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Simmons ILIUM


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36 Antworten in diesem Thema

#1 eRDe7

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 08:11

Guten Morgen!Schlimme Sache. Da ich nun Urlaub habe, habe ich mir ein paar Bücher zugelegt. U.a. ILIUM.Hätte ich mal für das Buch imLesezirkel gestimmt. Ich bin nämlich auf S. 46 - und ich frage mich abgestrengt, ob ich weiterlesen soll.Ich würde gerne wissen, was denn daran so toll sein soll. Das klingt härter, als ich es meine.Mein Problem mit dem Buch sieht so aus:Bis jetzt habe ich fast 50 Seiten Überflüssiges Blabla gelesen. Einzig "nett" war die etwas zu breit ausgetretene "Verbindung" zu Nabokov, der bereits totgetretene "Witz" mit dem Wörtchen "weindunkel" und die Überlegungen zu Shakespeare, während letztere mich ziemlich kalt lassen.Eigentlich ließ mich alles ziemlich kalt - und das ist mein Problem. Die Sache mit dem Kraken ist so interessant, als sei dem Protagonisten ein "Bleistift" heruntergefallen. Die Aufzählung der Helden vom Ich-Erzähler nimmt biblische Ausmaße an und ist so überflüssig wie sonst noch etwas, da sich das sowieso niemand merken kann.usw.Ich bin gerade ziemlich unschlüssig, ob ich weiterlesen soll. VIelleicht sehe ich nur noch nicht das Interessante an dem Buch - oder dieser oberflächliche Stil (hier gemeint: die Oberfläche betrachtend) verträgt sich nicht mit dem Stil von Frau Highsmith, die ich zuvor gelesen habe.Wer weiß.Bitte um Aufklärung. ;-)Grüße,Ralph

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#2 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 11:57

Erde7 schrieb:

Die Aufzählung der Helden vom Ich-Erzähler nimmt biblische Ausmaße an und ist so überflüssig wie sonst noch etwas, da sich das sowieso niemand merken kann. usw.

Klar hätte man sie nicht unbedingt in dieser Ausführlichkeit aufzählen müssen (und das wiederholt), auf der anderen Seite ist es z. B. für mich, der ich die griechischen Heldensagen als Kind bzw. Jugendlicher mit Begeisterung mehrfach gelesen habe, eine Wiederbegegnung mit alten Bekannten - dazu mit sehr viel ironischer Distanz.

Ich bin gerade ziemlich unschlüssig, ob ich weiterlesen soll. VIelleicht sehe ich nur noch nicht das Interessante an dem Buch - oder dieser oberflächliche Stil (hier gemeint: die Oberfläche betrachtend) verträgt sich nicht mit dem Stil von Frau Highsmith, die ich zuvor gelesen habe.

Natürlich ist Dan Simmons nicht DER große Stilist (jedenfalls nicht, wenn man die vorliegende Übersetzung als Maßstab nimmt), andererseits kann man ein Buch, das durch seine Ideenvielfalt brilliert, nicht mit den eher psychologisch bzw. pathopsychologisch orientierten Werken von Frau Highsmith vergleichen (die aus meiner Sicht zudem alles andere als unterhaltsam oder gar spannend sind). ILIUM ist - auch wenn im Heyne-Backcover von einem "epochalen Werk" oder gar "dem bedeutendsten mythenschaffenden Schriftsteller unserer Zeit" (!) gefaselt wird - Unterhaltungsliteratur, nicht mehr und nicht weniger. Und ich HABE mich blendend unterhalten. Daß auf 830 Seiten nicht alles Gold sein kann, was glänzt, steht auf einem ganz andern Blatt. Verglichen mit Langweilern wie Bear, Baxter, Banks oder gar John Clute ist Dan Simmons derzeit der einzige Lichtblick am internationalen SF-Firmament. Gruß T.

#3 eRDe7

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 13:56

Hallo Tiresias.Mich würde interessieren, ob Du gleich von Anfang an unterhalten warst. Also, ob ich vielleicht einfach nur zu früh meckere. :)Vielleicht packt mich ja das Buch noch.Andererseits habe ich eben in WASSERMUSIK von T. C. Boyle reingelesen - und war von Anfang an gepackt. Da wird es dann wohl erst der Boyle, gegen den ich bisher irgendwie immer Vorurteile hatte, werden.Ich würde ILIUM sehr gerne mögen, aber Simmons macht es mir nicht einfach. Kannst Du mir verraten, "wieso" er zum Beispiel Nabokov da einbaut. Ich mache beim Schreiben ja selber gerne solche Sachen, aber irgendwie wirkte es hier... Ich weiss auch nicht. Ich musste müde lächeln und denken: Ich sollte lieber ADA lesen...Was Highsmith angeht: Ich kenne nur den talentierten Mr. Ripley und die Verfilmung von Ripley's Game (dem 3. Ripley-Roman). Der Roman und die Verfilmung fand ich beide sehr, sehr gut. Wobei bei dem Film es erst etwa ab der Hälfte interessant wurde. Andere Highsmith-Verfilmungen waren natürlich auch gut, Chabrols und Hitchcocks...Mag sein, dass Simmons einfach nichts für mich ist - oder ich einfach noch nicht den richtigen Blickwinkel gefunden habe. Wer weiß.Was anderes ist: 830 S. Warum müssen es so viele sein?????Für Unterhaltungsliteratur unterhät es mich irgendwie zu wenig. :o [Im Gegensatz zu Highsmith...]Grüße,Ralph

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#4 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 15:35

Erde7 schrieb:

Mich würde interessieren, ob Du gleich von Anfang an unterhalten warst. Also, ob ich vielleicht einfach nur zu früh meckere.

