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Die deutschsprachige SF-Kurzgeschichte international

Kurzgeschichte Übersetzungen Anthologien

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57 Antworten in diesem Thema

#1 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 06 Februar 2023 - 15:01

Im Thread zu NOVA 32 schreibt J. A. Hagen:

 

 

 

Ich habe in der Corona-Zeit einige Anthologien, auch älteren Datums, gelesen, darunter "15 Science-Fiction-Stories", herausgegeben von Harlan Ellison, in der unter anderem Beiträge von John Brunner, Larry Niven oder Damon Knight waren, sowie eine Ausgabe von "Isaac Asimov’ Science-Fiction-Magazine". In Anthologien von Kleinverlagen, nicht nur in NOVA, habe ich Geschichten von mir unbekannten Autoren und Autorinnen gefunden, die da qualitativ mithalten konnten. Einige waren sogar besser.

Die deutsche SF-Autorenschaft braucht sich also nicht zu verstecken.

 

 

https://scifinet.org...ndpost&p=431810

 

Dazu gingen mir zwei Gedanken durch den Kopf:

1. Ja, da stimme ich zu, und das ist seit mindesten 20 Jahren (mehr oder weniger) der Fall. Die deutschsprahige SF hält immer zumindest so mehr oder weniger international mit, sei es spralich, formal oder inhaltlich. Natürlich nicht in der Masse - welches Land könnte das schon - aber in ihren besten Instanzen.

2. Niemanden interessiert es groß, so international gesehen.

 

Warum ist das so? Dazu meine Vermutung:

Ein nicht-deutschsprachiger Leser erhofft sich nichts an Zugewinn von der D-SF. Deutschland gilt, im besten Fall, als eine Tech-Nation, quasi eine Minikopie der USA mit fleißigen, aber eher langweiligen Einwohnern. Im schlechten Fall sieht man uns wohl als eine Bande von Hinterwäldlern, die schuhplattlernd und jodelnd mit unseren BMWs durch Bergpanoramen rasen. SF aus China, Indien, Südafrika, Ghana, selbst Spanien, Kroatien, Italien hat für einen US-Leser ein Versprechen von (böse) Exotik oder (nicht so böse) neuen Blickwinkeln. SF aus Deutschland ist bestimmt wie SF aus den USA, bloß mit Lederhosen.

 

Wie seht ihr das?

Habt ihr andere Erklärungen, warum aktuell wieder eine Reihe von internationalen Anthologien erscheinen, und zwar durchaus mit Europäischer Beiteiligung aber immer unter Ausschluss von Deutschland, der Schweiz und Österreich?


Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#2 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 06 Februar 2023 - 15:29

SF aus Deutschland ist bestimmt wie SF aus den USA, bloß mit Lederhosen.

 

Nur am Rande: Lederhosen-SF wäre zumindest ein Alleinstellungsmerkmal. Ein Protagonist namens Sepp Wastlmeier, der wegen seiner Mutter auch Swahili spricht und mit der Bavaria One dem Prussianischen Stechschritt-Sternenreich zusetzt, hätte vermutlich Chancen.
Die Deutschen: humorlose Bürokraten und Technokraten sowie die Oberlehrer Europas. Warum sollte jemand etwas von uns lesen wollen? Dabei sind wir nur missverstanden: Unser Sinn für Humor ist es, andere Länder zu annektieren.


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#3 Naut

Naut

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Geschrieben 06 Februar 2023 - 17:27

Klingt ein wenig nach "Traumschiff Surprise", aber ja, warum nicht.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#4 Schlomo

Schlomo

    Temponaut

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Geschrieben 06 Februar 2023 - 18:20

@J.A.Hagen: Genial! Ich schreib doch Lokal SF Geschichten, von denen viele in München spielen, und da MUSS ich Sepp Wastlmeier einfach klauen! Du hast doch sicher nichts dagegene? Oder? Oder? Oder?

Darf ich? Darf ich?


#no13

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#5 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 06:04

Abgesehen mal davon, dass ich J. A. Hagen zustimme, man findet beachtliche Perlen in der deutschsprachigen SF-Kurzprosa, finde ich aber dennoch, dass wir gegen den anglo-amerikanischen Raum (selbst ohne Übersetzungen aus Asien, Afrika und co.) ziemlich blass aussehen.

