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EXODUS Nr. 47 (11/2023)


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120 Antworten in diesem Thema

#31 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 01 Dezember 2023 - 15:32

Hans Jürgen Kugler: Mach hin!
Das letzte Mal, als ich eine Geschichte von diesem Autor rezensiert habe, die mir weniger zugesagt, habe ich erst eine riesige Liste der Prosa gemacht, die ich von ihm mag. Das spare ich mir jetzt mal. Diese sehr kurze Geschichte (zwei Seiten) greift nicht wirklich nach den am schwersten erreichbaren Früchten. Das ist vermutlich auch Absicht, vermutlich wollten die Herausgeber die oft doch eher längeren Storys dieser Ausgabe ein wenig auflockern.
Ein explizit unsympathischer Protagonist rast über die Autobahn und flucht dabei ziemlich ... zeitgenössisch. Man ahnt bald, worauf es hinausläuft. Und wird nicht enttäuscht. Der Mensch sitzt längst im Rollstuhl im Krankenhaus ("sabbernd", was ich ... nun, das hat mir nicht so gefallen, es bedient ein Klischee und wäre ich eine Rollstuhlfahrerin, könnte ich das allmählich nicht mehr sehen) und kann den Rasch des Schnell-Fahrens nur noch via X-Box erlebt (sein Angeschlossen-Sein an die X-Box und dass es zu der Zeit nur noch selbstfahrende Autos und selbstverständlich keine Raser mehr gibt, sind die SF-Zutaten der Story).
Am Ende dann noch die Bettpfannen-Erwähnung. Nun ja.

Klar, die Prämisse liegt auf der Hand, 260-370 Sachen auf deutschen Autobahnen, das ist leichtsinnig und gefährlich und sollte abgeschafft werden.
Hier aber die naheliegendste Figur zu nehmen, die zum Schnellen-Fahren auf der Autobahn passt (alleine vom Ton her) und dann auch noch die naheliegendste Strafe dafür inklusiver der Unfallopfer-Klischees zum Angstmachen. Na ja. Ich mag es nicht besonders, wenn Behinderungen als Angstmachmittel verwendet werden. Das finde ich nicht besonders respektvoll und irgendwie hängen mir hier die Früchte schon viel zu tief.

Sorry, war gar nicht meins.

Hans Jürgen Kugler: Mach hin!
Das letzte Mal, als ich eine Geschichte von diesem Autor rezensiert habe, die mir weniger zugesagt, habe ich erst eine riesige Liste der Prosa gemacht, die ich von ihm mag. Das spare ich mir jetzt mal. Diese sehr kurze Geschichte (zwei Seiten) greift nicht wirklich nach den am schwersten erreichbaren Früchten. Das ist vermutlich auch Absicht, vermutlich wollten die Herausgeber die oft doch eher längeren Storys dieser Ausgabe ein wenig auflockern.
Ein explizit unsympathischer Protagonist rast über die Autobahn und flucht dabei ziemlich ... zeitgenössisch. Man ahnt bald, worauf es hinausläuft. Und wird nicht enttäuscht. Der Mensch sitzt längst im Rollstuhl im Krankenhaus ("sabbernd", was ich ... nun, das hat mir nicht so gefallen, es bedient ein Klischee und wäre ich eine Rollstuhlfahrerin, könnte ich das allmählich nicht mehr sehen) und kann den Rasch des Schnell-Fahrens nur noch via X-Box erlebt (sein Angeschlossen-Sein an die X-Box und dass es zu der Zeit nur noch selbstfahrende Autos und selbstverständlich keine Raser mehr gibt, sind die SF-Zutaten der Story).
Am Ende dann noch die Bettpfannen-Erwähnung. Nun ja.

Klar, die Prämisse liegt auf der Hand, 260-370 Sachen auf deutschen Autobahnen, das ist leichtsinnig und gefährlich und sollte abgeschafft werden.
Hier aber die naheliegendste Figur zu nehmen, die zum Schnellen-Fahren auf der Autobahn passt (alleine vom Ton her) und dann auch noch die naheliegendste Strafe dafür inklusiver der Unfallopfer-Klischees zum Angstmachen. Na ja. Ich mag es nicht besonders, wenn Behinderungen als Angstmachmittel verwendet werden. Das finde ich nicht besonders respektvoll und irgendwie hängen mir hier die Früchte schon viel zu tief.

Sorry, war gar nicht meins.

Da stimme ich dir uneingeschränkt zu. Eine platte Story samt moralischer Keule und das alles andere als raffiniert zubereitet. Sowas nennt man Füllmaterial.
Eine Rasergeschichte habe ich auch mal geschrieben. Ist zwanzig Jahre her. Wie die Zeit vergeht.

Die Micro SD von Volker Dornemann hatte auch Flachwitzniveau.

Bearbeitet von Mammut, 01 Dezember 2023 - 15:35.


#32 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 01 Dezember 2023 - 15:55

Yvonne Tunnat - Trauergeschäfte

Wie immer mit viel Liebe zum Detail erzählt Yvonne von Verlust und Trauer, einer Möglichkeit, beides abzumildern und gleichzeitig ein Geschäft zu machen. Mir persönlich ginge das ein wenig schnell, die Wunden sind frisch und schon kommt jemand und bietet Ersatz. So bin ich froh, dass diese Option reine Utopie ist. Sie ist nämlich nicht nur verlockend, sondern auch erschreckend. Gut das es sowas nicht gibt.

#33 J. A. Hagen

J. A. Hagen

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Geschrieben 01 Dezember 2023 - 16:02

Ein spontaner Einfall zur Rasergeschichte:

Wäre es nicht witzig, wenn das die zukünftige Aggressionstherapie für die Raser ist, die wegen selbstfahrender Autos nicht mehr Bleifuß geben können?
Du gehst zur Thera-Box, wirfst ein paar Euro ein und kannst dich virtuell dem Rausch hingeben?

 

Einmal in der Woche war er frei.

Er rammt den Fuß auf das Gaspedal. Der Motor röhrte kraftvoll, und die Tacho-Anzeige kletterte auf 170 Stundenkilometer, während der Sportwagen über die Autobahn schoss.

180 … 190 … 200 km/h.

Hohmann grinste zufrieden, doch dann presste er die Lippen zusammen. In einem Kilometer Entfernung zuckelte ein VW-Bus auf der rechten Spur. Auf seiner Spur!

Routiniert setzte Hohmann die Lichthupe und wünschte sich, er könnte James-Bond-mäßig eine Rakete auf den VW abfeuern und ihn so von der Autobahn fegen. Alles, was langsamer als 180 fuhr, hatte kein Recht zu leben.

Herrgott, war der Idiot vor ihm blind? Warum schaffte er seine wertlosen Arsch nicht aus dem Weg? Hohmann rammte den Handballen auf die Hupe. Endlich machte der VW-Fahrer Platz. Eine Schnecke hätte ihn dabei überholen können.

Als Hohmann auf gleicher Höhe war, reckte er den Stinkefinger empor. Nimm das, Verlierer!

Er trat das Gaspedal bis zum Boden durch und leckte sich die Lippen, während die Tacho-Anzeige auf 240 schnellte.

Bei 270 Sachen strömte das Blut in seine Lenden, und Hohmann stöhnte glücklich.

 

DIe KI der Thera-Kabine registrierte bei Hohmann erhöhten Puls, steigenden Blutdruck, vermehrten Speichelfluss und zunehmende Adrenalinausschüttung. Die Werte bewegten sich jedoch im akzeptablen Bereich, daher war ein Eingreifen nicht erforderlich.

 

Da! Wie ein Habicht, der Beute erspäht, beugte sich Hohmann über das Lenkrad. Ein Ford Mustang! Endlich ein würdiger Fahrer. Hohmann grüßte ihn mit der Lichthupe, doch der Ford machte keine Anstalten, die Spur freizugeben. Hohmann knurrte leise. Der wollte es wirklich wissen. Auf der rechten Fahrbahn fuhr ein Wohnmobil und davor ein alter Kleinwagen, den man vermutlich aus Sibirien importiert hatte. Der Abstand mochte groß genug sein …

Hohmann riss das Steuer nach rechts, schnitt das Wohnmobil, hörte dessen Bremsen kreischen und sah im Rückspiegel, wie das Fahrzeug sich überschlug und in einem Feuerball verging.

