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NOVA 31


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271 Antworten in diesem Thema

#211 fancy

fancy

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Geschrieben 24 Oktober 2022 - 17:21

Darüber denke ich noch nach. Meine Erfahrung ist, dass das beim Sprechen über -ismen ganz oft so ist. Jemand benennt sie und jemand anders sagt: "sehe ich nicht". Du hast ja sogar geschrieben, dass du selbst in Fällen, wo du Sexismus siehst, meinst, den Männern sollte ihr Privileg nicht genommen werden:

 

Zeigst du mir bitte die Stelle, wo ich das gesagt habe? Daran erinnere ich mich nicht. 

 

 

Sehr: Für dich war es so normal, dass sich Männer deiner in dieser Form bemächtigten, dass du gar nicht auf die Idee gekommen bist, etwas anderes fordern zu können. Denn es bist ja nicht du, die eine "Straftat daraus macht". Diese Formulierung ist eine ganz typische Täter-Opfer-Umkehr. Plötzlich ist nicht der pfeifende Mann der Übergriffige, sondern die Frau, die das nicht will, eine ... was denn? Jedenfalls jemand mit einer unangemessenen Position. Da noch einen Schritt weiter zu sein, heißt, unbequem zu sein. Guess why I know ...

 

Ich sehe, dass heute bestimmte Sachverhalte anders beurteilt werden als das früher der Fall war. Ich bin zu einer anderen Zeit groß geworden und für mich ist ein Mann, der einer Frau hinterher pfeift, kein Täter und ich fühle mich nicht als Opfer. Weiß du, ich musste letztens sogar grinsen, als mir jemand hinterher pfiff, der mein Enkel hätte sein können. Ich finde dieses Verhalten nicht besonders schön, aber ich finde es auch nicht schön, wenn Männer in der Gegen herum rotzen. Für mich hat es nicht die Wertigkeit, wie für dich. Ich will nicht abstreiten, dass die Kritik, die du daran übst, nicht dazu führen kann, dass dieses Verhalten seltener wird. Insofern kann ich es auch nicht verurteilen, aber ich werde es für mich nicht überbewerten. 

 

Was ich mir vorstellen könnte: Ich könnte eine Liste mit Büchern und Webseiten zu den Themen Rassismus und Sexismus heraussuchen. Also Einstiegsliteratur. Da haben Leute sich hingesetzt und systematisch erklärt, worum es nicht nur mir geht. Das kann ich hier in dem Thread nicht leisten, aber ich denke, es ist enorm hilfreich, den Blick diesbezüglich zu schulen. Was mir sofort einfällt ist "Exit Racism" von Tupoka Ogette. Das habe ich sogar hier und könnte es verborgen. Es gibt sicher was Ähnliches zu intersektionalem Sexismus, ich müsste nur mal suchen.

Zu Popkultur und den Phänomenen dort (und warum es eben doch ein Problem ist, wenn nur bestimmten Geschlechterbilder und Beziehungsformen dort repräsentiert sind) gibt es einen super Youtube-Kanal, allerdings nur auf Englisch: Den PopCulture-Detective. Der arbeitet gut heraus, welche Narrative es gibt und was daran toxisch ist.

 

Jol, mach du dein Ding. ich mache meins. Ich werde mich nicht hinsetzen und Popsongs zersetzen, bis ich das "Toxische" sehe. Ich finde auch die Wortwahl übertrieben. Toxisch ist giftig. Ich hätte keinen Spaß mehr daran, wenn ich sie alle aufdröseln würde und für mich ist das auch nicht nötig. Ich weiß, dass es in vielen Rock- und Popsongs ein steinaltes Frauenbild gibt, aber was solls? Ich mag die Songs trotzdem. 

 

Natürlich geht es nicht darum, alles andere zu verbieten (und ich bin immer wieder erstaunt darüber, dass ich die Idee auch nach x Seiten Thread immer noch dementieren muss), aber es geht darum, sensibel zu sein. Gerade als Herausgeber*in oder Redaktionsmitglied, aber auch als Lektor*in hat man da ja doch recht viel Einfluss und kann auf problematische Repräsentationen hinweisen. Und eben andere fördern. Ich glaube, dass der Literatur das gut tut.

 

Sensibilisierung ist gut. Dagegen spricht meiner Meinung nach gar nichts. Wenn das geschickt gemacht wird, wenn man also freundschaftlich auf eventuelle Versäumnisse hinweist, denke ich schon, dass sich langfristig etwas verändern wird. Wenn aber angeklagt und der böse Autor verteufelt wird, wird wahrscheinlich weniger erreicht. 

Ich komme aus dem Vertrieb und wir haben gelernt zu sagen: Oh, da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt. statt Das haben Sie nicht verstanden. 

Lass uns im Gespräch bleiben, tauschen wir uns weiter aus und lass uns bitte versuchen diesen Ton beizubehalten, in dem wir uns gegenseitig wertschätzen und versuchen, die Argumente des anderen nachzuvollziehen. Wir müssen ja nicht immer einer Meinung sein. 

Als Lektorin kannst du Vorschläge machen, aber das letzte Wort hat immer der Autor. 

 

Und dann können wir mit dem neuen Wissen nochmal auf die Texte schauen. Wobei ich ja in meiner Rezension nicht nur einzelne Texte, sondern auch deren Zusammenstellung kritisiert habe. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt darauf, die einzelnen Texte hier nochmal durchzugehen.

 

Ich auch. Wir beide haben ja gesehen, dass es nicht nur schwarz und weiß, sondern ganz viel grau gibt und jeder Texte wieder anders liest. 