 

Rein subjektiv habe ich beim Lesen von anglo-amerikanischer SF Kurzprosa fast nie das Gefühl, Wiedergekautes zu lesen. Dort ist man fast immer näher an den Figuren dran, casual Queerness läuft so nebenher und gekonnt und geht nicht auf Kosten einer spannenden Story. 

 

Weitere Beobachtungen:

  • Dort zahlt man bei den meisten Magazinen auch Geld. Klar, die USA ist größer. Andere Kultur. Leute aus fremden Ländern (wie ich) kaufen den Kram auch.
  • Es kommt mir idR sehr gut lektoriert vor. Wer hier für Kurzprosa ein ordentliches Lektorat will, geht zu den vier Magazinen (FFM, NOVA, Exodus, Weltenportal) oder zu den Anthologien von Hirnkost oder Eridanus; sonst habe ich sehr oft den Eindruck, da läuft nicht viel. 
  • Es gibt deutlich mehr Rezensionen und Feedback. Alleine schon die sehr ausführlichen bombastischen Rezensionen der Kurzprosa in der Locus. Und das jeden Monat! Witzig auch: Ein Magazin, das fast nur aus Rezensionen besteht, hält sich dort am Markt. Versuch das mal hierzulande.

Ich finde, wir haben (auch als deutlich kleineres Land als die USA) noch deutlich Luft nach oben. Klar, unsere Spitze ist sehr nice, aber dann kommt eine höchstens solide Mitte und mindestens ein Drittel davon hätte noch mal auf die Weide gemusst. Oder in der Schublade bleiben. 


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#6 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 07:18

Volle Zustimmung, Yvonne, und bei Nova bist Du ja gut platziert, um das voranzutreiben.

Aber meine Frage war ja nicht, warum die US-Szene mehr besseres Material abwirft als wir (das tut sie), sondern warum international niemand an Übersetzungen interessiert scheint, obwohl diese auch aus anderen EU-Ländern akquiriert werden.
Die letzten sind schon eine Weile her, siehe im entsprechenden Thread, und es erscheinen neue Anthos ohne "uns".

Bearbeitet von Naut, 07 Februar 2023 - 07:18.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#7 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 08:59

Aber meine Frage war ja nicht, warum die US-Szene mehr besseres Material abwirft als wir (das tut sie), sondern warum international niemand an Übersetzungen interessiert scheint, obwohl diese auch aus anderen EU-Ländern akquiriert werden.
Die letzten sind schon eine Weile her, siehe im entsprechenden Thread, und es erscheinen neue Anthos ohne "uns".

 

Hast du mal ein Beispiel für Anthologien, die Übersetzungen aus europäischen Ländern bringen? Und lagen die Geschichten vielleicht auf englisch vor und waren damit attraktiver für die entsprechenden Herausgeber?

Umgekehrt werden ja auch nichtenglische Geschichten in deutschsprachigen Anthologien veröffentlicht und dahinter steckt meist das Engagment einzelner.  Daher die Frage, sind Kurzgeschichten aus anderen EU Ländern wirklich attraktiver oder haben diese Veröffentlichungen andere Gründe.

 

Kurzgeschichten sind hierzulande ja nicht sonderlich erfolgreich und werden selbst von der Szene relativ gemieden. Da ist es auch nicht wunderlich, dass der englischsprachige Markt mit seinem riesigen Angebot kein großes Interesse daran hat, was aus dem deutschsprachigen Raum zu veröffentlichen, oder?

 

Aktuell gibt es zumindest hier eine Alternative:

https://www.boersenb...-matting-264887



#8 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 09:18

"Andere Gründe" könnte hinkommen, wer sich selbst nicht liebt, wird auch nicht geliebt. ;)

Zwei aktuelle Beispiele:
Lavie Tidhar (Hrsg.): The Best of World SF, Vol. 1 & 2


Bearbeitet von Naut, 07 Februar 2023 - 10:03.

