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271 Antworten in diesem Thema

#181 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 20 Oktober 2022 - 16:11

Dass in der Popkultur eine Menge toxische Beziehungsmuster beschrieben werden, stimmt zwar, macht es aber nicht besser, oder?

 

Insgesamt merke ich, dass mir dieser Austausch an dieser Stelle keinen Spaß mehr macht. Es hat mir zu sehr etwas von "meine Lesart des Textes ist die einzig richtige", es fehlt mir die Neugier dabei, das Fragende. So stirbt dann auch meine Neugier auf den Austausch, denn offenbar habe ich ja alles falsch verstanden. Daher antworte ich recht knapp.

 

 

 

Jol, wenn leicht fließende, lyrische Sprache abstoßen wirkt, dann weiß ich auch nicht. Einen Avatar kann man erschaffen, kreieren, perfektionieren und das weiß einer, der sich mit diesen Dingen beschäftigt. Es ist immer ein künstliches Wesen. Wenn er hier das Wort züchten verwendet, dann ist das im übertragenen Sinne zu verstehen.

 

Wo schrieb ich, dass die Sprache abstoßend wirke? Und warum zieht der Prota dann selbst Eugenik-Vergleiche? Ich denke, es geht darum, dass er es eben nicht im übertragenen Sinne versteht. Genau das macht den Text aus meiner Sicht spannend. Aber das kann ich beides nebeneinander stehen lassen als zwei Lesarten.

 

 

 

Der Punkt, des »geschönten Lebens« wird von dir offensichtlich gar nicht wahrgenommen, das Übertünchen der Personen und Orte und die Gefahren, die das birgt. Und dass es vernünftig ist, über so etwas nachzudenken, wenn junge Mädchen ihre Selfies allesamt verschönern.

 

Wie kommst du denn darauf? 

 

 

 

Es wird an keiner Stelle im Text gesagt, dass der Prota das Haus für die Frau so baut, wie er es schön findet. Nein, ganz im Gegenteil: Er nimmt ja in seinem »Wahn« Kontakt mit ihr auf, spricht mit ihr und glaubt zu wissen, was sie sich aussuchen würde. Alles, was ihm gefallen würde, tritt für ihn vollkommen in den Hintergrund.

 

Da sie ausgedacht ist, kann sie aber ja nur schön finden, was er denkt, dass sie schön findet. Das ist zirkulär, oder nicht?

 

 

 

Der Prota erkennt nicht, dass Karen in ihn verliebt war, insofern kann das kein Narzismus sein. Auch seine Unfähigkeit, sich zu lieben, spricht so was von gegen dieses Argument. 

 

 

 

Nachdem du deinen Beruf als Therapeutin selbst ins Spiel gebracht hast, muss ich dich doch mal fragen, ob dir beim Lesen nie der Gedanke gekommen ist, dass der Prota depressiv sein könnte und die Welt eben so negativ wahrnimmt. 

 

 

Marianne liebst du es auch so, wenn Laien dir deinen Beruf erklären? Und dabei nichtmal die verwendeten Fachbegriffe richtig schreiben? Für mich ist das immer ganz großes Kino. (Das ist sarkastisch gemeint. Damit bringst du mich zuverlässig dazu, aus einer Diskussion auszusteigen. Wenn ich dann noch im selben Satz misgendert werde, steigt meine Lust auf Austausch ins Unermessliche.)

 

 

 

Seine Tochter ist keine künstliche Existenz, sondern ein Mensch, der mehrere Väter hat.

 

Es handelt sich hier um einen Science Fiction Text. Beides muss nicht notwendigerweise ein Widerspruch sein.

 

Meines Erachtens funktioniert ein Austausch über einen Text nicht, wenn er sich anfühlt wie ein Streit darum "wer Recht hat". Es müssen doch verschiedene Lesarten als legitim und valide stehenbleiben können, sonst können wir nicht auf Augenhöhe diskutieren. Und irgendwie finde ich die Erwartung, dass ich nach einer derart ausführlichen Rezension auch noch weiter erkläre, was ich meine, etwas überzogen.


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#182 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 20 Oktober 2022 - 16:30

Zu tiptree:

Ich habe heute zum zweiten Mal Houston,Houston gelesen, und es ist erstaunlich, wie viel mir beim ersten Mal entgangen war.
Tiptree war ihrer Zeit sowas von voraus! Was für eine großartige, harte Story.
Ich bin mega begeistert.
Und es passt zum Thema, denn tiptree stellt drei sehr unterschiedliche, sehr gefährliche Männer dar, gar nicht Mal so super subtil, und stellt sie in einen total anderen Zusammenhang.
Totale Kritik am Machismo und am Sexismus. Sehr gelungen.

Sehr geil.

Die Leserin in mir ist hochbegeistert, die Autorin unendlich neidisch.
Solche Texte wünsche ich mir in der Nova. Aber MKI würde vermutlich auch vor Freude ausflippen, wenn er etwas von dieser Qualität bekommen würde

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#183 fancy

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Geschrieben 20 Oktober 2022 - 16:43

Jol, ich finde Popsongs und ihre banalen Texte echt nicht schlimm. Ich weiß, dass diese Begriffe im übertragenen Sinn zu verstehen sind und ich sehe keine Veranlassung das zu ändern. 

Es wird ja sowohl von Männern als auch von Frauen verwendet. Insofern dürfen die sich für mich mit Haut und Haaren gegenseitig gehören. 

