Kai Hirdts zweiter EA-Roman handelt von einem pflaumenförmigen, pflanzlichen Schiff ohne erkennbare Technik, das samt Besatzung vom Samenkorn auf fast fünf Kilometer Länge wuchs. Als die in ihm befindlichen Gemini 1000 Zellaktivatoren vergeben wollen, wird es zum Tummelplatz von 250.000 Bewerbern und einigen Geheimagenten.
Das »Kommando Information und Sicherung« der Terranischen Ligadienstes wird überstürzt zusammengestellt, weil die besseren Agenten unterwegs sind - entsprechend ihr Unterhaltungswert. So ist die erst kürzlich zum TLS gewechselte Oxtornerin Maiwenn Parillaud mit ihrem zahmen Okrill dabei. Die fast unverletztliche, an 4,8g gewöhnte Umweltangepasste ist eine schwache Mutantin: Sie kann die Gefühle anderer Wesen beeinflussen. Sie kommt von der Flotte, hat viel Führungserfahrung und leitet das Team. Informationsspezialist Peguy Burns fällt schwer ins Gewicht. Positronikexperte Bontin Whistler - nicht verwandt mit der Firma - ist der Erfahrenste unter ihnen, wird aber nicht Teamleiter, weil er zwei Jahre außer Dienst war. Der Vierte im Bunde ist der Exobiologe Jonathan Bolajetta. Nur zwei kennen einander von früher - kein Platz für Teamromantik. Ihre Art, sich zusammenzuraufen, ist eine Sache für sich: »Sauhaufen, dachte sie im Stillen«.
Ein Okrill hat acht Beine, kann aus dem Stand sehr weit springen und mit seiner sieben Meter langen Zunge elektrische Ladungen schleudern, die Stahl zum Schmelzen bringen. Deswegen macht er die Mutter am Ende der Leseprobe nervös.
http://www.perry-rho...net/band-2908-d ... emeni.html. Das Tier kann auch Infrarotspuren vergangener Geschehensabläufe für seinen Halter sichtbar machen, ist also eine Art lebendes Messgerät.
Während das Team inmitten Tausender Bewerber auf den Einlass in den »Spross Yeto« wartet, trifft ein kleiner Junge im Medostuhl ein: Yeto Carell. Als das Kind und seine Begleiter unter das Schiff treten und emporschweben, erschallen »Yeto! Yeto! Yeto!«-Sprechchöre. Wenige Minuten später dürfen die Massen folgen.
Im Spross erwartet sie ein Gemen. Sein Gesicht wirkt, »als läge es hinter einem Helm verborgen, zusammengesetzt aus zwei glatten Halbschalen. Die Fuge zwischen beiden Teilen verlief senkrecht von der Mitte der Stirn bis knapp über dem Kinn, wo sie sich gabelte. Eine Nase war nicht zu erkennen, aber im oberen Drittel saßen zwei Augenpaare rechts und links der Mittellinie, das obere etwas größer und mit weiterem Abstand, das untere kleiner und enger beieinander.« Seine hornähnliche Kappe passt farblich zum Schiff: Blau- und Violettttöne überall.
Der Gemen stellt sich als Saenkari namens Telmola vor, der für das Wohlergehen der aktuelle Gruppe von Applikanten an Bord verantwortlich sei. Er verkündet eine unumstößliche Regel: »Wer die Wunde schlägt, muss sie heilen.« Was dies bedeutet, merkt das Team im Rahmen der Versuche, Technik zu finden und die Topographie zu erforschen. Und wer Ärger macht, fliegt raus.
Telmola führt sie in ihre Quartiere. Dort beginnen die Agenten, das konsequent pflanzliche Schiff zu erforschen. Es scheint ein ein einziges lebendes Wesen zu sein und kann ihnen eventuell zuhören. Bolajetta will in den Boden stechen, um Zellproben nehmen, was Maiwenn unterbinden lässt: In Sekundenbruchteilen hat er die Okrillzunge um den Unterarm. Ohne Strom, denn Cucull hört auf sein Frauchen. Den Männern fällt das schwerer, denn die Teamchefin fordert, die Gebote der Gemeni einzuhalten, solange man nicht weiß, was dahinter steckt. Ihre Leute sollen durchs Schiff laufen, sich zum Quartier zurückbringen lassen und die Wege aufzeichnen. Das ist hart, wenn Zellaktivatoren winken. Und ebenso schwer ist es, vom Verletzen des Schiffes Abstand zu nehmen. Bis von einem, der es tut, nur Narbenmaterial auf der Schiffswunde bleibt.