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#9 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 09:53

@J.A.Hagen: Genial! Ich schreib doch Lokal SF Geschichten, von denen viele in München spielen, und da MUSS ich Sepp Wastlmeier einfach klauen! Du hast doch sicher nichts dagegene? Oder? Oder? Oder?

Darf ich? Darf ich?

 

 

Hallo Schlomo,

klar darfst Du. Die Idee zur Figur liegt bei mir seit einem Jahr, ohne dass sich was tut. Also: Zieh voll von der Lederhosn!
"Ein Münchner im Himmel" mal anders. Ach ja: Sepp hat eine Kollegin – a Preißin –, die absolut nichts versteht, sobald er im bayerischen Dialekt spricht. "Himmiherrgottsakra!" kapiert sie allerdings.


Bearbeitet von J. A. Hagen, 07 Februar 2023 - 09:53.

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#10 Mammut

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    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 10:00

"Andere Gründe" könnte hinkommen, wer sich selbst nicht liebt, wird auch nicht geliebt. ;)

Zwei aktuelle Beispiele:
Lavie Tidhar (Hrsg.): The Nest of World SF, Vol. 1 & 2

 

Das sind diese:

 

https://www.isfdb.or...n/pl.cgi?827625

 

https://www.isfdb.or...n/pl.cgi?916398

 

Ich habe nur Stichproben geprüft, aber das waren alles Geschichten, die schon mal auf englisch erschienen.



#11 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 10:01

Lavie Tidhar ist mir schon mehrfach positiv aufgefallen

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#12 Mammut

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 10:17

Eine Ergänzung noch, die off-topic ist. Diese Best-Of Anthologien scheinen ja im englischsprachigen Raum sehr verbreitet und auch erfolgreich zu sein.

Im deutschsprachigen Raum gibt es sowas überhaupt nicht. Für Horror und unheimliche Phantastik gebe ich Zwielicht Classic heraus, da ist das Interesse aber sehr übersichttlich. Ansonsten sind Nachdrucke von phantastischen Kurzgeschichten, mit Ausnahmen von Aufnahmen in Storysammlungen, ja eher die Ausnahme.

Dafür das die meisten Anthologien ja eine sehr begrenzte Leserschaft haben, ist das irgendwie merkwürdig, das es eine solche Reihe nicht gibt. Zeigt aber auch, das Interesse ist überhaupt nicht vorhanden, weder bei den Produzenten, noch bei den Konsumenten.



#13 Sam Francisco

Sam Francisco

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 11:56

Ein Protagonist namens Sepp Wastlmeier, der wegen seiner Mutter auch Swahili spricht und mit der Bavaria One dem Prussianischen Stechschritt-Sternenreich zusetzt, hätte vermutlich Chancen.

Das will ich lesen!!!
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#14 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 13:06

Das will ich lesen!!!

 

Sepp Wastlmeier zwängte sich durch das Gedärm der Bavaria One und fluchte auf Swahlili, der Sprache seiner Mutter. Kruzitürken, ein Maschinenschaden, während der Vektor des Raumschiffs in ein Asteroidenfeld führte. Sepp blieben noch zwanzig Minuten, den Antrieb wieder in Gang zu setzen, bevor die Kollison mit den ersten Gesteinsbrocken die Bavaria One plattdrücken würde wie eine Brezel.

 

Hätte Großmufti Napoleon "Fordern" Söhter nicht einen übereilten Start des Bavaria-Raumprojekts erzwungen, damit er dies als politischen Erfolg bei den Wahlen gelten machen konnte, so flöge Sepp vielleicht jetzt in einem Raumschiff, das nicht so wirkte, als habe es ein Halbwüchsiger im Drogenrausch zusammengekloppt.

 

Sepp fluchte, als seine Blase ihn drauf hinwies, dass die letzte Halbe Bier ihren Marsch durch den Verdauungstrakt abgeschlossen hatte und nun nach Freiheit verlangte. Endlich, da war die defekte Stelle! Eine verschmorte Platine. Made in the Planetary Republic of China stand darauf.