 

Ich verstehe, dass dir langsam die Lust vergeht, aber nachdem du selbst gesagt hast, dass du in deiner Rezi genug Beispiele gebracht hast, an denen du deine Meinung aufmachst, habe ich mich auf die Suche gemacht. Ich habe versucht, deine Punkte zu verstehen, konnte die Argumentation aber nicht nachvollziehen. Von daher: Wir lesen die Story unterschiedlich und meine Meinung ist so berechtigt wie deine. Die ultimative Wahrheit kennt nur der Autor selbst, insofern können wir beide nur spekulieren.

Zur Eugenik: Da haben sich unsere Postings bestimmt überschnitten, denn dazu habe ich einen Nachtrag hinterlassen. 

Weil du dem Thema der geschönten Welt und Leute keinen großen Raum in der Rezi einräumst, kam mir der Verdacht, dass du das überlesen haben könntest. 

 

Wie gesagt Jol, ich weiß, dass wir alle Texte, wie Filme, Bilder und Musik unterschiedlich wahrnehmen und das finde ich auch gut so, aber ich finde, du hast in deiner Rezi ein paar Mal zu oft so getan, als erklärtest du deinem Leser, was in der Story steht und nicht das, was du darin gelesen hast und dann muss es gestattet sein, diese Punkte zu hinterfragen und ggf. zu korrigieren. 

 

Sorry für das verloren gegangene s. Das war keine Absicht. Und das -in ist mir unbedachterweise herausgerutscht, ohne, dass ich groß darüber nachgedacht hätte. Sorry. Ich bemühe mich um Besserung. 


Bearbeitet von fancy, 20 Oktober 2022 - 16:44.

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#184 Peter-in-Space

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Geschrieben 20 Oktober 2022 - 17:07

Jol und Avatare ... da ist noch viel Entwciklungspotenzial.

 

Bei den Avataren natürlich. :happy:


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#185 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 20 Oktober 2022 - 20:20

Die Entschuldigung ist angenommen.

 

Allerdings finde ich die Unterstellung, ich hätte so getan, als sei meine Lesart die Wahrheit, immer noch unangenehm. Ich weiß, du hast sie hier schon x mal gemacht, aber es tritt kein Gewöhnungseffekt ein. Woran es liegt, dass du meine Punkte nicht nachvollziehen kannst, weiß ich nicht. Aber dass das nur an mir liegt oder daran, dass die Punkte falsch sind ... daran glaube ich auch nicht.  :aliensmile:

 

Was toxische Beziehungsmuster in der Popkultur angeht: Darüber muss ich echt mal einen Essay schreiben. Das sprengt hier den Rahmen. Für ungefährlich halte ich sie ganz und gar nicht.

 

 

 

 Die ultimative Wahrheit kennt nur der Autor selbst, insofern können wir beide nur spekulieren.

 

 

Dem möchte ich vehement widersprechen. Er kennt seine bewusste Intention, aber wir schreiben ja beide. Und ich nehme mal an, dass nicht nur ich die Erfahrung gemacht habe, dass im Text viel mehr landet (und manchmal auch viel weniger) als das Intendierte.

Aiki hat mir vor ein paar Tagen geschrieben, dass, wenn der Text veröffentlicht ist, er nicht mehr uns Autor*innen gehört. Und ich finde, they hat recht: Wir haben nicht mehr die Deutungshoheit darüber. Und das ist doch auch gut so. Wenn auch mitunter schmerzlich.


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#186 Uwe Post

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 07:38

Dem letzten Punkt stimme ich genauso vehement zu: Wenn ich einen Text veröffentlicht habe, und er von LeserX anders verstanden wird, als von mir gewünscht, habe ich mich vielleicht unklar ausgedrückt, darf aber keinesfalls eine Basta-Haltung einnehmen und den Leseeindruck als falsch bezeichnen. Ich muss damit leben, dass der Text so verstanden wird, wie er verstanden wird. So wie ich das Recht habe, zu schreiben wie ich will, hat jeder LeserX das Recht, so zu lesen oder ersie will.


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#187 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 09:45

Zustimmung auch von mir. Es ist zwar ärgerlich, wenn Leute Dinge lesen, die ich so nicht bemerkt oder gemeint habe, aber es gehört dann eben zur Rezeption. So what?
Ich selbst entdecke Monate oder Jahre später ja auch noch einiges andere in eigenen Texten, was sie oft wahlweise besser oder schlechter macht. Dann werde ich selbst auch zur Leserin.

Intention des Autorx interessiert mich sowieso nicht so dolle. Besser finde ich, wie Lem sich ausgedrückt haben soll "Meines Wissens geht es in dem Roman nicht um xxx ...". Plus, humorvoller.

Autor:innen haben eine Meinung zu ihren Texten, ich habe vielleicht eine andere.

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#188 fancy

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 13:12

Die Entschuldigung ist angenommen.

 

Wunderbar. War echt keine Absicht, nur dumme Gewohnheit. 

 

Allerdings finde ich die Unterstellung, ich hätte so getan, als sei meine Lesart die Wahrheit, immer noch unangenehm. Ich weiß, du hast sie hier schon x mal gemacht, aber es tritt kein Gewöhnungseffekt ein. Woran es liegt, dass du meine Punkte nicht nachvollziehen kannst, weiß ich nicht. Aber dass das nur an mir liegt oder daran, dass die Punkte falsch sind ... daran glaube ich auch nicht.  :aliensmile:

 

Jol, ich könnte jetzt deine ganze Rezi auf Behauptungen, Interpretationen, vermeintliche Inhalte usw. abklopfen, aber das fände ich jetzt kleinlich und rechthaberisch. Ich denke, die Leser werden erkennen, was Interpretationen sind und was Behauptungen, über deren Inhalt mal geteilter Meinung sein kann. Ich gehe zu deinen Gunsten davon aus, dass diese Sachen aus Versehen so formuliert wurden. 

