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Wie würdet ihr aktuelle deutschsprachige Science Fiction / Phantastik einordnen?


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54 Antworten in diesem Thema

#1 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 14 Januar 2024 - 18:27

Es wird ja oft drüber diskutiert, früher war alles besser, international ist sowieso unerreichbar. Andererseits erscheint viel, die Publikationen sind vielfältig und neben der unscheinbaren Masse und viel Überflüssiges gibt es aber auch Perlen und Auswahl für spezielle Vorlieben. Es gibt Bestsellerautoren, Literaten, unterhaltsame Geschichten und auch Schräges.
Wie würdet ihr deutschsprachige Science Fiction / Phantastik einordnen bzw. bewerten und was vermisst ihr?

Bearbeitet von Mammut, 14 Januar 2024 - 19:12.


#2 Cybergnom

Cybergnom

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Geschrieben 14 Januar 2024 - 19:26

Ich war ein paar Jahre (bis vergangenen Sommer) als Buchhändler tätig und würde gerne als erstes mal meinen Eindruck in den Ring werfen, dass es die großen deutschsprachigen Verlage heutzutage meist mit allen Mitteln vermeiden, deutschprachigen Büchern das Label "Science-Fiction" anzuheften - dann lieber Dystopie, Klima-Thriller, Hi-Tech-Krimi oder dergleichen, selbst wenn der Inhalt eigentlich Sci-Fi reinsten Wassers wäre. Und ich kann es ihnen nicht mal verübeln, denn zumindest von der Kundschaft im Laden her war das Interesse an "klassischer" Science-Fiction echt minimal. Klar, so die Eschbachs, Schätzings & Co. finden immer ein gewisses Publikum, vielleicht noch tolle Autoren wie zum Beispiel Andreas Brandhorst, Robert Corvus und Phillip P. Peterson... doch dann wird die Luft schon recht dünn in Buchhandlungen.
Umso schöner finde ich es, dass die deutschsprachige Science-Fiction im Kleinverlag und Selfpublishing meinem Eindruck nach fröhlich floriert und wirklich vielfältiges hervorbringt.
Früher war alles besser würde ich somit nicht bestätigen - allerdings habe ich den Eindruck, dass es Zeiten gab, als es für Science-Fiction-Bücher, eben auch aus dem deutschsprachigen Raum (die damals recht schön und wirklich klar als Genre-Literatur ersichtlich unter anderem bei großen Verlagen Heyne, Goldmann und Bastei erschienen), größere Zielgruppen gab. Die haben sich meiner Wahrnehmung nach in Richtung Manga, Fantasy und einfach auch zu anderen Medien verlagert, zum Beispiel SF-Videospiele und -Serien, die einfach in viel größerer Zahl und besser zugänglich sind, als zum Beispiel in den 90ern.

Abschließend noch zu "was ich vermisse": In meinem Fall wären das ganz klar richtig schön große, fantasievolle, epische und klassische Space Opera... davor sollte es wieder viel VIEL mehr geben... :)
“Still round the corner there may wait / A new road or a secret gate.” (J.R.R. Tolkien)

#3 Peter-in-Space

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Geschrieben 14 Januar 2024 - 19:37

Meiner Meinung nach braucht sich die deutsche SF nicht mehr vor internationaler SF zu verstecken. Was der deutschen SF lange Zeit fehlte, ist die erzählerische Finesse, die amerikanischen Schriftstellern irgendwie zeitiger zu Eigen war.

 

In diesem Sinne sind es Leute wie Hillenbrand, Eschbach und es hört bei Haupt nicht auf. Weitere Namen wären meines Erachtens Corvus, Acheronian und Jehanzeb. Jeder der genannten haben ihre eigene Form, eine Geschichte immersiv zu erzählen; für andere Autoren, die sich eher an traditionellen Formen orientieren, dürfte es in der Zukunft relativ schwer werden.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#4 Mammut

Mammut

    DerErnstFall Michael Schmidt

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Geschrieben 15 Januar 2024 - 10:11

Abschließend noch zu "was ich vermisse": In meinem Fall wären das ganz klar richtig schön große, fantasievolle, epische und klassische Space Opera... davor sollte es wieder viel VIEL mehr geben... :)

 

Gibt es da echt einen Mangel? Ich dachte, über die Hälfte der Romane, die neu erscheinen wären Space Opera. Was sind denn da deine Vorlieben?



