rostig schrieb am 26 Jan 2025 - 10:40:
Das Thema Strompreise wurden in einem anderen Thread ausführlich diskutiert und gezeigt, dass unsere Strompreise von Faktoren wie Merit-Order, Strombörsen und Steuern/Umlagen bestimmt werden, wobei auch der versäumte Netzausbau eine große Rolle spielt. In der Tat sind Wind und Sonne die preiswertesten Energiequellen.
Die Kernfusion als Energiequelle wird seit 50 Jahren bearbeitet und von Anfang an hieß es "in 20 Jahren ist es soweit". An dieser Aussage hat sich bis heute nichts geändert. Wir sind immer noch um einen Faktor 1000 von einem energieliefernden Prozess entfernt. Wobei die Betonung auf "einem" liegt, an einen Dauerbetrieb ist noch garnicht zu denken. Fazit: ein Geldgrab wie z.B. Flugtaxis (vom Verkehrsministerium mit 100 Millionen gefördert) und wahrscheinlich Quantencomputer (werden wohl nur für sehr spezielle Aufgaben herkömmlichen Systemen überlegen sein).
Sonne und Wind sind nur dann die günstigsten Energiequellen, wenn man die Kosten für den sonst nicht notwendigen Netzausbau nicht mitrechnet, und auch die Kosten für Stromspeicher erst einmal weglässt. Wenn man Strom erzeugen kann, wann und wo er benötigt wird, erspart man sich die Zusatzkosten, die durch den lawinenartig auftretenden Solarstrom entstehen, und muss auch keine teure Vorsorge für energiearme Zeiten treffen.
Bei der Kernfusion sind verschiedene Firmen inzwischen sehr viel weitergekommen, und der Zeithorizont liegt eher bei 10 Jahren. Commonwealth Fusion baut derzeit an seiner Demonstrationsanlage SPARC. 2027 will man damit Strom erzeugen, wenn auch nicht viel, aber immerhin genug, um das Prinzip nachzuweisen. Die Firma hat mehr als eine Milliarde US$ dafür eingesammelt. Der Reaktor wird deutlich kleiner als der ITER, und das Geld reicht aller Voraussicht nach gut dafür aus.
Helion Energy baut derzeit an seiner ersten Demoanlage "Polaris", die in diesem Jahr in Betrieb gehen soll. Die Firma hat mehr als 800 Millionen US$ auf dem Konto. Die zugrundeliegende Idee ist allerdings umstritten, und es kann sein, dass Polaris die Unhaltbarkeit des Konzepts nachweist.
Typeone Energy will einen Stellarator bauen, der auf den Erfahrungen mit Wendelstein 7-x aufbaut. Die Firma ist in der Wissenschaftsgemeinde sehr gut vernetzt und arbeitet mit der Tennessee Valley Authority (Stromversorger) zusammen. Das Demosystem soll 2028 stehen. Das kanadische Vorzeigeunternehmen General Fusion will seine Demoanlage in diesem Jahr in Betrieb nehmen und Anfang der 2030er Jahre Strom erzeugen. Die Firma will Plasma in einer Metallhülle mechanisch komprimieren, bis das Plasma zündet. Ob das geht, wissen wir in spätesten in zwei bis drei Jahren.
In Deutschland gibt es vier Start-ups, von denen zwei Stellaratoren bauen wollen, und die anderen beiden Laserfusion nutzen wollen. Aus verschiedenen Gründen (Finanzierung, Konzeptprobleme) bin ich aber nicht davon überzeugt, dass unsere heimischen Unternehmen mithalten können. Wenn also nicht bei allen alles schief geht, dann sollten wir bis 2035 den ersten stromerzeugenden Fusionsreaktor am Netz haben.
Bearbeitet von Fermentarius, 26 Januar 2025 - 22:35.