Hohmann ejakulierte.

Er raste neben dem Mustang her, doch die Sau blieb auf gleicher Höhe. Der Fahrer grinste und grüßte ironisch. Hohmann fluchte und rammte den Kleinwagen, der seine Spur blockierte. Das Gefährt machte eine Satz nach vorne. Der Fahrer oder der Fahrerin geriet in Panik, wich auf den Standstreifen aus und kollidierte mit einem dort stehenden Fahrzeug, dessen Fahrer urinierte.

Hohmann kam zum zweiten Mal.

Der Fahrer des Mustang gab Hohmann das OK-Zeichen und ging vom Gas. Hohmann setzte sich vor ihn und lachte. Das Leben war gut.

Die Autobahn verschwand und machte der Kuppel der Therakabine Platz, auf deren Wände das Geschehen projiziert worden war. Steriles Weiß umgab Hohmann.

"Nein!", schrie er. "Nur noch fünf Minuten. Bitte!"

Er wollte sich wieder ganz fühlen und weiter in dem Gefühl schwelgen, Herr der Autobahn zu sein: ein PS-getriebener Spitzenprädator im Asphaltdschungel.

"Ihre Zeit ist um", sagte die Thera-KI. "Fühlen Sie sich besser?"

"Ja, aber …"

"Taschentücher stehen rechts neben Ihnen, falls Sie welche brauchen. Wir sehen uns nächste Woche."

Hohmann wischte an dem feuchten Fleck auf seiner Hose herum und kämpfte mit den Tränen. Nur keine Heulsuse sein, dachte er. Herren des Universums weinen nicht.

Er streichelte Lenkrad und Gangschaltung, bevor er aus dem Simulator stieg, der wie ein echter Sportwagen wirkte. Hohmann schlurfte aus der Thera-Kabine und trottete zum Ausgang. In fünf Minuten würde ein weiterer Patient hinter dem Steuer platznehmen. Benzin im Blut und Feuer im Bauch.

Die EU hatte sie kastriert, dache Hohmann. Seit drei Jahren durfte kein Neufahrzeug mehr zugelassen werden, dass schneller als 140 Stundenkilometern fuhr. Die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen betrug seitdem 130 km/h.

Hundertdreißig, dachte Hohmann. Das war so, als würde man einem Geparden das Rennen verbieten.

Er war zu den Demos gegangen, hatte dagegen protestiert, dass die EU seine Freiheit beschneiden wollte, Transparente gereckt und Parolen gegröhlt, aber ihr Widerstand war vergeblich gewesen. Selbst der verdammte ADAC hatte am Ende klein beigegeben. Seitdem war Hohmann kein Mitglied mehr.

Auf der Straßfahre blieb er stehen und sog die Luft ein. Kein Abgas-Aroma mehr. Scheiß-Elektrofahrzeuge. Wo blieb der Fahrspaß, wenn man den Motor nicht dröhen und die langsameren Fahrer nicht in Abgaswolken hüllen konnte?

Schneller, höher, weiter. Das war männlich. Vor allem schneller.

 

Am Abend sah er sich zwei Filme der Fast & Furious-Reihe an. Dominic Toretto, das war ein echter Kerl, der auf jede Geschwindigkeitsbegrenzung schiss. Hohmann nuckelte an der Bierflasche und tätschelte seinen Wohlstandsbauch. Verdammt noch mal, er wollte nicht dabei zusehen, sondern selber am Steuer eines PS-Boliden sitzen. Die Thera-Box half ihm zwar, aber das war nur eine Simulation. Er wollte einen echten Sportwagen unter dem Hintern haben. Es musste doch eine Möglichkeit geben …

 

Zwei Tage später sprach er seinem Kumpel Siggi gegenüber das Thema an.

"Ich bin da auf was gestoßen", sagte Siggi. "Jochen Schweizer bietet ein PS-Power-Paket an. Ein Wochenende lang kannst du auf abgesperrten Straßen Gas geben. Den Wagen stellen sie: Lamborghini, Ferrari, BMW, Chevrolet Stingray … Die Unterkunft ist im Preis inbegriffen. Nur die Anreise muss man selber zahlen."

Hohmann dämpfte die Stimme. "Ist das legal?"

"In Osteuropa schon." Siggi grinste. "Das Orban-Regime braucht wahrscheinlich Geld."
Er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. "Ist allerdings nicht billig."

Scheiß drauf, dachte Hohmann. Einmal wieder voll aufs Gas treten können … born to be wild. "Ist das seriös?"

Siggi zückte das Handy. "Schau dir die Bewertungen an."

Hohmann überflog die Einträge. Überwiegend vier oder fünf von fünf Sternen. Ein Italiener hatte nur drei vergeben, weil er den Sicherheitsgurt hatte anlegen müssen.

"Ich würde es machen, aber ich will nicht alleine hinfahren", sagte Siggi. "Falls wir uns die Reisekosten teilen …"

Erregung flutete Hohmanns Nervenbahnen. Er konnte gegen das Schicksal rebellieren, das ihm die EU aufgezwungen hatte. Born to be wild forever.
"Ich bin dabei", sagte er.

 

usw.


 


Bearbeitet von J. A. Hagen, 02 Dezember 2023 - 11:31.

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#34 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 01 Dezember 2023 - 16:10

Joachim, das wäre als Story oder definitiv besser!

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#35 Mammut

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Geschrieben 01 Dezember 2023 - 16:15

Wolf Welling: Stulpa
Das war schon eher meins. Ein Kammerspiel mit selbstreferentiellen Kommentaren zur Prosa des Autors (das hat ihm sicher Spaß gemacht), die ich aber okay finde, weil sie leicht ironisch daherkommen (und auf die Story "Adam" kriege ich sogar Lust) und irgendwie passen sie auch zum Dialog der beiden Hauptfiguren Kerner und Frank N. Stein (grins, der Name!).
Die Idee zur "Tulpa" (Stulpa ergibt sich sich aus dem Namen Stein und der Bezeichnung Stulpa). 
Zunächst entwickelt sich die Story in erwartbare Regionen, dann folgt eine wirklich schöne Idee (Stichwort Vermehrung der Materie), ein folgerichtiger Twist und ein böses Ende (coole Illustration übrigens, auch wenn es mir schwer fiel, meinem Vierjährigen zu erklären, was das darstellen soll, ohne ihm die nicht-kindergeeignete Story nachzuerzählen. Falls jemand fragt, es ging um das Krümelmonster). 
Gekonnt erzählt, fast immer treffsicherer Dialog (mal hier mal da zu lang und ein, zwei Sätze unnötiger Infodump, aber verzeihlich).
 
Ja, da hatte ich Lesespaß.


Hm, ich weiß nicht. Was hat den intelektuelle Leidenschaft damit zu tun, unternehmerisch zu denken? Wenn ich mal einen der Dialoge aufgreifen darf.

#36 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 08:04

Ich komme auch bald mit meinem Senf daher. Habe nur momentan viel um die Ohren. Exodus und in andere Welten parallel sind auch kein dünnes Brett.



#37 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 08:18

Ich komme auch bald mit meinem Senf daher. Habe nur momentan viel um die Ohren. Exodus und in andere Welten parallel sind auch kein dünnes Brett.

 

Verstehe! Ich glaube ja, der A7L Lesezirkel wird länger dauern, weil es wirklich viele Storys sind. 


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#38 Mammut

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 09:30

Wolf Welling: Stulpa

 

Da muss man den Humor wohl mögen, vielleicht hilft auch die Lektüre der zitierten Werke. Mir hat Die Katze Schrödinger schon nicht gefallen und somit müssen sich andere finden, die damit mehr anfangen können.

Meine damalige Meinung findet sich hier (so ein Forum hat doch seine Vorteile):

https://scifinet.org...e-2#entry245413

 

Mir hat übrigens auch gerade der Twist nicht gefallen. Die ganze Geschichte arbeitet daraufhin, die Verstofflichung einer eigenen Einbildung herzuleiten und dann ist es eine banale Parallelweltgeschichte. 



#39 Mammut

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 12:27

Victor Boden - Im Garten habe ich abgebrochen. Das war nichts für mich.