Das durfte nicht wahr sein!, dachte Sepp. Von wegen bayerische Wertarbeit, wie Söhter getönt hatte. Billigpfusch vom günstigsten Anbieter im östlichen Sektor. Ein Wunder, dass es nicht aus Nordkorea stammte, aber die Nordkoreaner waren noch auf der Erde, weil ihre Raumschiffe knapp vor Japan im Meer niedergegangen waren.

 


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#15 Dyrnberg

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 13:07

Die Deutschen: humorlose Bürokraten und Technokraten sowie die Oberlehrer Europas. Warum sollte jemand etwas von uns lesen wollen?.


Das würde dann ja für Euch gelten und die Dinge erklären. Aber was ist mit uns in Österreich? [Ach ja, richtig... Unser Land kennt niemand.]

Mein Gefühl: Solche Dinge haben auch ein Stück weit mit Zufall zu tun. Und oft brauvht es ein "Zugpferd". Sprich: Wird eine Autorin aus D im Bereich Sci-Fi weltberühmt, interessiert man sich plötzlich für dieses Genre in diesem Land weit, weit mehr als früher. Also: Wer mag "Utopie 27" übersetzen? Vielleicht ist das der Türöffner. ;)

Seriously: Man könnte jeden Preisträgertext ins Englische übersetzen und international anbieten?

#16 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 13:19

Aber was ist mit uns in Österreich? [Ach ja, richtig... Unser Land kennt niemand.]

 

Durch Arnold Schwarzenegger schon. Falls ich etwas von einem neuen österreichischen Autor höre, so stammt der in der Regel aus einem erzkatholischen Gebirgsdorf und muss sich durch Schreiben therapieren.

 

Österreich hat vielleicht nach außen hin das Problem, dass man an Skifahren, k.u.k-Monarchie, Sachertorte, Lipizzaner und Sisi-Filme denkt, aber nicht an SF. Es gibt zwar bekannte Autoren wie Thomas Bernhard oder Wolf Haas, aber die verfassen keine SF.

Allerdings danke für den Hinweis, dass ich als Deutscher bei deutschsprachig zu Unrecht nur an Deutschland denke und nicht an unsere Nachbarländer Schweiz und Österreich.

 

Vielleicht sollten wir eine SF-Allianz bilden und uns mehr untereinander austauschen.


Bearbeitet von J. A. Hagen, 07 Februar 2023 - 13:21.

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#17 Mammut

Mammut

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 13:22

J.A. Hagen, und was ist mit den Luxemburgern? 

https://de.wikipedia...Norbert_Jacques

 

Seriously: Man könnte jeden Preisträgertext ins Englische übersetzen und international anbieten?

 

Ein klarer Fall für Internova?

https://internova.wo...ehub.net/about/


Bearbeitet von Mammut, 07 Februar 2023 - 13:29.


#18 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 13:26

Hey, Österreich hatte 2022 sogar eine eigene SF-Anthologie im Verlag OhneOhren! Facetten der Zukunft

Mit Austria-only Autor:innen!


Podcast: Literatunnat

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#19 Dyrnberg

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 13:51

Falls ich etwas von einem neuen österreichischen Autor höre, so stammt der in der Regel aus einem erzkatholischen Gebirgsdorf und muss sich durch Schreiben therapieren.

.

:thumbup:

 

Recht viel besser kann man österreichische Literatur nicht zusammenfassen.



#20 Sam Francisco

Sam Francisco

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 15:36

Sepp Wastlmeier zwängte sich durch das Gedärm der Bavaria One und fluchte auf Swahlili, der Sprache seiner Mutter. Kruzitürken, ein Maschinenschaden, während der Vektor des Raumschiffs in ein Asteroidenfeld führte. Sepp blieben noch zwanzig Minuten, den Antrieb wieder in Gang zu setzen, bevor die Kollison mit den ersten Gesteinsbrocken die Bavaria One plattdrücken würde wie eine Brezel.
 
Hätte Großmufti Napoleon "Fordern" Söhter nicht einen übereilten Start des Bavaria-Raumprojekts erzwungen, damit er dies als politischen Erfolg bei den Wahlen gelten machen konnte, so flöge Sepp vielleicht jetzt in einem Raumschiff, das nicht so wirkte, als habe es ein Halbwüchsiger im Drogenrausch zusammengekloppt.
 