Ja, mir hat es von Anfang an gefallen, weil mich die Troja-Geschichte schon immer fasziniert hat. Die Episoden von den Jupitermonden und der alten Erde haben mich anfangs eher gestört. Der Nabokov ist mir gar nicht so aufgefallen, die Diskussionen drehten sich nach meiner Erinnerung doch in der Hauptsache um Shakespeare und Proust (wobei ich von letzterem nichts kenne). Ich nehme an, hier wollte der Autor schon ein wenig mit seiner Belesenheit hausieren gehen. Mit P. Highsmith ging es mir so: Das erste Buch ist faszinierend, das zweite noch interessant, beim dritten ist man bereits genervt (mehr habe ich vermutlich nicht von ihr gelesen). Dan Simmons bietet dagegen immer neue Überraschungen, wobei man gewiß einwenden könnte, daß vieles arg plakativ daherkommt. Aber mit Subtilität kommt man heutzutage als Autor nicht weit ... Gruß Frank

#5 eRDe7

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 18:23

Nabokov wird wohl auch nicht namentlich erwähnt.Dieser Daeman "ist" Nabokov. "Pummeliger Casanova und Schmetterlingssammler." Es ist fast jeder Schmetterlingssammler in der Literatur eine Anspielung auf Nabokov. :)Aber wem das nicht reicht: Ada ist die weibliche Hauptfigur des gleichnamigen Romans von Nabokov. Und zudem Daemans Faszination für die 15jährige Ada erinnert doch sehr an Nabokovs Lolita. Inzwischen habe ich zudem auch Simmons' eigene Aussagen im Netz gefunden, nach denen er versuchte, diese Buchpassagen Nabokov nachzuempfinden. Da hat entweder der deutsche Übersetzer geschlampt, was ich nicht beurteilen kann, oder Simmons - denn sprachlich sehe ich keine Ähnlichkeit, wobei ich Ada leider noch nicht besitze.Gruß,Ralph

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#6 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 20:07

Erde7 schrieb:

Dieser Daeman "ist" Nabokov. "Pummeliger Casanova und Schmetterlingssammler." Es ist fast jeder Schmetterlingssammler in der Literatur eine Anspielung auf Nabokov.

Das ist mir leider mangels einschlägiger Kenntnisse entgangen. Allerdings ist dieser Daeman ohnehin keine sehr gelungene Gestalt, denn seine Wandlung vom "pummeligen Casanova" zum Helden ist absolut unglaubwürdig. Ich behaupte ja nicht, daß "Ilium" einer am Detail orientierten kritischen Betrachtung standhält, aber das Buch ist unterhaltsam und spannend. Gruß Frank

#7 eRDe7

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 21:21

Hi.Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden. Ich sage nichts gegen diese "Kleinigkeiten", eher im Gegenteil. Das sind die Dinge, die es fürmich hätten interessant machen können.Es ist schön, dass Du das Buch spannend und unterhaltend findest. Ich "nörgle" hier ja nur herum, weil ich eben nichts dergleichen entdecken konnte.Scheinbar einfach nicht das richtige Buch für mich. Schade, aber nicht so sehr schlimm.Lese ich halt etwas anders, gibt ja genug. :)Gruß,Ralphps: Möchte nicht kleinlich erscheinen, aber nicht Erde7, sondern eRDe7, hat nichts mit Terra zu tun, lebe hier nur. :o

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#8 Dave

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Geschrieben 10 Juli 2004 - 22:35

Hallo Ralph,das Buch sollte einem von der Schreibe her schon zusagen, und wenn es die ersten 50 Seiten nicht tun, sollte man das Buch zur Seite legen. Der Aufwand würde sich dann nicht lohnen.Man muss wohl sagen, dass der Roman für sich genommen etwas unbefriedigend bleibt. Alle Hoffnungen liegen nun bei dem zweiten Teil, der vielleicht alles ins rechte Licht rückt.Die Idee, sich zum vergangenen Troja zu begeben, ob nun getarnt oder in historischer (?) Gestalt, ist schön und originell. Auch der Text liest sich sehr angenehm, da soll man doch nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten.Nun gibt es eine Art Schaltzentrale auf dem Mars, von einer geheimnisvollen Intelligenz gelenkt. Dieses Szenario besitzt keinerlei Konturen und enttäuscht, weil es die Waagschale gegenüber den ausufernden Schlachten und Intrigen vor den Toren Trojas nicht ausgleicht. Schlimmer noch, auch dort agieren die göttlichen Gestalten, bzw jene, die sich für sie ausgeben.Dann wäre da noch die Prise Humor, nicht das Ärgernis eines Banks, aber doch erwähnenswert. Der Homer-Experte Hockenberry blieb zu meiner Verwunderung stets genervt, ohne wirkliches Interesse. Das ist keine Huldigung sondern ein despektierliches Achselzucken.Jetzt könnte man sich noch an dem Rätsel probieren, warum der Roman ein Bestseller wurde. Der Stil ist problematisch, der Inhalt ist schwach und ich wüsste von keinen befriedigenden Antworten oder gelegentlichen Aha-Effekten im Laufe der Lektüre.Vielleicht ist das Buch, wie schon erwähnt, einfach nur (mehr oder weniger) gute Unterhaltung.Tja, das ist Simmons, immer für eine Überraschung gut. :)