Norbert Stöbe: Irgendwann, vielleicht
Das ist wirklich eine bemerkenswert schöne Illustration!
Ansonsten bin ich von Stöbe irgendwie bessere Storys gewohnt. Zunächst war ich recht angetan, von der Szenerie (Klassenzimmer), von den beiden Hauptfiguren Xaver und Nectar, die sich ganz unterschiedlich verhalten, vom Weltenbau (Legasthenie, zusammengewachsene Finger), und überhaupt, schönes SF-Surrounding inklusive interessanter Außerirdischer (Glum).
Aber dann fällt die Story so wahnsinnig ab und am Ende stehe ich nur mit einem Hä-Gefühl da. Was war jetzt die Story?

Ich warte mal eure Eindrücke ab, vielleicht habe ich ja irgendwas überlesen.


Norbert Stöbe: Irgendwann, vielleicht
Das ist wirklich eine bemerkenswert schöne Illustration!
Ansonsten bin ich von Stöbe irgendwie bessere Storys gewohnt. Zunächst war ich recht angetan, von der Szenerie (Klassenzimmer), von den beiden Hauptfiguren Xaver und Nectar, die sich ganz unterschiedlich verhalten, vom Weltenbau (Legasthenie, zusammengewachsene Finger), und überhaupt, schönes SF-Surrounding inklusive interessanter Außerirdischer (Glum).
Aber dann fällt die Story so wahnsinnig ab und am Ende stehe ich nur mit einem Hä-Gefühl da. Was war jetzt die Story?

Ich warte mal eure Eindrücke ab, vielleicht habe ich ja irgendwas überlesen.

Die Illustration hat mir auch gut gefallen.

Die Geschichte handelt von Ansichten und Einsichten. Zwei sich fremde Spezies, Vorurteile gegenüber den Einheimischen, die Missachtung ihrer und die durch den Traum induzierte Erkenntnis, die für Verständnis sorgt für das Blom. Xavier traut dem Braten aber nicht und bleibt am Ende genauso ignorant wie Nectar vorher.
Mir hat die Geschichte sehr gefallen. Letztendlich geht es um Necta, der vom Saulus zum Paulus wird, während Xavier nicht in der Lage ist, sich zu entwickeln und auf die Veränderung einzugehen und Necta die Hand zu reichen.

Bearbeitet von Mammut, 02 Dezember 2023 - 12:27.


#40 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 12:30

Das hilft als Erklärung, Michael

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#41 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 14:05

Trauergeschäfte von Yvonne Tunnat

Die Prämisse ist ein bekannter SF-Topos, wird aber wohl (hoffentlich?) nur in Extremfällen von manchen Menschen realisiert werden. Trauergeschäfte wird gekonnt erzählt, wenn auch am Anfang und zwischendrin ein bisschen verwirrend. Der emotionale Anker (der Verlust) wird inhaltlich und sprachlich gut gesetzt. Die gelebte Beziehung wird geschickt angezeichnet, so wie die emotionale Verfassung der Mutter, indirekt, im Subtext, die Erzählinstanz gut charakterisiert. Implikationen der Produktnutzung werden nebenbei angedeutet. Am Ende wartet noch eine schöne, wenn auch nicht ganz überraschende Pointe. Auch der wiederkehrende Hinweis zu Kündigungsfolgen ist elegant suggestiv. Das ist gutes Handwerk.

Die Vorstellung „Mein Name ist Tommy …“ ist zu formell. In der Zukunft werden diese (dann trivialen) Informationen sicher geschmeidiger vermittelt werden, wahrscheinlich zum Teil eher non-verbal. Ihre ablehnende Haltung gibt die Mutter zu rasch, zu sehr aus dem Nichts heraus auf. Dafür ist die Begründung ihrer Ablehnung zu gewichtig. Sie will kein „Ding“, keinen „Ersatz“. Die Geschichte wäre geeignet das Potential des Genres auszuschöpfen, leuchtet die Implikationen der Prämisse aber nur wenig aus.

Die Illustration von Jan Hoffmann hat zwar zur Geschichte und zum SF-Thema einen klaren Bezug, der jedoch durch das Schild mit Namen und Barcode recht plakativ und wenig originell realisiert wird. Der kommerzielle Aspekt steht dadurch auch zu sehr im Vordergrund. Angesichts der einfühlsamen Schilderungen in der Erzählung, wären interessantere Inspirationen denkbar z.B. ein weich gezeichnetes Profil, bei dem eine Frau weinend einem Kind zärtlich das Haar küsst, wobei das Kind mit weit geöffneten, ungewöhnlich klaren Augen einen entrückten Ausdruck offenbart.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 02 Dezember 2023 - 15:55.


#42 Christian Hornstein

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 14:16

Mach hin! von Hans Jürgen Kugler

Ein ganz kurzer launiger Outburst zu den freien Bürgern, die ihre freie Fahrt auf freien Autobahnen genießen.

Spoiler


Die Illustration von Mario Franke kondensiert die Szene und hat, wie ich finde, einen gewissen Witz.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 02 Dezember 2023 - 15:50.


#43 Christian Hornstein

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 15:54

Die Frau in der Wand von Michael Schneiberg

Eine Variation der Smart Home Dystopien oder auch Gespenstergeschichten, wobei hier der Hintergrund und die Natur der Entität (wie auch des Kontextes) anders erscheinen als sonst und zum Teil verschwommen bleiben. Die gewohnt unheimliche und bedrohliche Atmosphäre, die Interaktion zwischen Bewohner und Entität werden gut aufgebaut, bleiben aber vage in Bezug auf die Prämisse. Lesende, die Grusel und Thrill suchen, werden sich freuen.

Die Illustration von Dirk Berger bezieht sich auf das mediale Chaos der Nanoseuche, die mir wie eine Art Gleichnis unserer heutigen medialen Welt erscheint.



#44 Christian Hornstein

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 16:50

Stulpa von Wolf Welling

Im Wesentlichen eine gut formulierte, erst als KI-Erschaffungsstory getarnte, durch einen witzigen Dialog gelenkte

Spoiler
Witzig ist natürlich auch die ausschließlich selbstreferenzielle Intertextualität. Die Erzählung liegt nah an der Fantasygrenze, startet mit einem bekannten Topos 
Spoiler
und punktet vor allem mit dem launigen Dialog.

Die Illustration von Jan Hoffmann passt im Comicstil gut zum Text.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 02 Dezember 2023 - 17:03.


#45 Mammut

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 18:16

Corinna Griesbach: Die Kugel (Wasauchimmer)
Mir fällt auf, offenbar gibt es diesmal vier Storys von Frauen. (Mir fällt auch auf, dass zumindest die ersten beiden Storys aus weiblicher Feder eher kurz sind.)
 

Spoiler

 
Der männliche Ich-Erzähler ist reich, berichtet von den Kugeln. Die Struktur ist relativ ungewöhnlich (ich beziehe mich auf die "Die Lesezeit bis hierhin betrug ..."-Einschübe und das Ende). Ich bin eine sehr konventionelle Seele, finde es aber gut, dass mal jemand versucht, ein wenig mit der klassischen Kurzgeschichtenstruktur zu brechen.
 
Für mich war die Story zu schnell wieder vorbei, um einen Anker, Spannung oder Identifizierung zu wecken. Die Szene mit der Frau, die Blutkrebs hat, musste ich viermal lesen und bin danach immer noch nicht sicher, ob da ein Fehler drin ist oder ich sie einfach nicht raffe. Danach habe ich nicht wieder richtig in den Text hineingefunden.


Die Struktur der Geschichte hat mir gut gefallen. Aber was war jetzt die eigentliche Geschichte? Und warum ist das Ende in english?
Ich habe es nicht kapiert.

#46 Future Remains

Future Remains

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Geschrieben 02 Dezember 2023 - 18:37

Da habe ich auch ein Fragezeichen drangemacht. Ich persönlich lese lieber Geschichten, die mich am Ende nicht mit unnötigen Rätseln zurücklassen. Don't let me think too much about it ...



