Ein Mädchen und sein Tod von Anna Zabini (Kurzgeschichte)
Science Fiction
Okay, das ist jetzt eine dieser sehr seltenen Geschichten, die sich mir nicht sofort entschließen, die ich aber trotzdem gut finde und vermutlich noch mal lesen werde. Ging mir oft bei Aikis Prosa so, oder bei Christophs "Die Summe der Teile", und noch mal hier, mal da, bei anderen Storys. Da muss ich aber jetzt echt die Zusammenstellung der Geschichten loben, das mache ich dann aber im Fazit. Genau eine derart komplexe Story pro Ausgabe vertrage ich (und vermutlich die meisten anderen) nämlich, wären alle so, wäre ich vermutlich frustriert.
Nach nur einem Lesen eine Rezension zu versuchen ist vermutlich waghalsig. Was habe ich also schon beim ersten Lesen mitgekriegt?
Es gibt eine Neue Welt und eine alte Welt. Die alte Welt habe ich als die jetzige, unsere, die Erde gesehen. Die Protagonistin ist den Ritualen der Alten Welt noch sehr verbunden, befindet sich aber auf der Neuen Welt. Die wurde wohl superkrass terraformt und die Sprache legt nahe, dass das eher kritisiert wird. So wie das Terraforming beschrieben wird, klingt es brutal und unfair der Neuen Welt gegenüber.
Durchaus interessanter Punkt. In einer anderen Story hatte mal jemand laut darüber nachgedacht, ob man denn den Mond verändern dürfe, der ja eigentlich nur ein Gesteinsbrocken ist.
In dieser Story fühlte ich schon, dass klar Stellung bezogen wurde gegen das Eingreifen und starke Verändern einer Welt, Worte wie "ausgeweidet" und "verkohlt" legen das sehr nahe.
Übrigens wieder starke Sprache!
Sylvie ist hier Haupt- und Perspektivfigur und ist eine Hexe, eher eine der alten Sorte (sorry, lapidar beschrieben) und anfänglich lässt sie sich von einer Katze (die nur noch wenige Leben übrig hat, nicht mehr alle neun) mit einem Knäuel versorgen. Das mit dem Knäuel habe ich eher auf einer sehr abstrakten, schwammigen Art und Weise verstanden. Es ist wichtig für das Ende, ich habe es auch auf einer Eben gerafft, aber nicht gut genug, um alles dazu erklären zu können. Da würde ein erneutes Lesen sicher helfen.
Der Weltenbau ist toll, sehr fremdartig, aber man kann Bezüge zu unserer jetzigen Wirklichkeit sehen.
" ... seit der Zirkel sein Stadtbildsäuberungsprogramm umsetzte und die, wie er sie nannte, störenden Elemente entfernte. Sylvia fand nicht, dass es sauberer geworden war, nur leerer."
Plus, das macht Sylvie (Silvie Minou) mir sympathisch und bringt sie mir nahe.
Nachdem ich den Essay weiter hinten im Heft gelesen habe, komme ich nachträglich sogar besser mit der Geschichte klar, weil hier mit einigem gebrochen wird. Oder zumindest gespielt. Hexen sind oft nicht normschön (siehe Essay), hier ist Sylvie die mit dem Feuermal, andere Hexen könnten das Feuermal locker einfach weghexen (auch wieder sorry, lapidar zusammengefasst).
Später ist auch von schiefen Zähnen die Rede.
Es geht viel um Verlängerung des Lebens, um Magie, und die Sprache ist erneut wieder sehr beeindruckend:
".. als fasrige Atemtaue aus Mündern gewunden, und als durchscheinende Abbilder von Häuten gezogen ..."
Ich bin fast etwas eingeschüchtert davon, wie gut diese Story und die ersten beiden in diesem Heft geschrieben sind und bin ganz froh, dass ich aktuell nicht an einem eigenen Text schreibe. :-)
SF ist allgegenwärtig, plus eben Magie, es gibt Hologramme und eben den neuen Planeten. Plus, Implantate, VR-Modul, Cyberspace.
Der Zirkel ruft Sylvia zu sich und will etwas von ihr (Kontakt zum Tod / Dot), aber das will Sylvie nicht, dafür wird sie bestraft. Mit dem Tod oder etwas sehr ähnlichem, mein Phantastik-Muskel hat an der Stelle etwas schlapp gemacht. Dieser Vorgang (hier kommen die Nähte wieder ins Spiel) wird beeindruckend geschildert. Ein bisschen Body Horror hatte das für mich auch, aber nicht so, dass ich danach Alpträume habe.
Plus, es gab Humor (Stichwort Implantat).
Am Ende habe ich ein wenig eine Prämisse herausgelesen, ganz sicher bin ich aber nicht. Jedenfalls hat der Schluss mir sehr gefallen. Ich habe deutliche Klammern zum Anfang gesehen (mehrere Leben bei einer Katze, wohl auch bei Sylvie) und eine Macht, die das Sagen hat, die vor nichts zurückschreckt und andere Wesen benutzt.
Ich kann es noch nicht ganz in Worte fassen. Da die Story aber ggf. nominierungswürdig ist (auch wenn es vermutlich ein Crossover ist), werde ich sie erneut lesen, vermutlich mit etwas Abstand.
Bin gespannt auf eure Rezensionen, ich fand es nicht ganz einfach, aber interessant!