#9 Joe Chip

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 07:38

hi dave - hi ralph dave meint:

Jetzt könnte man sich noch an dem Rätsel probieren, warum der Roman ein Bestseller wurde. Der Stil ist problematisch, der Inhalt ist schwach und ich wüsste von keinen befriedigenden Antworten oder gelegentlichen Aha-Effekten im Laufe der Lektüre. Vielleicht ist das Buch, wie schon erwähnt, einfach nur (mehr oder weniger) gute Unterhaltung.

jetzt weiss ich warum du das buch für den lesezirkel vorgeschlagen hast da hätte es nach 50 seiten mehr debatten gegeben als nach ende des ganzen eschbachs :o schönen sonntag euch allen wünscht joe :)
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#10 eRDe7

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 10:19

Hi Dave.

Der Stil ist problematisch, der Inhalt ist schwach und ich wüsste von keinen befriedigenden Antworten oder gelegentlichen Aha-Effekten im Laufe der Lektüre. Vielleicht ist das Buch, wie schon erwähnt, einfach nur (mehr oder weniger) gute Unterhaltung.

Da frag' ich mich, was denn dann nun Unterhaltung ausmacht? Etwa, dass das alles "schlecht" ist? http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/wink.png Ich muss aber einlenken: Ich empfinde seine Schreibe (diesmal) nicht als schlecht, nur irgendwie als nichtssagend. Es bewegt mich nicht. Nicht so schlimm wie in SOMMER DER NACHT, aber irgendwie in die Richtung weisend - als seien die Charaktere alle eine tausend Kilometer entfernt und man betrachtet sie nur durch ein Teleskop. Was den Humor angeht: den fand ich eigentlich gar nicht übel - war es auch eher ein "Erzählerhumor", der also nicht aus der Szene heraus entspringt, sondern von dem Erzähler auferlegt wird (wie der Seitenhieb auf Arnold Schwarzenegger). Mir scheint, ich habe einfach mit seinem Stil ein Problem. Da komme ich irgendwie nicht rein, es ist für mich so, als würde ich es von der Ferne betrachten. Und gerade bei einem "Unterhaltungsroman" - was das auch immer heissen mag, sind Kafka und Nabokov nicht unterhaltend? - erwartet "man" doch, dass man sich in die Personen hineinversetzen kann. Und schaut man erzähltechnisch auf den Anfang: Simmons macht es einem nicht gerade leicht (was ich nicht allzu schlimm finde), aber es gibt nicht einmal einen "Hook". Es beginnt nach den 2 Einleitungen mit einer Pseudoalten Ansprache: "Zorn. Singe mir, o Muse, des Peleussohnes und Männertöters Achilles Unheil bringenden Zorn, der tausend Leid den Achäern schuf und viele stattliche Seelen zum Hades hinabstieß." usw. Sehr schön allerdings der flapsige Einwurf des Ich-Erzählers danach. Dennoch. Hm. Wenn ich an den Anfang von WASSERMUSIK denke, das ich nun stattdesen lese, ist es kein Wunder, dass ich mich für Boyle entschieden habe: "Während die meisten jungen Schotten seines Alters Röcke lüpften, Furchen pflügten und die Saat aussäten, stellte Mungo Park dem Emir von Ludamar, Al Hadsch' Ali Ibn Fatoudi, seine bloßen Hinterbacken zur Schau." ;) Und ich denke, dass Boyle im Ideenreichtum Simmons nichts nachsteht, nur dass es eben keine SF ist - wenn auch nur pseudohistorisch und witzig und lebendig und verrückt. Wie auch immer. Noch einen schönen Sonntag! Ralph

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#11 Dave

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 12:23

Als †šgute Unterhaltung†™ würde ich das bezeichnen, was mir keine große Gedankenleistung abverlangt, mich nicht inspiriert oder die Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch nimmt. Es gibt Bücher die ich für geeignet halte, in der U-Bahn zulesen, andere weniger.Vermutlich kommt man aus der Sicht des SF-Lesers zu einem anderen Urteil bei ILIUM als diejenigen, die sich nicht so sehr spezialisiert haben.Was Franz Kafka anbelangt, so drängt sich mir der Eindruck auf, dass er mehr eine Zierde ist, als ein wirkliches Objekt der Beliebtheit. Zu Kafkas Zeiten lagen doch seine Romane wie Blei in den Regalen. Bis man sich mit ihm ein bestimmtes Etikett anheften konnte.Ich will es einmal so sagen: Du bist was du liest, und Kafka eignet sich vortrefflich dafür, über sich selbst ein Aussage zu machen. Je nachdem, in welcher Liga man sich gerne sehen möchte.Das ist so ein seltsames Phänomen unserer Zeit: „Wie, du willst Zimmermann werden?! Du bist intelligent und gebildet, du kannst vieles mehr erreichen!“ So gibt es einen unzufriedenen Architekten mit Magengeschwüren mehr und einen guten Zimmermann weniger.