Das Team diskutiert, welche statistischen Chancen auf einen Zellaktivator jeder Bewerber hat, welche Regeln die Gemini wohl aufstellen werden und ob sie selbst einen Zellaktivator wollen. Auch, ob man den Gemini trauen kann.
Bald darauf trifft man sich in einer Versammlungshalle, gefüllt mit Hunderttausend Menschen, Ertruser, Haluter, Blues, Unither etc. auf schwebenden Tribünen, Der Spross transportiert telekinetisch. Es sieht aus wie Stadion bei einem Sportereignis oder Großkonzert. Man jubelt Bhal Haddhunis, dem Anführer der Gemeni, zu, und Maiwenn muss an Brot und Spiele im alten Rom denken. Zu Recht: Er begrenzt das Angebot. Der Fairness halber gibt es zunächst nur zweihundertfünfzig Aktivatoren, weil die Bewerber aus dem Rest der Galaxis noch nicht eintreffen konnten. Es gibt Ausschreitungen und die Störer fliegen raus. Die restlichen Anwesenden bekommen die Aufgabe, binnen dreier Tage 250 Zellaktivatorträger aus ihrer Mitte zu wählen.
In der Folge wird beurteilt. Jeder propagiert, was er selber ist, und in der Zwischenzeit beschäftigt man sich mit Spielzeugen. Die haben die Gemini großzügig zur Verfügung gestellt. Da sind die Splenter, tropfenförmige Keulen für Wurf- und Fangspiele und zum Jonglieren, aber auch Musikinstrumente: Bei Berührung des Keulenkörpers geben sie einen vollklingenden Ton ab: schwebend, wenn angeschnippt und raumfüllend wie ein Gong, wenn zei Splenter aneinanderschlagen. Bei Gruppenspielen entstehen komplexe Melodien.
Thedhelen sehen ähnlich aus wie Panflöten, aber sie produzieren farbigen Rauch für bunte Wolken und Rauchringe. Das Team spielt, beobachtet die Scheinheiligkeit der Spielenden und der Gemini und erforscht viele Gänge. Der Großteil des Schiffs ist unerschlossen und die Anordnung undurchschaubar. Es scheint wirklich ganz ohne Technik zu funktionieren, ist aber nicht rein organisch. Man misst die Transmission und Absorption elektromagnetischer und hyperenergetischer Strahlung. Hyperenergetisch aktives Metall scheint in die Wände eingelagert zu sein als Nervenbahnen und Knotenpunkte. Das Schiff atmet Sauerstoff aus und braucht das Kohlendioxid im Atem der Besatzung. Maiwell vermutet, dass die Gemini mit falschen Versprechen massenhaft Lebewesen an Bord locken, die genau das ausatmen, was das Schiff zum Überleben braucht.
Eine Vanudhe ist eine mit Flüssigkeit gefüllten Halbkugel mit einer Miniaturlandschaft, durch die eine kleine Bahnstrecke im Kreis über Berg und Tal führt. Whistler und Burns spielen, dann entdecken sie eine schluchzende Fünfzehnjährige. Ihre Mutter ist verschwunden, befindet sich nach Auskunft der Gemeni in einem ominösen Liquid.
Weitere Runden durchs Schiff †¦ die Beurteilungen der Gemeni werden komplizierter. Selbstgerechtigkeit erkennen sie als schwieriges Konzept. Und das Team erkennt ein zweites Gesetz: »Halte dich fern von allen Bereichen, wo wir dich nicht sehen wollen.« Ein Kurzsignal vom TLD informiert das Team über Bhal Haddhunis aktuelle Pressekonferenz mit schwammigen Worten zur Herkunft des Sprosses. Er gehört zu einer Kultur namens Gemoshom, welche die Superintelligenz GESHOD schützt. GESCHOD wohnt im Sternbild Walfisch (daher die Schiffsform?). Die von ES Verlassenen haben in ihm noch einen Schützer. Das GESHOD will die Milchstraße schützen, beziehungsweise alle Galaxien, die unsere eigene, abgedankte Superintelligenz früher geschützt hat. Das »Pacische Rhizom«, was wohl der Spross ist, sei deshalb gepflanzt worden. Nebenbei gesagt †¦ es gibt weitere Verschwunfene von denen die Saenkaris sagen, dass sie im »Liquor« seien.