Sepp fluchte, als seine Blase ihn drauf hinwies, dass die letzte Halbe Bier ihren Marsch durch den Verdauungstrakt abgeschlossen hatte und nun nach Freiheit verlangte. Endlich, da war die defekte Stelle! Eine verschmorte Platine. Made in the Planetary Republic of China stand darauf.

Das durfte nicht wahr sein!, dachte Sepp. Von wegen bayerische Wertarbeit, wie Söhter getönt hatte. Billigpfusch vom günstigsten Anbieter im östlichen Sektor. Ein Wunder, dass es nicht aus Nordkorea stammte, aber die Nordkoreaner waren noch auf der Erde, weil ihre Raumschiffe knapp vor Japan im Meer niedergegangen waren.
 


Mega!
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#21 J. A. Hagen

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 16:39

Sepp setzte eine Zange an der Platine an. Ganz vorsichtig, dachte er.

"Hast du das Problem schon gefunden?", fragte Heike.

Er fuhr zusammen, als der Funkempfänger in seinem rechten Ohr zum Leben erwachte, und ließ fast die Zange fallen. "Himmiherrgottsakra!"

"Ich glaube nicht, dass Gott dir helfen wird", sagte sie. "Wunder sind selten und unzuverlässig. Du kannst dich natürlich zur Sicherheit an den Heiligen Christophorus und die Jungfrau Maria wenden, aber die haben keine Abschlüsse als Ingenieure."

Heike saß am Ruder, während Sepp auf Problemsuche gegangen war. Einerseits hielt er wenig von Frauen am Steuer, andererseits hatte er im Heck der Bavaria One die größten Überlebenschancen, falls es zur Kollision kam. Nicht, dass er etwas gegen Heike hatte, aber ein guter Mann dachte an sich. Selbst zuletzt.
"Ich bin dran." Er zog die Platine heraus. Nur eine defekte Stelle, die mit Lötzinn schnell repariert sein würde. Er zog den Lötkolben aus der Werkzeugtasche. Wo war das verdammte Zinn? Sepp bohrte mit den Fingern, als suchte er nach Öl. Nichts da!

Er ließ eine Kaskade von Verwünschungen ab, die ihm mit Sicherheit nach dem Tode einen Aufenthalt in einer warmen Region einbringen würde. Ja, er fluchte das Weißblaue vom Himmel herunter.

 

An einem weit enfernten und doch sehr nahen Ort steckte Gott sich die Finger in die Ohren. Schon wieder die Bayern, und vor allem dieses verhaltensauffällige Exemplar. Die Herrin erwog, umgehend den Jüngsten Tag anbrechen zu lassen, nahm aber nach einem Joint davon Abstand.

 

"Uns bleiben noch dreizehn Minuten", sagte Heike. "Da vorzeitiges Ableben nicht in meinem Terminkalender steht, hätte ich nichts dagegen, falls du zu Potte kommen würdest."
"Du gehst mir auf den Zeiger! Ich weiß, was ich tue!"

"Echt? Genauso wie du damit angeben wolltest, wie weit sich der Antrieb hochdrehen lässt?"

"Konnte ich wissen, dass hier Pfusch installiert wurde?"
"Ja, ja."

Sepp erwog, ins Cockpit zu gehen, Heike zu erdrosseln und den tödlichen Aufprall wie ein Mann zu nehmen. Stattdessen schickte er ein Stoßgebet zu Himmel und versprach, eine Kerze zu stiften, falls Gott ihm beistand. Tausend Kerzen! Er drückte sogar ein paar Tränen raus.
Leider hatte Gott offenbar zu tun, also bat Sepp die Jungfrau Maria um Hilfe. Vergebens.
Der Heilige Christophorus blieb der letzte Notnagel. Sepp legte sich salbungsvolle Worte zurecht, als ihm – du Hornochse! Rindvieh, damisches! – die St.-Christophorus-Medaille einfiel, die er in seiner Brusttasche trug. Er küsste sie, bekreuzigte sich dreimal wegen des Frevels, den er begehen würde, und setzte den Lötkolben an. Dreißig Sekunden später war die Platine repariert.