#12 Gast_Guest_*

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 13:41

Als 'gute Unterhaltung†™ würde ich das bezeichnen, was mir keine große Gedankenleistung abverlangt, mich nicht inspiriert oder die Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch nimmt.

Das würde ich als "langweilig" bezeichnen, völlig uninteressant. http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/wink.png

Was Franz Kafka anbelangt, so drängt sich mir der Eindruck auf, dass er mehr eine Zierde ist, als ein wirkliches Objekt der Beliebtheit. Zu Kafkas Zeiten lagen doch seine Romane wie Blei in den Regalen. Bis man sich mit ihm ein bestimmtes Etikett anheften konnte.

Ich mochte früher Kafka sehr. Und zu seinen Zeiten lagen seine Romane in gar keinen Regalen, da sie nicht veröffentlicht waren. Sind ja alle nicht fertig. Was den Zimmermann und den Architekten angeht: Mir scheint, dass die "Gegenwartskultur" in erster Linie für den Zimmermann gemacht (nichts gegen den Beruf, ich nehme ihn nun nur in der Art, wie Du ihn wohl meintest) - und die Leute, die lieber Architekten wären müssen sich damit abfinden. Womit der arme Architekt schon wieder Magengeschwüre kriegt, da er das alles so langweilig findet. ;) Nein, im Ernst. Kafka ist grandios, das heisst nicht, dass man ihn immer lesen kann oder er jedem etwas sagt. Bedeutung und "Können" macht nur innerhalb eines bestimmten kulturellen Kontextes Sinn. Ist man außerhalb dieses Kontextes, ist kein Maßstab mehr vorhanden. (Ein Indio aus dem Amazonasgebiet kann vermutlich wenig mit Kafka anfangen - ebenso mit Simmons.) Wie man den Kontext "baut", das liegt an einem selber. Innerhalb der SF ist Kafka sicherlich unbedeutend (es sei denn, man fragt sich, wie sein Einfluß auf Autoren und Regisseure war). In einem abendländisch literarischen, "mystischen" und/oder philosophischen Kontext ist er sehr bedeutend. Gruß, Ralph

#13 eRDe7

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 13:44

Hoppla, da war ich nicht eingelogged...Ralph

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#14 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 16:55

Erde7 schrieb:

Nein, im Ernst. Kafka ist grandios, das heisst nicht, dass man ihn immer lesen kann oder er jedem etwas sagt.

Eben, und der Vergleich mit Dan Simmons hinkt (wie fast jeder Vergleich) auf allen vier Beinen. Kafka war ein depressiver, selbstquälerisch veranlagter Mensch, der nicht für irgendein Publikum schrieb, sondern aus einem inneren Zwang heraus. Kafkas Werke sind eben keine "Unterhaltungsliteratur". Dan Simmons schreibt (nehme ich mal an), 1. um Geld zu verdienen 2. um ein möglichst breites Publikum zu erreichen (korreliert mit 1.) 3. weil er Spaß an seinen Ideen hat 4. um mit seinen Literaturkenntnissen zu glänzen. Folglich ist das Ergebnis seiner Bemühungen absolut nicht mit dem Werk Kafkas zu vergleichen. Jegliches hat seine Zeit. Wenn ich mich harmlos amüsieren will, lese ich Dan Simmons. Wenn ich mich auf Kosten meiner lieben Mitmenschen amüsieren will, lese ich Houllebecq. Wenn ich mich nicht amüsieren will, lese ich Grass, Walser oder Lenz (oder wie diese weinerlichen Vergangeheitsbewältiger noch heißen mögen). Wenn ich mich auf Kosten des Autors amüsieren möchte, lese ich ... nein, dieser Fettnapf bleibt heute unbetreten! http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/wink.png Gruß Frank