Bearbeitet von fancy, 24 Oktober 2022 - 17:22.

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#212 ChristophGrimm

ChristophGrimm

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 07:17

Nach den Stories von C. M. Dyrnberg und MKI - die ich aufgrund von Yvonnes Empfehlung (und Jols Missfallen ;)) zuerst lesen wollte, arbeite ich mich nun chronologisch durch die Ausgabe ...

... und möchte mich zu Maike Brauns "Die Retardierten" aber erst nach einem zweiten, aufmerksamen Lesen äußern. Soviel vorweg: Hat mir imponiert.

 

J. A. Hagen "Am Scheideweg"

 

Hier gehen meine objektive Einschätzung und das subjektive Gefallen auseinander.

 

Objektiv: Handwerklich habe ich nichts zu kritisieren. Die Geschichte ist gut aufgebaut, verläuft ohne Längen und geradlinig, ist sprachlich / stilistisch gefällig. (An dieser Stelle daher sowohl ein Lob an den Autor als auch das NOVA-Team. So wenig "über Sätze gestolpert" wie in NOVA 31 bin ich schon lange nicht mehr) 

 

Subjektiv: Es ist eine jener Geschichten, die mir "zu vertraut" war, um mich zu begeistern. Ich fühlte mich stark an ähnlich gelagerte Geschichten erinnert, die mir vor Jahren präsentiert wurden. Namentlich: Das TNG/VOY-"Star Trek", "Lost in Space" (Filmadaption 1998), "Babylon 5". Der ganze Plot war mir zu vorhersehbar (Ähnlichkeit Randall), enthielt mir zudem einige "Das wissen nur wir"-Momente zu viel.

 

-

 

Nachdem ich nun  vier Geschichten gelesen habe, in denen in dreien recht verzichtbar Sex vorkam, kann ich besser nachvollziehen, wie Jol zu ihrem Gesamteindruck gelangt ist. Ich sehe bislang keine Misogynie, aber schon den männlichen Blickwinkel. 

David: "Was aber war, falls nach Monaten, einem Jahr oder drei die gleichen Ermüdungserscheinungen auftraten (...) Entweder brannte das Feuer in vier Monaten noch, oder die Sache würde sich von selbst erledigen."

Ayasha hingegen: "Sie gab David, was er von einer Frau wollte und wozu seine Ehefrau offensichtlich nicht imstande war. Der Gedanke ließ ihre Haut prickeln."

Puh ... diese Charakterzeichnung, in Ermangelung eines besseren Wortes, scheint mir sehr altbacken. Die Affäre ist einvernehmlich, die Fronten sind geklärt, aber Ayasha in einer erstaunlich devoten Haltung gezeichnet. Fair dazugesagt: Geschlechtlich umgedreht wäre es auch nicht besser. 

So als Überlegung: Für mich hätte sich das Ganze reizvoller gelesen, wären beide "am Scheideweg" - oder wenn Ayasha ähnliche Gedankengänge über die Affäre gehabt hätte (Wo führt das hin? Hat das Zukunft? Was mache ich eigentlich hier? etc.).


Bearbeitet von ChristophGrimm, 25 Oktober 2022 - 07:20.

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#213 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 07:39

Maike Braun hatte ich damals auch zweimal gelesen und ein drittes Mal würde bei der Story auch wirklich nicht schaden.

 

Bei am Scheideweg wusste ich auch zu viel zu früh, aber ich fand das Vorwort auch etwas zu spoilerisch.

 

Deine Gedanken zu verzichtbarem Sex gefallen mir gut. Vielleicht sollte man das (speziell bei Kurzgeschichten) auch gern mal erweitern, welche Szenen müssen sein, welche nicht, verzichtbarer Sex, verzichtbare Kampfszenen ... zumal die wenigsten von uns gut über Sex oder Kampf schreiben können.

Fairerweise muss ich sagen, zumindest in meiner Erinnerung (habe noch nicht ein zweites Mal gelesen) waren die Sexszenen bei MKI wichtig und auch gut, weil der Ich-Erzähler so gequält von einigen Dingen war. Ich schau unbedingt mal noch mal rein, bis Ende November ist hier nur leider irre viel zu tun. 


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#214 T. Lagemann

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 08:23

Hallo zusammen,

 

ich mache jetzt mal etwas Unanständiges, ich schreibe ein paar Worte zu einer Szene, die ich nicht gelesen habe. Okay, das tue ich natürlich nicht, denn ich werde vor allem über meine Sichtweise zum Unterschied zwischen Flirtszene und Oralsex schreiben.

 

Flirten setzt Aktivität voraus. Da ist nicht nur Körpersprache gefordert, da muss das Hirn auch mitmachen, denn man will den Flirt ja nicht verkacken. Und zuvor muss die Entscheidung gefällt werden, ob man überhaupt flirten will.

 

Bei Oralsex reicht es für den passiven Teil, wenn er "machen lässt", kurz gesagt: Er ist nicht aktiv. Es reicht, wenn der Körper reagiert. Hirn kann ausgeschaltet bleiben.

 

Im Kontext einer Szene, in der eine Figur gerade erwacht ist, macht es für mich entsprechend Sinn, wenn nicht geflirtet wird. Die Figur ist eben noch nicht mehr als ein simples Reiz-Reaktion-Wesen auf körperlicher Ebene.

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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#215 ChristophGrimm

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 08:26

Maike Braun hatte ich damals auch zweimal gelesen und ein drittes Mal würde bei der Story auch wirklich nicht schaden.