 

 

Was toxische Beziehungsmuster in der Popkultur angeht: Darüber muss ich echt mal einen Essay schreiben. Das sprengt hier den Rahmen. Für ungefährlich halte ich sie ganz und gar nicht.

 

Auch da kann man geteilter Meinung sein. Mir wäre es zu anstrengend, jedes gesprochene, gesungene oder geschriebene Wort auf solche "Gefährlichkeiten" hin abzuklopfen. 

 

Die ultimative Wahrheit kennt nur der Autor selbst, insofern können wir beide nur spekulieren.

 

 

 

Dem möchte ich vehement widersprechen. Er kennt seine bewusste Intention, aber wir schreiben ja beide. Und ich nehme mal an, dass nicht nur ich die Erfahrung gemacht habe, dass im Text viel mehr landet (und manchmal auch viel weniger) als das Intendierte.

Aiki hat mir vor ein paar Tagen geschrieben, dass, wenn der Text veröffentlicht ist, er nicht mehr uns Autor*innen gehört. Und ich finde, they hat recht: Wir haben nicht mehr die Deutungshoheit darüber. Und das ist doch auch gut so. Wenn auch mitunter schmerzlich.

 

Mit der ultimativen Wahrheit meine ich das, was der Autor sagen wollte. Und das weiß nur er. Das ist einfach eine Tatsache über die ich nicht diskutieren mag. Die Leser können nur darüber spekulieren. 

Insofern habe ich nicht gesagt, dass das, was der Autor sagen wollte, auch beim Leser ankommt und möchte mir das auch nicht unterstellen lassen. 


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#189 fancy

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 13:19

Dem letzten Punkt stimme ich genauso vehement zu: Wenn ich einen Text veröffentlicht habe, und er von LeserX anders verstanden wird, als von mir gewünscht, habe ich mich vielleicht unklar ausgedrückt, darf aber keinesfalls eine Basta-Haltung einnehmen und den Leseeindruck als falsch bezeichnen. Ich muss damit leben, dass der Text so verstanden wird, wie er verstanden wird. So wie ich das Recht habe, zu schreiben wie ich will, hat jeder LeserX das Recht, so zu lesen oder ersie will.

??? Uwe, wo habe ich, die ich ja nicht mal die Autorin des fraglichen Textes bin, eine Basta Haltung eingenommen? 

Ich sehe die Kritikpunkte, die Jol sieht, nicht, ich interpretieren den Text anders. Warum sollte ich nicht genau das gleiche Recht für mich in Anspruch nehmen dürfen, auf das Jol pocht? Ich habe Jol ihre Meinung gar nicht abgesprochen, sondern lediglich gesagt, ich kann ihrer Argumentation nicht folgen. 

Und dazu kann mich ja nun mal auch keiner verdammen, oder? 

 

Das ist vielleicht auch eine Generationenfrage, wie ich als Frau den Text, der vermeintlich sexistisch ist, empfinde. Ich habe es als junge Frau auch nicht gemocht, wenn mir hinterher gepfiffen wurde, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, daraus eine Straftat zu machen. Verstehst du, was ich meine? 


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#190 fancy

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 13:24

Zustimmung auch von mir. Es ist zwar ärgerlich, wenn Leute Dinge lesen, die ich so nicht bemerkt oder gemeint habe, aber es gehört dann eben zur Rezeption. So what?
Ich selbst entdecke Monate oder Jahre später ja auch noch einiges andere in eigenen Texten, was sie oft wahlweise besser oder schlechter macht. Dann werde ich selbst auch zur Leserin.

Intention des Autorx interessiert mich sowieso nicht so dolle. Besser finde ich, wie Lem sich ausgedrückt haben soll "Meines Wissens geht es in dem Roman nicht um xxx ...". Plus, humorvoller.

Autor:innen haben eine Meinung zu ihren Texten, ich habe vielleicht eine andere.

 

Auch an dich Yvonne, die Frage, wo habe ich gesagt, dass der Text vom Leser nicht anders verstanden werden darf, als der Autor ihn gemeint hat? 

Hm, dann unterscheiden sich unsere Lesarten sehr. Wir hatten in Zwielicht mal einen Autoren, der hat rechte Klischees so überzogen, dass sowohl Herausgeber als auch ich als Lektorin davon ausgingen, dass würde so verstanden, wie es gemeint war. Als Kritik an Mitläufern, die ggf. sogar zu Tätern werden. Ein kleiner Teil der Leser hat das nicht verstanden. Da muss ggf. doch mal erklärt werden, was der Autor sagen wollte. 

Ich hatte mal eine Kritik, die lautete: Hab ich nicht verstanden, kann also nicht gut sein. 

Ich denke schon, dass die Intension nicht ganz außen runter fallen sollte. 


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#191 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 13:30

Ich hatte eigentlich nur Aikis Aussage zugestimmt, unabhängig davon, was du davor gesagt hattest

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#192 fancy

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 13:41

Okay, das ging für mich nicht aus deinem Post hervor. 