#5 Peter-in-Space

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    Kenonaut

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Geschrieben 15 Januar 2024 - 10:18

Die großen Zeiten der literarischen Dystopien deutscher Zunge ist vorbei. Man könnte fast sagen: Gott sei Dank! Aber: es kommt leider auch bei space operas zu viel Mittelmaß - aber das ist halt immer die Gefahr.

 

Andererseits ist die Abgrenzung deutlich komplizierter geworden: die Genres vermischen sich, es existiert keine reine SO mehr, ohne dass sie mindestens ein dystopisches Element aufgreift und den Roman zur Utopie wandelt.


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#6 Helge

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Geschrieben 15 Januar 2024 - 12:08

Auch mein Eindruck ist der, dass sich die großen Verlage aus SF und Fantastik überhaupt weitgehend selbst rausgekickt haben; insgesamt gesehen ist das Angebot zwar größer geworden, aber fest in der Hand von kleineren und Kleinstverlagen. Wenn ich mir ein (Fantastik-)Buch kaufen will, von dem ich irgendwoher erfahren habe (aus Rezensionen, Internetseiten usw.), dann versuche ich es von vornherein erst gar nicht im Buchhandel, weil klar ist, dass das sowieso kein Laden hat. Und bestellen kann ich es mir auch selber.



#7 Peter-in-Space

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Geschrieben 15 Januar 2024 - 15:25

Auch mein Eindruck ist der, dass sich die großen Verlage aus SF und Fantastik überhaupt weitgehend selbst rausgekickt haben; insgesamt gesehen ist das Angebot zwar größer geworden, aber fest in der Hand von kleineren und Kleinstverlagen. Wenn ich mir ein (Fantastik-)Buch kaufen will, von dem ich irgendwoher erfahren habe (aus Rezensionen, Internetseiten usw.), dann versuche ich es von vornherein erst gar nicht im Buchhandel, weil klar ist, dass das sowieso kein Laden hat. Und bestellen kann ich es mir auch selber.

was ja per se nichts Schlechtes darstellen muss.

 

Problematisch wird es erst bei der Bezahlung: ein Klein(-st-)verlag kann nun mal nicht annähernd dieselbe Gage bieten wie einer der großen Pötte.


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#8 Maxmilian Wust

Maxmilian Wust

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Geschrieben 15 Januar 2024 - 15:40

Die großen Zeiten der literarischen Dystopien deutscher Zunge ist vorbei. Man könnte fast sagen: Gott sei Dank! Aber: es kommt leider auch bei space operas zu viel Mittelmaß - aber das ist halt immer die Gefahr.

 

Andererseits ist die Abgrenzung deutlich komplizierter geworden: die Genres vermischen sich, es existiert keine reine SO mehr, ohne dass sie mindestens ein dystopisches Element aufgreift und den Roman zur Utopie wandelt.

Darf ich fragen, wieso das gut ist? Also, ohne jetzt werten zu wollen.

 

Ich mag Dystopien und gerade wir Deutschen bekommen sie so herrlich beklemmend, erstickend hin. Unsere Utopien hingegen finde ich manchmal etwas zu sehr von den US-amerikanischen Kollegen und Kolleginnen imitiert. Fast so, als würde uns die dafür notwendige Hoffnung für die Zukunft fehlen ;-)


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#9 Cybergnom

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Geschrieben 15 Januar 2024 - 19:37

Gibt es da echt einen Mangel? Ich dachte, über die Hälfte der Romane, die neu erscheinen wären Space Opera. Was sind denn da deine Vorlieben?


Deine Frage ist durchaus berechtigt und ich merke gerade, als ich antworten will, dass ich mein Mangel-Empfinden leider gar nicht so recht in Worte fassen kann. Ein Versuch wäre: Die meisten deutschen Space Operas der letzten Jahre kamen mir etwas zu "klein" vor, zu wenig grenzenlos und episch, eine Nuance zu wenig fantasievoll und mutig, und sprachlich einfach nicht ganz so ausgefeilt und überschäumend, wie ich es mir wünschen würde. Das soll all die Werke, die da erschienen sind, jetzt allerdings keineswegs abwerten, ich bewundere sehr, was alles geschaffen wird... doch mein Gefühl sagt mir, dass da noch viel viel mehr ginge und daher verspüre ich quasi ganz kitschig gesagt eine große Sehnsuch nach "unendlichen Weiten"...
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#10 Nina

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Geschrieben 15 Januar 2024 - 22:43