Bei am Scheideweg wusste ich auch zu viel zu früh, aber ich fand das Vorwort auch etwas zu spoilerisch.

Deine Gedanken zu verzichtbarem Sex gefallen mir gut. Vielleicht sollte man das (speziell bei Kurzgeschichten) auch gern mal erweitern, welche Szenen müssen sein, welche nicht, verzichtbarer Sex, verzichtbare Kampfszenen ... zumal die wenigsten von uns gut über Sex oder Kampf schreiben können.
Fairerweise muss ich sagen, zumindest in meiner Erinnerung (habe noch nicht ein zweites Mal gelesen) waren die Sexszenen bei MKI wichtig und auch gut, weil der Ich-Erzähler so gequält von einigen Dingen war. Ich schau unbedingt mal noch mal rein, bis Ende November ist hier nur leider irre viel zu tun.

Volle Zustimmung bei allem.
In der Novelle von MKI erscheint mir das ganze Verhalten der Hauptfigur, inkl. der Schilderung von Sex (bzw. das Reflektieren darüber), absolut stimmig und passend.
Bei dem „verzichtbaren Sex“ fühle ich mich an die HBO-Diskussionen (Game of Thrones) vor einigen Jahren erinnert: Am Anfang war der Tenor eher begeistert - Endlich gab es mal was zu sehen!!! - … und dann ist aufgefallen, wie wenig es gebraucht wird und selten über Fleischbeschau hinausgeht. Amüsant fand ich in diesem Zusammenhang den launigen Kommentar von Emilia Clarke (Daenerys): „Ich glaube, wir haben meine Titten jetzt oft genug gesehen.“

Bearbeitet von ChristophGrimm, 25 Oktober 2022 - 08:28.

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#216 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 08:28

Tobias, stimmt, guter Hinweis. Der Protagonist war in der Szene tatsächlich recht passiv. Dein Erklärungsversuch ist stimmig und überzeugend.

 

 

Chris, von wegen GoT: Ja, da waren anfänglich viele Sexszenen und auch unnötig ausgeleuchtete Gewaltszenen. Das Buch war da komplett anders davor, viel subtiler.


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#217 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 08:45

Game of Thrones hat zwar nichts mit NOVA zu tun, aber seit der Serie ist mein Bedarf an Sexszenen generell und weiblicher Nacktheit in Filmen gedeckt. So sehr, dass ich das mittlerweile als ermüdend empfinde.


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#218 Liza

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 13:18

Das finde ich ein spannendes Thema. Wie viel Nacktheit und Sex braucht es in Filmen, bzw für uns vielleicht am Interessantesten, in Büchern und Kurzgeschichten?

Ich lese nur selten Sexszenen, die ich gut finde. Anstatt dass sich mir dabei der Magen umdreht, ist es mir 1000 Mal lieber, wenn angedeutet wird, dass was passiert oder passiert ist, und ich die Lücken dann selbst füllen kann. 

In den meisten Sexszenen in Sci-Fi Büchern merke ich, dass ein Mann geschrieben hat, und das sich nach "für Männer" anfühlt. Das strotzt dann vor Elementen, die ich einfach null erotisch finde, eher habe ich das Gefühl, der Autor hat mir einen Einblick in seine erotischen Fantasien gegeben, die dann meistens aus der Phase als unsicherer Pubertierender stammen, und das ist, gelinde gesagt, äußerst abtörnend. 

 

Nacktheit und Sexszenen sind, denke ich, oft nicht wichtig für die Handlung, sondern werden eben eingebaut, weil man denkt es gefällt dem Publikum. Vor allem im Fernsehen (siehe GoT). Ich kann nur an äußerst wenige Szenen denken, in denen die Nacktheit wichtig war für die Handlung. Eine ganz ganz großartige Szene ist mir aber nachhaltige in Erinnerung geblieben, und ich denke, ich werde sie wahrscheinlich nie vergessen. Und zwar die Szene in Game of Thrones, wo Brianne und Jamey Lannister im heißen Bad sitzen, nachdem sie ihn wochenlang als Gefangenen irgendwo hingebracht hat. Über diese Zeit hinweg gab es eine fast nicht sichtbare Annäherung. Als sie da nackt im Bad sitzen, beide unter Wasser, man sieht nichts, provoziert Jamey Brianne mit irgendwas, und sie wird wütend. Ich denke er stellt ihre Loyalität in Frage. Sie wird so wütend, dass sie aufsteht. Wir sehen das nur von hinten. Aber sie steht in voller Größe nackt vor/über ihm, und er entschuldigt sich und schaut zur Seite. Die Szene finde ich so gewaltig und emotional und... einfach Wahnsinn.



#219 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 13:36

Nacktheit und Sexszenen sind, denke ich, oft nicht wichtig für die Handlung, sondern werden eben eingebaut, weil man denkt es gefällt dem Publikum. Vor allem im Fernsehen (siehe GoT). Ich kann nur an äußerst wenige Szenen denken, in denen die Nacktheit wichtig war für die Handlung.

 

Aus diesem Grund halte ich es als männlicher Autor für interessant oder bereichernd, die Ansicht von Frauen über solche Szenen zu hören.


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#220 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 13:41

Ja die Szene war super, Lisa!

Ich habe Mal das Sachbuch Erotik schreibe gelesen, da waren beeindruckende Beispiele dabei, unter anderem aus die Farbe lila

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#221 simifilm

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 14:27

Nacktheit und Sexszenen sind, denke ich, oft nicht wichtig für die Handlung, sondern werden eben eingebaut, weil man denkt es gefällt dem Publikum. Vor allem im Fernsehen (siehe GoT). 