#15 Holger

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 17:14

Ich denke mal, allen die HYPERION und ENDYMION gelesen haben wird nach etwa 150 Seiten ILIUM klar sein, dass Simmons an seine Hochform in den genannten Werken nicht anknüpfen kann. ILIUM ist weder so originell, noch so prall gefüllt mit sense-of-wonder wie seine Vorgänger. Auch überraschte mich alsbald die strikte Dreiteilung: da sind die Handlung rund um die Eloi und Savi (1), die Mission der Moravecs (2) und der arme Scholiker Hockenberry, der buchstäblich zwischen die Fronten geraten ist (3). Ich hatte da ein wenig mehr Dynamik erwartet. Trotzdem hat mich ILIUM ausgesprochen gut unterhalten und es zählt definitiv zu den Top3 der originellsten Bücher im letzten Lesejahr. Das schöne an ILIUM sind m.E. die Charaktere, die man einfach mögen muss. Allen voran Mahnmut (den ich mir irgendwie immer wie "Bender" aus FUTURAMA vorstellen muss), aber auch Hockenberry und Harmann. Daeman wird von Anfang an als Antiheld gezeichnet, was eigentlich kein schlechtes Gegengewicht zu Savi oder Harmann darstellt. Die Ideen, die Simmons uns serviert, sind nicht umbedingt neu: das Faxen kennen wir in ähnlicher Art und Weise schon von ihm. Viel interessanter finde ich, wie Simmons sich der angesprochenen Versatzstücke aus der Weltliteratur bedient (Gollum aus HdR, die Eloi aus "Die Zeitmaschine", Ada, etc.) und auf diese abstruse Ausgangssituation kommt: Götter die den Olympus Mons bevölkern und eine Ilias, die sich zu ihren Füßen verändert abspielt. Finde ich schon zu originell, um es als triviale Unterhaltung abzustempeln. Aber mal eine andere Frage (Tiresias wird schon mit den Augen rollen): wie kann es sein, dass man überall auf der Erde gleichzeitig den Ä- und den P-Ring sieht? http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/biggrin.png ;) ^_^ Grüße Holger

nein, dieser Fettnapf bleibt heute unbetreten!

... und ich hatte mich schon gefreut. ;)
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(Georg Christoph Lichtenberg)

#16 eRDe7

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 18:27

Soll ich? Ach warum nicht... Tiresias:

Wenn ich mich auf Kosten meiner lieben Mitmenschen amüsieren will, lese ich Houllebecq.

Ich denke, dieses Beispiel ist nicht gut gewählt, um es mal vorsichtig zu sagen, weil Houellebecq eigentlich genau das Gegenteil macht: Er bringt Sympathie und "Mitleid" für die Leute auf, die andere ekelhaft finden oder von allen anderen lächerlich gemacht werden. Zumindest ist dies mein Eindruck nach den 3 Romanen und Lanzarote. Worauf er herumhackt, das ist die Welt der Schönen, Reichen und Erfolgreichen etc. Aber egal. Worauf ich hinaus wollte, mit der Unterhaltung: Wenn ein Buch mich nicht unterhält, lese ich es nicht. Und da mich Flachlandlektüre (ohne sagen zu wollen, dass Simmons das ist) nicht unterhält, lese ich sie nicht. Mich unterhält dann eher Houellebecq, Borges, Vonnegut, Pynchon, Nabokov, Dick, Ballard. Aber auch z. B. Dan Brown oder Eschbach. Aber ganz einfach, weil die mich emotional vereinnahmt haben. Und daran krankt Simmons bei mir. Holger:

Die Ideen, die Simmons uns serviert, sind nicht umbedingt neu: das Faxen kennen wir in ähnlicher Art und Weise schon von ihm. Viel interessanter finde ich, wie Simmons sich der angesprochenen Versatzstücke aus der Weltliteratur bedient (Gollum aus HdR, die Eloi aus "Die Zeitmaschine", Ada, etc.) und auf diese abstruse Ausgangssituation kommt: Götter die den Olympus Mons bevölkern und eine Ilias, die sich zu ihren Füßen verändert abspielt. Finde ich schon zu originell, um es als triviale Unterhaltung abzustempeln.

Und daran meckere ich ja auch nicht rum. Ich konnte irgendwie nur keine emotionale Beziehung zu Figuren und Handlung aufbauen. Es war mir irgendwie gleichgültig, was ich da las. Ralph

Bearbeitet von eRDe7, 11 Juli 2004 - 18:30.

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#17 Dave

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Geschrieben 11 Juli 2004 - 18:45

Ralph,

Als 'gute Unterhaltung†™ würde ich das bezeichnen, was mir keine große Gedankenleistung abverlangt, mich nicht inspiriert oder die Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch nimmt.  Das würde ich als "langweilig" bezeichnen, völlig uninteressant.

Ich feile an einer neuen Definition... Tiresias,

Erde7 schrieb:

http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/biggrin.png ;) ^_^

#18 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 13 Juli 2004 - 05:15

Soll ich? Ach warum nicht... Tiresias:

Wenn ich mich auf Kosten meiner lieben Mitmenschen amüsieren will, lese ich Houllebecq.

Ich denke, dieses Beispiel ist nicht gut gewählt, um es mal vorsichtig zu sagen, weil Houellebecq eigentlich genau das Gegenteil macht: Er bringt Sympathie und "Mitleid" für die Leute auf, die andere ekelhaft finden oder von allen anderen lächerlich gemacht werden.

Es wäre vielleicht hilfreich, wenn Du Deine Interpretationen literarischer Werke nicht andauernd in den Status allgemeingültiger Wahrheiten zu erheben suchtest. Freundlich ausgedrückt. Gruß T.

Bearbeitet von Tiresias, 13 Juli 2004 - 05:17.