Ich kann mir da nur anschließen: Was wirklich auf dem Gebiet erfolgreich ist, da steht meist nicht Science-Fiction drauf. Also nicht bei den deutschsprachigen Neuerscheinungen. So gesehen ist aber einiges, dass ich der SF zuordnen würde, in den letzten Jahren als Thriller oder sonst was erschienen. Ich habe jetzt auch aktuell das Problem, dass ich für das nicht-deutschsprachige Ausland über Österreichs erfolgreichste Autoren der letzten fünf Jahre erzählen muss. Wenn man Landsleute fragt ... na ja, was kommt? - Franke, Gruber, dann lange nichts - auch jetzt in dem Buch über das österreichische Fandom, das bei p.machinery erschienen ist, da hört das mit den SF-Schaffenden etwa vor zwanzig Jahren auf. Aber gut, Autoren geht ja noch. Im Mainstreambereich haben wir immer noch Elsberg und sonst immer wieder interessante Kleinverlagsautoren.

 

Was ich aber schwierig finde: Passende Coverkünstler zu finden. Bei "den Deutschen" gibt es ja immer noch eine Handvoll Namen, die man immer wieder in den Buchvorschauen liest und wo man auch einen eigenen Stil erkennen kann, aber Österreicher, letzte fünf Jahre, welcher Künstler wäre da nennenswert in Erscheinung getreten? Vor allem etwas, das über eine reine Gebrauchsgraphik hinausgeht? - Ich habe immer wieder mal so wen kennengelernt (und klar, Miklis würde einem einfallen), aber in letzter Zeit ist mir kaum was Neues aufgefallen. Tolle Bilder für die ESFS-Awards gab es letztes Jahr schon, aber das war ein phantastisches Kinderbuch, also auch nicht unbedingt so was für eingefleischte SF-Fans. 



#11 lapismont

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Geschrieben 16 Januar 2024 - 09:13

Mein Eindruck ist, dass es ein breites Angebot an deutschsprachiger Phantastik gibt, das alle Geschmäcker bedient. Ob das dann jeweils in der gewünschten Masse erscheint, hängt auch wieder von persönlichen Umständen ab. Klar, es ist nicht einfach, die passenden Bücher zu finden, wenn die Verlage den guten Stoff verstecken und Phantastik in vielen Buchläden als Schimpfwort gilt. Aber Lektüremangel kann ich nicht feststellen.


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#12 Peter-in-Space

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Geschrieben 16 Januar 2024 - 09:48

Darf ich fragen, wieso das gut ist? Also, ohne jetzt werten zu wollen.

 

Ich mag Dystopien und gerade wir Deutschen bekommen sie so herrlich beklemmend, erstickend hin. Unsere Utopien hingegen finde ich manchmal etwas zu sehr von den US-amerikanischen Kollegen und Kolleginnen imitiert. Fast so, als würde uns die dafür notwendige Hoffnung für die Zukunft fehlen ;-)

einerseits: es gab bis vor wenigen Jahren zu viel und zu viel Mittelmäßiges. Das hat sich zugunsten positiverer Stimmungen geändert, und es sind jetzt schon wieder Abwärtsspiralen zu erkennen. Ich sage in fünf bis sechs Jahren wieder ein Erstarken der dystopischen/postapokalyptischen Inhalte voraus.

 

Ich habe nichts gegen eine gut geschriebene Dystopie. "Hologrammatica" beispielsweise ist eine genial geschriebene Dystopie. Man sieht eine Welt die den ersten Schwung an Erwärmung um 2 bis 3 K hinter sich hat (und in weiten Teilen einer Savanne gleicht).

 

andererseits: ich finde nicht, dass wir Kopisten der US-amerikanischen Literatur sind. Was auffällt: einige Konzepte sind schon angedacht worden, aber nicht beschrieben. Da sind wir schon kreativer als die Originale.

 

Conclusio: ich möchte mich mit Dir nicht über Geschmacksfragen streiten. Du hast Deinen, ich habe meinen, irgendwo gibt es eine Schnittmenge oder auch nicht, ich kann mit allen verschiedenen Möglichkeiten leben. Ich beispielsweise stehe auf hard SF, das kannst Du verteufeln oder Du kannst es lassen. Dafür ist unsere Community dann doch groß genug B-)


Bearbeitet von Peter-in-Space, 16 Januar 2024 - 09:49.

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#13 Bernard

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Geschrieben 16 Januar 2024 - 20:30

Vor ziemlich genau zehn Jahren gab es in der größten Kölner Buchhandlung vier Regalwände Fantasy und zwei Regalwände Science-Fiction. Aktuell teilen sich Science-Fiction und Fantasy dort eine Regalwand, und der Bereich im Neuerscheinungsregal, den sie bis vor ca. 1 Jahr hatten, ist entfallen.