 

Gerade GoT scheint mir hierfür ein sehr schlechtes Beispiel. Ich würde behaupten (bzw. habe schon ausführlich dargelegt), dass die Sexszenen in der Serie fast immer eine wichtige erzählerische Funktion haben. Die von der angeführte Szene ist nur eine unter vielen.


Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#222 fancy

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 14:30

Bei den Serien kann ich nicht mitreden, weil ich die nicht sehe, aber ich finde auch, dass häufig Sexszenen vorkommen, die überflüssig sind, aber ich kenne die sowohl von Männern als auch von Frauen. Ich hab einmal bei einem Krimi, den ich vorab lesen durfte, nachgefragt, warum so viel Sex vorkam. Der hatte mit der Krimihandlung nichts zu tun, daher meine Frage. 

Die Autorin meinte, es wäre nicht zu viel Sex, sondern ein etwa so viel, wie sie selbst habe. 

Mir hätte es auch gereicht, wenn die beiden sich geküsst hätten und dann im Schlafzimmer verschwunden wären, aber es wurde bis ins kleinste Detail geschildert, sodass ich mich fragte, ob hier einmal mehr "Sex sells" eine Rolle spielte. 

Die Autorin sagte, Sex gehöre für sie zum normalen Leben dazu, wie Essen und Trinken und über die Schilderung der Nahrungsaufnahme hätte sich noch nie jemand beschwert. 

Ich weiß nicht, wie ihr das seht, ich habe auch nichts gegen Erotik, aber wenn ich einen Krimi oder einen SF-Roman lese, dann erwarte ich keinen Dauersex. 

 


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#223 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 15:18

Ich habe auch keine Lust, ständig ausführlich Mahlzeiten beschrieben zu bekommen, egal wie gern ich esse

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#224 Mammut

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 16:19

Ich habe auch keine Lust, ständig ausführlich Mahlzeiten beschrieben zu bekommen, egal wie gern ich esse


Das sehe ich genauso. Ein gemütliches Essen kann sowieso nur Peter Terrid in seine Geschichten einflechten ohne daß es langweilig ist.
Ich persönlich mag auch keine ausgedehnten Kampf - und Schlachtszenen.

#225 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 20:45

Ich finde, dass jede Szene in einem Text eine Funktion haben sollte. Besser noch zwei (also Funktionen auf mindestens zwei Ebenen). Das immer hinzubekommen ist schwer, aber richtig gute Texte sollten es hinbekommen, besonders Kurzgeschichten. Daher nehme ich in Kurzgeschichten verzichtbare Sexszenen auch besonders übel.

 

 

David: "Was aber war, falls nach Monaten, einem Jahr oder drei die gleichen Ermüdungserscheinungen auftraten (...) Entweder brannte das Feuer in vier Monaten noch, oder die Sache würde sich von selbst erledigen."

Ayasha hingegen: "Sie gab David, was er von einer Frau wollte und wozu seine Ehefrau offensichtlich nicht imstande war. Der Gedanke ließ ihre Haut prickeln."

 

Mir ist daran so aufgestoßen, dass er so keine Verantwortung übernimmt. Ob "Ermüdungserscheinungen" auftreten, ist ja nichts, was einfach passiert. Und sie ist völlig auf sein Wollen fokussiert. Das finde ich insofern misogyn, als dass es ein tradiertes Geschlechterbild ist, bei dem die Bedürfnisse des Mannes zentral sind und ihre egal oder nebensächlich. Die Frau und deren Bedürfnisse ist also dem Mann untergeordnet.

 

 

 

Bei Oralsex reicht es für den passiven Teil, wenn er "machen lässt", kurz gesagt: Er ist nicht aktiv. Es reicht, wenn der Körper reagiert. Hirn kann ausgeschaltet bleiben.

 

Ist das so? Wenn er einfach machen lässt, ohne dazu eine Haltung zu haben, dann ist es nah an einer Vergewaltigung, oder nicht? Als lesende Person weiß ich nicht, was er will. Das war es, was mir bei der Szene aufgestoßen war: Dass unklar blieb, ob es eine Vergewaltigung ist, das aber nicht thematisiert wurde. Ich finde das nach wie vor einen spannenden und schwierigen Punkt. Er hat ja diesen Service offenbar gebucht, kann sich aber nicht daran erinnern, ihn gebucht zu haben. Das macht es aber nicht weniger zu einem Übergriff, oder?

Nun ist die Frage, wie ein sexualisierter Übergriff auf einen Mann misogyn sein kann. Meines Erachtens ist er zumindest stereotyp, wenn er davon ausgeht, dass

a) Mann immer will

b) Mann mit Hilfe von Sex über allen Schmerz hinwegkommt.

Einerseits ist das ein Bild von toxischer Männlichkeit, andererseits ist die Frau dann einfach austauschbar (was auch toxisch männlich ist). Die Szene zeigt meines Erachtens deutlich, dass auch Männer unter Misogynie leiden.

Der Autor hat hier ja nahegelegt, dass es ihm genau darum ging, diese Sachen zu problematisieren. Es kam nur bei mir nicht so an. Die spannende Frage wäre, was ich gebraucht hätte, um das zu verstehen (und ob andere es verstehen - nun ist es ja so, dass alle, die sie jetzt lesen und hier gelesen haben, die Vorinfo bereits haben).


Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen

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#226 Peter-in-Space

Peter-in-Space

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Geschrieben 25 Oktober 2022 - 22:03

Ich finde, dass jede Szene in einem Text eine Funktion haben sollte. Besser noch zwei (also Funktionen auf mindestens zwei Ebenen). Das immer hinzubekommen ist schwer, aber richtig gute Texte sollten es hinbekommen, besonders Kurzgeschichten. Daher nehme ich in Kurzgeschichten verzichtbare Sexszenen auch besonders übel.

 

 

Mir ist daran so aufgestoßen, dass er so keine Verantwortung übernimmt. Ob "Ermüdungserscheinungen" auftreten, ist ja nichts, was einfach passiert. Und sie ist völlig auf sein Wollen fokussiert. Das finde ich insofern misogyn, als dass es ein tradiertes Geschlechterbild ist, bei dem die Bedürfnisse des Mannes zentral sind und ihre egal oder nebensächlich. Die Frau und deren Bedürfnisse ist also dem Mann untergeordnet.

 

 

Ist das so? Wenn er einfach machen lässt, ohne dazu eine Haltung zu haben, dann ist es nah an einer Vergewaltigung, oder nicht? Als lesende Person weiß ich nicht, was er will. Das war es, was mir bei der Szene aufgestoßen war: Dass unklar blieb, ob es eine Vergewaltigung ist, das aber nicht thematisiert wurde. Ich finde das nach wie vor einen spannenden und schwierigen Punkt. Er hat ja diesen Service offenbar gebucht, kann sich aber nicht daran erinnern, ihn gebucht zu haben. Das macht es aber nicht weniger zu einem Übergriff, oder?

Nun ist die Frage, wie ein sexualisierter Übergriff auf einen Mann misogyn sein kann. Meines Erachtens ist er zumindest stereotyp, wenn er davon ausgeht, dass

a) Mann immer will

b) Mann mit Hilfe von Sex über allen Schmerz hinwegkommt.

Einerseits ist das ein Bild von toxischer Männlichkeit, andererseits ist die Frau dann einfach austauschbar (was auch toxisch männlich ist). Die Szene zeigt meines Erachtens deutlich, dass auch Männer unter Misogynie leiden.

Der Autor hat hier ja nahegelegt, dass es ihm genau darum ging, diese Sachen zu problematisieren. Es kam nur bei mir nicht so an. Die spannende Frage wäre, was ich gebraucht hätte, um das zu verstehen (und ob andere es verstehen - nun ist es ja so, dass alle, die sie jetzt lesen und hier gelesen haben, die Vorinfo bereits haben).

 

meinst Du statt Misogynie - Hass auf Frauen - vielleicht Misandrie - Hass auf Männer?

Denn ich kann aus Erfahrung sagen, dass es sowohl Männer als auch Frauen gibt, die misandrisch sind, genau so, wie es Frauen und Männer gibt, die misogyn sind.

 

Glücklicherweise befinden sich beide Strömungen in der extremen Minderheit.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

(Verfasser unbekannt)

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#227 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 26 Oktober 2022 - 12:51

Mir ist daran so aufgestoßen, dass er so keine Verantwortung übernimmt.

 

Das wird später indirekt angesprochen: "Du wartest darauf, dass die Dinge sich von selbst erledigen."

Edelman ist ein passiver und entscheidungsschwacher Charakter. Randall ist aktiver, aber deshalb keine Lichtgestalt. Unter Umständen leidet er an einem Überlebensschuld-Syndrom und hat Todessehnsucht.


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#228 ChristophGrimm

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Geschrieben 26 Oktober 2022 - 19:24

Leseeindrücke: Lars Hannig „Ein Shoppingmall-Sonnenaufgang“

Sprachlich sehr ansprechend. Blumig und mit schönen, passenden Metaphern, aber die Sätze sind nicht sperrig. Der Infodump in der ersten Hälfte kommt zu geballt - das hätte strukturell eleganter gelöst werden können. Ansonsten hat die Geschichte einen guten Fluss. Der Autor versteht es, lebendige Szenen zu formulieren. Die gezeichnete „Dystopie“ ist stimmig konstruiert.
Handwerklich große Klasse.

Die Hauptfigur Gero Berg ist der typische Manager-Macho-Alpha. Ich-bezogen, arrogant, dominant, kaltschnäuzig. Die Zeichnung dieses (zweifellos so gewollten) Charakters ist dem Autor gut gelungen. Dazu passt auch die Einstellung gegenüber seiner Partnerin - offensichtlich nur dazu da, hübsch/repräsentativ auszusehen und bei Bedarf das Ego zu streicheln. Eine Glorifizierung all dessen lese ich im erzählenden Text nicht heraus - hinsichtlich des Ausklangs würde ich die ganze Erzählung sogar als kritisch einstufen. Der Autor lässt auf diese subtile Weise, indem er sich zurückhält, die Leser:innen selbst ein Urteil über die Hauptfigur fällen.

Die Geschichte selbst lese ich als Kritik an der Statussymbol-Gesellschaft bzw. diesem Way-of-life. Das Ende verfehlt seine Wirkung nicht.

Bearbeitet von ChristophGrimm, 26 Oktober 2022 - 19:32.

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#229 Jol Rosenberg

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Geschrieben 27 Oktober 2022 - 09:23

 

meinst Du statt Misogynie - Hass auf Frauen - vielleicht Misandrie - Hass auf Männer?

Denn ich kann aus Erfahrung sagen, dass es sowohl Männer als auch Frauen gibt, die misandrisch sind, genau so, wie es Frauen und Männer gibt, die misogyn sind.