#19 eRDe7

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Geschrieben 13 Juli 2004 - 09:15

Hallo Tiresias.Schon wieder schlecht gelaunt? ;)Würde ich nie tun. Es gibt keine Wahrheit.Alles ist Bewusstsein.Ralphps: Funktionieren Diskussionen nicht so, dass man seine Meinung äußert?Ich dachte... Vielleicht irre ich mich ja auch.

Bearbeitet von eRDe7, 13 Juli 2004 - 09:55.

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#20 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 13 Juli 2004 - 17:31

Hallo Ralph,Ich wollte mit meiner Bemerkung nur klarstellen, daß ich Einlassungen im Sinne von "Wenn Du Houellebecqs Protagonisten amüsant findest, hast Du den Autor nicht verstanden. Der ist nämlich ein enorm mitfühlender Zeitgenosse, der für die Armen und Beladenen dieser Welt ein Lanze bricht." für entbehrlich halte.Wenn Dir das neue Simmons-Buch nicht gefällt, ist das okay. Wenn Du dann aber Kafka oder Vonnegut aus der Schublade holst, die beide in anderen Ligen spielen, wird es fragwürdig, erst recht dann, wenn Du anderen vorzuschreiben versuchst, wie sie ein Buch oder einen Autor zu interpretieren haben.Daß ich mir diese Anmerkung vielleicht verkniffen hätte, wenn draußen die Sonne schiene und ich gerade einen 500-Seiten-Wälzer bei Suhrkamp veröffentlich hätte, steht auf einem anderen Blatt. ;) GrußFrank

Bearbeitet von Tiresias, 13 Juli 2004 - 17:33.


#21 eRDe7

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Geschrieben 13 Juli 2004 - 19:22

Hallo Frank.Ich schreibe niemandem vor, wie er was zu verstehen hat oder was er zu mögen hat. Auch habe ich nicht gesagt, dass Du Houellebecq falsch verstehst. Ich habe nur gesagt, dass ICH FINDE, dass es so nicht ist. Mehr nicht. Ich bin anderer Meinung. Mehr nicht.Und ich vergleiche Kafka und Simmons nicht. Wenn ich mich recht entsinne, ging es dort um "Was ist Unterhaltung?". Und mir fiel momentan nichts Besseres ein als "E-Literatur" als Kafka. Ich wollte dabei eigentlich nur darauf hinaus, dass mir nicht ganz klar ist, was eigentlich Unterhaltungsliteratur ist. Und dass das immer so klingt, als dürfte "anspruchsvolle Literatur" (vielleicht Literatur mit Message?) nicht unterhalten. Aber zum Glück ist das ja nicht so. Reine Unterhaltung ohne Message finde ich öde - und nicht unterhaltend, womit dieser Satz schon wieder blödsinnig ist, weil es aus dieser Perspektive keine "reine Unterhaltung" gibt. Die Sache mit "Message" finde ich auch noch nicht zufriedenstellend. Manchmal reicht es ja auch auf emotionaler Ebene angesprochen zu werden...Wie auch immer.Ich greife weder jemanden an noch widerlege ich hier irgendwen, ich sage nur meine Meinung.Gruß,Ralph (der sich an seinen eigenen Computer zurückwünscht und nicht dieses dumme Ding von Laptop, auf dem er irgendwie nicht tippen kann...)

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#22 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 13 Juli 2004 - 20:55

Hallo Ralph,nachdem wir nun beide unsere Positionen klargestellt haben, gibt es m. E. wenig Anlaß, die Kontroverse fortzusetzen.Zum Thema U- und E-Literatur: Hier sind die Grenzen derart fließend, daß sich eine Definition von selbst verbietet. Manchmal gewinne ich allerdings den Eindruck, daß alles, was abgehoben und mehr oder weniger unverständlich scheint, automatisch in E eingeordnet wird, frei nach dem Motto: "Das verstehe ich nicht, muß also anspruchsvoll sein." Das Ganze erinnert ein wenig an die Geschichte von den Kaisers neuen Kleidern. Dan Simmons schreibt allerdings eindeutig Unterhaltungsliteratur, was aus meiner Sicht kein Makel sein muß.GrußFrank

#23 Holger

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Geschrieben 13 Juli 2004 - 20:59

Ich wundere mich ein wenig, dass es offensichtlich inhaltlich so wenig zu ILIUM zu sagen gibt. Wollen wir da nicht noch ein wenig ansetzen?

S P O I L E R :

Ich finde es zum Beispiel bemerkenswert mit welcher Gleichgültigkeit Simmons Savi von der Bildfläche verschwinden lässt. Damit hatte ich auf gar keinen Fall gerechnet.
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#24 Gast_Frank W. Haubold_*

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Geschrieben 15 Juli 2004 - 06:17

Ich wundere mich ein wenig, dass es offensichtlich inhaltlich so wenig zu ILIUM zu sagen gibt. Wollen wir da nicht noch ein wenig ansetzen?

S P O I L E R :

Ich finde es zum Beispiel bemerkenswert mit welcher Gleichgültigkeit Simmons Savi von der Bildfläche verschwinden lässt. Damit hatte ich auf gar keinen Fall gerechnet.