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#193 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 21 Oktober 2022 - 13:46

Jay stimmt, das war zu unklar, sorry. Dein Posting war zu dem Zeitpunkt schon so lange her

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#194 ChristophGrimm

ChristophGrimm

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Geschrieben 23 Oktober 2022 - 12:24

Leseeindrücke: „Briefe an eine imaginäre Frau“ (Michael K. Iwoleit)

Mittlerweile habe ich die Novelle gelesen und versucht, meine Gedanken zu sortieren. Es bedarf mehr als einiger Sätze dafür - was diese Geschichte durchaus als Pluspunkt für sich verbuchen darf. Vorweg: Das, was Geschichten von MKI für mich auszeichnen, trifft auch hier zu. Der Text lässt mich nicht kalt, ganz im Gegenteil.

Sprachlich: Die Geschichte enthält wenig szenisch erzählte Stellen, größtenteils dreht es sich um das Innenleben der Hauptfigur. Die Sätze sind oft lang, verschlungen und komplex komponiert. Mir gefällt das. Es zwingt mich dazu, das Lesetempo zu drosseln, das „Querlesen“ sein zu lassen und mich intensiver dem Text hinzugeben. Fair dazugesagt: ich bin als Leser mit MKIs Handschrift vertraut.

Verlauf:
Abseits der Eröffnung und einiger Gedankengänge - für mich das Merkmal einer rückblickend gestalteten Erzählung - verläuft die Handlung chronologisch. Die Novelle profitiert weniger durch die Handlung selbst - die einige faszinierende und vorstellbare Ideen für die Entwicklung sozialer Medien präsentiert - sondern durch die Nähe zur Hauptfigur.
Ein kleiner Wermutstropfen ist für mich der geringe Raum, dem Cara und den „Poolmenschen“ eingeräumt wird. Das ist ein faszinierender Einfall von dem ich gerne mehr gelesen hätte. Ich verstehe aber, dass es der Fokus der Geschichte schwer macht.

Die Hauptfigur:
Im Wesentlichen stimme ich Marianne zu, dass es sich hier um einen tragischen Charakter handelt. Es ist eine Person, die sich selbst vom Rest der Welt distanziert und isoliert. Ein Getriebener, zeitweise mit einer Vision, aber einer inneren Leere. Diese Leere führt zu Sehnsüchten, die - so verstehe ich ihn - er letztendlich auf die Vorstellung einer erfüllten Liebe zu jener Frau, die er nur einmal traf, projiziert.
Objektiv betrachtet, ist das absurd, geschieht in der „realen Welt“ aber immer wieder. Diese fixe Vorstellung beraubt ihn der Möglichkeiten, die er gehabt hätte - auf Glück und Veränderung. Das ist für mich das Tragische an dem Ganzen.
Müsste ich alleine die Ansichten und Verhaltensweisen werten, wäre mir diese Figur zuwider. Wie ich jedoch in einem früheren Posting anmerkte, scheint der Autor gar nicht die Intention zu verfolgen, dass ich diesen Charakter mögen bzw. Absolution erteilen soll.
Eine Szene, in der mir die Hauptfigur besonders unsympathisch ist, ist das letzte wirkliche Treffen mit Karen. Wie zuvor im Text angedeutet, hat er durchaus bemerkt, dass seine Kollegin gerne mehr von ihm gehabt hätte. Ein Mensch, dem Empathie etwas bedeutet, hätte Karen in diesem Moment anders behandelt - aber er wollte sie von sich stoßen. Endgültig.

Zusammenfassend: Ich kann durchaus nachvollziehen, dass diese Geschichte eine von diesen ist, der entweder etwas abgewonnen werden kann, oder nicht , aber ich bin sehr angetan. Die Geschichte weist einige Längen auf, wird dafür eindringlich und auf höchstem sprachlichen Niveau erzählt. Mir imponiert, wie MKI es gar nicht darauf anlegt, seine Leserschaft zu schonen oder mit seiner Hauptfigur versöhnen zu wollen. Doch Gleichzeitig lässt das Schicksal dieses tragischen Charakters nicht kalt. Gleichfalls zeichnet der Autor schmerzhaft eine nur allzu vorstellbare Zukunftsvision. All das in Kombination unterstreicht die Ausnahmestellung, die MKI einnimmt - und ich es jedes Mal bedauere, dass es nur ein überschaubares Auditorium findet. (Sorry fürs Schwärmen, aber ich bezeichnete mich bereits als MKI Fanboy. Er trifft mit seinen Geschichten einen Nerv bei mir).

-

Wir haben in Jols Rezension und in diesem Thread viel über Sexismus diskutiert. Diese Geschichte bzw. die Hauptfigur darin agiert fraglos sexistisch.
Für mich gesprochen: Anders hätte diese Figur nicht funktioniert. Diese Selbstisolation, die Fixierung auf eine Vorstellung, das ganze Gebaren - es muss zwangsläufig mit mangelnder Empathie und Geringschätzung einhergehen. (Und nein, ich maße mir kein psychologisches Urteil an - es deckt sich nur mit Beobachtungen, die ich über die Jahre in meinem privaten und beruflichen Umfeld gemacht habe).

Bearbeitet von ChristophGrimm, 23 Oktober 2022 - 16:16.