In dieser letzten Regalwand findet sich viel Franchise, bspw. StarWars, natürlich auch die Rhodan-Silberbände, aktuell befeuert durch die Verfilmungen auch Dune. Daneben die großen Namen primär aus dem englischsprachigen Raum. Für deutschsprachige Originalpublikationen bleiben nach meiner Schätzung weniger als zehn Plätze.

Das ist allerdings nur die Literatur, die für ein erwachsenes Publikum präsentiert wird. Im Jugendbuchbereich ist die Fantasy nach wie vor stark (fließender Übergang vom Märchen), bei Young Adult gibt es große Erfolge im Bereich Romantasy.

Das ist auch meine Wahrnehmung der Bestsellerlisten.

Was diesen Bereich angeht, liegt die deutschsprachige fantastische Literatur derart platt am Boden, dass man sie erst wieder abkratzen müsste, um den Defibrillator ansetzen zu können.

 

Im Selfpublishing sieht es offenbar grundlegend anders aus, aber da ist mein Einblick begrenzt.

 

Dass die Kleinverlagsszene erfreulicherweise vielfältig blüht, ist zumindest teilweise ein Nebeneffekt der Flaute im Publikumsmarkt. Wenn ein SF-Roman ein Marktpotenzial von wenigen Hundert Exemplaren hat, rechnet sich das für einen schlank aufgestellten Mikroverlag, zahlt aber nicht die Grundkosten in einem Publikumsverlag. Den Lesestoff, den man dort nicht mehr bekommt, muss man demnach im Kleinverlagsbereich suchen und finden.

 

Was es aus meiner Sicht bräuchte, wäre Mainstream-kompatible Genreliteratur. Mit dem kommerziellen Erfolg würden auch die Regalflächen wieder anwachsen - was sogar für Nischenliteratur günstig wäre. Denn die genannte Buchhandlung hat aufgrund ihrer Größe wenigstens überhaupt noch fantastische Literatur im Sortiment - in kleineren Buchhandlungen finde ich die oft (jenseits des Jugendbuchs) gar nicht mehr ...


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#14 Maxmilian Wust

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Geschrieben 16 Januar 2024 - 21:19

@ Peter-in-Space:

Ich würde nie deinen Geschmack kritisieren wollen. Nebst der Tatsache, dass er mir eigentlich gefällt und sich wohl überlegt anhört. Verzeih bitte, wenn es anders rüberkam.

 

Wenn du erlaubst, würde ich meine Gedanken gerne etwas ausführen: Für mich beginnt eine Dystopie nicht mit "1984", "Warhammer 40.000" oder "Die Straße", sondern bereits in Moment, wenn etwas einfach tiefgehend im Argen liegt. Im Near-Sci-Fi "Mirror's Edge" beispielsweise sind die Straßen sauber, die Mäuler gestopft und das Klima ist gerettet. Die Architektur wurde dabei derart hübsch entworfen, dass ich mir sogar das Artbook dazu kaufte und regelmäßig beide Teile durchspiele, einfach nur um in diese sanfte Total-Utopie einzudringen ... die unter der Oberfläche ein massives Problem hat. Niemand wird heimlich entführt oder verschwindet spurlos, es ist auch keine Täuschung. Es gibt Wohlstand für alle, nur dafür keine freie Meinung mehr.

 

Was mich auch zu meiner Kritik an den deutschen Utopien bringt: Sie sind mir zu wenig reflektiert und zu sehr mit der Schablone gezogen worden. So nach dem Motto: "So machen das die Amis, also mache ich es einfach nach", ohne dabei aber die Nuancen zu beachten, die einer guten Utopie das Fleisch geben. Nein, es sind längst nicht alle deutschen Utopien so, aber gerade, wenn sie sich vom US-amerikanischen Vorbild lösen, entwickeln sie sich – wobei das hier selbstverständlich nur meine Erfahrungswerte sind.

 

Grundlegend mag ich Utopien sehr gerne. Mein Lieblingsautor ist Stanislaw Lem. Sie sind mir nur aktuell etwas zu seicht und zu wenig menschlich. Das ist alles.


Bearbeitet von Maxmilian Wust, 16 Januar 2024 - 21:39.

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#15 Peter-in-Space

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Geschrieben 17 Januar 2024 - 00:22

Vor ziemlich genau zehn Jahren gab es in der größten Kölner Buchhandlung vier Regalwände Fantasy und zwei Regalwände Science-Fiction. Aktuell teilen sich Science-Fiction und Fantasy dort eine Regalwand, und der Bereich im Neuerscheinungsregal, den sie bis vor ca. 1 Jahr hatten, ist entfallen.