 

"Heike, versuch mal, ob die Kiste anspringt", sagte er gepresst. Seine Blase hatte die Größe eines Blauwals angenommen, und Sepp würde dem Harndrang nicht mehr lange widerstehen können.
Sie sagte: "Nein."

"Nochmal!"

"Ist die Platine richtig drin?"
Er hieb mit der Hand drauf. "Ja! Mach schon."
 

Der Antrieb zündete, und Sepp machte in die Hose.
Danke, Heiliger Christophorus, dachte er.


Bearbeitet von J. A. Hagen, 07 Februar 2023 - 16:55.

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#22 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 17:17

Ohne zuviel zu verraten: Wenn mal anderssprachige Ausgaben des Future Fiction Magazines erscheinen, haben deutsche AutorX, die in der nationalen Ausgabe vertreten sind, gute Chancen, übersetzt und international veröffentlicht zu werden.

Es ist übrigens grundsätzlich immer hilfreich, gute (internationale) Kontakte zu haben. Leider gibt es jedoch kein internationales Forum ähnlich diesem, so dass es alles andere als leicht ist, entsprechende Kontakte zu etablieren.

Auch von ein paar Veröffentlichungen im Ausland wird freilich weder die gesamtterranische SF revolutioniert noch die angloamerikanische (deren Sprache weltweit von sehr vielen Menschen verstanden wird, ohne Übersetzungskosten) in ihrer Bedeutung beschnitten.

Man sollte das Thema jetzt auch nicht unbedingt zu hoch hängen: Wir reden hier von ein paar prima Kurzgeschichten, nicht vom Weltfrieden.

Bearbeitet von Uwe Post, 07 Februar 2023 - 17:18.

Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#23 Sam Francisco

Sam Francisco

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Geschrieben 07 Februar 2023 - 19:34

Nicht, dass er etwas gegen Heike hatte, aber ein guter Mann dachte an sich. Selbst zuletzt.


Da sieht man wieder, wie wichtig Satzzeichen sind.
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#24 T. Lagemann

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Geschrieben 08 Februar 2023 - 09:43

Mhm,

 

mir fallen nicht viele deutschsprachige Autor*innen ein, die ich mir in Übersetzung andernlands vorstellen kann. Ich sehe da schon ein Qualitätsgefälle, gerade auch wenn man die "Besten" mit den "Besten" vergleicht. Ey, ich lese zwischendurch immer mal wieder einen Text aus "Planet Democracy - Stories of Hope, Courage, Unity and Copmpassion" (Mithila Review * The Journal of International Science Fiction & Fantasy, Issue 16, July 2022). Und, puh, wenn ich dabei an das an "Hope Punk" denke, das ich aus deutschsprachiger Autor*innenschaft (Soooo, jetzt sind die Gendersternverweigerer raus ...) kenne, tja ... Welten!

 

Apropos Welten, es hat sich eben vieles geändert. Die Zeiten mutiger Autoren wie Ziegler, Pukallus und Hahn sind vergangen, zudem boomt SF schon lange nicht mehr. Entsprechend wenig Platz bleibt für Innovatives und Kreatives, denn Anthologien und Periodika wollen ja auch verkauft werden. Und angesichts von ja immer mal wieder aufdröhnendem "Verkopft!", darf es davon (als verkopft empfundenem) nicht zu viel geben. Obwohl, nee, ganz so einfach ist das natürlich nicht, denn ohne das Label "SF" wird ja viel "Verkopftes" (leider zumeist in Romanform) veröffentlicht. Ich erinnere in dem Zusammenhang gerne an Christiane Neudeckers Erzählungsband "Das siamische Klavier", für den sie  (2010) den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar bekam. Gab es dazu Widerhall im Forum? Ja, im hier eingestellten Programm zu der Wetzlarer Veranstaltung fand sich der Hinweis auf die Preisverleihung. Boah!

