
Ich muss zugeben, dass ich mit den gängigen Settings nicht so viel anfangen kann. Nicht, weil ich sie schlecht finde (überhaupt nicht!), aber ich habe wohl den Einstieg verpasst. Star Trek, das mir am meisten zusagt, kenne ich praktisch nur aus Romanen, zumal ich als Jugendlicher keinen Zugang zu einem Fernseher hatte (ich werde es aber die nächsten Jahre mal bingen). Star Wars fand ich gut, hat mich aber nie so tief in seinen Bann ziehen können und ist inzwischen verbrannt. Farscape war drei Staffeln lang richtig klasse, nur um ab der vierten seltsam und verdienterweise abgesetzt zu werden. Stargate SG-1 machte mir ehrlich Spaß, aber eher auf amüsanter als eskapistischer Ebene. Und als ich mit Perry Rhodan beginnen wollte, hatte ich bereits Mass Effect gelesen und fühlte mich wie in einem, na ja, Mass Effect 0.5, einer Vorversion. Man sagte mir später, dass man Perry Rhodan immer zuerst lesen muss. Das hätten sie mal auf das Cover schreiben sollen ;-)
Also bin ich vor allem an einem Universum kleben geblieben – was auch dem geschuldet ist, dass die Romane für fast geschenkt auf den Bücher-Flohmärkten meiner Spätjugend gehandelt wurden: nämlich Warhammer 40,000 (kurz WH40K). Also Science-fiction „for mentally ill teenage boys and 30-year-old men”, um Thomas Edgar Hinchliffe zu zitieren.
Von dem Setting, das nicht nur maßgeblich „Lexx – The Dark Zone“, "Rebel Moon" und viele andere Geschichten, sondern auch die Frühwerke von Andreas Eschbach inspiriert hat, würde ich gerne ein bisschen erzählen … und bei der Gelegenheit einen Sammel-Thread aufmachen, den ich immer wieder mal mit Content rund füllen würde.

Worum geht es darin eigentlich?
Mit seinen etwa 450 Romanen, 100 Videospielen, zahllosen Comics und anderen Medien ist das als Grimdark bezeichnete Setting von Warhammer 40,000 viel zu komplex, um in wenigen Sätzen beschrieben zu werden, also versuche ich es mit einer Perspektive von außen:
Stellt euch eine Spezies wie unsere vor. Sagen wir, sie sind jetzt auf dem Stand der 1970er. Die großen Kriege sind einigermaßen überwunden, man fokussiert sich nun auf Wirtschaft statt auf Vorherrschaft, Technologie und Aufklärung. Die Religion reformiert sich zunehmend zum Moralkodex ohne Pantheon.
Da erscheint eines Tages ein Raumschiff am Himmel: ein stachelbewehrter, abweisender Koloss mit einer Länge von über fünf Kilometern. Wer immer ihn steuert, reagiert nicht auf Kommunikationsversuche, sondern scheint vorerst nur zu beobachten. Die Militärs fürchten einen eventuellen Angriff; die gemäßigteren Stimmen hingegen argumentieren, dass jemand, der schneller als das Licht reisen kann, doch gar nicht aggressiv sein könnte – zumal man für diesen Technologiestand seine Konflikte abgelegt haben muss. Außerdem hatte man doch erst vor kurzem eine Sonde in den Tiefenraum entsandt. Man habe also damit rechnen müssen, dass jemand antwortet. Das ist er nun, der Erstkontakt.
Man staunt, hofft, spekuliert, und wartet, während sich weitere Schiffe aus violetten Lichtblitzen materialisieren. Bald sind es zehn, dann zwanzig, dann fast fünfzig der Kolosse, die weiterhin nicht auf Kommunikationsversuche jeder Art reagieren. Aus anfänglicher Skepsis wird Misstrauen und man trifft Vorbereitungen für einen eventuellen Angriff.
Aber noch bevor man es verstehen kann, kommt er. Schlagartig beginnen die Schiffe mit dem Beschuss. Mit Raketen, Bomben und Säulen es Licht. Es geht schnell. Die Hälfte der Bevölkerung stirbt in den Feuerstürmen der ersten Minuten; die andere kann noch zusehen, wie die Oberfläche ihrer Welt bricht und Wände aus Magma im Orbit verglühen. In unter 90 Minuten ist alles Leben ausradiert, 4,5 Milliarden Jahre der Evolution getilgt.
Dieses Volk wird nie erfahren, dass ausgerechnet die Menschheit ihre Sonde gefunden hat. Und das überlebt niemand.