In dieser letzten Regalwand findet sich viel Franchise, bspw. StarWars, natürlich auch die Rhodan-Silberbände, aktuell befeuert durch die Verfilmungen auch Dune. Daneben die großen Namen primär aus dem englischsprachigen Raum. Für deutschsprachige Originalpublikationen bleiben nach meiner Schätzung weniger als zehn Plätze.

Das ist allerdings nur die Literatur, die für ein erwachsenes Publikum präsentiert wird. Im Jugendbuchbereich ist die Fantasy nach wie vor stark (fließender Übergang vom Märchen), bei Young Adult gibt es große Erfolge im Bereich Romantasy.

Das ist auch meine Wahrnehmung der Bestsellerlisten.

Was diesen Bereich angeht, liegt die deutschsprachige fantastische Literatur derart platt am Boden, dass man sie erst wieder abkratzen müsste, um den Defibrillator ansetzen zu können.

 

Im Selfpublishing sieht es offenbar grundlegend anders aus, aber da ist mein Einblick begrenzt.

 

Dass die Kleinverlagsszene erfreulicherweise vielfältig blüht, ist zumindest teilweise ein Nebeneffekt der Flaute im Publikumsmarkt. Wenn ein SF-Roman ein Marktpotenzial von wenigen Hundert Exemplaren hat, rechnet sich das für einen schlank aufgestellten Mikroverlag, zahlt aber nicht die Grundkosten in einem Publikumsverlag. Den Lesestoff, den man dort nicht mehr bekommt, muss man demnach im Kleinverlagsbereich suchen und finden.

 

Was es aus meiner Sicht bräuchte, wäre Mainstream-kompatible Genreliteratur. Mit dem kommerziellen Erfolg würden auch die Regalflächen wieder anwachsen - was sogar für Nischenliteratur günstig wäre. Denn die genannte Buchhandlung hat aufgrund ihrer Größe wenigstens überhaupt noch fantastische Literatur im Sortiment - in kleineren Buchhandlungen finde ich die oft (jenseits des Jugendbuchs) gar nicht mehr ...

ich hoffe ich träume heute Nacht nicht davon.

 

Ansonsten hast Du mit jedem Wort Recht.

 

 

Ich reagiere mal in bleu - öhö!

@ Peter-in-Space:

Ich würde nie deinen Geschmack kritisieren wollen. Nebst der Tatsache, dass er mir eigentlich gefällt und sich wohl überlegt anhört. Verzeih bitte, wenn es anders rüberkam.

es gibt nichts zu verzeihen, Du hast mich nicht persönlich angegriffen, alles schick. Da kenne ich Anderes, auch aus anderen Foren. Ich wähne mich als gestählt.

 

Wenn du erlaubst, würde ich meine Gedanken gerne etwas ausführen: Für mich beginnt eine Dystopie nicht mit "1984", "Warhammer 40.000" oder "Die Straße", sondern bereits in Moment, wenn etwas einfach tiefgehend im Argen liegt. Im Near-Sci-Fi "Mirror's Edge" beispielsweise sind die Straßen sauber, die Mäuler gestopft und das Klima ist gerettet. Die Architektur wurde dabei derart hübsch entworfen, dass ich mir sogar das Artbook dazu kaufte und regelmäßig beide Teile durchspiele, einfach nur um in diese sanfte Total-Utopie einzudringen ... die unter der Oberfläche ein massives Problem hat. Niemand wird heimlich entführt oder verschwindet spurlos, es ist auch keine Täuschung. Es gibt Wohlstand für alle, nur dafür keine freie Meinung mehr.

mit Near-SF habe ich so meine Schwierigkeiten, es ist mir zumeist wenig technisch und öfters mal dystopisch. Ich mag z. B. Brandon Q. Morris, der seine SF "morgen" beginnen lässt, unwahrscheinlich technisch nachvollziehbar und immer humanistisch ist.

 

Was mich auch zu meiner Kritik an den deutschen Utopien bringt: Sie sind mir zu wenig reflektiert und zu sehr mit der Schablone gezogen worden. So nach dem Motto: "So machen das die Amis, also mache ich es einfach nach", ohne dabei aber die Nuancen zu beachten, die einer guten Utopie das Fleisch geben. Nicht so populisitisch ... das finde ich halt nicht. Ich habe eine wahnsinnige gute Utopie/Space Opera gelesen, das war "UAIOM", die hat richtig Spaß gemacht und war genügend eigenständig. Auch "Die Stille der Sterne" ist eine SO, die radikal ihren eigenen Weg geht: es wird die Frage gestellt, was passiert mit einem Geist, der nicht mehr an einen Körper gebunden sein will - in totaler Umkehrung zum gängigen "wie bringe ich eine Maschine in den menschlichen Körper" (und DAS Thema ist erst mal ausgelutscht, sag ich Dir!)