 

@Peter Nein. Ich glaube, dass Misogynie auch immer den Hass auf alles, was als feminin gedeutet wird, beinhaltet. Also auch den Hass auf eigene weiche Anteile. Genau darum scheint es mir in dem Text zu gehen.

 

@christophGrimm: Eine Glorifizierung nehme ich auch nicht wahr. Nur eben die Fortschreibung eines Weltbildes, in dem solche Männer Erfolg haben und widerspruchslos ihren Weg gehen können.

 

 

 

Die Geschichte selbst lese ich als Kritik an der Statussymbol-Gesellschaft bzw. diesem Way-of-life. Das Ende verfehlt seine Wirkung nicht.

 

Das finde ich spannend: Wie interpretierst du denn das Ende?


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#230 ChristophGrimm

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Geschrieben 27 Oktober 2022 - 09:39

@Peter Nein. Ich glaube, dass Misogynie auch immer den Hass auf alles, was als feminin gedeutet wird, beinhaltet. Also auch den Hass auf eigene weiche Anteile. Genau darum scheint es mir in dem Text zu gehen.

 

@christophGrimm: Eine Glorifizierung nehme ich auch nicht wahr. Nur eben die Fortschreibung eines Weltbildes, in dem solche Männer Erfolg haben und widerspruchslos ihren Weg gehen können.

 

 

Das finde ich spannend: Wie interpretierst du denn das Ende?

 

Die Hauptfigur empfindet - trotz seiner objektiv eher unglücklichen Situation - eine Art innere Zufriedenheit, die er bislang nicht verspürte. (Was man angesichts von Menschen, die sich in dieser Situation befinden, zugegeben, auch zynisch auffassen könnte). Das lese ich übertragen als Kritik an seinem bisherigen Lebensstil, der sich auf das Erringen materieller Reichtümer und gesellschaftlichem Status konzentriert hat, aber diese Zufriedenheit nicht brachte. Im Gegenteil: Seine negativen Züge wurden dadurch wahrscheinlich verstärkt.

Ich bezweifle, dass es eine große, charakterliche Veränderung ist. Allenfalls der Beginn davon - zumindest aber ein wenig, mikroskopisch, eine Veränderung im Sehen vom Sinn des Lebens.

 

Zum Fortschreiben des Weltbildes. vielleicht eher grundlegend gefragt: Ist das etwas, von dem du einfach nicht lesen möchtest? Gerade in dieser Geschichte nehme ich eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Weltbild wahr - nur eben auf eine sehr subtile, absolut nicht belehrende Weise seitens des Autors. (Quasi "show, don't tell").

Ich glaube, die Story - bzw. Gero Berg - soll anwidern und die Leser:innen zum Nachdenken und hinterfragen anregen. 


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#231 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 27 Oktober 2022 - 10:03

Ja, der soll anwidern, richtig, das hat bei mir nur zu gut geklappt ...


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#232 Jol Rosenberg

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Geschrieben 27 Oktober 2022 - 10:08

Tja. Will ich das generell nicht lesen? Das würde ich nicht sagen. Es stimmt, dass ich lieber andere Gesellschaftsentwürfe lese, aber wenn das Thema kritisch beleuchtet wird, lese ich das auch gern. Ich schreibe es dann sogar ganz gern. Es scheint aber auch zu stimmen, dass ich Texte, die ihr kritisch lest, als unkritische Fortschreibung lese. Für m ich gibt es in diesem Text nicht einmal einen Hauch von Kritik oder charakterlicher Änderung, keinen Hinweis darauf, dass der Prota ins Nachdenken oder in die Krise kommt. Er latscht einfach weiter und macht seinen Stiefel. Das Ende las ich als ein fortschreitendes Wegdrücken irgendwelcher Emotionen - und doch, stimmt, da fand ich etwas Glorifizierendes drin. Im Ende. Und finde es total spannend, dass man das auch anders und sogar gegenteilig lesen kann.


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#233 Peter-in-Space

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Geschrieben 27 Oktober 2022 - 20:43

@Peter Nein. Ich glaube, dass Misogynie auch immer den Hass auf alles, was als feminin gedeutet wird, beinhaltet. Also auch den Hass auf eigene weiche Anteile. Genau darum scheint es mir in dem Text zu gehen.

 

...

so habe ich das auch noch nicht gesehen. Insofern hast du Recht; mag aber auch sein, dass ich unter ganz starken Frauen aufgewachsen bin und es nicht anders kenne.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#234 T. Lagemann

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Geschrieben 28 Oktober 2022 - 08:23

Hallo Jol,

Tja. Will ich das generell nicht lesen? Das würde ich nicht sagen. Es stimmt, dass ich lieber andere Gesellschaftsentwürfe lese, aber wenn das Thema kritisch beleuchtet wird, lese ich das auch gern. Ich schreibe es dann sogar ganz gern. Es scheint aber auch zu stimmen, dass ich Texte, die ihr kritisch lest, als unkritische Fortschreibung lese. Für m ich gibt es in diesem Text nicht einmal einen Hauch von Kritik oder charakterlicher Änderung, keinen Hinweis darauf, dass der Prota ins Nachdenken oder in die Krise kommt. Er latscht einfach weiter und macht seinen Stiefel. Das Ende las ich als ein fortschreitendes Wegdrücken irgendwelcher Emotionen - und doch, stimmt, da fand ich etwas Glorifizierendes drin. Im Ende. Und finde es total spannend, dass man das auch anders und sogar gegenteilig lesen kann.

da unterscheiden wir uns. Ich möchte Texte lesen, die mir Fragen stellen. Nicht in Form darin gestellter Fragen, sondern sich mir aus der Lektüre heraus stellender Fragen. Da bedarf es bei den Figuren weder einen Hauch von Kritik oder gar eine charakterliche Änderung. Finde ich das, was im Text geschieht, gut oder doof, törnt es mich an oder ab, erheitert oder entsetzt es mich. Der Text ist das, an dem ich mich befragen und meine Werte prüfen kann. Klar, da gibt es manches Mal Texte, die mich wütend machen. Einen Tom Clancy z.B. kann ich nicht lesen, ohne loszubrüllen - so reaktionär! Daher lese ich ihn nicht mehr.

