Spät kommt er, aber er kommt - der Sermon der Shockwavian Jury:
MKI: Editorial
Inhalt: MKI freut sich, dass das InterNOVA-Projekt wieder aufgetaut wird.
Fazit: Etwas mehr ßber NOVA wäre gut gewesen. (btw: Haben NOVA-Storys mittlerweile Vorworte?)
Thomas GrĂźter: Auf eigene Gefahr
Inhalt: Ein US-Ehepaar macht eine Zeitreise, um die Kreuzigung Jesu leibhaftig zu erleben. Hätten sie doch nur das Kleingedruckte im Vertrag des Veranstalters Time Adventures (oder Itinere Temporum) gelesenâŚ
Fazit: Niedliche Glosse Ăźber Zeitparadoxa, Touri-Abzocke etc. Unterhaltsam, aber belanglos.
Karsten Lorenz: Geliebte Savona
Inhalt: Mitten in einem 150 Jahre währenden Raumflug weckt KI Savona Bagdan aus der Stasis, weil angeblich nur er ein angebliches Problem beheben kann. Doch danach scheint der einzige Weg zum Ăberleben bis zum Ende des Fluges der Transfer in den Caberspace zu sein. Aber kann Bogdan Savona trauen?
Fazit: Bekannte Idee, hßbsch ausgestaltet, aber vor allem die ethischen Fragen hätten stärker angesprochen werden mßssen.
Viktoria Sack: Obsoleszenz
Inhalt: In ferner Zukunft werden die Bergleute auf einem Minenplaneten durch Androiden ersetzt. Doch es regt sich Widerstand: Androiden werden angegriffen, Frachtraumer entfĂźhrt etc. SchlieĂlich schafft ein Gesetz Androidenarbeit ab.
Fazit: SchÜne Variante bekannter Idee, die mosaikhafte Erzählweise gefällt, alles sehr bildreich und handlungsstark. Aber zu viele Dinge bleiben angerissen. Warum materialisieren die Widerständler die Frachtraumer im Luyten-System? Unwahrscheinlich, dass Androidenarbeit tatsächlich verboten wird. Bislang wurden alle Arbeitsverfahren, die Ükonomisch sinnvoll sind, auch realisiert, wenngleich oftmals in modifizierter Form.
Ricky Wilhelmson: Planetare Verteidigung
Inhalt: Ratschlag fĂźr Aliens: Beim Erstkontakt sollte man nicht im Fell von Rauhaardackel Rudi landen. Die grĂśĂte Gefahr lauert in Frauchen Edeltraud.
Fazit: SĂźĂe Glosse mit etwas zu viel Infodump Ăźber Aliens.
Aiki Mira: Nicht von dieser Welt
Inhalt: Der Meeresspiegel steigt und bedroht auch ein norddeutsches Geisterdorf. Dort lebt der Vater mit Sohn Jonah und Androidin Anna, die sich um Jonah kĂźmmern soll, nachdem die Mutter wegen eines militärischen Auftrags auf dem Mars eingesetzt wird. Nach und nach entblättert sich die ganze Wahrheit. SchlieĂlich rettet Anna Jonah aus dem Meer.
Fazit: Die melancholisch-depressive Atmosphäre im GeisterdorfeindrĂźcklich beschrieben, Aiki weckt Sympathie und MitgefĂźhl mit allen Akteuren. Wieder eine groĂartige Leistung vom momentan vielleicht besten deutschsprachigen SF-Autory.
Wolf Welling: Im Toulou
Inhalt: Die tentakelbehafteten ANDEREN sind in China aufgenommen worden. Sekretär Erkan, ein umgeschulter Uigure, ßberprßft Einsprßche gegen Urteile gegen Menschen, die sich irgendwie gegen die ANDEREN unbÜtig verhalten haben. GewÜhnlich lehnt er die Gesuche ab (so wurde es ihm auch beigebracht), bis ein ein Urteil gegen eine frßhere Freundin auf seinem Tisch landet.
Fazit: Der eintÜnige Alltag und die Dauerpropaganda im repressiven chinesischen Regime werden eindrßcklich beschrieben, die Krise ist gut eingefädelt. Leider macht das zu reibungslose Ende die guten Ansätze zunichte. Trotzdem eine der besseren Welling-Stories.