Die lange Nacht
40.000 Jahre in der Zukunft hat sich alles ins Falsche verkehrt. Seit zehntausend Jahren befindet sich die Menschheit auf dem sogenannten Großen Kreuzzug. Im Namen des Gott-Imperators reinigt sie die Milchstraße von allem, was anders aussieht, anders denkt und anders ist. Abertausende bewusstseinsfähiger Spezies fielen ihr bereits zum Opfer; zahllose Welten brannten – und brennen. Länger als man denken kann herrscht Krieg, gegen alles.
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Um diesen Vernichtungszug aufrechterhalten zu können, haben sich die über eine Million Welten des Imperiums zu Fertigungsstraßen an die Tausenden von Fronten transformiert, die es parallel unterhält. Alle verfügbaren (und meist eher nicht-verfügbaren) Ressourcen fließen in die Konflikte und die Menschen selbst sind längst zu Drohnen reduziert. Sie dienen nur noch dazu, Personal und Material zu generieren, das im endlosen Krieg verbrannt wird. Aus dem Militarismus ist Religion geworden. Fanatismus, Faschismus und Fronarbeit beherrschen den Alltag der imperialen Bürger. Und natürlich der Tod. Man schmückt sich mit Schädeln, wo man nur kann. Ob nun auf Rüstungen, Waffen, Türen oder Straßenschilder. Sie sind das wahre Zeichen des Imperiums – das nichts mehr bietet, außer Vernichtung.

Wer den Großen Kreuzzug anzweifelt (oder schlicht den Imperator öffentlich beleidigt), endet entweder auf den Scheiterhaufen der Inquisition, von denen man sagt, dass sie niemals erlöschen oder verschwindet in der Kriegsmaschinerie – mit dem Suffix, stets an die vorderste Front geschickt zu werden. Sklaverei und Leibeigenschaft sind das Los der meisten und wer sein Soll nicht erfüllt, der endet entweder als Leichenmehl, also als Nahrung für die anderen Arbeiter, oder – schlimmer – als sogenannter Servitor, eine Mensch-Maschine, die für Jahrhunderte arbeiten kann, während sich das eigene Bewusstsein in einem fortwährenden Alptraum befindet. KIs, selbst LLMs wie unsere, sind strengstens verboten, also sind die Maschinen entweder primitiv oder mit den Gehirnen der Verurteilten und Untauglichen beseelt, die sich manchmal an ihr altes Leben erinnern. Ein um Hilfe rufender Roboter ist in der Welt von Warhammer 40,000 keine Seltenheit.
„Meine Hände“, schrie der Servitor des Nachts. „Wo sind meine Hände?“ Camella musste ihren Liebsten vertrösten, um den alten Hausdiener neuzustarten. Andernfalls würde er das noch bis zum Morgen tun.

