Ich habe nirgendwo geschrieben, dass ich Fetisch grundsätzlich rückständig finde oder gar SM (was hier allerdings auch nicht wirklich gut dargestellt wird). Mir geht es vor allem um dieses Bild der sexy Frau, die den Mann umsorgt und ihm dient. So heißt es im Roman, dass Rüd Zack als perfekte Frau sieht und dass er es schätzt, dass sie gehorsam ist - und da kriege ich die Krise, die Kombination von "Frau" und "gehorsam", nein danke. Da kam für mich oft so ein veraltetes Bild der perfekten Hausfrau rüber, die alles spielend schafft, abends ein Galadinner auf den Tisch zaubert und danach noch sexuelle Erfüllung bietet. Die perfekte Frau, die alles kann, aber nichts für sich selbst tut, sondern all ihre Fähigkeiten allein in den Dienst ihres Mannes stellt.
Zum Thema Religion: Das kam für mich viel zu kurz, da habe ich mir mehr erhofft und der Mond Athos hat mit dem realen Athos so gar nichts zu tun. Ich habe einen Arbeitskollegen, der über zehn Jahre auf Athos als Mönch gelebt hat und der das Buch bei mir gesehen hat und unbedingt reinlesen wollte. Er war entsetzt, wie falsch alles dargestellt ist (was rückwirkend ja Sinn ergibt, aber besser hätte der Autor dann einfach eine fiktive religiöse Sekte oder so eingesetzt, statt sich auf Athos zu beziehen).
Ansonsten fand ich den Roman gar nicht schlecht, er hat viele gute Ideen drin und ich habe ihn über weite Strecken gern gelesen. Nur den "neuen Stern am SF-Himmel", wie jemand auf Mastodon schrieb, sehe ich bisher nicht.
Die sexy Frau, die den Mann umsorgt, ist hier der Avatar einer KI, die Rüd in die Hand gegeben wurde, damit er seinen Job erledigt. Sie ist exakt so geschaffen worden, wie der Arbeitgeber von Rüd es wollte.
Sie sollte exakt das erfüllen, was Rüd will und zu brauchen denkt. Du kritisierst hier also Rüds Sexualität auf der einen Seite und die Herangehensweise seines Arbeitgebersauf der anderen. Das ist völlig in Ordnung.
Ich möchte mich hier nicht als Richter aufschwingen und Rüds sexuelle Identität kritisieren. Noch einmal ganz klar ausgedrückt: Rüd lebt hier mit einem technischen Tool seine sexuellen Phantasien aus. Sein Ding. Nirgendwo im Roman wird beschrieben, dass Rüd daraus in irgendeiner Art und Weise anderen Lebenweisen Schaden zufügt oder davon ausgeht, dass es gesellschaftzlich legitimiert ist, mit anderen Wesen in der selben Form zu interagieren. Im Prinzip erfahren wir darüber im Roman gar nichts. Das gesamte Gesellschaftssystem bleibt konfus und das erscheint mir auch logisch, weil es Zack als Erzählposition nicht interessiert.
Zack entwickelt sich erst zu einem fühlenden Wesen oder war es bereits zu Beginn der Handlung, das ist Interpretationssache. Zack ist aber komplett asexuell. Ob sie Rüd ein Briefing gibt oder ihn sexuell erregt, sind für Zack einfach nur zwei Tätigkeiten der Interaktion. Vermutlich sogar gleichrangig.
Hier wird niemand diskreditiert, hier wird kein Frauenbild zelebriert. Wie Rüd zu Frauen steht, definiert lediglich das Anforderungsprofil an Zacks Interaktionen, darüber hinaus ist es für die Handlung schlicht nicht relevant und da geb ich Uwe Recht, er hätte auch auf dickbäuchige Männer in schwarzen T-Shirts stehen können und es hätte nur in Details an den Szenen etwas geändert werden müssen. Autorenentscheidung.