrage, was ihn daran so brüskiert habe, ist Herr H.I. bis heute schuldig geblieben ...

Das verstehe ich jetzt mal gar nicht. Wieso kann sich jemand brüskiert fühlen, wenn er ein Buch zugeschickt bekommt? Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch keinen Anspruch auf eine Buchbesprechung. Deshalb verschicke ich Rezensionsexemplare (anders als früher) auch nur noch, wenn ich vorher angefragt habe. Alles andere ist rausgeschmissenes Geld.

QUOTE  aber vermutlich war's das nun sowieso mit NOVA Wieso das?

Na ja, den Äußerungen eines gewissen HWM glaube ich zu entnehmen, daß er entweder ein Problem mit mir oder mit meinen Geschichten hat (vermutlich beides). Das macht weitere Veröffentlichungen in NOVA nicht eben wahrscheinlicher. Macht aber nichts, mit einem gewissen H. K. ging's mir bei AC ähnlich ... Gruß Frank

Bearbeitet von Tiresias, 07 März 2004 - 14:06.


#104 Robert Kerber

Robert Kerber

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Geschrieben 07 März 2004 - 14:20

Wieso kann sich jemand brüskiert fühlen, wenn er ein Buch zugeschickt bekommt?

H.I. fühlte sich nicht brüskiert, weil ich ihm das Buch zugeschickt hatte (ich hatte tatsächlich vorher "angeklopft"), sondern weil ihm irgendwas am Inhalt nicht geschmeckt hat, ohne sich jedoch näher dazu zu äußern. Da ist mir ein harscher Verriss lieber, egal ob öffentlich oder nicht.

Na ja, den Äußerungen eines gewissen HWM glaube ich zu entnehmen, daß er entweder ein Problem mit mir oder mit meinen Geschichten hat (vermutlich beides).

Nee, nee. Helmuth hatte ja auch nicht grade warme Worte für meine Story übrig, aber als wir kurz darauf aus anderem Grund einen kurzen E-Mail-Austausch hatten, war der in sehr freundschaftlichem Ton. Das würde ich jetzt mal nicht auf die Goldwaage legen. Der Mann ist einfach nur frei heraus, find ich auch gut so. Grüße, Robert Kerber Das ganzheitliche System

#105 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 08 März 2004 - 12:12

Na ja, den Äußerungen eines gewissen HWM glaube ich zu entnehmen, daß er entweder ein Problem mit mir oder mit meinen Geschichten hat (vermutlich beides). Das macht weitere Veröffentlichungen in NOVA nicht eben wahrscheinlicher. Macht aber nichts, mit einem gewissen H. K. ging's mir bei AC ähnlich ...

Ach, Frank, wir diskutieren hier - ohne Messer hinter dem Rücken. Du bist einfach ein Hitzkopf, der immer gleich hochgeht, und alles sehr persönlich nimmt. :D

Nochmals: Ich SELBST habe Deine Geschichte zur Publikation empfohlen. Ich habe sie als (Zitat) "1) Sehr einfühlsam geschrieben, stilistisch anspruchsvoll. Kompliment!" bezeichnet. Darüber hinaus habe ich diverse Anregungen gemacht und auf die bewusste, nicht mehr erwähnenswerte Sache hingewiesen.

Jetzt, wo sie erschienen ist, habe ich sie nicht ein zweites Mal gelesen. Aber im Forum durch Kritik anderer feststellen müssen, dass die eine Sache eben ... eben die bewusste, so stehen geblieben ist. Und dazu habe ich eine Meinung. Und habe diese vertreten. Wiederum.

Ausserdem: Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass alleine Ronald M. Hahn entscheidet, welche Geschichte er in NOVA bringen möchte.

Wo kämen wir denn hin, wenn irgend jemand seine persönlichen Vorlieben oder Abneigungen im Ressort eines anderen durchsetzen wollte, selbst wenn er könnte!

Im übrigen bin ich alt genug (60 - hehe!), um das eine vom anderen trennen zu können. Solange Du mir (dem gewissen HWM) nicht unter die Gürtellinie trittst. :eevil: Was Du ja nicht getan hast.

Wenn ich wieder einmal für die Auswahl von Science Fiction Stories zuständig sein sollte, werde ich gewiss versuchen, die besten Geschichten der besten Autoren und vielversprechendsten Talente für mein Projekt zu gewinnen. Und Dich anfragen. Im Ernst.