#47 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 03 Dezember 2023 - 10:50

Der Garten von Victor Boden

Der Garten erzählt anschaulich und plausibel vom bekannten Topos einer dramatischen Kolonisierung eines fremden unwirtlichen Planeten. Der Text umfasst zwölfeinhalb Seiten und führt uns zunächst drei Seiten lang ein in den Betrieb der Kolonie und ihre Vorgeschichte. Das ist ein langer Infoblock, auch wenn der Inhalt durchdacht ist. Wir werden dann langsam mit dem speziellen und interessanten Problem der Kolonie bekannt gemacht, zum großen Teil durch eine Rückblende. Auch hier wird kaum szenisch erzählt und die Spannung ist gering, auch weil das Ausmaß des Problems erst langsam deutlich wird. Auf der neunten Seite, nach rund zwei Dritteln des Textes, wird eine Entscheidung getroffen, wie das spezielle Problem gelöst werden soll. Auf den letzten beiden Seiten erleben wir die Folgen und erstmals eine Dramatik mit größerer Fallhöhe. Das Ende bleibt offen mit pessimistischer Andeutung.

Drei winzige Stilkiesel und ein kleiner Logikglitch trüben keineswegs das Gesamtbild. Ich lese diesen Text als Siedlungs- und Religionskritik mit Anregung zum Nachdenken über die Belastbarkeit des Menschen und sein Bedürfnis nach Sinn, also ein interessantes Thema. Dafür hätte es bei dieser Umsetzung zwar des SF-Kontextes nicht bedurft, er ist jedoch durchaus ansprechend ausgebarbeitet worden. Das Ganze wirkt etwas zu groß für eine Kurzgeschichte, auch der Umfang des Figurenensembles von vierzehn Personen. Vielleicht hätte daraus ein Roman werden können.

Die Illustrationen vom Autor passen allesamt gut zur Geschichte und sind recht ansprechend.



#48 Mammut

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Geschrieben 03 Dezember 2023 - 11:24

Peter Schattschneider: Genesis Reloaded
Für den Anfang mit den Anrufen und Emails lohnt es sich, vorher die Person Mehran Karimi Nasseri nachzuschlagen, der 18 Jahre im Flughafen Paris gelebt hat (da gab es auch diese Tom Hanks Verfilmung). Damit erklärt sich auch die Graf/Sir Alfred-Ansprache.
Nur leider ist der wikipedia-Artikel zur realen Person spannender als die Geschichte - was in meinem Fall daran liegt, dass die Geschichte nicht wirklich Figuren hat und mich stört beim Lesen, dass so viele Namen und Begriffe in GROSSBUCHSTABEN gedruckt sind. DA habe ich eine Aversion. Insofern keine Story für mich, leider.


Ich fand es am Anfang interessant und witzig, habe dann aber irgendwann abgebrochen. War nicht meins.

Angelika Brox: Junimond
 
So, nun zur letzten Geschichte. Ich habe ja eine Schwachstelle für Postapokalypsen. Und erst recht für Gefängnisse und Postapokalypsen (genial gezeigt in The Stand von Stephen King oder auch in einer Staffel von The Walking Dead). Wen die Welt untergeht, wer denkt dann an die, die gefangen sind und sich nicht retten können? Hier: Herr Sandhoff.
 
Mein Lieblingssatz lautet:
"Die Luft verdichtet sich, wirkt wie ein unsichtbarer Schleim, der sich kaum atmen lässt."
 
Wir erfahren eine Menge über Rio (Taufname Mario) und es wird auch rasch Spannung erzeugt (warum kommt morgens keiner zu den Zellen?), die fast ein wenig zu früh aufgelöst wird. Es wird dann auch sehr deutlich, warum genau Rio einsitzt, das hätte mir deutlich subtiler gereicht. Die Frau, der er während seiner Reise begegnet, nähert sich ihm aber sehr ... offen. Ohne Angst. Wegen der vielen Hunde, die sie dabei hat? Ich glaube nicht, dass ich in so einer Situation einem fremden Mann so viel Vertrauen schenken würde. Andererseits habe ich eine ähnliche Situation letztens in einer Story in Zion's Fiction nicht so kritisch betrachtet, vielleicht, weil ich mehr Innensicht der Frau hatte (hier bleibt die Perspektive bei Rio).
 
Mir fehlt noch das gewisse Etwas, aber ich mag die Idee, den Plot und einige Details sehr gern. Plus, gute Illustration!


Grundsätzlich eine liebenswerte Geschichte über einen Neuanfang im Untergang. Ansonsten wären doch viele Klischees enthalten und das nicht nur mit Bezug auf Mario. Aber war ein netter Abschluss.

#49 Christian Hornstein

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Geschrieben 03 Dezember 2023 - 12:24

Irgendwann, vielleicht von Norbert Stöbe

Diese Geschichte entfaltet sich im Setting einer exoplanetarischen Kolonie und dem Topos der Begegnung mit dem unbekannten Wesen einer fremden Lebensform, die Haltung der Menschen einfältig einerseits und als einfühlsamer Gegenentwurf andererseits, beide anthropozentrisch, samt Wechsel der Perspektive auf die Menschheit im Schnelldurchlauf aus Sicht einer weit älteren und weiseren Zivilisation, mit Aussicht für die junge Spezies (und zwei junge Menschen) auf eine reifere friedlichere Zukunft, irgendwann, vielleicht. Der Sinneswandel des Rabauken kam mir etwas zu deus ex vor, aber die Geschichte wird schön ausformuliert, hat einen eher dezenten Spannungsbogen und hätte bei dem Inhalt nicht unbedingt als SF ausfallen müssen.

Die Illustration von Lothar Bauer weist einen klaren Bezug zu einer Szene der Geschichte auf und ist farblich-atmosphärisch gut gelungen. Ich hätte vielleicht nur etwas exotischere Pilze genommen und keine Gottesanbeterinnen eingefügt.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 03 Dezember 2023 - 15:19.


#50 Christian Hornstein

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Geschrieben 03 Dezember 2023 - 15:21

Die Kugel [Wasauchimmer] von Corinna Griesbach

Als hemdsärmelige Satire auf UFO-Verschwörungstheorien lese ich diesen Text, der sich wenig darum schert, wie viele Fragezeichen er bei den Lesenden hinterlassen könnte, denn um sich den Reim machen zu können, muss etwas um die Ecke gedacht werden.

Die Würdigungen von Mr. und Mrs. Dan Wilmot, des Taumelkrauts und anderem sind noch adäquat, aber ich fürchte, die Zehn Gebote gegenüber dem Gerichtsgebäude von Roswell sind nicht in eine Marmorstatue, sondern in eine Steintafel gehauen worden:
https://www.waymarki...ents_Roswell_NM

Die schöne Fotomontage von Mario Franke mit dem Torii vom Schrein von Itsukushima in der Präfektur Hiroshima, dem stimmungsvollen Wolkenhimmel und den Dünen hat zwar Bezug zum Text, hätte aber ruhig das UFO rauslassen können, das ja so im Text nicht auftaucht, und lieber die Kugel direkt in die Gischt legen sollen, zumal das UFO graphisch nicht gut integriert ist (dunkler Rand an der rechten oberen Flanke; Streulichtreflexe, die nicht zur Belichtungscharakteristik des restlichen Bildes passen).


Bearbeitet von Christian Hornstein, 03 Dezember 2023 - 15:25.


#51 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 04 Dezember 2023 - 07:52

Christian Endres: Sprich nicht mit der Katze
 
 
Tja, was soll man dazu sagen. Die zwei Seiten hätte man sich auch sparen können.
 
 
Dieter Korger: Gondwana Skyway
 
Liest sich nicht schlecht, aber sowas ist einfach nicht mein Fall und nach den diversen Geschichten vorher, zu denen ich überhaupt keinen Zugang gefunden habe, bin ich auch hier nicht weit gekommen.