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„Alien Contagium: Erstkontakt-Geschichten“: https://eridanusverlag.de | "En passant - Die Reisen des Sherlock Holmes": https://burgenweltverlag.de<p>Kostenloses SF/Fantasy-Literatur-Webzine: https://weltenportalmagazin.de
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#195 ChristophGrimm

ChristophGrimm

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Geschrieben 23 Oktober 2022 - 23:44

Leseeindrücke: C. M. Dyrnberg „Fast forward“

Direkt nach dem Lesen war ich geneigt, Jols Urteil in Bezug auf den Ausgang zu teilen. Nach einigem Sinnieren / Analysieren komme ich jedoch zum gegenteiligen Urteil: Das ist genial. Und weil das paradox klingt, natürlich die Erklärung. Der Autor hat mich mit dem Setting für sein Thema so sehr auf eine falsche Fährte geführt, dass etwas passiert ist, was mir - (selbst Autor, der konstant über Struktur, Pointen, Wendungen usw. nachdenkt) - mittlerweile doch eher selten passiert: ich wurde vollkommen überrascht und verwirrt zurückgelassen.
Nehme ich jedoch das Ende des Ganzen als Ausgang und arbeite mich rückwärts durch, kann ich nur anerkennend nicken, wie gut alles zusammenpasst, wie all die Charaktere der Aufpasser - mit ihren jeweiligen Funktionen - platziert sind, und wie subtil auf den „Knall“ hingearbeitet wurde.
Rein handwerklich habe ich gar nichts zu beanstanden: Knackig erzählt, stilistisch gefällig, sprachlich prägnant.

Thema Sexismus:
Ich gestehe, bei der Szene mit der Aufweckerin - an dieser Stelle Service-Phrase für Yvonne - habe ich mit den Augen gerollt. Das erschien mir wie die typische Klischeeszene aus jedem schlechten und weniger schlechten 80er-Film: Die heiße, willige Femme Fatale, die sich mit all ihrem Charme an den niedergeschlagenen Typ ranschmeißt - und sogar noch Sprit mitbringt - und ihn ordentlich durchnimmt, damit der arme Tropf bessere Laune bekommt. Heiße, willige Frauen haben ja sonst nichts zu tun. *ironyoff*.
Wie auch die anderen Abschnitte in dieser Geschichte erscheint auch diese Szene zum Schluss in neuem Licht. Ich lese es so, dass der Autor hier mit Klischees spielt (… eben weil wir diese Art Szene aus jedem schlechten und weniger schlechten 80er-Film bestens kennen).

Mein Fazit: Eine sehr kreative, ungewöhnliche und handwerklich sehr ausgereifte Geschichte.

Bearbeitet von ChristophGrimm, 23 Oktober 2022 - 23:45.

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#196 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 05:33

Super, wir sind wieder nah bei den Texten. Ich gehe jetzt auch mal ganz nah ran. MKIs Novelle habe ich noch nicht ganz durch, aber um Fast Forward habe ich mich gestern im Zug gekümmert.

 

Alles klar, Jol spoilert in their Rezension, ich jetzt auch. Spoileralarm!

 

Jol schrieb zwei Dinge dazu, die ich mir kritisch von meiner Warte angeschaut habe bzw. die ich diskutieren möchte, anbei drei Zitate aus Jols Rezension:

 

 

 

Der Prota wird immer wieder von Helfenden geweckt. Irgendwann wird er von einer Frau geweckt – und hier verliert mich die Geschichte. Achtung, ich werde spoilern: Diese Frau nötigt ihm Sex auf, ohne dass klar ist, ob er das will und warum sie es anbietet. 

 

 


Ein guter Plottwist ist für mich vorbereitet, nicht etwas, das überraschend dann doch ganz anders ist, ohne dass es dafür vorher irgendeinen Anhaltspunkt gibt. 

 


Hinzu kommt, dass das Vorwort die Kurzgeschichte als raumfahrtkritisch einstuft und Lesende so auf die falsche Fährte lockt, denn es geht ja nicht um Raumfahrt, sondern nur um deren Simulation. Einen raumfahrtkritischen Ansatz kann ich daher nicht finden.

 

Okay, erst zu der Frau, die Sex möchte:

Es gibt hier zwei Möglichkeiten - 

1: Sie wollte tatsächlich Sex mit ihm. Erstens ist das unwahrscheinlich, zweitens greift dann das, was Chris geschrieben hat: Hilfe, Klischee, eine schöne Fremde stürzt sich auf die verzweifelte Hauptfigur! Beim ersten Lesen dachte ich ja noch, die ist auch schon hunderte von Jahren im Kryoschlaf, auf den Weg in ein neues Leben, eine Situation, in der möglicherweise der Körper plötzlich echt dringend Sex will. Was weiß ich schon! Allerdings gibt es ja Oralverkehr und das bringt ihr ja nicht wirklich was, ist also auch unlogisch.

Da sie aber in einer komplett anderen Situation ist, als beim ersten Lesen angenommen, ergibt nur Möglichkeit 2 einen Sinn:

2: Es ist ihr Job. Es gehört zum Fast-Forward-Programm. Dann wäre sie in der Tat in gewisser Weise eine Hure, er hätte sie bezahlt (nur erinnert er sich gerade nicht daran). Das ist jetzt nicht soooo fürchterlich, aber doch ein wenig ärgerlich, ja, wobei ich gerade in zwei anderen Anthologien Huren-Szenen gelesen habe, über die ich mich tatsächlich sehr geärgert habe. Hier muss ich erst überlegen, ob mich das tatsächlich ärgert. Ich habe nichts dagegen, wenn es Menschen gibt, die diesen Beruf ergreifen, es wird halt leider drumherum viel getan, was mir gar nicht gefällt, aber ich will jetzt beim Thema bleiben. 