#106 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 08 März 2004 - 12:33

Ach Helmuth.... so'n Mist !!!Musstest du das jetzt in alle Welt hinausposaunen ? Das wir hier diskutieren... Och menno... jetzt weiss es ja jeder :D Tja... jetzt, wo es nun mal raus ist und ein jeder das Wort diskutieren und Forum miteinander in Verbindung bringen kann, hat hier alles irgendwie seinen Reiz verloren... ;) bis denneJürgen
Aus dem Weg! Ich bin Sys-Admin...

#107 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 08 März 2004 - 17:59

@Helmuth

Ach, Frank, wir diskutieren hier - ohne Messer hinter dem Rücken. Du bist einfach ein Hitzkopf, der immer gleich hochgeht, und alles sehr persönlich nimmt.

Das stimmt vielleicht, obwohl ich es eigentlich nicht so empfinde (aber das tut man selber nie). Andererseits bringt es doch nichts, um des lieben Friedens willen zu sagen: "Ihr habt ja so recht.", wenn man es nicht so empfindet.

Jetzt, wo sie erschienen ist, habe ich sie nicht ein zweites Mal gelesen. Aber im Forum durch Kritik anderer feststellen müssen, dass die eine Sache eben ... eben die bewusste, so stehen geblieben ist. Und dazu habe ich eine Meinung. Und habe diese vertreten. Wiederum.

Nichts dagegen zu sagen. Es hat mich nur ein wenig irritiert (nein, eigentlich geärgert), daß Du das Thema noch einmal angebracht hast, als sich die Wogen schon wieder ein wenig geglättet hatten. Und dann ging's halt wieder von vorn los ...

Im übrigen bin ich alt genug (60 - hehe!), um das eine vom anderen trennen zu können. Solange Du mir (dem gewissen HWM) nicht unter die Gürtellinie trittst.  Was Du ja nicht getan hast.

Na ja, so jung bin ich ja nun leider auch nicht mehr und mittlerweile auch ein paar Jahre dabei (wenn auch nicht so lange wie andere). Ich habe die Erfahrung gemacht, daß das Fandom schon so eine Art Mikrokosmos ist, in dem Präferenzen und Abneigungen einzelner oder auch von Gruppen eine Rolle spielen. Das hat aber nichts mit der aktuellen Diskussion zu tun und auch nicht mit Deiner Person.

Wenn ich wieder einmal für die Auswahl von Science Fiction Stories zuständig sein sollte, werde ich gewiss versuchen, die besten Geschichten der besten Autoren und vielversprechendsten Talente für mein Projekt zu gewinnen. Und Dich anfragen. Im Ernst.

Danke. Ich hoffe, daß alle Mißverständnisse damit ausgeräumt sind, denn schließlich ging's ja letztlich "nur" um eine Geschichte und nicht um eine persönliche Auseinandersetzung, die auch völlig grund- und sinnlos wäre. :D Viele Grüße Frank

Bearbeitet von Tiresias, 08 März 2004 - 18:03.


#108 Gast_Michael Iwoleit_*

Gast_Michael Iwoleit_*
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Geschrieben 08 März 2004 - 21:32

Verstehe ich nicht. Bücher müssen zunächst einmal gut geschrieben sein, um verstanden zu werden. Belletristik soll außerdem noch unterhalten. Beides trifft für mich auf C. J. Cherryh - zumindest auf die allermeisten ihrer Werke - zu. Ergo: Frau Cherryh schreibt für mich - wieder in den allermeisten Fällen - gute Bücher. Genau das ist für mich literarisches Handwerk.

