Ich werde bei überschwänglichen Rezensionen zu Werken von in der Szene völlig unbekannter Autoren hellhörig. Nicht, weil ich das automatisch für Fehleinschätzungen halte, sondern weil ich hoffe, dass wirklich mal eine Neuentdeckung darunter ist. Und in diesem Fall gibt es schonmal einen Fehler, der Autoren, die neu in der SF sind, nicht unterlaufen kann: Sie können keine ausgelutschten Topoi als nagelneu verkaufen, bloß weil sie selbst die betreffenden Geschichten gleichen Inhalts nicht gelesen haben, die in den letzten Jahrzehnten erschienen sind. Durch die Märchen-Vorgabe erledigt sich diese Frage. Gleichzeitig bringt das Konzept in meinen Augen den erheblichen Nachteil mit, dass man die Handlung komplett vorhersagen kann, sobald man einmal das zugrunde liegende Märchen erkannt hat. Die Kreativität des Autors beschränkt sich auf die Frage, wie er das Original abwandelt - den Plot muss er nicht erfinden, der ist schon da. Insofern kann man den Autor auch nicht für die interessante Handlung loben - die geht ja auf den Herrn Hauff bzw. dessen Quellen zurück. Mein Lob für die Novelle bezieht sich daher hauptsächlich auf die über weite Strecken für mich überzeugende Erzählweise.
Zu den anderen Storys werde ich mich beizeiten auch noch äußern, aber nachdem die vom Rezensenten am meisten gelobte Geschichte schon in meinen Augen etwas überbewertet wurde, erwarte ich vom Rest keine Wunder mehr.
Bearbeitet von Uwe Post, 16 Januar 2018 - 09:26.