Hallo Holger,

hierzu würde ich mir (vorerst) keine Gedanken machen. Schließlich steht noch der zweite Teil des Werkes an, und ich würde mich sehr wundern, wenn Dan Simmons besagte Protagonistin nicht wie Phönix aus der Asche auferstehen lassen würde ... :cheers:

Um noch einemal zu meinem grundsätzlichen Eindruck von "Ilium" zu kommen: Ich habe mich wirklich sehr gut unterhalten gefühlt bei der Lektüre, aber ernstnehmen kann man das Buch nun wirklich nicht. Dazu ist die Handlung zu klischeehaft und auf Effekte ausgerichtet.

Gruß
Frank

#25 Holger

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Geschrieben 31 Juli 2004 - 19:02

Noch ein paar Worte zur Story:S P O I L E R:Mich ärgerte das Halbfinale zwischen Daeman und Caliban ein wenig. Ich denke Simmons hätte hier auf die billige Hollywood-Masche gut und gerne verzichten können, den Bösewicht einfach nicht sterben zu lassen. Selbst im Hochvakuum des Weltraums, das Blut kocht schon, die Haut gefriert, die Augäpfel bleichen (und sollten gleich platzen) ist der Bösewicht immernochnichttot. Das ist schon ein bisschen dreist.Überhaupt liessen die letzten 50 Seiten meine Augäpfel hin und wieder in der Fassung rollen: warum nur findet Simmons so langsam zum Ende des ersten Abschnitts seines Epos?Wenn Robert Kerber hier titelt, er misstraue Büchern über 300 Seiten, schmunzele ich gerne mit. Aber bei 800-Seiten Schinken, die durchaus einkürzbar wären, muss ich ihm dann doch Recht geben ...Was denkt ihr über das Ende? Und was erwartet ihr vom zweiten Akt?Viele GrüßeHolger
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#26 nimue

nimue

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Geschrieben 05 August 2004 - 13:59

Guten Morgen! Schlimme Sache. Da ich nun Urlaub habe, habe ich mir ein paar Bücher zugelegt. U.a. ILIUM. Hätte ich mal für das Buch imLesezirkel gestimmt. Ich bin nämlich auf S. 46 - und ich frage mich abgestrengt, ob ich weiterlesen soll.

Hallo Ralph, ich muss jetzt auch mal kurz was zu "Ilium" schreiben. Wir haben das Buch auch für eine gemeinsame Leserunde in meinem Forum gewählt und ich bin die einzige, die noch etwas daran nagt. Was heißt etwas? Ich bin erst auf Seite 340! Die ersten 200 Seiten zwaren nicht direkt eine Qual, aber ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, was das jetzt alles soll. Dieses Gelaber zog sich dann doch etwas zu sehr in die Länge. Ich hatte ehrlich gesagt oft überhaupt keinen Durchblick. Inzwischen hat mich das Buch gefangen. Die Schreibe ist herrlich frech, trocken und sarkastisch - das gefällt mir sehr! Die Geschichte wird immer interessanter und die "Einführungsrunde" dauert wirklich nur die ersten 200 Seiten. Wenn es Dir aber nach 300 Seiten immer noch nicht gefällt, dann lege es weg! Ich bin froh, dass ich weitergelesen habe! Liebe Grüße nimue
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#27 Theophrastus

Theophrastus

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Geschrieben 05 August 2004 - 18:06

Ich habe das Buch im Original gelesen. Größtenteils ist es humorvoll geschrieben. Nicht dass Witze darin vorkommen, ich empfinde den Stil so. Kürzer hätte es durchaus sein können. Zwar kommen viele gute Ideen vor, doch finde ich Simmons hätte es anders anpacken können. Doch das ist nur meine Meinung. Ich halte Ilium für ein gutes und unterhaltsames Buch. Stilistisch und die inhaltliche Zusammensetzung hätten mehr Mühe erfordert, damit ich es für ein großartiges Buch halte. Seinen Platz hat Ilium aber auf jeden Fall in meinem Regal sicher.

#28 Beverly

Beverly

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Geschrieben 18 August 2004 - 17:24

Ich bin gerade auf den ersten Seiten von ILIUM und begierig darauf weiter zu lesen. Welchen Anspruch Simmons damit und auch mit dem HYPERION-Zyklus verfolgt ist so eine Sache. So habe ich beim HYPERION-Zyklus den Eindruck, man kann es auch als Space Opera betrachten. Allerdings als eine Space Opera, die im Gegensatz zur Massenware von einem Autor geschrieben wurde, der an sich und sein Werk hohe stilistische, handlungsmässige und intellektuelle Ansprüche stellt. Ebenso scheint es bei ILIUM zu sein, naja ich werde mich überraschen lassen und dann meinen Kommtar abgeben.