Ich kann's nicht lassen, darauf etwas zu erwidern. Ich habe Cherrys "Cyteen"-Trilogie übersetzt, eines der schönsten Beispiele für die Art von Büchern, denen die SF ihren schlechten Ruf verdankt. Dieser ungemein unterhaltsame Wälzer funktioniert ungefähr folgendermaßen: Da hocken am Anfang ein paar Leute beisammen und einigen sich nach zähen Diskussionen auf einen Plan. Jemand, der dabei war, wendet sich danach an jemand anderen, der nicht dabei war, und erzählt demjenigen noch einmal lang und breit, was da eben besprochen wurde (aber was der Leser eh schon weiß- jeder Schreibanfänger lernt in den ersten Stunden eines creative writing-Seminars, daß es so etwas wie schriftstellerische Ökonomie gibt, aber Frau Cherryh ist darüber wohl erhaben). Das geht ein paar Runden so weiter, und nachdem diese pfundige Autorin auf diese Weise erstmal zweihundert Seiten gefüllt hat, passiert etwas, jemand wird umgelegt, und erst einmal läuft wieder einer zum anderen und erzählt wiederum, was der Leser schon längst weiß - damit hätten wir dann vierhundert Seiten voll. Und nun müssen natürlich neue Pläne ausgeheckt und wieder von einem zum anderen weitererzählt werden... Aaarrrrghhhhhh.....!!! Wenn ich jemals die Wahl haben sollte, noch einmal ein solches Buch zu übersetzen oder mich erschießen zu lassen, dann bitte, ich flehe euch an, erschießt mich! Dazu kommt, daß diese Dame den Text so runterrotzt, wie es ihr gerade durch den Kopf geht und von erzählerischem Stil keine Ahnung hat. Aber warum auch? Neunzig Prozent aller Bücherkäufer könnten, würden keine Namen auf dem Cover stehen, den einen Autor nicht vom anderen unterscheiden. Ähnlicher Kappes findet sich bei Marion Zimmer-Bradley. Wenn sich da zwei Leute treffen, wird erstmal mindestens zwei Seiten lang geseufzt (fragt mal ein paar Fans, die noch Rosemarie Hundertmarck kannten - die Dame hat Zimmer-Bradley fast komplett übersetzt und konnte manches Liedchen davon singen). Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich müßte mir schon einen fortgeschrittenen Hirnschaden zuziehen, um solches Zeug unterhaltsam zu finden. Ob nur weißhaarige Professoren ihre Schreibe als Literatur bezeichnen dürfen? Das ist doch völliger Unfug. Es geht überhaupt nicht darum, ob ein Autor einem James Joyce oder Thomas Pynchon das Wasser reichen kann. Es würde völlig reichen, wenn er wenigstens ein bißchen von Robert Louis Stevenson, Sommerset Maugham oder meinetwegen von Georges Simenon gelernt hätte. Literarisches Handwerk definiert sich nicht dadurch, daß jemand, der gelesen wird, automatisch für sich verbuchen kann, daß er dieses Handwerk beherrscht. Das Bedrückende ist vielmehr, daß Autoren, die ihr Handwerk eindeutig und nach jedem vernünftigen Maßstab _nicht_ oder nur schlecht beherrschen, gelesen werden. Aber diese Diskussion ist alt. James Blish und Damon Knight (zwei Kritiker, die jeder SF-Interessierte eigentlich gelesen haben sollte) haben schon in den Fünfzigerjahren alles Nötige dazu gesagt. Aber klar: Es ist alles nur mein persönlicher Gemack, ich mache hier nur böswillig und aus purem Neid Genies nieder, die ich nicht leiden mag. Träumt weiter. Gruß Michael

#109 Henrik Fisch

Henrik Fisch

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Geschrieben 09 März 2004 - 10:20

@Michael Iwoleit:

Gott sei Dank hast Du noch etwas dazu geschrieben. Ich dachte schon, Du wärst beleidigt, weil ich mein Posting etwas harsch formuliert habe.

Da hocken am Anfang ein paar Leute beisammen †¦

*lol* :D Wundervoll formuliert!

Aaarrrrghhhhhh.....!!! Wenn ich jemals die Wahl haben sollte, noch einmal ein
solches Buch zu übersetzen oder mich erschießen zu lassen, dann bitte, ich
flehe euch an, erschießt mich!

*Kaffee gegen den Monitor prust* *rofl* ;) Na, soweit wollen wir es doch nicht kommen lassen, oder?

Du siehst aus meiner Antwort schon sehr deutlich, dass die von Dir übersetzte Trilogie genau diejenige ist - mehrfach bereits hier im Forum gepostet - die ich auch überhaupt nicht ausstehen kann. So etwas fades, ödes, langweiliges und dröges hatte ich selten vor der Pupille. Da gebe ich Dir absolut Recht.

Es gibt aber meiner Meinung nach auch ganz hervorragende Romane von Cherryh: „Kesrith - Die sterbende Sonne“, „Kauffahrers Glück“, „Das Schiff der Chanur“, oder auch das neuere „Tripoint“ oder die Atevi-Romane finde ich absolut hervorragend. Da passiert zwar auch nicht sonderlich viel, aber die immer wieder und wiederkehrenden von Dir so vortrefflich geschilderten Wiederholungen passieren da nicht; oder zumindest nicht in dem Ausmaß. Stattdessen treffe ich da auf unsichere Charaktere, die in ungewöhnliche Situationen geraten und auch nicht immer so genau wissen, wie sie damit umgehen sollen und ob sie denn alles richtig machen. Ich mag so etwas; ganz hervorragend.