Die Szene zu lesen hat mich jedenfalls nicht geärgert. Aber:

Wäre die Geschichte stärker gewesen ohne die Sexszene?

Ha, das ist die Frage, oder?

Das kann nämlich sein. Wenn sie nur leicht geflirtet hätte und in seinem Kopf die Möglichkeit (andere Frau / was wäre wenn etc.) losgefahren wäre, vielleicht wäre das tatsächlich stärker gewesen. Ich bezweifle aber, dass ich da als testlesende Person von alleine drauf gekommen wäre. Da hätte ich dann gemeinsam mit Jol testlesen müssen. 

 

Zu den anderen beiden Zitaten, von wegen, der Twist sei nicht vorbereitet und die falsche Fährte im Vorwort.

 

Ähm. Nein! Im Gegenteil, ich ziehe den Schluss, die Vorworte demnächst NACH der Kurzgeschichte als Nachworte zu lesen, weil das Vorwort mich hier auf eine viel zu gute Fährte führt. Die erwähnte Geschichte von Ballard habe ich dann nämlich gestern im Zug auch gelesen (dank Kindle habe ich ja immer viel dabei und eine Sammlung von ihm liegt halb gelesen auf dem SuB) und bei Ballard ist es auch nur eine Simulation, wenn auch aus total anderen Gründen. Das Kritische daran ist bei Ballard (vermutlich nur unter anderem, ich spreche nun waghalsigerweise nach nur einem Lesen), was es mit Menschen macht, dass sie so lange abgeschieden von allem "da draußen" sind. 

Das passt wieder sehr gut zu Fast Forward, denn da machen sie es absichtlich als Programm gegen Liebeskummer. 

Inwiefern das kritisch ist? 

Ist nicht sogar DAS die B-Story? A-Story wäre dann: Mann befindet sich in Simulator, denkt, es vergehen Jahrhunderte und so vergeht vermeintlich Zeit, der seinen Kummer heilt. Lesespaß wird erhöht, da er denkt, er sei unterwegs zu einem neuen Planeten und wir Lesende denken das auch und haben so einen tollen Twist am Ende.

B-Story: Wie gefällt uns diese Behandlung? Wie gefällt der Figur diese Behandlung, nun, wo er sie durchlebt hat? Ist das wirklich gesund, ist das wirklich eine "gültige" Art, damit umzugehen? Wie finden wir das rein moralisch?

David Lynch soll gesagt haben, ein guter Film lässt ein paar Fragen unbeantwortet. Ich zitiere Robert Corvus aus seiner Lesung vom Samstag beim BuCon. Das hier passt super. Der Plot ist abgeschlossen, aber urteilen müssen wir selber.

Ich kann euch gar nicht sagen, wie gern ich es habe, wenn ich selbst urteilen darf und nicht vom Autor / Autor:in alles vorgekaut kriege! Das ist leider auch heute oft noch so, wenn auch nicht mehr so Erich-Kästner-Zaunpfahl-mäßig.

 

Und ja: Der Twist ist vorbereitet. Meine Thalia-Cloud hasst mich leider gerade und ich sehe meine Markierungen nicht, sonst könnte ich die Zitate rausschreiben. Ich hole das nach, falls es später funktioniert. Die Hauptfigur entdeckt sogar Hinweise darauf. Beim neuerlichen Lesen merkt man dann, dass seine Erlebnisse nicht zu seiner Situation passen. So wie man beim zweiten Schauen von Sixth Sense merkt, dass niemand außer dem Jungen mit Bruce Willis spricht.

Sein Raum hat ein Fenster und er fragt sich noch, wie das sein kann, es können ja nicht alle ein Raum mit Fenster haben. 

Er denkt auch bezeichnend selten an sein neues Leben auf dem Planeten. Plus, er denkt auch an sonst kaum etwas, was mich interessieren würde, wenn ich wüsste, ich wäre schon ein paar hundert Jahre nach vorn gereist. Er denkt nur an seine verflossene Liebe. Es geht in der Geschichte wirklich nur um diese eine Sache.

Klar, wir glauben, er war im Kryoschlaf, eben weil er das glaubt und wir nur wissen, was er weiß. Aber ich fühle mich da nicht veräppelt.

 

Bis auf meine Überlegungen dazu, was mit der Sexszene ist, habe ich hier also eine andere Meinung. Ich genieße eure Rezensionen, Jol und Chris, weil ich mich darauf gebracht habt, die Geschichte erneut zu lesen und es überrascht mich, dass ich dank euch eine Idee entwickelt habe, wie man die tatsächlich verbessern könnte (möglicherweise, ist zur Diskussion freigegeben). 

 

Nach wie vor eine der besten Storys in 2022 und hey, er benutzt nur zweimal Phrasen, beide absichtlich und nach Ansage und es gibt ein paar schöne Sätze. Sobald meine Cloud wieder geht, liefere ich die nach, habe ich gestern im Zug markiert.


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#197 ChristophGrimm

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 07:37

Der Vergleich mit Sixth Sense trifft es gut - Shyamalan hatte nur den Vorteil, seinem Publikum im Anschluss an die Enthüllung gleich zu zeigen, was übersehen wurde ;).

Und ich bin geneigt, dir bei der Überlegung der Sexworkerin zuzustimmen: Möglicherweise hätte eine Flirt-Szene hier die gleiche Funktion erfüllt.