Nein, es sind längst nicht alle deutschen Utopien so, aber gerade, wenn sie sich vom US-amerikanischen Vorbild lösen, entwickeln sie sich – wobei das hier selbstverständlich nur meine Erfahrungswerte sind.

ich war bis zuletzt in der Jury des DSFP und habe den Abstieg der Dystopie und den Aufstieg der SO mitbekommen. Er fand ungefähr vor 3 bis 4 Jahren statt. Sieht aus, als wäre die Entwicklung gegenläufig.

 

Grundlegend mag ich Utopien sehr gerne. Mein Lieblingsautor ist Stanislaw Lem. Sie sind mir nur aktuell etwas zu seicht und zu wenig menschlich. Das ist alles.

Lem seicht ... das habe ich auch noch nicht gehört. Okay.

Mein Lieblingsautor ist Larry Niven. Die Sprache des Romans versprüht '70er-Vibes - das kenne ich, ich wurde '72 geboren, und er hat Wortwitz. Die handelnden Figuren der "Ringwelt" haben alle ihre Schwächen - auch der Kzin - und der Autor kostet diese aus.

 


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#16 Maxmilian Wust

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Geschrieben 17 Januar 2024 - 00:43

@ Peter-in-Space:

Uh, Larry Niven ist gut. Stimmt!

 

Das mit Lem habe ich falsch formuliert: Seine Utopien waren / sind absolut nicht seicht. Ich meinte eher, dass es mir die modernen etwas zu oft sind ;-)

 

Aber, und hier wird es eh für mich schwierig: Allein mein SuB (Stapel ungelesener Bücher, danke an Yvonne) der 70er, 80er und 90er reicht noch gut bis zu meinem 50. Geburtstag. Mich wird also der aktuelle Trend eh schneller überholen, als ich realisieren werde. 


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#17 Peter-in-Space

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Geschrieben 17 Januar 2024 - 01:25

Bei meinem Lesetempo reichen die rund 120 Romane die ich noch lesen möchte, bis zu meinem 77. Beat this ^_^


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#18 Jol Rosenberg

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Geschrieben 19 Januar 2024 - 16:35

Mit Utopien habe ich auch das Problem, dass sie mich meist nicht überzeugen. Becky Chambers ist da die Ausnahme.

 

Was vermisse ich im deutschen Markt? Ehrlich gesagt: Tiefe und Handwerk. Ich finde viele Bücher wenig originell und die Figuren interessieren mich oft nicht genügend. Viele der Welten sind nicht wirklich durchdacht und den Figuren fühle ich mich oft nicht nahe genug. Mein Gefühl ist, dass es im deutschsprachigen Raum an der Ausbildung von Autor*innen hapert. Ich würde mir da gern noch mehr drauftun, habe aber nichtmal eine Idee, wo ich da auf hohem Niveau hingehen kann, ohne das sich als "Genreschreiberens" weggeschickt und verlacht werde. Da beißt sich dann auch die Katze in den Schwanz, denn literarische SF gibt es im deutschsprachigen Raum wirklich wenig.


Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen

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#19 Nina

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 00:10

 

Da beißt sich dann auch die Katze in den Schwanz, denn literarische SF gibt es im deutschsprachigen Raum wirklich wenig.

 

Oder auch zu viel. Manche Bücher oder Geschichten sind halt so richtig anstrengend zu lesen. Mir fehlt manchmal auch der Moment, wo ich nichts essen mag, weil das Buch gerade so spannend ist, dass ich keinen Hunger hab. Aber da ist auch die Frage, ob ich nicht einfach alt werde. Es wird alles so ruhig und öde und man ist ja auch froh drum, aber ich will auch wieder mal brennen. Wieder mal beim Lesen laut: "Nein, tu es nicht!" schreien wollen. 

 

Ist es zu sehr im wissenschaftlichen Bereich, zu sehr literarisch, dann ist da auch eine gewisse Distanz von meiner Seite aus zum Lesestoff. Vielleicht bräuchten wir sogar mehr Mainstream, aber ohne jahrzehntelanges Perry-Vorwissen! 