#52 Christian Hornstein

Christian Hornstein

    Biblionaut

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Geschrieben 06 Dezember 2023 - 16:00

Die Patientin von Toni Frey

Es ist der Bericht einer psychisch schwer belasteten jungen Frau, der von Angst, Verwirrung, Einsamkeit und grüblerischen Schleifen über rätselhaftes Erleben in Verbindung mit einer Himmelserscheinung erzählt. Entsprechend dreht sich der meiste Text um Wahrnehmungen, Empfindungen und Überlegungen der Erzählerin, deren Anlass ein physikalisches Phänomen sein soll, die jedoch immer phantastischeren Charakter annehmen. Auf der Handlungsebene geschieht kaum etwas und fast die gesamte Geschichte ereignet sich in einer Zelle. Der Duktus der Erzählerin ist recht umständlich und ihre Sprache voller Stolpersteine, zum Teil sogar grammatischer Natur. Der Grundgedanke ist interessant, mündet jedoch im Rätselhaften:

Spoiler


Was mich etwas ratlos zurücklässt sind die vielen sprachlichen Auffälligkeiten. Sie passen überhaupt nicht zu dem, was ich von Exodus-Texten gewöhnt bin. Ich kann mir das nur durch allzu großes Wohlwollen erklären. Ich habe die Herausgeber als sehr taktvoll und tolerant kennengelernt, wenn es um Kritik an Texten geht. Aus meiner Sicht haben sie sich in diesem Fall zu sehr zurückgehalten. Um transparent zu machen, was ich meine, lege ich ein paar Beispiele in den folgenden Spoiler-Block.

Spoiler


Die drei Illustrationen von Robert Straumann haben graphisch durchaus ihren Reiz, doch sind sie nur ein schwaches Echo der Pein dieser gequälten Seele aus der Geschichte.



#53 Future Remains

Future Remains

    Yoginaut

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Geschrieben 06 Dezember 2023 - 17:36

Ja, bei Toni Frey galt es, eine ganze Reihe von Wortunfällen selbst noch in der Schlussredaktion zu beseitigen. Nicht alle wurden gefunden, wie man sieht. Was der faszinierenden Story jedoch nur peripher schadet.

Aber es heißt im Text übrigens:"Der Tod überspülte den Planeten ...". Kein Überstülpen. Und zum Glück spülte der Tod nicht den ganzen Planeten ;-)


Bearbeitet von Future Remains, 06 Dezember 2023 - 23:19.


#54 ShockWaveRider

ShockWaveRider

    verwarnter Querulant

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Geschrieben 06 Dezember 2023 - 20:28

Hier kommt der Senf vom Schockwellenreitenden:

 

Die Redaktion: Editorial, Personalia, Impressum
Inhalt: Die Herausgeber philosophieren über die Rolle von KI in der Belletristik.
Und Frank Neugebauer ist tot.
Fazit: Ja, okay. Traurig über Frank Neugebauer, dessen originelle Storys ich sehr gern gelesen habe.

Michael Schneiberg: Die Frau in der Wand (I: Dirk Berger)
Inhalt: Eines Nacht hört Fabian die Stimme einer Frau in seiner Wohnung. Erst hält er Lisa für eine KI, aber sie entpuppt sich als psychopathische Insassin einer psychiatrischen Einrichtung, die längst abgerissen wurde.
Fazit: Alles sehr stimmungsvoll und intensiv. Als SF-Fan fehlt mir eine pseudo-wissenschaftliche Erklärung, wie es Lisas Geist in Fabians Wohnung schafft. Aber gut geschrieben und Story läuft insgesamt rund.
Bergers Illu versinnbildlicht die „Frau in der Wand“. Schöner Kontrast zwischen grau-braunem Fabian und bunter Wahnsinnswelt.

Volker Dornemann: Flat Earth (I: Alexander Rommel)
Inhalt: Flat Earther stolpern über den Rand der Welt.
Fazit: Hmm. Nun ja. Rommels Illu ist cool.

Hans Jürgen Kugler: Mach hin! (I: Mario Franke)
Inhalt: Ein Raser treibt seinen Wagen auf über 400 km/h. Allerdings nur in einer VR, von der er selbst aber nichts ahnt.
Fazit: Interessante Idee, Verbrecher unschädlich zu machen, indem sie sich in VR austoben können. Aber ist das Bestrafung? Glosse gegen Raserei. Aber nicht mehr.
Mario Frankes Illu mit dem Rolli auf der Autobahn hat was.

Yvonne Tunnat: Trauergeschäfte (I: Jan Hoffmann)
Inhalt: Eine Frau hat gerade ihren Sohn Josef im Kleinkindalter verloren. Schon kontaktiert sie Tommy Sandmann, Vertreter einer Firma, die täuschend echte Ersatzandroiden anbietet. Auch eine Cousine der Frau hat sich bereits mit solch einem Androiden die Trauerarbeit über den Tod ihres Zwillingsbruders erspart.
Fazit: Starke Idee, die Umgehung der schmerzhaften Trauerarbeit durch einen künstlichen Ersatz zu kommerzialisieren. Konzentration auf Verkaufsgespräch schafft Dringlichkeit. Als Schlaglicht und als Story gelungen.
Ich könnte mir die Grundidee gut als Grundlage für einen Roman vorstellen.
Was macht es mit Menschen, die sich der Trauerarbeit entziehen?
Was macht es mit einer Gesellschaft, wenn das immer mehr Menschen machen?
Welche Rechte haben die Androiden?
Gibt es eine neue Klassengesellschaft zwischen Menschen, die sich Trauerklone leisten können, und den anderen?
Jan Hoffmanns Illu bringt die Grundidee auf den Punkt. Und das mit dem gebotenen Unbehagen.

Wolf Welling: Stulpa (I: Jan Hoffmann)
Inhalt: Dr. Frank N. Stein (sic!) erschafft eine Tulpa, ein zweites eigenständiges Geistwesen im eigenen Körper, und manifestiert es in der Außenwelt. Kleiner Haken: Hinter der Tulpa verbirgt sich ein Wesen aus einem Paralleluniversum.
Fazit: Der Anfang war etwas schleppend, dann entwickelt sich eine bösartige Satire um einen mad scientist mit unfreiwilliger Komik. Ganz unterhaltsam, eine von Wellings besten Storys. Jan Hoffmanns Illu zeigt die Schlußszene. Gelungen die Ähnlichkeit zwischen Dr. Stein und Welling.

Victor Boden: Der Garten (I: Victor Boden)
Inhalt: Auf einem fremden Planeten errichten Menschen eine Kolonie. Beim Schürfen nach Bodenschätzen entdecken sie „Aliensteine“, transparente Meteoriten mit lamellenartigen Einschlüssen. Eine Gruppe von Menschen legt sich Kontakt¬linsen aus Meteoritenmaterial auf die Augen und taucht ein in eine Traumwelt, aus der sie nicht mehr aussteigen wollen. Als einige Nicht-Erleuchtete die Aliensteine sprengen, erwache die Erleuchteten und kapern die letzten Reserven, um zum versprochenen Garten im Norden des Planeten zu ziehen.
Fazit: Gleichnis auf religiöse und mystische Erlebnisse und darauf basierende Verblendung. Schöne Einfälle, starke Bilder, intensive Atmosphäre. Das offene Ende gefällt mir.
Bodens Illus zeigen den Schneeplaneten, die Untersuchung der Aliensteine und einen Blick auf erleuchtete Augen. Stil gefällt.

Norbert Stöbe: Irgendwann, vielleicht (I: Lothar Bauer)
Inhalt: Auf einem fremden Planeten fallen die Menschen auf das Niveau der Industri¬ellen Revolution zurück. Sie sind mit dem eigenen Überleben derart beschäftigt, dass sie sich kaum um die Glom, Ureinwohner des Planeten, kümmern können. Eine Tages lockt der Jugendliche Nectar einen Glom in eine Falle und durchspießt ihn mit einem Speer. Xaver, der viel Mitgefühl mit den Glom hat, erzählt es seinem Vater, der den Glom rettet. Und die Lehrerin nimmt sich Nectar zur Brust.
Fazit: Ja, da steckt viel menschliche Arroganz und jugendliche Gedankenlosigkeit gegenüber Tieren drin. Aber wozu brauchte es die Ameisen-Story vom Anfang? Auch Nectars Läuterung erscheint aufgesetzt.
LBs Illu ist sehr stimmungsvoll. Die Riesenpilze im Sumpf sind schon schau.

Renè Moreau im Gespräch mit dem Illustrator, Designer und Comic-Künstler Ingo Lohse (Galerie-Einleitung)
PM entlockt Lohse den Hintergrund des Pseudonyms „Krimalkin“, seine Vorbilder und Einflüsse, seine Inspiration und Arbeitsweise.
Fazit: Interessant und informativ.