Maiwell hat eine detailreichere Karte des Sprosses YETO, auf der eine ganze Anzahl toter Zonen hervorgehoben sind: Bereiche, in die kein Weg führt. Da seien Gemeni drin. Leider schwer zu erkunden †¦ Sonden funktionieren dort nicht. Man muss alles ganz klassisch beobachten.
Noch dazu werden die Gemeni unzufrieden. Bhal Haddhuni ändert das Vergabeverfahren: Alle Applikanten bekommen einen Sanudh, einen »Ermesser«, und müssen eine Selbstdarstellung vortragen. Wer nicht gefällt, fliegt. Die Gemeni haben immer mehr Gesetze. Ihr Einverständnis müssen die Bewerber vertraglich regeln. Als Unterschrift gilt ein Tropfen Blut, den sie in ein kleines würfelförmiges Gerät aus der Handfläche saugen und versiegeln. Die Gier besiegt jedes klaren Gedanken: Alle sind einverstanden.
Als nächstes erfährt man von der »Zeitlichen Eskorte«, einem Schutz, gewährt von GESHOD nach dem Abfließen der Eiris. Ein Eiris-Vakuum sei ein Machtvakuum, das zieht fremde Mächte an. Das Zeitliche Eskorte und das Pacische Rhizom würden sie in GESHODS Namen schützen. Bhal Haddhuni erklärt auch, dass eine gereifte Mächtigkeitsballung in der moralischen Informationsarchitektur des Multiversums verankert sei. Ein dort entstehender Schaden könne die Existenz aller Universen bedrohen.
Bolajetta formuliert einen trefflichen Satz: »Die Gemeni haben etwas Wichtiges über die Menschen ziemlich schnell herausgefunden: Unsere Gier übersteigt unser Misstrauen. Und Gier lässt sich schneller hervorbringen als Vertrauen.«
Parillauds Team will durch ein Tor in die unbekannten Zonen des Sprosses YETO vordringen. Das schaffen sie nicht †¦ zu viele Sanudh mit Blutwürfeln stehen im Weg. Als es dann doch klappt, sind sie enttäuscht: Es sieht aus wie überall im Schiff. Dann beobachten sie einen Gärtner mit Gießkanne und Knospen, verstehen, dass die Gemeni als Erwachsene aus den Schiffswänden wachsen. Auch Zellaktivatoren wachsen dort. Doch man kann sie nicht herauslösen, ohne eine Katastrophe auszulösen. Zum Glück macht es ihnen ein anderer vor.
Am nächsten Schiffsmorgen sind die Überlebenden, jedenfalls unser Team, wie gerädert. Sie fahren mit den Untersuchungen fort. Der ominöse Liquor scheint stattzufinden, wenn Verschwundene in die Schiffswände gesaugt wurden. Dann kommt eine Durchsage aus den Lamellenstrukturen: Der Bhal lädt zur Übergabe der Zellaktivatoren an Yeto Carell und seine Eltern ein, in der Versammlungshalle. Nun †¦ zu ihrer grenzenlosen Überraschung sind jetzt nicht nur Yetos Eltern mit bei den Auserwählten, sondern auch sie selbst. Und damit sind sie sich sicher, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht. Wobei sie sich freuen. Aber Willensfreiheit gibt es auch keine: Whistlers Frau ist todkrank, er will den Aktivator nur, um ihn ihr zu geben und darf nicht. Er soll ewig leben ohne sie.
Zum Abschluss spricht Maurits Vingaden mit Cai Cheug und Co über eine unbekannten Psi-Quelle im Spross. Man diskutiert die übermittelten Erkenntnisse des Teams. Eine davon: Der Spross hält sich selbst telekinetisch in der Luft. Etwas moduliert die hyperphysikalische Hintergrundstrahlung, nimmt normale Energien auf, wandelt sie in Hyperenergie und gibt sie an den Spross weiter wie an eine gigantische Batterie.
Am folgenden Tag um siebzehn Uhr erwartet man den Höhepunkt, vermutet, dass die Gemeni abfliegen wollen, will evakuieren. Doch zu spät: Schon um 22.18 Uhr verschließt sich der Spross. Um 23.45 Uhr hebt er ab und schwebte langsam, aber unaufhaltsam hinaus in den freien Weltraum. Das Schiff kreuzt die Venusbahn und strebt dem Merkur entgegen. Die Flotte nimmt Kugelformation an. Um 19. Juli 1551 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, um 0.08 Uhr, gibt die Ligaflotte Warnschüsse ab. Um 0.09 teleportiert der Spross YETO aus dem System, mit 250.000 unfreiwilligen Gästen an Bord.