#20 Peter-in-Space

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 01:38

Ich gehe da mal in blau ... ach ja, kennste ja schon!

Mit Utopien habe ich auch das Problem, dass sie mich meist nicht überzeugen. Für mich isses manchmal auch nur Eskapismus. Aber den gönne ich mir dann auch.

 

Becky Chambers ist da die Ausnahme. Jopp.

 

 

Was vermisse ich im deutschen Markt? Ehrlich gesagt: Tiefe und Handwerk.

tja, das Problem mit dem Fachkräftemangel ... Du hast aber Recht; in der "deutschen Literaturkritikerszene" findet SF nicht statt. das war schon unter Reich-Ranicki so, und wird durch Scheck weitergeführt.

 

Ich finde viele Bücher wenig originell und die Figuren interessieren mich oft nicht genügend. Viele der Welten sind nicht wirklich durchdacht und den Figuren fühle ich mich oft nicht nahe genug. Mein Gefühl ist, dass es im deutschsprachigen Raum an der Ausbildung von Autor*innen hapert. Ich würde mir da gern noch mehr drauftun, habe aber nichtmal eine Idee, wo ich da auf hohem Niveau hingehen kann, ohne das sich als "Genreschreiberens" weggeschickt und verlacht werde. Da beißt sich dann auch die Katze in den Schwanz, denn literarische SF gibt es im deutschsprachigen Raum wirklich wenig. Gründe siehe oben, ich stimme Dir zu.

Ich denke sogar, durch Günter Grass sind die Deutschen für SF verdorben (dabei war er Fan).

@Nina schrieb:

Vielleicht bräuchten wir sogar mehr Mainstream finde ich nicht, aber ohne jahrzehntelanges Perry-Vorwissen! Ohne das geht es nicht in Germany!


Bearbeitet von Peter-in-Space, 20 Januar 2024 - 01:39.

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#21 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 08:37

Immerhin liest Scheck Ursula K. Le Guin


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#22 Peter-in-Space

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    Kenonaut

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 09:52

die gehört ja auch zum Kanon!


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#23 rostig

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 09:59

"!Vielleicht bräuchten wir sogar mehr Mainstream finde ich nicht, aber ohne jahrzehntelanges Perry-Vorwissen! Ohne das geht es nicht in Germany!"

 

1) Das ist ein Teil des Problems: die deutsche SF-Gemeinschaft schottet sich gegen Außenstehende ab und macht es Quereinsteigern (bewusst?) schwer.

2) In den späten 20igern und frühen 30igern des vorherigen Jahrhunderts gab es in Deutschland eine gewisse Technikeuphorie. Damals war u.a. Dominik sehr polpulär obwohl dessen literarische Qualitäten m.M. nach eher schwächelten. Eine ähnliche technikpositive Grundstimmung gab es in den späten 60igern wohl im Gefolge der Mondlandung. Das wurde dann die Zeit von Perry und Raumpatrouille. Heute dominieren in der Öffentlichkeit eher eine Wissenschaftsfeindlichkeit und ein "Zurück zur Natur". Da hat SF einfach einen schlechten Stand.



#24 FranzH

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 10:01

Ich glaube, ein Teil des Problems liegt in der traditionellen Unterscheidung zwischen U- und E- Literatur (oder auch Musik) in Deutschland. Ich denke aber, das lässt nach: Die Deutschlehrer meiner Kinder waren immer froh, dass die überhaupt lesen, denen war fast egal, was die Kinder lesen.

Ich hoffe, dass die Scheck-Werbung dem Carcosa-Verlag hilft. Das Buch selbst ist ja super beeindruckend, aber kein Roman und für "Einsteiger" etwas schwierig.

#25 Jol Rosenberg

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 13:46

Ich sehe diese Unterscheidung auch als schwierig an. Es muss doch Möglichkeiten geben, mit Anspruch und trotzdem unterhaltsam zu schreiben.


Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

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#26 Peter-in-Space

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 14:19

na, Sven Haupt ist ja das Paradebeispiel, oder auch Tom Hillenbrand


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#27 Helli-S

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 15:06

Also ich lebe sehr gut ohne Perry Rhodan. Vor über 40 Jahren habe ich ein Heft gelesen, das so grottig, danach nie wieder. Vor zwei Jahren las ich "Luminia ruft", das war ok mit gutem Schluss, aber da muss ich mich jetzt nicht reinstürzen. Dominik las ich gern so mit 15, aber selbst damals ging mir das eindimensionale Weltbild schon auf die Nerven.