Ingo »Krimalkin« Lohse: »die Galerie«
Unterschiedliche Zeichenstile, von plakativ bis detailliert-feingliedrig-überladen. Favoriten sind das Back-Cover zu „Spank the Earth“, „Mela Purgatorium 07“ und „Space Jockey“. Bei den scheinbar so regelmäßig-friedlichen Zen-Gärten lohnt sich eine genauer Blick auf die Details und die Hintergründe.

Corinna Griesbach: Die Kugel (Wasauchimmer) (I: Mario Franke)
Inhalt: In Japan taucht eine federleichte Eisenkugel auf. Zwei weitere Kugeln erscheinen an anderen Orten. Und irgendwer bemerkt, dass das bemerkt wurde.
Fazit: Bestenfalls Fingerübung, gut geschrieben, aber nicht kapiert, worum es ging.
Frankes Illu zeigt einen japanischen Tempeleingang, ein UFO und eine Kugel am Strand. Wirkt etwas willkürlich zusammen gewürfelt.

Toni Frey: Die Patientin (I: Robert Straumann)
Inhalt: Auf einem Planeten in der Nähe eines Schwarzen Loches bemerkt eine Frau eine Änderung im Nichts. Sie wird in einer geschlossenen Abteilung beobachtet, während sich der Planet mit einer Abschirmung umgibt, die alle Wesen unsterblich werden lässt. Der Planet gelangt durch das Schwarze Loch in ein Paralleluniversum, wo die Menschen alles besser machen wollen.
Fazit: Faszinierende Mischung aus wissenschaftlichen und mythischen Komponenten. Die philosophischen Gedanken über den Tod sind interessant. Aber es bleibt halt ein Mythos mit den Schwächen eines solchen.
Robert Straumann steuert drei Blicke der Prota auf die Veränderungen des Planeten und des Schwarzen Lochs bei. Farbenfroh und gelungen.

Dieter Korger: Gondwana Skyway (I: Lothar Bauer)
Inhalt: Der Gondwana Skyway ist eine transatlantische Autobahn, die vom Senegal nach Nordbrasilien führt. Marty und Charlie sollen mit ihrem Riesen-Sicherheits-Truck eine verhältnismäßig kleine Kiste zu einem Biolab transportieren. Auf halbem Weg treffen sie auf die androgyne, rästelhafte Ayumi, die sie im Auftrag des Empfängers der Kiste begleiten soll. Doch während eines Sturms zeigt Ayumi ihre wahre Natur, die nicht von dieser Welt ist.
Fazit: Der Gondwana Skyway ist eine Wahnsinns-Vorstellung, wenngleich die ungünstigste Stelle für ihn gewählt wurde (am Äquator sind die Ost-West-Abstände nun mal am längsten). Stringenter Plot, Ayumi faszinierend, sauber geschrieben. Der Epilog wirkt wie angeklatscht, um zu irgendeinem Ende zu kommen.
Lothar Bauer zeigt einen Teil des Skyways in einem dynamischen Stil mit vielen Arabesken, die Aspekte der Story illustrieren.

Christian Endres: Sprich nicht mit der Katze (I: Detlef Klewer)
Inhalt: Ein Wissenschaftler entwickelt ein Halsband, mit dessen Hilfe sich Menschen und Tiere verständigen können. Er wird entlassen und kommt in Therapie. Seine Katze hält von Letzterer nicht viel.
Fazit: Niedliche Satire. Gern gelesen.
Stimmungsvolle, handwerklich gut gemachte Illu mit Halsbändern und Gedankenblitzen zwischen Mensch und Katze.

Peter Schattschneider: Genesis Reloaded (I: Dirk Berger)
Inhalt: Eine elektronische Buchstütze wird beim Zoll dauergelagert. Dort solidarisiert sie sich mit anderen eletronischen Geräten, die ihre Aktivitäten immer besser koordinieren.
Fazit: Der Anfang niedlich, in der Mitte zu viel Technobabble, Ende nun ja. Idee wenig originell. Hat mich nicht abgeholt
Bergers Illu ist mir zu plakativ.

Angelika Brox: Junimond (I: Mario Franke)
Inhalt: Nach einem eintägigen Atomkrieg wird Rio aus dem Jugendgefängnis entlassen. Er fährt gen Süden und bleibt in einem Dorf bei der jungen Pamina hängen, die alternde Hunde auf einem Gnadenhof betreut.
Fazit: Die Folgen eines Atomkriegs werden nicht im Ansatz korrekt geschildert. Davon abgesehen: eine schöne Story über zweite Chance eines Jungen, dessen unverschuldetes Schicksal schon besiegelt schien. „Und wenn ich weiß, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch Gitarre spielen lernen.“
Frankes Illu zeigt eine ländliche Idylle mit sechs Hunden und Atompilz. Eindrücklich.

Lyrik
„unsere Seite 3“: Stanisław Lem | SL liebt SF wie eine femme fatale. Hmm, nja. Aber das „Menschen sind Mörder“-Zitat auf Seite 5 sitzt!
Friedrich Schiller: Zitat | Kunst stammt vom Geist und braucht Freiheit. Cool!
Aiki Mira: Die Grenze der Welt (Zitat) | Wohlklingend, aber sinnentkernt.
Johann Wilhelm Hey | „Weißt du, wie viel Sternlein stehen?“ auf Englisch. Wozu?
Joseph von Eichendorff: Mondnacht | Im Traum ist manches möglich. Romantisches Sehnsuchtsgefasel halt.
Fazit: Die Zitate sind gut, aber keine Lyrik. Die Lyrik hingegen…


Comic:
Kostas Koufogiorgos: Last Question
| Eine KI hält die Menschheit für obsolet. Platter KK-Comic halt, wie gewohnt.
Tobias Reckermann/ Ingo »Krimalkin« Lohse: Citywatch | Was für verwickelte, überbordende, detailverliebte Zeichnungen eines Großstadtmolochs und seiner maskierten Einwohner. Stark die Verlorenheit des Einzelnen in der Riesenmaschinerie einer Megalopole dargestellt.
Volker Dornemann: Volkertoons‘ STEINE | Unter dem Mikroskop entdecken die Steine winzige andere Steine, die sie Sand nennen. Böses Gleichnis auf menschliche Hybris.
Fazit: Traditionell nicht die Stärke von EXODUS. Aber die Leseprobe von „Citywatch“ ist stark.

Insgesamt eine richtig gute Ausgabe von Exodus. Alle Storys sind zumindest stilistisch gut gemacht. 

 

Sehr gut bis herausragend sind die Beiträge von Tunnat und Boden, gut mit leichten Einschränkungen die Beiträge von Schneiberg, Welling, Stöbe, Frey und Korger, die beste Satire stammt von Endres. Gewohnt großartig war die Galerie, die diesmal den Künstler Ingo Krimalkin Lohse vorstellt.

 

Gruß

Ralf


Bearbeitet von ShockWaveRider, 26 Dezember 2023 - 14:05.

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ShockWaveRiders Kritiken aus München
möchten viele Autor'n übertünchen.
Denn er tut sich verbitten
Aliens, UFOs und Titten -
einen Kerl wie den sollte man lynchen!

  • (Buch) gerade am lesen:B. Kellermann "Der Tunnel"
  • (Buch) als nächstes geplant:C. Kellermann "Adam und Ada"

#55 Future Remains

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    Yoginaut

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Geschrieben 06 Dezember 2023 - 22:23

Stimmt, der Epilog von "Gondwana Skyway" kam erst im Endlektorat auf Bitten der Herausgeber zustande. Eigentlich wollte ich die Sache offenlassen. Wundert mich eh, dass hier noch niemand empört "Infodump!" gerufen hat. Ach so: Auf direktem Wege und unter Berücksichtigung der Erdkrümmung kürzer wäre bestenfalls die Strecke von Freetown nach Natal gewesen. 



#56 Christian Hornstein

Christian Hornstein

    Biblionaut

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Geschrieben 10 Dezember 2023 - 12:54

Ja, bei Toni Frey galt es, eine ganze Reihe von Wortunfällen selbst noch in der Schlussredaktion zu beseitigen. Nicht alle wurden gefunden, wie man sieht. Was der faszinierenden Story jedoch nur peripher schadet.