Benjamin Hirth: This War Is Over
Inhalt: Nach 100 Jahren Freundschaft bricht ein Krieg zwischen DE und FR aus. Aber in kßrzester Zeit verschwinden die Bewohner beider Länder. AndrÊ trifft im fast menschenleeren Paris auf Muriel und ihren (?) BenoÎt. Gemeinsam finden sie heraus, wie das Sprachvirus funktioniert, wohin die Infizierten verschwunden sein kÜnnten und was man dagegen unternehmen kann.
Fazit: GroĂartige Idee, wäre eines Romans wĂźrdig. So aber leidet alles unter erzählerischen Schwächen und ab dem Mittelteil unter viel zu viel Infodump.
Frank W. Haubold: Das Mädchen aus dem Jenseits
Inhalt: Lalena lebt im Jenseits, wo die Träume der Menschen landen. Durch ein Observatorium sieht sie, wie Pater Adrian mit einem Raumschiff auf eine kosmische Katastrophe zusteuert. Sie verwandelt sich in eine Sterbliche, um ihn davon abzuhalten. Daneben verfolgt sie auch eigennßtzige Grßnde.
Fazit: Interessante Variante des Undine-Mythosâ, atmosphärisch stark und sehr poetisch geschrieben. Mich wundert, wie schnell sie den erzkatholischen Adrian rumkriegt. Am Ende zu viel Erkläreritis.
Brandon Crilly: Gedächtnis
Inhalt: Mr Sheldon, einziger Ăberlebender einer Soldatengruppe, die in Afghanistan eingesetzt wurde, schlieĂt sich jeden Tag an den Cyberspace an, um sich in der Simulation mit den Avataren seiner frĂźheren Kameraden zu treffen. Tochter Anna hat Sorgen, dass er Kontakt zur Realität verliert. Doch ihr Vater erklärt ihr seine BeweggrĂźnde.
Fazit: Sehr berĂźhrende Story Ăźber PTBS und den Nutzen von Eskapismus.
Michael K. Iwoleit: âAber ich habe geliebt! âŚâ
James Tiptree jr. und die weltbeste Science-Fiction-Story
Inhalt: MKI erklärt, warum es keine weltbeste Irgendwas geben kann, welche SF-Autoren nach und nach in den Literaturkanon aufgenommen werden. Und er begrĂźndet, warum âHer Smoke Rose Up Foreverâ die weltbeste SF-Story ist.
Fazit: Viele Erkenntnisse vergnĂźglich beschrieben.
Hans Esselborn:
Herbert W. Franke. Zum Gedenken an den Altmeister der Science-Fiction
Inhalt: Esselborn wĂźrdigt die Person HWF und sein Werk aus der Perspektive eines Literaturwissenschaftlers, Herausgebers und Freundes.
Fazit: Ein zugleich erhellender und berĂźhrender Nachruf.
Franz Rottensteiner: H. W. Franke, Cyber ohne Punk
Inhalt: Mit sachlicher ZurĂźckhaltung wĂźrdigt der Grantler aus Quarb die Verdienste von HWF fĂźr die deutsche SF.
Fazit: Kein Nachruf, sondern Nachdruck eines 1982 erschienenen Artikels
Dietmar Dath: Gesetz und Drachenkraft. Herbert W. Franke als schÜpferischer Erklärer der Kunst
Inhalt: DD lenkt den Fokus auf den Poetiker und Kunsterklärer HWF. Und erläutert weshalb die Gesetze fßr die Fabelfiguren ebenso essentiell sind wie die Magie.
Fazit: Man spĂźrt DDs Verehrung fĂźr HWF. Am Anfang kĂśnnte man den Text straffen, das Ende sitzt.
Insgesamt eine Ausgabe, bei der mich weder die Anschaffung noch die LektĂźre gereut hat. Auch wenn auĂer Aiki Miras Beitrag nichts Herausragendes dabei war, so gab es doch auch kaum Totalausfälle. Zumindest sprachlich bewegten sich alle Beiträge auf lesbarem und ansprechenden Niveau.
GruĂ
Ralf
Bearbeitet von ShockWaveRider, 13 November 2023 - 23:48.