In meinem KG-Jahr ist die Story nun auch hoch im Kurs.

Bearbeitet von ChristophGrimm, 24 Oktober 2022 - 07:38.

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#198 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 07:57

Es hat Spaß gemacht, das noch mal zu lesen und drauf zu achten, ob eure Kritik mir einleuchtet. :-)


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#199 J. A. Hagen

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 08:41

2: Es ist ihr Job. Es gehört zum Fast-Forward-Programm. Dann wäre sie in der Tat in gewisser Weise eine Hure, er hätte sie bezahlt (nur erinnert er sich gerade nicht daran).

 

Ich glaube, das ist alles Teil der Simulation, und somit ist die Frau nicht real. Ein Bekannter von mir ist vor Jahren unter sehr unschönen Umständen von seiner damaligen Freundin verlassen worden, was ihn sehr mitgenommen hat. Zum Glück für ihn hatte er in den kommenden Monaten Gelegenheitssex mit einigen Frauen sowie eine kurzlebige Sexbeziehung, was ihn wieder aufgebaut hat. Ich nehme an, dass ihm so klar geworden ist, dass es auch andere Frauen gibt, die ihn als begehrenswert betrachten, und das hat ihm geholfen, die Trennung zu verarbeiten. Er hat dann auch eine neue Partnerin gefunden.
Daher lese ich die entsprechende Szene mit der Erinnerung im Hinterkopf. Natürlich weiß ich nicht, was C. M. Dyrnbergs Anliegen war.


Bearbeitet von J. A. Hagen, 24 Oktober 2022 - 08:42.

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#200 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 09:21

Ah, gute Idee! Ich habe diese ganzen Aufwecker:innen für Mitarbeitende der Firma Fast Forward und somit für echt gehalten. Aber du hast recht, ich Schlafmütze, das könnte ALLES eine Simulation gewesen sein. 

 

Wie finde ich es dann? Weniger ärgerlich. Notwendig? Vielleicht schon. Wenn ich da an einen gewissen Dialog bei Harry und Sally denke, habe ich aber den Eindruck, dass zumindest Harry seinen Liebeskummer nicht gleich vergisst, nur weil er Sex mit einer anderen hatte. Aber darum geht es ja auch gar nicht, sondern um das simulierte Vergehen von Zeit. 


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#201 J. A. Hagen

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 09:28

Sicher vergeht Liebeskummer nicht gleich, und daher ist Sex nur Teil eines Prozesses. Ich denke, über das Ende einer reinen Sexbeziehung kommt man leichter hinweg, als über den Abbruch einer Beziehung, in der es auch Initmität gab.


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#202 ChristophGrimm

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 09:34

Ich glaube, das ist alles Teil der Simulation, und somit ist die Frau nicht real. Ein Bekannter von mir ist vor Jahren unter sehr unschönen Umständen von seiner damaligen Freundin verlassen worden, was ihn sehr mitgenommen hat. Zum Glück für ihn hatte er in den kommenden Monaten Gelegenheitssex mit einigen Frauen sowie eine kurzlebige Sexbeziehung, was ihn wieder aufgebaut hat. Ich nehme an, dass ihm so klar geworden ist, dass es auch andere Frauen gibt, die ihn als begehrenswert betrachten, und das hat ihm geholfen, die Trennung zu verarbeiten. Er hat dann auch eine neue Partnerin gefunden.
Daher lese ich die entsprechende Szene mit der Erinnerung im Hinterkopf. Natürlich weiß ich nicht, was C. M. Dyrnbergs Anliegen war.


Ich denke, gerade wenn eine Beziehung zerbricht, und man selbst der/die Verlassene ist, breitet sich ein Gefühl von Wertlosigkeit aus. Dann begehrt zu werden, sei es nur für ein (idealerweise klar definiertes und einvernehmliches) Erlebnis, kann wohltuend sein. Die Geschichte deines Freundes - oder war dass die berühmte „Frage für einen Freund“- Umschreibung? ;) - kann ich sowohl von meiner Biografie als auch (unisex!) vom Freund:innen/Bekanntenkreis bestätigen. (Früher … als wir alle noch jung und weniger selbstbewusst waren ^^).
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#203 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 09:43

@ChristophGrimm:
Nein, so ist das tatsächlich bei einem Bekannten von mir gelaufen. Ich hab’s ihm einerseit gegönnt, ihn andererseits aber auch ein bisschen beneidet. Bei mir dauert das Wundenlecken deutlich länger.


Bearbeitet von J. A. Hagen, 24 Oktober 2022 - 09:46.

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#204 Jol Rosenberg

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 13:32

Spannend, was ihr hier diskutiert. Zur MKI-Geschichte teile ich die Einschätzung, dass die Geschichte den Sexismus braucht. Sie integraler, zentraler Bestandteil davon. Die Frage ist, ob auch die Tochter so reduziert werden muss oder ob da nicht hätte ein Gegengewicht gesetzt werden können.

 

Zu Fast Forward: Spannend, was für andere Lesarten es da gibt. Und das leuchtet mir auch sofort ein. Die weckenden Personen könnten Teil der Simulation sein. Was ich mich frage: Wieso vergisst er denn, dass er das Ganze gebucht hat? Dass es nur eine Simulation ist? Das ist für mich nach wie vor der Knackpunkt an der Geschichte (die ich rein sprachlich und atmosphärisch einfach genial finde).


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#205 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 13:36

Ja, da geht er zum Glück nicht so tief rein, dann hätte er zu viel erklären müssen und hätte uns vielleicht verloren. Dass das offen bleibt, ist richtig so.