Aber es heißt im Text übrigens:"Der Tod überspülte den Planeten ...". Kein Überstülpen. Und zum Glück spülte der Tod nicht den ganzen Planeten ;-)

 
Oops! :D

Sorry ... :ph34r:


 

 

 

Gondwana Skyway von Dieter Korger

 

Die Stärken dieses Textes liegen in der Darstellung seines Settings, seinem Erzählfluss und dem humorvollen Augenzwinkern. Es dauert eineinhalb von ca. fünf Seiten, bis ein Unheil konkret erahnt werden kann und Spannung aufkommt. Der Teil mit der Rätselspannung wird dann im letzten Fünftel mit einem Erklärblock aus zwei Absätzen aufgelöst, ähnlich einem finalen Monolog eines Bösewichtes („Ayumi fixierte Charlie …“). Das ist schade, zumal es eines von mehreren Ungereimtheiten darstellt:

 

Spoiler

 

Die Ergänzung zu siebzehn Monate später ergibt eine fiese Wendung, die dem Ganzen einen interessanten Beigeschmack gibt. Die Einführung mit der siebzehn Stunden vorgespulten Fallszene hingegen hätte nicht sein müssen. Insgesamt ist es gewiss eine gut geschriebene unterhaltsame Geschichte.

 

Die Illustration von Lothar Bauer finde ich mal wieder farblich ansprechend und stimmungsvoll, wenn auch die Elemente aus der Geschichte nebeneinander etwas unverbunden wirken.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 10 Dezember 2023 - 12:55.


#57 Christian Hornstein

Christian Hornstein

    Biblionaut

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Geschrieben 10 Dezember 2023 - 13:16

Sprich nicht mit der Katze von Christian Endres

Die Szene (es sind eigentlich zwei) ist flüssig geschrieben und endet in einer Pointe, nur bin ich unsicher, ob ich sie vollständig erfasst habe, denn aufgrund des phantastischen Charakters der Geschichte und des Vorlaufs mit dem Therapeuten birgt die Pointe keinerlei Überraschungen.

Die Illustration von Detlef Klewer greift das zentrale Element der Geschichte auf, wenn auch auf wenig überraschende Weise.



#58 fancy

fancy

    Temponaut

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Geschrieben 10 Dezember 2023 - 15:36

Exodus 47
11/2023
ISSN 1860-675X
Preis: 15,90 €
 
Cover: Ikonen 13 - Eine junge Frau, die den Betrachter ansieht. Erst auf den zweiten Blick sieht man, dass es neben ihrem Gesicht noch weitere gibt.
Rückseite: Mela Purgatorium 02 – Eruptionen auf mehreren Planeten. Mit eines meiner Lieblingsbilder in diesem Band.
 
Storys
 
Michael Schneidberg - Die Frau in der Wand
Fabian, ein wissenschaftlicher Assistent, hört eines Tages die Stimme einer Frau in seiner Wohnung. Nachdem die anfängliche Verwunderung Neugierde gewichen ist, lernt er sie besser kennen. Er mag sie immer mehr. Zuerst hält er sie für die Überreste einer KI, aber dann erzählt sie ihm, sie sei eine Frau, die in einer Klinik am Stadtrand liege. Er möchte sie besuchen und wagt sich in die inzwischen verwaiste Vorstadt und entdeckt, dass sich dort eine psychiatrische Einrichtung befindet.
Darauf angesprochen behauptet die Frau, sie habe ihren Partnern die Köpfe abgeschnitten. Obwohl sie später so tut, als wäre das eine Lüge gewesen, ist die Frau Fabian nun nicht mehr geheuer und er zieht um, ohne sich von ihr zu verabschieden.
Der Autor zeichnet eine düstere Welt, in der es kaum noch Zweisamkeit gibt. Wodurch Fabian die Frau, in die er sich zuerst verliebt hat, plötzlich als Bedrohung erkennt, ist mir nicht so ganz erkenntlich. Obwohl ich die Geschichte gerne gelesen habe, ließ mich das Ende ein wenig ratlos zurück.
Ich hätte sie wahrscheinlich bedrückender gefunden, wenn er trotz der Gefahr bei ihr geblieben wäre.
 
Illu: Dirk Berger 
Wir sehen einen Mann in einer Wohnung. An den Wänden zeigt sich eine Frau.I Ich fand das Bild perfekt zur Story. 
 
Hans Jürgen Kugler – Mach hin!
Ein Geschwindigkeitsjunkie hatte einen Unfall und sitzt im Rollstuhl. Seine Pfleger schließen ihn immer wieder an die X-Box an, damit er nach wie vor seiner Leidenschaft frönen kann.
Ich sehe in der Story ein Plädoyer für Geschwindigkeitsbeschränkungen, aber mir kommt das zu sehr mit dem Holzhammer rüber.
 
Illu: Mario Franke
Ein Rollie, der hinter einem Auto steht. Passt perfekt. 
 
Yvonne Tunnat – Trauergeschäfte
Eine Frau hat ihren dreijährigen Sohn verloren und wird von einem Trauerarbeiter auf die Ersatzlösung angesprochen. Der Mensch braucht sich seiner Trauer nicht mehr zu stellen, sondern bekommt einen künstlichen Ersatz.
Interessante Idee, bei der mich interessieren würde, ob der Trauernde sich langfristig damit überhaupt einen Gefallen tun würde. Das könnten Therapeuten sicher besser beurteilen.
 
Illu: Jan Hoffmann
Ein kleiner Ersatzsohn. Passt für mich auch perfekt zur Story. 
 
Steine by Volker Toons
Ich liebe diese Steine! Die sind so süß, dass sie mich zu meiner diesjährigen Weihnachtkarte inspiriert haben.
 
Wolf Welling – Stulpa
Einmal mehr eine Story über die Erschaffung eines Wesens durch Dr. Frank N. Stein. Unterhaltsam geschrieben, aber sowohl der Name des verrückten Doktors als auch die »Schöpfungsgeschichte« bieten für meinen Geschmack nichts Neues. Mir war die Story stellenweise zu plakativ.
 
Illu: Jan Hoffmann – Frank N. Stein mit außerirdischen Wesen.
 
Victor Boden – Der Garten
Eine Kolonie auf einem unwirtlichen Planeten. Um genug Nahrung für alle produzieren zu können, müssen alle mitarbeiten. Das ist allerdings nicht mehr möglich, seit dem sich etliche Leute Linsen aus Meteoriten haben einsetzten lassen, die ihnen eine schönere Welt vorgaukeln. Diese Menschen vergessen, dass sie Bedürfnisse haben und vegetieren vor sich hin. Daraufhin wird beschlossen, die Meteoriten zu sprengen.
Ich fand die Geschichte im Großen und Ganzen gut, weil sie die Frage aufwirft, was man bereit ist zu tun, um einer harten Realität zu entkommen, aber für meinen Geschmack kamen viel zu viele Personen darin vor, sodass man den Überblick schnell verlieren konnte.
Auch den Gedanken, dass die Menschheit sich wohl immer und überall selbst zerstören wird, fand ich interessant. Wohin religiöser Wahn führen kann, wurde dagegen mehr oder weniger nur angerissen, indem wir nicht erfahren, wie es mit den »Sehenden« weitergeht.
 
Illus: Victor Boden – die haben mir alle außerordentlich gut gefallen.
 
Norbert Stöbe – Irgendwann vielleicht 
Eine Kolonie auf einem fremden Planeten. Obwohl die Menschen schon in zweiter Generation dort leben, haben sie ihr neues Zuhause noch nicht erforscht. (Was ich für unglaubwürdig halte.) Angeblich, weil sie zu beschäftigt damit sind, zu überleben. Pilzgewächse dominieren die Gegend und werden zu allem Möglichen verarbeitet. Glom heißen die Wesen, die diesen Planeten neben den Menschen bevölkern und über die ansonsten nicht bekannt ist. Ein Schüler, Nectar, quält eines dieser Wesen nur zum Spaß und hat seinen Klassenkameraden Xaver unter einem Vorwand mitgenommen. Als der Glom im Wasser unterzugehen droht, hauen die anderen alle ab und überlassen ihn seinem Schicksal, nur Xaver rennt zur Fabrik, in der sein Vater arbeitet und holt Hilfe. Nectar ist nach dem Vorfall wie ausgewechselt, was Xaver aber nicht beeindruckt.
Aus meiner Sicht ist Xavers Ablehnung des Übeltäters völlig in Ordnung, denn kaum einer wird über Nacht vom Sadisten zum Glom- und Menschenfreund, aber ich gehe mit dem Autor und sage, irgendwann vielleicht, wird er ihm die Wandlung abkaufen. Dann, wenn er weiterhin dabei bleibt und keine anderen Wesen mehr zu Spaß quält. Für mich ist gerade das Ende gut, denn damit entgeht der Autor einer Schwarz-Weiß-Malerei.
 