 

Okay, auch dafür reicht(e) es dann nicht zu Übersetzungen. Tja, unter'm Strich ist die angloamerikanische Kurzgeschichte der deutschsprachigen einfach ein paar Generationen voraus - gerade auch was die Annahme durchs Lesepublikum anbelangt. Trösten wir uns damit, dass es in Deutschland zumindest wahrscheinlich wohl genau so viele Autor*innen wie Leser*innen von SF-/Phantastik-Kurzgeschichten gibt.

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
  • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
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#25 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 08 Februar 2023 - 10:17

Vieles davon würde ich unterschreiben, Tobias, leider, aber wir hatten schon einige herausragende Perlen in den letzten zwei Jahren.
Also etwas optimistischer wäre ich schon.

Aber nicht viel

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#26 Mammut

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Geschrieben 08 Februar 2023 - 10:27

Mhm,

 

mir fallen nicht viele deutschsprachige Autor*innen ein, die ich mir in Übersetzung andernlands vorstellen kann. Ich sehe da schon ein Qualitätsgefälle, gerade auch wenn man die "Besten" mit den "Besten" vergleicht. 

 

Ich will dir da gar nicht widersprechen. Aber vielleicht sollte man einfach einen anderen Vergleich anziehen. Also eine der üblichen Anthologien/Magazine mit den entsprechenden Pendants. Einfach nur das Beste herauszuziehen und zu sagen, da reicht es auf dem deutschsprachigen Markt nicht, kann man natürlich machen.

Ich habe jetzt im Laufe der Zeit ein paar ins Deutsche übersetzte Anthologien gelesen und die schienen mir nicht unbedingt besser als vergleichbare Originalveröffentlichungen.



#27 Uwe Post

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Geschrieben 08 Februar 2023 - 10:33

Genau, Mammut!
Ich würde einen wichtigen Punkt von Tobias nicht unterschreiben, nämlich dass die angloamerikanischen Autoren uns "voraus" sind.

Ich würde eher sagen: Texte, Stil, Inhalte und nicht zuletzt Publikum sind anders.

Unzählige Storys in diversen einschlägigen Magazinen oder "Best of"-Anthologien habe ich gelesen - und fürs Future Fiction Magazine für ungeeignet befunden, weil deutsche Leser eben andere Erwartungen haben als angloamerikanische (und aus thematischen Gründen natürlich). Umgekehrt habe ich welche von meinen (tja: schrägen) Storys bei englischen Magazinen eingereicht und sie wurden alle als "unpassend" abgelehnt. Tatsächlich finden wir deutlich mehr Perlen außerhalb der großen Magazine und von AutorX aus anderen Ländern als den USA&Co.

Das "Beste" ist eben zu einem gewissen Teil wirklich Geschmacksache.


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#28 Mammut

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Geschrieben 08 Februar 2023 - 10:43

Unzählige Storys in diversen einschlägigen Magazinen oder "Best of"-Anthologien habe ich gelesen - und fürs Future Fiction Magazine für ungeeignet befunden, weil deutsche Leser eben andere Erwartungen haben als angloamerikanische (und aus thematischen Gründen natürlich). 

 

Hast du mal Beispiele für Erwartungen von deutschsprachigen Lesern und inwiefern die dann anders sind als auf dem englischsprachigen Markt?



#29 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 08 Februar 2023 - 10:55

Würde mich auch interessieren!

Ich beobachte beispielsweise nehr slice of Life und mehr menschlich -universelle Themen in SF.
Beispiel: erste liebe, Scheidungen usw. in futuristischen Welten.
Wie Eltern mit Kind trennen sich und einer von beiden wandert auf den Mars aus

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#30 J. A. Hagen

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Geschrieben 08 Februar 2023 - 11:29

Jemand hat mal die SF unterteilt in SF und Light SF. Ich glaube, es war Dr. Michael Drewniok.

Light SF bietet gängige Abenteuergeschichten, aber auch Thriller, Krimi usw., die in die Zukunft oder den Weltraum verlegt werden. Damit folgt diese Richtung der Tradition der Pulps und baut unter Umständen auch soap opera-Elemente ein.

 

Daneben existiert eine mehr technisch-naturwissenschaftlich fundierte SF.

Die Frage ist für mich, ob die Leserschaft intellektuell stimuliert oder emotional abgeholt werden will.


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