#29 Trurl

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Geschrieben 09 September 2004 - 11:20

Tja †¦ eigentlich schade, dass ILIUM im Lesezirkel nicht gewählt wurde †¦ andererseits †¦ vielleicht ist es auch ganz gut so. Manchmal ist es nicht schlecht einen Roman unbelastet von der Meinung anderer zu lesen. :DMir hat ILIUM nämlich richtig gut gefallen. Bislang ist es das unterhaltsamste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Mit dem Einstieg habe ich mich erst etwas schwer getan, weil Simmons auf dem Ilium-Schauplatz seitenlang, unbedingt jeden Helden der Ilias mit Namen, Rang und Familienstand aufzählen muss. Das hat sich dann aber gegeben und jeder Erzählstrang hat seinen eigenen Reiz entwickelt. Hat man die Anfangshürde überwunden wird ILIUM von Kapitel zu Kapitel spannender. Die 2. Hälfte hat mich dann bis zum letzten Kapitel nicht mehr losgelassen - was eigentlich schon alles aussagt. Im direkten Vergleich ist HYPERION interessanter und vielschichtiger, aber mit ILIUM ist Simmons ein fast ebenso komplex angelegtes, auf jeden Fall hoch spannend erzähltes SF-Abenteuer gelungen. Das ist schon mehr, als die meisten SF-Romane heutzutage leisten. Man darf sich von ILIUM als SF nicht zu all zuviel erwarten †¦ andererseits †¦ Hard Science und Quantenphysik spielen eine nicht ganz unwichtige Rolle. Der Roman beschreibt keine allzu realistische Zukunftsvision, sondern spannt ein phantastisches Zukunftspanorama auf, in dem nicht nur die mythischen griechischen Göttern und die Helden der homerschen Ilias auftreten, sondern sogar Figuren aus dem Shakespeare-Literaversum mitspielen. Wie das alles zusammenhängt lässt Simmons bis zum Schluß offen. Er bietet zwar ein paar Erklärungen an, ob es sich allerdings tatsächlich so verhält, ist nicht sicher. Jedenfalls wird die Menschheit, oder besser gesagt deren dekadente Nachfahren, ähnlich wie in HYPERION, in einen fast aussichtlosen Existenz-Kampf verwickelt. Wenn Simmons nicht ein so guter Erzähler wäre, der den Handlungsverlauf jederzeit unter Kontrolle hat, hätte dieses verrückte Szenario leicht aus dem Ruder laufen und ILIUM sich in ein reines Fantasy-Abenteuer verwandeln können. Simmons schafft es aber immer wieder die Kurve zu kriegen und den SF-Charakter des Romans zu bewahren. Das liegt nicht zuletzt an seinen Roboterschöpfungen, den Moravecs, die einen erfrischenden Kontrapunkt zu den Robotern asimovscher Prägung bilden. Die beiden Moravecs Mahnmut und Orphu sind von Simmons liebevoll gezeichnete Figuren, die auf dem Mars ein fast als klassisch zu bezeichnendes Abenteuer zu bestehen haben. Vor allem ihre rationalen Lagebeurteilungen der Situation auf dem Mars, sorgen für die notwendige Bodenhaftung des Romans. Interessanterweise sind es ausgerechnet die Moravecs, die bei Simmons die Rolle der tatkräftigen Menschen übernehmen und jene menschlichen Tugenden zeigen, die beispielsweise den hedonistischen Alt-Menschen fast abhanden gekommen sind: Risikobereitschaft, Neugier und rationale Intelligenz, Mut und Opferbereitschaft. Die Menschlichkeit der Moravecs, die eigentlich eine Empatie ist, wirkt völlig natürlich und kommt glaubwürdig rüber. Simmons stellt die Moravecs als selbstbewusste, rational denkende Individuen dar, frei von dem Komplex künstliche Konstruktionen zu sein. Es sind auch die Moravecs die Verantwortung für das Überleben der Menschen übernehmen. Natürlich nicht ganz uneigennützig, schliesslich sind auch sie selbst bedroht, aber immerhin. Das hat mir gut gefallen.Ja †¦ schade nur, dass die Fortsetzung noch ein wenig auf sich warten lässt. Ich denke, dass Simmons noch einige Überraschungen auf Lager hat.Trurl
»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
  • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
  • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
  • • (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
  • • (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation

#30 Beverly

Beverly

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Geschrieben 09 September 2004 - 13:43

Hallo Trurl,ich stimme fast vollständig mit deiner Buchkritik überein und kann deshalb auf lange Ausführungen verzichten. ILIUM bildet einen fantasievollen Kontrast zu so manchem, was ich davor gelesen habe. Dass Simmons die "Ilias" nacherzählt, ist ein Glücksfall und da stören auch noch so viele Helden mit Vätern und Beinamen nicht. Die Götter, Achäer und Trojaner bringen mit ihren Intrigen und Kämpfen den notwendigen Schwung herein. Die Götter und Griechen-Brut ist noch hungrig, während bei den Moravecs und den Menschen auf der Erde zu viel Abgeklärtheit da ist.Eine Fortsetzung auf gleichem Niveau ist nicht schlecht. ILIUM zählt zu den wenigen Wälzern, die ich ohne Unterbrechung lese und ich hätte nichts dagegen, gleich mit dem zweiten Buch weiter zu machen. Doch darauf zu warten ... da kündigt sich wieder das gleiche Drama wie um die Fortsetzungen von HYPERION in den 1990er Jahren an, wo ich mir die auf Deutsch fehlenden Bücher auf Englisch gekauft habe, um endlich fertig zu werden.


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