Bürgerkriege und Aufstände gehören zum Alltag, Hunderte toben jedes Jahr, Erfolg hatte noch keiner. Sollte sich eine Welt als zu renitent beweisen oder die Rebellion auf andere übergreifen, so verfügt das Imperium nämlich nicht nur über einen, sondern gleich mehrere tausend Todessterne: ein Verfahren, das sich der Exterminatus nennt. Obwohl er meist dazu eingesetzt wird, andere intelligente Spezies auszulöschen, so kann er auch gegen die eigene Bevölkerung angewandt werden. Mit einer Reihe an Waffen löscht man dabei alles Leben auf dem Zielplaneten aus, und lässt ihn als Warnung für die anderen zurück. Als Resultat reagieren die Planeten-Gouverneure mit immenser Verzweiflung auf Kritik am Gott-Imperator, um nicht als nächste auf der Liste zu stehen. Drakonischste Maßnahmen, von der Hinrichtung der ganzen Familie eines Ketzers bis hin zum Bombardement von ganzen Nationen dienen nur dem Zweck, der Inquisition zu gefallen. Um zu zeigen, dass man die Auslöschung nicht wert ist. Was die Menschheit nur noch tiefer in den Fanatismus treibt.
„In Treue zum Gott-Imperator, unserem unsterblichen Herrn und Meister, und durch die Gnade des Goldenen Throns erkläre ich den Exterminatus über die imperiale Welt Typhon Primaris. Hiermit unterzeichne ich das Todesurteil eines ganzen Planeten und verurteile eine Million Seelen zum Untergang. Möge die imperiale Gerechtigkeit alles in Einklang bringen! Der Imperator beschützt!“

Im Zentrum vieler Handlungsstränge stehen dabei die Adeptus Astartes, oder auch Space-Marines genannt. „Seine Engel“, wie sie auch oft in Bezug auf den Gott-Imperator beschrieben werden, kämpfen an vorderster Front. Sie suchen die offene Schlacht mit den „Feinden der Menschheit“ – was einfach jeden und alles darstellt, der kein Mensch ist oder eine Statue des Gott-Imperators auch nur schief ansieht.
Ein Astartes zu werden, hat etwas grausam Sozialdarwinistisches an sich: Er muss für Jahrzehnte trainiert und genetisch und mit Implantaten verbessert werden, zum Fanatiker und Kriegsverbrecher erzogen und letztendlich gebrochen. Die wenigen Männer, die das Prozedere überleben und zu unsterblichen Supermenschen heranreifen, ziehen fortan von einer Schlacht zur nächsten, bis schließlich ein Feind stärker oder schneller ist. Und selbst dann gibt es oft keine Erlösung. Kann der Körper geborgen werden, wird er für immer in einen Leviathan eingeschlossen, eine Kriegsmaschine und weiter und immer weiter gegen die Feinde des Imperators gehetzt. Vielen droht ein Schicksal schlimmer als der Tod.
„Mein Befehl an euch alle ist einfach, doch beherzigt ihn gut und setzt alles daran, ihn auszuführen: Sie kommen. Tötet sie alle!“

Über all dem Schrecken thront er, der sogenannte Gott-Imperator, das schlimmste aller Monster – oder was von ihm übrig ist. Noch im Leben waren seine Ziele simpel, binär: Alle Menschen müssen seiner Herrschaft unterstehen, jede andere Spezies ausgelöscht werden. Als sich sein Kriegsmeister Horus gegen ihn wandte, handelte er jedoch zu spät, wurde tödlich verletzt und von seinen Dienern auf den sogenannten Goldenen Thron gesetzt, der ihn mit Gewalt am Leben erhält. Eintausend telepathisch begabte Menschen, sogenannte Psyker, werden seitdem täglich an diese Maschine verfüttert. Ihre Schreie hallen unaufhörlich, wie ein Dunst, aus ihrem Innern, während sie den Imperator selbst dazu zwingt, Warp-Portale für das Imperium zu öffnen. Wann immer die Menschheit in Überlicht reisen will, zwingt ihn der Goldene Thron dazu, ihr den Weg zu bahnen.
Und so sitzt er auf dem Thron, den er sich gewünscht hatte, um einem Genozid zu dienen, den er seit Jahrtausenden ersehnte, ewig leidend, während die Galaxie stiller und stiller wird.
Tja, und das sind die Guten in der teerschwarzen Welt von Warhammer 40,000.
(Mehr folgt demnächst ...)








