Für mich war das eine “durchschnittliche” EXODUS Ausgabe, was aber immer noch heißt: Ein toll aufgemachtes Magazin mit guten Grafiken und - mindestens - ein paar guten Geschichten. Am besten haben mir die Geschichten von Schneiberg, Tunnat und Schattschneider gefallen.
Ein paar Bemerkungen zu den meisten Geschichten (mehr geht gerade nicht, bin verschnupft).
Michael Schneiberg: Die Frau in der Wand
Eine sehr gut geschriebene Geschichte mit einem etwas schwierigen Ende.
In einer Welt, die von Nanobots verseucht ist und in der es “Medienverschmutzung” gibt, fühlt sich Fabian von einer KI verfolgt. Er hört plötzlich ihre Stimme, sie ist seine “Frau in der Wand” und er spürt ihre vermeintliche Nähe.
Die Gespräche der beiden haben mir sehr gut gefallen und auch die Art, wie sie sich näherkommen und wie Fabian erkennt, wer hinter der Stimme steckt. Dazu kommt ein behutsamer Weltenbau mit einem Niedergang der Welt im Hintergrund, den ich überzeugend und geschickt aufgebaut fand.
Es gibt viele gelungene Sätze und Formulierungen, wie z.B. “Die Menschen waren zu den Labormäusen ihrer eigenen Schöpfung geworden.” (S. 9). In einer großartigen Beschreibung heißt es über Gebäude der Stadt, sie seien ”überlebensgroße Leinwände abstrakter Gewalt. Die Welt hatte sich in ein krankes Gehirn verwandelt.” (S. 11).
Das Ende bleibt rätselhaft. Fabian hat herausgefunden, wer die Frau ist und seine Konsequenzen gezogen.
Großartig.
Hans Jürgen Kugler: Mach hin!
Eine böse Geschichte um einen Raser, die nur einen homöopathischen SF-Anteil hat.
Yvonne Tunnat: Trauergeschäfte
Diese berührende Geschichte um den Umgang mit dem Verlust eines Kindes hat mir gut gefallen. In der Zukunft gibt es eine ganz spezielle Trauerbewältigung, die hier von einer überzeugend charakterisierten Mutter in Anspruch genommen wird. Auch die Ich-Erzählerin fand ich sehr gelungen.
Kurz und pointiert.
Wolf Welling: Stulpa
Was sollte das denn? Dr. Frank N. Stein und sein Gehilfe Kerner erzeugen “Stulpa” und der Doktor erlebt eine böse Pointe. Voller interner Anspielungen auf Werke von Wolf Welling konnte mich die Geschichte aber trotzdem gar nicht überzeugen, ich habe schon zu oft etwas von Frank N. Stein gelesen.
Victor Boden: Der Garten
Anfangs wird ein karges und beschwerliches Leben auf einem Eisplaneten geschildert. Für die Kolonisten wird die Situation immer aussichtloser, als seltsame Steine auftauchen und immer mehr Menschen in eine geistige Abhängigkeit von den Aliensteinen geraten.
Das Leben und die Versorgungsprobleme der Menschen werden genau geschildert. Die Situation eskaliert immer mehr und die Nahrungsmittel werden knapp.
Die Geschichte enthält zu viel Infodump, zu viel Bericht, die Figuren bleiben blass und die schrecklichen Dinge, die geschehen, berühren den Leser kaum. Sie war mir zu lang und nach einem gelungenen Auftakt, in dem Owen viel verflucht, verlor ich mehr und mehr das Interesse.
Norbert Stöbe: Irgendwann, vielleicht
Noch eine Geschichte mit menschlichen Kolonisten auf einem fremden Planeten. Dort gibt es die sogenannten Glom, die wie Pflanzen wirken und meist herumstehen.
Es ist eine Geschichte um Annäherung, denn eine der Hauptfiguren ändert ihr Verhalten, sodass es ein positives Ende gibt.
Corinna Griesbach: Die Kugel (Wasauchimmer)
Sorry, die Geschichte habe ich auch beim zweiten Mal nicht verstanden. Ich interpretiere sie mal als Satire auf den UFO-Wahn.
Toni Frey: Die Patientin
Ein Schwarzes Loch umkreist den Planeten der Ich-Erzählerin und nur sie erspürt Veränderungen. Allerdings ist sie in einer Art psychiatrischer Anstalt und wird lange nicht ernst genommen. Bis sogar die Wissenschaftler sie um Rat fragen.
Die Geschichte ist lang und die Erzählerin nervte mich ein wenig.
Insgesamt fand ich diese Geschichte etwas ärgerlich: viel zu lang und gegen Ende viel zu esoterisch.
Dieter Korger: Gondwana Skyway
Ein originelles Setting, in dem zwei Freunde eine wichtige Fracht auf dem “Gondwana Skyway” transportieren, dem längsten Highway der Welt von Afrika nach Südamerika über den Atlantik. Sie haben eine gefährliche Fracht dabei.
Ich fand die Geschichte bis zur Auflösung gut. Die Beziehung zwischen den beiden Fahrern, die Andeutungen zur Welt, der androgyne Mensch, den sie mitnehmen: das alles war gut beschrieben. Leider erfolgt die Auflösung in einem detaillierten Infodump, bei dem alle Kleinigkeiten erklärt werden, die der Autor sich gedacht hat. Das hätte eleganter gelöst werden können.
Christian Endres: Sprich nicht mit der Katze
Eine nette Pointengeschichte, wobei die Pointe nicht so wirklich überraschend kommt.
Peter Schattschneider: Genesis Reloaded
Ich fand die Geschichte anfangs etwas mühsam zu lesen, denn insbesondere der zweite Teil wirkt arg technisch und ist voller Bezeichnungen in Großbuchstaben, von denen ich mich immer etwas angebrüllt fühle.
Nach einer kleinen Eingewöhnungszeit fand ich es dann aber doch unterhaltsam, wie hier die Maschinenintelligenzen miteinander umgehen und wie letztlich aus einer falschen Übersetzung eine Schöpfungsgeschichte entsteht. Die Namen sind gut gewählt und die Technik ist sehr gut beschrieben.
Es hat Spaß gemacht.
Angelika Brox: Junimond
Diese Endzeit-Geschichte habe ich gerne gelesen. Sie trifft den melancholischen Sound von Rio Reisers “Junimond” sehr gut. Ohnehin ist sie durchsetzt mit Anspielungen, die vielleicht nicht alle (Rio, Pamina, Buzz Lightyear) eine Erläuterung benötigt hätten.
Die Menschen reagieren irrational ruhig auf die Katastrophe, anders als von ähnlichen Geschichten mit diesem Thema gewohnt. Gerade das führte bei mir aber zu genauerem Nachdenken, wie ich selbst reagieren würde.