Ich war vor vielen Jahren speziell auch zu Anwendungen für Essstörungen als beratende Instanz mit einem Unternehmen im Gespräch, das VR-Anwendungen für den psychotherapeutichen Bereich entwickelte (ich bin Applikationsentwickler Multimedia und Psychologischer Psychotherapeut in Verhaltenstherapie). Ich finde es super, dass nun jemand diesen Schritt gegangen ist.
Die Ergebnisse der Studie sind genauso, wie ich es aus der Praxis heraus erwarten würde. Die VR-Anwendung entspricht einem reinen Expositionsparadigma, d.h. ohne nennenswerte begleitende Maßnahmen. Es ist deshalb nicht überraschend, dass sich nur bei rund 56 % der Patientinnen, die überhaupt ein relevantes arousal zeigten, die Erregung reduzierte. Die anderen zeigten wenig, ansteigendes oder auf hohem Niveau verbleibendes arousal. Wie aus der Klinik zu erwarten, hat vor allem diese Gruppe Vermeidungsstrategien und dysfunktionale Bewertungen aufrecht erhalten. Aus der Praxis und der psychotherapeutischen Forschung ist bekannt, dass genau diese Prozesse addressiert werden müssen. Daneben gibt es aber noch viele andere Faktoren, die einen Einfluss haben.
Die VR-Exposition ist in jedem Fall ein praktisches und effektives Werkzeug, das für diese Störungsgruppe sicher noch weiterentwickelt werden wird, denn die bloße Exposition mit der gefürchteten Körperform ist nur ein Anfang und schöpft die Möglichkeiten von VR nicht aus. Es sind darüber hinaus aber neben kognitiver Umstrukturierung und geleiteter Wahrnehmung zur Alteration des Körperschemas noch viele weitere Maßnahmen notwendig um nachhaltig Wirkungen erzielen zu können. Es gibt schließlich viele Patientinnen und Patienten, die durchaus seit Jahren normalgewichtig (gewissermaßen dauerexponiert) sind und dennoch weiterhin massive anorektisch-bulimische Essstörungen haben.