 

Ich habe einen Testleser, der würde mir das nie erlauben ;-)

Aber man hat ja immer selbst das letzte Wort. 


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#206 J. A. Hagen

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 13:48

Was ich mich frage: Wieso vergisst er denn, dass er das Ganze gebucht hat? Dass es nur eine Simulation ist? Das ist für mich nach wie vor der Knackpunkt an der Geschichte (die ich rein sprachlich und atmosphärisch einfach genial finde).

 

Ich denke, die Antwort ist: Weil die Geschichte sonst nicht funktionieren würde. Ich habe allerdings in der letzten Wochen einige blöde Träume gehabt, nach deren Ende ich mir klarmachen musste, dass diese Dinge nicht real waren. Im Traum war es jedoch sehr wirklich, und mir war nicht klar, dass ich träume.
Falls jemand in der Lage ist, eine Technik zu entwickeln, die solche Simulationen ermöglicht, wie in Fast Forward, dann sollten simulierte Erinnerungen auch kein Problem mehr sein. Zur Not ein paar Drogen …


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#207 Uwe Post

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 16:01

Die Frage ist, was eine solche Geschichte über die Menschen aussagt, die darin auftreten. Wie die fiktive Technik funktioniert, fände ich nicht so bedeutend.


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#208 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 16:27

Ich auch nicht. Aber für mich ist es nach wie vor so, dass ich wenigstens einen Hinweis darauf brauche, dass es da einen Grund gibt, aus dem er sich nicht mehr an das erinnert, für das er bezahlt hat. Ohne Grund funktioniert die Geschichte für mich nicht. Aber das ist natürlich kein Maßstab für irgendwas, nur eine persönliche Einschätzung.


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#209 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 16:50

 

Ich sehe die Kritikpunkte, die Jol sieht, nicht, ich interpretieren den Text anders. Warum sollte ich nicht genau das gleiche Recht für mich in Anspruch nehmen dürfen, auf das Jol pocht? Ich habe Jol ihre Meinung gar nicht abgesprochen, sondern lediglich gesagt, ich kann ihrer Argumentation nicht folgen. 

Und dazu kann mich ja nun mal auch keiner verdammen, oder? 

 

Darüber denke ich noch nach. Meine Erfahrung ist, dass das beim Sprechen über -ismen ganz oft so ist. Jemand benennt sie und jemand anders sagt: "sehe ich nicht". Du hast ja sogar geschrieben, dass du selbst in Fällen, wo du Sexismus siehst, meinst, den Männern sollte ihr Privileg nicht genommen werden:

 

 

 

Das ist vielleicht auch eine Generationenfrage, wie ich als Frau den Text, der vermeintlich sexistisch ist, empfinde. Ich habe es als junge Frau auch nicht gemocht, wenn mir hinterher gepfiffen wurde, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, daraus eine Straftat zu machen. Verstehst du, was ich meine? 

 

Sehr: Für dich war es so normal, dass sich Männer deiner in dieser Form bemächtigten, dass du gar nicht auf die Idee gekommen bist, etwas anderes fordern zu können. Denn es bist ja nicht du, die eine "Straftat daraus macht". Diese Formulierung ist eine ganz typische Täter-Opfer-Umkehr. Plötzlich ist nicht der pfeifende Mann der Übergriffige, sondern die Frau, die das nicht will, eine ... was denn? Jedenfalls jemand mit einer unangemessenen Position. Da noch einen Schritt weiter zu sein, heißt, unbequem zu sein. Guess why I know ...

 

Was ich mir vorstellen könnte: Ich könnte eine Liste mit Büchern und Webseiten zu den Themen Rassismus und Sexismus heraussuchen. Also Einstiegsliteratur. Da haben Leute sich hingesetzt und systematisch erklärt, worum es nicht nur mir geht. Das kann ich hier in dem Thread nicht leisten, aber ich denke, es ist enorm hilfreich, den Blick diesbezüglich zu schulen. Was mir sofort einfällt ist "Exit Racism" von Tupoka Ogette. Das habe ich sogar hier und könnte es verborgen. Es gibt sicher was Ähnliches zu intersektionalem Sexismus, ich müsste nur mal suchen.

Zu Popkultur und den Phänomenen dort (und warum es eben doch ein Problem ist, wenn nur bestimmten Geschlechterbilder und Beziehungsformen dort repräsentiert sind) gibt es einen super Youtube-Kanal, allerdings nur auf Englisch: Den PopCulture-Detective. Der arbeitet gut heraus, welche Narrative es gibt und was daran toxisch ist.

Natürlich geht es nicht darum, alles andere zu verbieten (und ich bin immer wieder erstaunt darüber, dass ich die Idee auch nach x Seiten Thread immer noch dementieren muss), aber es geht darum, sensibel zu sein. Gerade als Herausgeber*in oder Redaktionsmitglied, aber auch als Lektor*in hat man da ja doch recht viel Einfluss und kann auf problematische Repräsentationen hinweisen. Und eben andere fördern. Ich glaube, dass der Literatur das gut tut.

 

Und dann können wir mit dem neuen Wissen nochmal auf die Texte schauen. Wobei ich ja in meiner Rezension nicht nur einzelne Texte, sondern auch deren Zusammenstellung kritisiert habe. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt darauf, die einzelnen Texte hier nochmal durchzugehen.


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#210 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 16:55

Exit racism war mein augenöffner

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