DSFP und KLP haben - so, wie sie derzeit definiert sind - zum Ziel, die im jeweiligen Jahr herausragenden Leistungen der deutschsprachigen Science-Fiction auszuzeichnen.
Das herausragende Phänomen der deutschsprachigen Science-Fiction ist - schon länger, als diese Preise bestehen, bis in die Gegenwart hinein und wohl auch für die absehbare Zukunft - Perry Rhodan. In den Artikeln in AN und SOL ist das näher erläutert.
Aus diesen beiden Feststellungen und der Beobachtung, dass Perry Rhodan in den Preisen praktisch unsichtbar ist, ergibt sich, dass keiner der Preise aktuell sein Ziel erreicht.
Ich überschätze die Eigenständigkeit eines PR-Romans und unterschätze die Abhängigkeit vom Serienkosmos. Versuche, nicht-PR-Lesern einzelne von mir als "selbstständig lesbar" klassifizierte Hefte zur Lektüre zu geben, scheiterten grandios.
In meinem Umfeld finde ich bestätigt, dass 80% der Rhodan-Heftromane eigenständig lesbar sind. Allerdings enthalten sie oft eine zusätzliche Bedeutungsebene, wenn man den Serienzusammenhang kennt. Jeder kann die erzählte Geschichte erfassen, die Handlung nachvollziehen, sich in die Figuren hineinversetzen, die Geschichte erleben. Dass nur die "Kenner" die Einordnung des Geschehens in den Serienkosmos vornehmen können, ist davon unbenommen. Ich halte das für vergleichbar mit Werken wie Im Westen nichts Neues: Das persönliche Drama des Protagonisten und die Schrecken des Krieges sind menschlich-empathisch für jeden Leser zugänglich. Jemand, der sich mit dem Ersten Weltkrieg auskennt, wird darüber hinaus eine historische Einordnung vornehmen können, und jemand, der aus dem Raum Osnabrück kommt, kann manche Schauplätze sehr genau verorten und mit ihrem heutigen Erscheinungsbild vergleichen. Das ist zwar bereichernd, aber nicht notwendig für den Zugang zur Geschichte.
Gerade für Science-Fiction-Fans sollte es zur alltäglichen Leseerfahrung gehören, in ihrer Lektüre Schauplätzen und Gegebenheiten zu begegnen, die ihnen (zunächst) unbekannt sind. Das macht die "Kontaktscheu" für mich unverständlich.
Die angesprochene Frage der Vergleichbarkeit eines Heftromans (oder eines Heftroman-Mehrteilers) zu Kurzgeschichten oder Romanen ist sicher berechtigt, sollte aber meines Erachtens nicht überbewertet werden, denn sie stellt sich bei jeder Jurybewertung:
Sind die Beiträge beim Eurovision Song Contest wirklich vergleichbar, obwohl dort Folk Songs, Hard Rock und lockerer Pop dargeboten werden?
Lassen sich bei einer Karate-Weltmeisterschaft unterschiedliche Kata bewerten, obwohl sie in unterschiedlichen Karatestilen wurzeln, die manchmal sogar gegensätzliche Anforderungen an den Umgang mit dem Körperschwerpunkt oder der Atmung stellen?
Wenn die großen Feuilletons die empfehlenswertesten Sachbücher des Monats auflisten, steht eine historische Betrachtung über den Ersten Weltkrieg neben einem Ernährungsratgeber und einem autobiografischen Erfahrungsbericht über Depressionen - wie kann man das vergleichen?
Ich sehe nicht, dass das Feld der Science-Fiction-Literatur weiter wäre als die skizzierten Beispiele. Letztlich geht es darum: Was konnte im Bereich der Science-Fiction am stärksten beeindrucken? Die ESFS Awards verleihen einen Preis für das "Best written work of fiction" - unterscheiden also nicht nach Länge der Texte.
Wenn ich auf meine Lektüre seit Jahresbeginn schaue, dann waren darunter mehrere Heftromane, einige Kurzgeschichten, mehrere Artikel in Magazinen, vier Romane (davon zwei in Heftromanlänge, aber im Buchmarkt publiziert). Was mich am meisten beeindruckt hat, kann ich trotz der formalen Diversität sofort sagen: eine Horror-Kurzgeschichte und ein Bilderbuch für Erwachsene in Kombination mit einer musikalischen Begleit-CD. In beiden Fällen könnte ich die Punkte, in denen ich die besondere Qualität sehe, auch über ein "gefällt mir" hinaus aufführen.
Wenn es aber einer Kategorisierung bedarf, fände ich sinnvoll, sich am wichtigsten Genre-Preis überhaupt, dem HUGO Award, zu orientieren.