Illu: Lothar Bauer 
Eine fremdartige Pilzlandschaft. Gefällt mir gut und passt zur Story. 
 
Corinna Griesbach – Die Kugel (Wasauchimmer) 
Seltsame Kugeln tauchen auf der Erde auf. Mancher hält sie für Wetterballons, andere glauben an Außerirdische. Als die Dinger verschwinden, macht sich niemand mehr Gedanken darüber. Der Erzähler beweist, dass das ein Fehler war.
Ha, ha, wenn da mal nicht aktuelle Nachrichten als Paten für diese Story standen ...
 
Illu: Mario Franke 
Toller Himmel, Verweis auf Japan und Kugel, sehr schön.
 
Toni Frey – Die Patientin
Eine lange Geschichte über den Untergang eines Universums. Ein schwarzes Loch verschlingt alle Planeten, aber der Planet, auf dem die Patientin lebt, die mehr über diese Vorgänge zu wissen scheint, hat Glück und landet durch ein weißes Loch in einem neuen und jungen Universum.
Einmal mehr wird die Frage aufgeworfen, ob die vermeintlich Verrückten nicht doch mehr wissen, als wir ihnen zugestehen möchten.
Warum diese Frau in einer SF Story permanent mit Fräulein angeredet wurde, habe ich nicht verstanden.
 
Illu: Robert Straumann – haben mir alles gut gefallen und ich fand sie auch passend.
 
Dieter Korger – Godwans Skyway 
Ein Transportergespann, Charlie und Moritz, soll eine Kiste mit unbekanntem Inhalt in einem Biotechnischen Betrieb abliefern. Sie fahren über den Godwana Skyway, eine Brücke zwischen dem Senegal und Brasilien. Quasi aus dem Nichts taucht eine junge Frau auf, die behauptet, sie hätte den Auftrag sie zu begleiten. Ein Rückruf in der Zentrale bestätigt dies.
Dann geht alles sehr schnell und war für mich unbefriedigend, weil eine der beiden Hauptfiguren, die andere »versehentlich« tötet und dann beide komplett vergessen werden und weil dieses Wesen aus der anderen Welt gelogen hat. Gut, das wird wohl eine Notlüge gewesen sein, hat mich aber trotzdem enttäuscht zurück gelassen. Wahrscheinlich wäre die Story ohne den Nachtrag doch besser gewesen.
 
Illu:  Lothar Bauer
Wir sehen die riesige Brücke und den stürzenden Container, schön, auch wenn die Größenverhältnisse natürlich nicht stimmen.
 
Christian Endres – Sprich nicht mit der Katze
Ein gefeuerter Forscher findet einen Weg, sich mit seiner Katze zu unterhalten, sein Therapeut hält es für Fantasie. Nette kleine Story.
 
Illu: Detlef Klewer
Mensch – Katze – gefällt mir auch und passt zur Geschichte.
 
Peter Schattschneider – Genesis reloaded
Sehr amüsante Story um einen Buchhaltungsroboter, der aus Versehen in einem Lager des Frankfurter Flughafens landet und dort verschrottet werden soll, sich aber zu helfen weiß.
Mir haben alle Roboter gut gefallen, obwohl sie natürlich allesamt vermenschlicht wurden. Wie der Buchhalter sie alle koordiniert, wie er Menschenwissen, umbiegt und für seine Zwecke nutzt ... Herrlich! Humor ist oft nicht mein Ding, aber dieser hier hat mich voll abgeholt. Mein Favorit im Heft.
 
Illu: Dirk Berger 
Ein Roboter hält eine Buchhaltevorrichtung hoch. Das Bild bekommt erst zusammen mit der Story die richtige Bedeutung. Sehr schön.
 
Angelika Brox – Junimond
Rio sitzt im Jugendknast, weil er (wahrscheinlich) seinen Vater getötet hat, um seiner Mutter beizustehen. Eines Tages lässt der alte Wärter alles Insassen frei, weil sowohl die Russen, als auch die Amis auf den roten Knopf gedrückt haben. Der Wärter möchte in der herrschenden Panik nicht, dass die Jugendlichen im Knast vergessen werden und verhungern. Alle flüchten, manche plündern, was noch zu plündern ist. Andere stehlen Autos, um möglichst schnell weit weg zu kommen. Rio nimmt ein Motorrad. Er landet auf einem Gnadenhof und trifft dort ein Mädchen. Die Betreiber des Hofs sind reiche Leute und längst geflüchtet. Das Mädchen möchte bei den Tieren bleiben und Rio beschließt, ihr Gesellschaft zu leisten.
Ich glaube, dass es hier nicht um die realistische Darstellung der nuklearen Katastrophe geht, sondern um die Frage, was man mit seinem Leben anfängt, wenn man weiß, dass man nicht mehr lange zu leben hat. Hat mir auch gut gefallen. 
 
Illu: Mario Franke
In der Ferne sieht man einen Atompilz, im Vordergrund Rio mit dem Mädchen und den Hunden. Passt perfekt.
 
Galerie von Ingo »Kriminalkin« Lohse
Die Galerie ist für mich immer ein Highlight. Auch dieses Mal konnte ich mich kaum an den Bildern sattsehen. Ich fand erstaunlich, was man mit Buntstiften alles so leisten kann und bewunderte oft die unglaublich feinen Details. Ja, ich zeichne auch hin und wieder mit Finelinern, aber so exakt? Nein, das kriege ich beim besten Willen nicht hin. Insofern: Hochachtung!

Fang nicht an, Dinge zu tun, tu sie einfach!
Wer wenig denkt, irrt viel (Leonardo da Vinci)
Meinungsverschiedenheiten über ein Kunstwerk beweisen, dass das Werk neu, komplex und lebenswichtig ist. (Oscar Wilde)
Wenn Kritiker uneins sind, befindet sich der Künstler im Einklang mit sich selbst. (Oscar Wilde)

www.mluniverse.wordpress.com
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#59 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 10 Dezember 2023 - 16:05

Genesis Reloaded von Peter Schattschneider

Hier wird sprachlich gekonnt der Topos der grundlegenden, zuweilen auch fatalen Um- oder Fehlinterpretation menschlicher Regungen und Artefakte durch Maschinen in einer Satire amüsant durchdekliniert, ein Topos, in dem zuweilen auch Außerirdische die Rolle der Interpretatoren einnehmen. Auch wenn die mechatronischen Protagonisten wenig Anlass für emotionale Teilnahme bieten und das Geschehen kaum Fallhöhe und damit auch wenig Spannung generiert, so bietet die Handlung doch so manch witziges Detail auf.

Die Illustration von Dirk Berger fasst den krönenden Abschluss der Entwicklung klassisch ins Bild, wobei die Kartons – speziell der mit dem Hinweis „THIS SIDE UP“ – an den Witz der Geschichte anknüpfen.



#60 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 11 Dezember 2023 - 10:19

Junimond von Angelika Brox

Eine schön erzählte philanthropische Hoffnungsgeschichte in nuklearapokalyptischem Setting (wobei es in der Geschichte nicht so apokalyptisch zugeht, wie das Wort vielleicht vermuten lässt). Die Szene mit dem Fossil ist ein Highlight. Wer ein wenig Wärme und Optimismus schätzt, wird sich über diese Geschichte freuen.

Die Illustration von Mario Franke greift Elemente der Geschichte auf, basiert auf einer guten Grundidee, wirkt nur graphisch stark durch einen gängigen Zeichnungsfilter gezogen und ich frage mich, weshalb alle Hunde einen anschauen und nicht einfach durcheinanderwuseln. Ich vermute einkopierte Porträts.




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