 

Grundsätzlich gefallen mir entsprechend Texte besser, die mich nicht an die Hand nehmen, die mir also nicht die Fragen vorkauen, die ich mir zu stellen habe, oder gar schon die Antworten geben ... Also nicht, boah, er hat sich geändert, das ist toll, sondern eher: Wäre toll, wenn er sich ändert, denn so wie jetzt ist das Sch***.

 

Literatur soll nicht erziehen. Literatur soll Möglichkeiten bieten.

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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#235 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 28 Oktober 2022 - 09:22

Stimmt, ich habe es auch nicht gern, wenn mir alles erklärt wird. Das konnte vielleicht Lisa Tetzner noch machen bei Die Kinder aus Nr. 67, aber schon bei Erich Kästner nervt das. Sogar Kinder! 

 

Aber man kann solche Sexisten wie den aus der Sonnenaufgang-Story auch ohne klare Reflektion etwas stärker ironisch brechen. Ich habe bei der Story schon verstanden, dass ihn sein Sexismus als A-loch charakterisieren soll. Er hatte aber null Gegengewicht, die anderen waren auch so drauf und die Frauen ließen sich das gefallen. 

Selbst wenn er so richtig einen reingewürgt bekommen hätte (solche Storys gibt es ja auch zuhauf): ich habe einfach keine Lust mehr, so etwas zu lesen. 

Erst jüngst habe ich das in zwei anderen Anthologien wieder so gelesen, wieder jeweils mit einer Puffszene, einmal wurde die Professionelle sogar extrem erniedrigt (die andere war eher sehr abgebrüht, aber die Sicht auf Frauen des Hauptcharakters ist mir trotzdem auf die Nerven gegangen, zumal es dort wohl eher unbeabsichtigt geschehen war).

 

Ich kann Christophs Sicht auf die Geschichte etwas abgewinnen und so war sie vermutlich auch gemeint, nur habe ich sie einfach nicht gern gelesen. 


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#236 ChristophGrimm

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Geschrieben 28 Oktober 2022 - 22:14

Bei der Geschichte von Karsten Kruschel gebe ich zu, vollkommen ratlos zu sein. Ich lese sie mit Maikes Geschichte in einem zweiten Durchgang.

 

Thomas Grüters Beitrag "Der Gast" spielt auf einem U-Boot in einer Zeit nach dem Klimawandel bzw. nach einem "Klimasprung". Auf einigen Teilen der halbwegs noch bewohnbaren Welt herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Während seiner letzten Fahrt, nimmt der Kapitän einen Gast namens Pérez mit, der sich als Händler ausgibt und bei einer Notsituation hilfreich ist.

Solide. Das wäre mein nüchternes Urteil. Die Handlung selbst ist nichts besonderes. Weder übermäßig spannend, noch überraschend. Mir gefällt, wie gut sich Grüter das Setting überlegt und gerade soweit beschrieben hat, um das Kopfkino am Laufen zu halten. Aber da wäre mehr drin gewesen. Sprachlich und stilistisch sattelfest, auch wenn mir hier ein wenig die eigene Note fehlt. 


Bearbeitet von ChristophGrimm, 28 Oktober 2022 - 22:27.

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#237 Jol Rosenberg

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Geschrieben 29 Oktober 2022 - 10:23

Ich mag auch keine Texte, in denen mir etwas vorgekaut wird. Aber in dem beschriebenen Text stellten sich mir auch keine Fragen. Fragen entstehen bei mir meist entlang von Brüchen und wenn ein Text so wirkt, als gäbe es keinerlei Widersprüche, beispielsweise wie hier, wo das Verhalten des Prota scheinbar auf keinerlei Widerstand stößt, dann kann ich das nur abnicken oder vehement verneinen (oder es lässt mich kalt) - aber Fragen entstehen bei mir nicht.

 

@Christoph: Wie ging es dir mit den Frauen in diesem Text? Und mit den gezeigten Bildern zum Südamerika der Zukunft?


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#238 ChristophGrimm

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Geschrieben 29 Oktober 2022 - 14:42

Ich mag auch keine Texte, in denen mir etwas vorgekaut wird. Aber in dem beschriebenen Text stellten sich mir auch keine Fragen. Fragen entstehen bei mir meist entlang von Brüchen und wenn ein Text so wirkt, als gäbe es keinerlei Widersprüche, beispielsweise wie hier, wo das Verhalten des Prota scheinbar auf keinerlei Widerstand stößt, dann kann ich das nur abnicken oder vehement verneinen (oder es lässt mich kalt) - aber Fragen entstehen bei mir nicht.

 

@Christoph: Wie ging es dir mit den Frauen in diesem Text? Und mit den gezeigten Bildern zum Südamerika der Zukunft?

 

ich hätte ironisch gefragt: "Welche Frauen?"