 

Da fand ich Herbert W. Franke viel besser, aber lange Zeit habe ich nicht viel gekauft/gelesen. Momentan kenne ich zwei bei Weitem auch nicht alles, aber ich erlebe die SF-Szene derzeit als lebendig und originell.


Viele Grüße, Helli

 

 

 

Immer cool bleiben.


#28 Helge

Helge

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 15:34

Ich glaube, ein Teil des Problems liegt in der traditionellen Unterscheidung zwischen U- und E- Literatur (oder auch Musik) in Deutschland.

Das ist definitiv eins der größten Probleme der heutigen deutschen Kultur überhaupt, nicht nur der SF. Da gibt es die Vorschrift, dass E-Kultur (also die "gute" Kultur) unbedingt langweilig, schwerverständlich und am besten noch ein bisschen vorgestrig sein sollte - andere Werke kommen in die Klassifizierung nicht rein.

Für die U-Kultur (also die tatsächliche reale Kultur für lebendige Menschen) gelten gegenteilige Vorschriften: So etwas muss stumpf, platt und strunzdumm sein.

Deshalb war es auch lange Zeit Standard (und ist es teilweise noch heute), zu gute Bücher oder Filme aus dem Ausland durch Kürzungen zu verschlechtern oder ihnen zumindest hirnerweichend blöde Titel zu verpassen, die ausschließlich die geistige Unterschicht ansprechen sollten und nicht selten auch noch logisch falsch waren. Ich nenne nur "Weltraummollusken erobern die Erde" für Heinleins "The Puppet Master).


Bearbeitet von Helge, 20 Januar 2024 - 15:34.


#29 Gerd

Gerd

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 17:36

Für die U-Kultur (also die tatsächliche reale Kultur für lebendige Menschen) gelten gegenteilige Vorschriften: So etwas muss stumpf, platt und strunzdumm sein.

Deshalb war es auch lange Zeit Standard (und ist es teilweise noch heute), zu gute Bücher oder Filme aus dem Ausland durch Kürzungen zu verschlechtern oder ihnen zumindest hirnerweichend blöde Titel zu verpassen, die ausschließlich die geistige Unterschicht ansprechen sollten und nicht selten auch noch logisch falsch waren. Ich nenne nur "Weltraummollusken erobern die Erde" für Heinleins "The Puppet Master).

Ich habe mich ehrlich gesagt kurz gefragt, ob das ernst gemeint ist, und ich bin mir da immer noch nicht ganz sicher. Aber falls das tatsächlich ernst gemeint ist, halte ich das gewählte Beispiel für denkbar ungeeignet.

 

Heinleins "The Puppet Masters" aus dem Jahre 1951 wurde 1957 erstmals übersetzt, und zwar tatsächlich als "Weltraummollusken erobern die Erde"; aber das ist jetzt mal eben gut 65 Jahre (!) her und taugt wohl kaum als Beweis für den aktuellen Umgang mit U-Literatur hierzulande.

 

Und ja, auch die Ausgabe von 1965 hieß noch genauso (war ja auch die gleiche Übersetzung); außerdem ist das mit der Titeländerung eine nicht ganz problemlose Sache - bzw. sie war es in den Zeiten vor dem Internet, in denen man das Buch in den Händen halten musste, wenn man versehentliche Doppelkäufe vermeiden und daher wissen wollte, wie der Originaltitel lautet.

 

1994 - und das ist jetzt auch schon wieder 30 Jahre her - gab es dann allerdings eine Ausgabe mit dem Titel "Die Marionetten-Spieler", und in seiner letzten deutschen Inkarnation heißt das Buch "Die Invasion".

 

Die aktuelle deutschsprachige SF/Phantastik hat einige Schwächen, aber die liegen nicht daran, dass irgendeine geheimnisvolle Macht gute (SF-)Bücher etc. aus dem Ausland "runtertunt", damit sie die "geistige Unterschicht" (was ist das eigentlich?) mehr ansprechen.


Sudden moroseness. One hop too far.

#30 ThK

ThK

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Geschrieben 20 Januar 2024 - 17:39

Talkien21.jpg

Wir werden uns in Talkien 21 mal mit dem Gesamtstatus der deutschsprachigen SF beschäftigen und haben dazu eingeladen:


Christoph Grimm, Markus Heitkamp, Jamie-Lee Campbell, Sarah Lutter, Jol Rosenberg und Yvonne Tunnat.
Sie alle sind am Sonntag, den 25. Februar ab 20 Uhr bei uns in Talkien 21 unter www.youtube.de/BrennendeBuchstaben

 




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