Vielleicht hast Du ja einfach nur genau den falschen Roman übersetzt? ;)

Bis dennen,
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#110 Dave

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Geschrieben 09 März 2004 - 14:22

Cherryh Cherryh Lady...Ja ja, ich muss sagen, ich habe mich damals wirklich monatelang auf das Erscheinen des Buches gefreut, und oftmals ist Vorfreude die schönste Freude.Das ich vor Spannung an den Nägeln gekaut hätte, kann ich nicht sagen. Die Hauptperson ist die Leiterin eines gentechnischen Instituts, und ich malte mir nun die wunderbaren Dinge aus, die man thematisieren könnte. Die ganze wissenschaftliche Palette eben, physiologische und psychologische Aspekte, zweifelhafte Experimente in einem unheimlichen Sicherheitstrakt et cetera. Leider ist der wissenschaftliche Anteil auf über 1200 Seiten der gleiche wie in ihren Fantasy-Romanen (vermute ich jetzt mal), nämlich nicht signifikant größer als Null. Es geht um die Zweiklassengesellschaft zwischen genetisch veränderten und unbehandelten Menschen.Hier gibt es übrigens eine Parallele zu †šDie Genhändler†™ von Octavia E. Butler, ebenfalls eine Trilogie. Die (farbige) Autorin beschäftigt sich auch hier mit Rassenkonflikten, und benutzt dazu ein Genre, mit dem sie eigentlich überhaupt nichts am Hut hat, was sich dann auch auf jeder Seite bemerkbar macht. Diese literarischen Irrläufer sind in meinen Augen immer noch die schlimmsten. Nachdem ich mich allerdings dazu gezwungen hatte, †šGeklont†™ eben aus dieser anderen Perspektive zu betrachten, fand ich die Bücher nicht sooo schlecht. Da ich mich als absoluter Fan dieser Thematik trotzdem ziemlich gelangweilt habe, ist diese Trilogie womöglich wirklich nicht sehr empfehlenswert.

#111 Robert Kerber

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Geschrieben 09 März 2004 - 14:36

(Ähem.) Kleiner Vorschlag meinerseits: Sollten wir diesen thread nicht mit Franks und Helmuths Herz erwärmender Aussöhnung beschließen und für - wie heißt die Dame? Muss man die kennen? - Mrs. Cherryh eine neue Diskussion starten? Zumindest auf mich wirkt sie doch etwas weit ab vom ursprünglichen Thema. Robert Kerber Das ganzheitliche System

#112 Rusch

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Geschrieben 09 März 2004 - 15:29

@Michael:Ich dachte im Cherryhs "Cyteen"-Trilogie wäre lesenswert. Die erste Atevi Trilogie hat mir super gefallen und ich habe Freunde, die auf Cherryh schwören.Was Du über die Art und Weise, wie SF Autoren einen Roman geschrieben hast, ist aber auf jeden Fall richtig. Teilweise beherrschen sie ihr Handwerk nicht und schreiben in der Tat einfach runter (runterrotzen hehehe).Einer meiner verhasstesten Autoren ist Farmer. Der hat keine Ahnung wie man einen Roman schreibt. Es gehört sich nicht, wenn man die Hauptfigur in der Mitte des Romans abmurkst und die erste Hälfte des Buchs zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Da bekomme ich den spontanen Wunsch, eine kleine Bücherverbrennung zu verantstalten.

#113 Henrik Fisch

Henrik Fisch

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Geschrieben 09 März 2004 - 15:35

Ich schließe mich Roberts Vorschlag an, und wir sollten einen eigenen Thread über Frau Cherryh eröffnen. Da werde ich dann fleißig mitdiskutieren. Außerdem steht ab morgen (übermorgen?) ja die Wahl des Klassikers für den April an und meine Stimme wird auf jeden Fall bei „Pells Stern“ gesetzt! http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/smile2.gif Bis dennen, Henrik Fisch P.S.: Hier auch gleich noch der Link auf den anderen Thread: Caroline Janice Cherryh, Geniales Psycho-SF oder dröger Humbug?

Bearbeitet von Henrik Fisch, 09 März 2004 - 15:49.

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