Die Beantwortung deiner Frage bringt mich dazu, etwas aus meinen Notizen , was ich lieber im Gesamtfazit - nachdem ich alle Geschichten gelesen habe - untergebracht hätte. Sei's drum:

 

Für Thomas Grüters Geschichte: Ich lese ausschließlich von Männern, erfahre, dass die Frau des Kapitäns an Land weilt (Gut: Wenn nicht an Bord, ist es für Angehörige von Schiffsbesatzungen nur logisch, an Land zu sein) und sehe Mannig/Perez seine Familie (Frau und Kind) an Land begrüßen. Das ist zu wenig, um eine wirkliche Aussage zu treffen - aber hätte man mir gesagt, der Text sei nicht aus diesem Jahr, sondern aus eine der Sammlungen aus Jeschkes Hochzeit, ich hätte nicht daran gezweifelt. 

 

Ich kann nur spekulieren, warum manche, insbesondere ältere, Autoren einen geringen Frauenanteil mit passiven Rollen in ihren Geschichten haben. Ich vermute, es hat mit der Art der SF-Sozialisierung zu tun. Es macht wohl definitiv einen Unterschied, "nur" mit Commander McLane, Captain Kirk und Stationschef Koenig aufgewachsen zu sein - im Gegensatz zu bspw. meiner Generation, die Charaktere wie Kathryn Janeway, B'Elanna Torres, Major Kira, Susan Ivanova, Delenn oder Sam(antha) Carter mitbekommen hat.

 

Für diese Geschichte würde ich im Hinblick auf den Figurenentwurf/Figurenkonstellation tatsächlich deine Rezi-Überschrift als Fazit nehmen: Erstaunlich konservative SF.


Bearbeitet von ChristophGrimm, 29 Oktober 2022 - 14:43.

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#239 Jol Rosenberg

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Geschrieben 29 Oktober 2022 - 17:48

Danke für diese Antwort. Ich hatte schon befürchtet, niemand könne meine Sichtweise nachvollziehen.


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#240 ChristophGrimm

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Geschrieben 30 Oktober 2022 - 21:23

Hehe, die Meinungen die ich bislang zu "Biofilm 1983" von Frank Neugebauer gelesen habe, waren mir irgendwie klar. Das ist eine love-it-or-hate-it-Story, für die man einen Nerv haben muss. Dass diese Art Geschichte einem eigenen Genre namens "Slipstream" zugeordnet werden können, wie MKI im Vorwort anmerkt, war mir unbekannt. Ich hätte sie als "schräg" eingestuft. Schräg und verstörend, scheinbar keinen Sinn ergebend, aber mit spürbarem Unterbau - vergleichbar mit progressiver Musik. Da steckt etwas dahinter.

 

Die Geschichte wird abwechselnd über zwei "Stränge" erzählt. Der eine Strang - die "Realität" - spielt in einer dystopisch gezeichneten Stadt, die von einer gigantischen Kuppel umgeben ist. Wir schreiben das Jahr 1983, der Weltenbau erinnert an eine überzeichnete Version der DDR (was der Text sogar explizit erwähnt). Wir folgen dem Arbeiter Simak, der wie alle Menschen von der Progress (Führung) zu verschiedenen stupiden Fließband-Tätigkeiten eingesetzt wird, bei seinem eintönigen Leben. Er verfügt über wenig Geld, haust in einer heruntergekommenen, kleinen Bude. Sein einziger Zeitvertreib, abgesehen vom Saufen in einer Stripbar, besteht in wiederholtem Ansehen eines Filmes namens "Der dritte Weltkrieg". Die Ereignisse in diesem Film sind der zweite Strang, der fantasy-artig den Kampf eines Königs, eines Mutanten namens Relum, erzählt. 

 

Es ist auch eine dieser Geschichten, die man lieber ein zweites oder drittes Mal lesen sollte, bevor man sich äußert. Ich mache es trotzdem.

Dystopie trifft es nicht wirklich. Für mein Empfinden ist das eine ausgesprochen bissige Betrachtung der Menschheit, der natürlich widersprochen werden kann, aber (leider) auch Wahrheiten enthält.

Faszinierend finde ich die Aussagen des Parteisekretärs: "Wir folgen tatsächlich einem Muster, das wir, äh, vorgefunden haben: arm gegen reich. (...) "Wir erzeugen ein Gefühl von Geborgenheit. Wir wollen, dass jeder glaubt, in einer großen Gemeinschaft zu leben, wo sich sozialer Aufstieg lohnt. Dabei herrscht Stagnation. Damit fahren wir besser."

Für mich ist das eine interessante, wenngleich unglaublich deprimierende Überlegung: Selbst in einer Welt, die nicht so verworren, zersplittert und verkeilt ist, wie unsere derzeitige Realität - einfach viel weniger Menschen auf überschaubaren Raum - scheint kein Utopia möglich. Zynisch? Klar. Vorstellbar? Leider.

Thema Frauen: Abgesehen von einigen Stripperinnen und den kurzen Aufzeichnungen der Progress-Mitgliederinnen "Frau Minelli" und "Frau Zellweger", treten in dieser Geschichte - und somit in Simaks Lebensrealität - keine Frau in Erscheinung. Da im Übrigen von Kindern auch keine Rede ist, vermute ich dass durch eine Trennung in dieser gesteuerten Gesellschaft möglicherweise eine ungeplante Populationsentwicklung verhindert werden soll.


Bearbeitet von ChristophGrimm, 30 Oktober 2022 - 21:25.

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